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Kaufvertrag über Hundewelpen – Minderungsrecht bei Gendefekt bei Gefahrübergang

LG Osnabrück – Az.: 4 S 302/18 – Beschluss vom 26.11.2018

I. Die Kammer beabsichtigt, die Berufung durch nicht anfechtbaren einstimmigen Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Es wird Gelegenheit gegeben, zu diesem Hinweisbeschluss binnen zwei Wochen Stellung zu nehmen.

Gründe

II. Die Kammer lässt sich bei ihrer Absicht, nach § 522 Abs. 2 ZPO zu verfahren, von folgenden Überlegungen leiten:

Die Beklagte wendet sich mit ihrer Berufung gegen die erstinstanzlich ausgesprochene Verpflichtung zur vollständigen Rückerstattung des Kaufpreises, nach einer durch den Kläger ausgesprochen Minderung des geleisteten Kaufpreises, wegen eines behaupteten Mangels an einem veräußerten Welpen.

Am 04.10.2016 erfolgte eine tierärztliche Wurfabnahme, im Rahmen derer auch der streitgegenständliche Welpe einer allgemeinen Untersuchung unterzogen wurde. Der eingesetzte Veterinärmediziner attestierte, es hätten keine Abweichungen oder Abnormitäten festgestellt werden können. Bei der Untersuchung – u.a der Augen – seien bei dem gesamten Wurf keine Auffälligkeiten festgestellt worden (vgl. Bl. 26 d.A.).

Am 21.10.2016 schlossen die Parteien einen Kaufvertrag über den streitgegenständlichen Welpen. Es wurde sich auf einen Kaufpreis in Höhe von 850,00 € geeinigt. Die entsprechende Kaufvertragsurkunde beinhaltet die folgende Klausel:

„Der Welpe wird als Familienhund verkauft.“

Sowie die nachfolgende Klausel:

„Der Käufer bescheinigt, den Hund begutachtet und keine Mängel festgestellt zu haben. Er verzichtet darauf, Ansprüche geltend zu machen, die sich auf später in Erscheinung tretende oder festgestellte Mängel oder Krankheiten (erworbene wie erbgebundene), begründen. Ausgenommen hiervon sind Mängel, die innerhalb von 7 Tagen nach Übergabe des Hundes von einem Tierarzt festgestellt und attestiert werden, und eindeutig schon vorher beim Verkäufer vorhanden gewesen sind.“

Nach der Übergabe des Welpen am 21.10.2016 kam es zu mehrfachen tierärztlichen Behandlungen des Welpen wegen eines diagnostizierten Rolllides sowie einer zu geringen Tränenproduktion (nachfolgend: KCS genannt) der Augen des Welpen. Es wurden tierärztliche Gesamtkosten in Höhe von 1.061,47 € in Rechnung gestellt (vgl. Anlagen K 3-9). Dabei kam es zu der Konsultation verschiedener Tierärzte sowie einer Mehrfachbehandlung derselben Symptomatik, bevor die Rolllider schließlich im Mai 2017 operativ korrigiert wurden. Die Klägerin ließ die Rolllider des Welpen am 17.05.2017 in der „Kleintierklinik B. GmbH“ operativ korrigieren, wofür eine Kostennote in Höhe von 577,41 € erstellt wurde (vgl. Bl. 15 d.A.). Für eine Folgekonsultation am 19.05.2017 wurde ein weiterer Betrag in Höhe von 27,48 € in Rechnung gestellt (vgl. Bl. 14 d.A.).

Mit Schreiben vom 26.05.2017 zeigte die Klägerin der Beklagten gegenüber das Vorliegen eines Rolllides an, erklärte die Minderung des Kaufpreises und forderte den gezahlten Kaufpreis in Höhe von 850,00 € zurück (vgl. Bl. 16 d.A.).

Die Klägerin hat erstinstanzlich eine Verurteilung zur Erstattung des vollen Kaufpreises in Höhe von 850,00 € beantragt und insoweit im Wesentlichen geltend gemacht, der Welpe leide an einem hochgradigen Rolllid rechts sowie einem mittelgradiges Rolllid links sowie einer starken Einschränkung der Tränenproduktion (KCS). Die Erkrankungen seien erblich bedingt und hätten demnach bereits zum Zeitpunkt der Übergabe vorgelegen. Die Klägerin hat sich insoweit auf das Vorliegen eines Mangels berufen und Minderung des Kaufpreises geltend gemacht. Es sei eine Minderung des Kaufpreises auf null vorzunehmen, da die aufgewendeten Heilbehandlungskosten den geleisteten Kaufpreis weit überstiegen und mit dem Kauf erhebliche Sorgen um das Wohl des Tieres verbunden gewesen seien.

Weiterhin hat die Klägerin behauptet, sie habe vor dem Vertragsschluss – abweichend von der in der Vertragsurkunde getroffenen Regelung – darauf hingewiesen, den Hund auch zu Zuchtzwecken nutzen zu wollen und insoweit die Vernehmung ihres Ehemannes als Zeugen angeboten.

