AG Medebach – Az.: 3 C 285/10 – Urteil vom 28.07.2011
Der Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines Ordnungsgeldes für jeden Fall der Zuwiderhandlung bis zur Höhe von 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu unterlassen, dass bei künftigen Drückjagden in seinem Revier “…” eingesetzte Hunde das im Eigenjagdrevier … befindliche Wild durch Absuchen und/oder Durchstöbern hochschrecken.
Der Beklagte wird des weiteren verurteilt, an den Kläger 489,45 € vorprozessuale Rechtsanwaltskosten zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des für den Kläger aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Beklagte ist Jagdpächter des Reviers “…” in … und der Kläger Eigentümer des südlich davon angrenzenden Eigenjagdbezirks.
Bei einer Drückjagd des Beklagten am 24.10.2009 drangen mindestens 6 eingesetzte Jagdhunde in den Eigenjagdbezirk des Klägers und haben dort hingetriebenes Wild verfolgt.
Der Kläger behauptet, der Beklagte habe die Hunde direkt an der Reviergrenze frei laufen lassen, was nur den Schluss zulasse, dass die Jagdleitung das Überjagen mit dem Ziel verfolgt habe, sich das im Revier des Klägers befindliche Wild über die Grenze zum Beklagten zu jagen, um es anschließend in dessen Revier erlegen zu können.
Der Kläger ist der Auffassung, dass die vom Beklagten vorgetragenen Maßnahmen einer Lapp-Jagd-Installation objektiv nicht geeignet gewesen seien, das Überjagen von Hunden zu verhindern. Auch sei das Aufstellen einer Lapp-Jagd-Installation in unmittelbarer Grenznähe zum Nachbarrevier rechtswidrig.
Da der Beklagte eine strafbewährte Unterlassungserklärung nicht abgegeben habe, sei eine Wiederholungsgefahr gegeben.
Der Kläger beantragt, wie erkannt.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Er behauptet, dass von ihm eingesetzte Hunde keinesfalls das Revier des Klägers durchsuchten und auch kein Wild vom Revier des Klägers ins Revier des Beklagten getrieben hätten. Die Hunde seien kurz nach Überschreiten der Grenze wieder ins Treiben zurückgelaufen. Nur ein Terrier habe sich dort verlaufen. Die Jagd sei so angelegt gewesen, dass nach Möglichkeit ein Überjagen nicht stattfinden konnte. So seien insbesondere die Hunde nicht in der Nähe der Reviergrenze geschnallt worden, sondern mindestens einen Kilometer von der Grenze entfernt. Ein geringfügiges Überjagen in grenznahem Bereich sei jagdtechnisch nicht immer zu vermeiden und vom Reviernachbarn hinzunehmen. Es sei ein Trassierband gespannt worden und das nächst gelegene Treiben sei ca. 1 km von der Reviergrenze des Klägers entfernt gewesen. Es seien auch zur Sicherheit der Treibjagd an den entsprechenden Stellen Schilder aufgestellt worden “Achtung Treibjagd” und amtliche Sperrschilder vom Forstamt … mit der Aufschrift “Bitte nicht betreten …”. An fünf Stellen sei zusätzlich Trassierband aufgespannt und in Grenznähe Schützen aufgestellt worden. An der Grenze sei ein Signal-Flatterband, wie es auf Baustellen benutzt werde, installiert worden, um Fußgängern auf dem Grenzweg zum Revier des Klägers zu halten und ebenfalls um ein Überjagen der Hunde zu verhindern.
Der Kläger habe aber offenbar selbst die Sperrungen des Beklagten missachtet und das Trassierband abgenommen und somit eigenhändig Vorkehrungen des Beklagten abgebaut. Er habe durch seine Handlungen aktiv in den Jagdbetrieb des Beklagten eingegriffen. Es sei nicht auszuschließen, dass das Trassierband sowohl flüchtendes Rotwild als auch hinterherlaufende Hunde abgehalten hätte, in das Revier des Klägers zu laufen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Der Kläger hat einen Anspruch aus §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 Satz. 2 BGB auf Unterlassung.
Das Jagdausübungsrecht ist ein absolutes Recht im Sinne des § 823 BGB und der Kläger als Berechtigter hat Ansprüche aus § 1004 BGB.
Durch das Eindringen der Hundes des Beklagten in das Revier des Klägers hat der Beklagte dessen Jagdrecht beeinträchtigt.
Dabei reicht allein der Übertritt der Hunde aus. Es ist dabei unbeachtlich, ob Wild hochgeschreckt wurde. Auch ein Verschulden des Beklagten ist nicht erforderlich.
Auf Grund dieses Vorfalls ist auch die Wiederholungsgefahr gegeben. Die Erklärung des Klägers, es zukünftig zu unterlassen sowie das Angebot einer Vertragsstrafe von Zahlung von 100,00 € reichen nicht aus, um ernsthaft die Wiederholungsgefahr auszuräumen.
Der Kläger war auch nicht gem. § 1004 Abs. 2 BGB zur Duldung verpflichtet. Die Möglichkeit, dass ein Überjagen in der Regel nicht ausgeschlossen ist, reicht dafür nicht aus. Eine Duldungspflicht käme allenfalls bei einzelnen Ausnahmefällen in Betracht, wobei der Veranstalter, hier also der Beklagte, alles erforderliche unternommen haben müsste, um ein etwaiges Überjagen zu verhindern.
Es fehlt hier an einer substanziierten Darlegung des Beklagten bezüglich der Maßnahmen, die er getroffen hat, um ein Überjagen zu verhindern. Die von ihm vorgetragenen Maßnahmen, die Hunde seien 1 km von der Grenze entfernt geschnallt worden und das er an fünf Stellen zusätzlich von Schildern Trassierband gespannt habe und in Grenznähe Schützen aufgestellt seien, reichen dafür nicht aus.
Auch die Tatsache, dass der Kläger Vorkehrungen des Beklagten abgebaut habe und somit aktiv in den Jagdbetrieb des Beklagten eingegriffen habe, vermag den Anspruch des Klägers auf Unterlassung nicht zu Fall zu bringen. Dem Gericht leuchtet nicht ein, dass das entfernte Trassierband sowohl flüchten des Rotwilds als auch die hinterherlaufenden Hunde abgehalten hätte, in das Revier des Klägers zu laufen.
Aus dem Schriftsatz des Beklagten vom 01.06.2011, dass er weiter Drückjagden veranstalten möchte und dabei noch weitergehende Maßnahmen gegen die Gefahr eines Überjagens treffen werde, belegen, dass die Maßnahmen, die anlässlich der Drückjagd am 24.10.09 getroffen wurden, nicht ausreichend waren. Auch im Schriftsatz vom 04.07.2011, der erst am Tag der mündlichen Verhandlung und somit verspätet einging, fehlt es an einer substanziierten Darlegung, dass alle erforderlichen Maßnahmen getroffen wurden. So ist z. B. nicht nachvollziehbar, was eine erhebliche Anzahl Schützen ist, die das Überwechseln in das Revier des Klägers und somit indirekt auch ein Überjagen von Hunden verhindern konnten.
Es kommt auch nicht darauf an, dass im Oktober 2010 eine Jagd durchgeführt wurde und der Kläger keinerlei Beanstandungen gehabt habe. Auch das beseitigt nicht die gegebene Wiederholungsgefahr.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.
Der Streitwert beträgt 5.000 €. Der Streitwert wurde so vom Kläger angegeben und ist auch in vergleichbaren Entscheidungen des Amtsgerichts Nordheim (3 C 250/07) und LG Göttingen (6 S 48/08) in dieser Höhe angesetzt worden. Auch wenn das Gericht für die Vergleichsverhandlungen einen Streitwert von 3.000 € vorgeschlagen hatte, so ist der Streitwert für das Klageverfahren mit 5.000 € angemessen.