Die Beklagte hat erstinstanzlich Klageabweisung beantragt und Im Wesentlichen bestritten, dass etwaige Erkrankungen bereits bei Übergabe vorgelegen hätten. Zudem sei eine Reduzierung des geleisteten Kaufpreises auf null unangemessen. Die Klägerin habe die Voraussetzungen einer Minderung des Kaufpreises auf null bereits nicht dargelegt. Zudem seien die aufgewendeten Tierarztkosten nicht angemessen, da sie nicht ausschließlich die Erkrankung des Rolllides beträfen und die vorgenommene Mehrfachkonsultation nicht gerechtfertigt gewesen sei.

Das Amtsgericht hat in der mündlichen Verhandlung vom 26.10.2017 – ausweislich des entsprechenden Verhandlungsprotokolls – unter anderem den folgenden Hinweis gegeben:

Der Minderungsbetrag wenn vereinbart wurde, dass ein „Familienhund“ veräußert werden sollte, dürfte jedoch auch an den Kaufpreis angenähert werden können. Fraglich ist jedoch insoweit, ob der wirtschaftliche Wert dann tatsächlich gleich null ist.“ (vgl. Bl. 64 ff.d.A.).

Das Amtsgericht hat Beweis erhoben durch die Einholung eines veterinärmedizinischen Sachverständigengutachtens. Die Vernehmung des Ehemannes der Klägerin ist durch das Amtsgericht nicht vorgenommen worden.

Der Sachverständige Veterinärmediziner hat in seinem schriftlichen Gutachten vom 24.03.2018 im Wesentlichen festgestellt, dass der streitgegenständliche Hund an einem Rolllid rechts- und linksseitig sowie unzureichender Tränenproduktion (KCS) leide. Beide Erkrankungen seien aller Wahrscheinlichkeit nach erblich bedingt und hätten bereits bei Übergabe vorgelegen, seien aber nicht erkannt beziehungsweise erst später klinisch feststellbar gewesen.

Die Rolllider seien operativ gut zu behandeln. Nach einer Operation sei mit einer folgenlosen Ausheilung zu rechnen, sodass der normale wirtschaftliche Wert eines Hundes, der als Familienhund verkauft werde, wiederhergestellt sei.

Die KCS müsse in der Regel lebenslang mit Augentropfen oder Salben als Tränenersatz und zur Reduktion der Entzündung behandelt werden. In wenigen Fällen komme es zur kompletten Ausheilung.

Mit Hunden, die die vorstehenden Diagnosen aufwiesen, solle nicht gezüchtet werden. Obwohl diese Hunde ein nahezu normales – auf jeden Fall liebenswertes – Hundeleben vor sich hätten, sei der rein wirtschaftliche Wert – als Zuchttier – gering. Hierbei sei indes auch darauf hinzuweisen, dass nicht jeder Hund, mit dem der Besitzer vorhabe zu züchten, auch ein Zuchthund werde. Dies sei ein weiter Weg mit vielen Prüfungen die lange nicht jeder Rassehund, auch mit besten Stammbäumen bestehe. Dieses Ziel könne bei einem Welpen nie garantiert werden (vgl. gesamte gutachterliche Ausführungen: Bl. 92 d.A.). In einem schriftlichen Ergänzungsgutachten vom 06.07.2018 ist der Sachverständige weiterhin zu dem Ergebnis gekommen, die Folgen der erblich bedingten Rolllider seien durch eine erfolgreich durchgeführte Operation beseitigt worden, sodass der Wert des Hundes nicht gemindert sei. In Bezug auf die KCS sei festzustellen, dass diese bei Übergabe aller Wahrscheinlichkeit nach bereits angelegt gewesen sei, aber klinische Erscheinungen – wie bspw. eitriger Augenausfluss – wohl erst wenige Tage vor dem 27.12.2016 aufgetreten sein dürften. Die Erkrankung könne eine lebenslange Behandlungsbedürftigkeit nach sich ziehen, müsse sie aber nicht. Selbst bei lebenslanger Behandlungsbedürftigkeit sehe er keine Einschränkung des wirtschaftlichen Wertes des Tieres (vgl. insgesamt: Bl. 124 d.A.).

Das Amtsgericht hat die Beklagte mit Urteil vom 30.08.2018 (Bl. 146 d.A.) – geändert durch Berichtigungsbeschluss vom 28.09.2018 (Bl. 162 d.A.) – zur Zahlung von 850,00 € verurteilt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Klägerin stehe gegen die Beklagte ein Anspruch auf Rückzahlung von 850,00 € aufgrund der erklärten Minderung des Kaufpreises zu. Aufgrund des Gutachtens des Sachverständigen sehe das Gericht die streitige Behauptung, dass der Hund bei Übergabe bereits an einem erblich bedingten Rolllid sowie der KCS erkrankt gewesen ein, als bewiesen an. Aufgrund dieser Erkrankungen sei der Hund als mangelhaft im Sinne des § 434 Abs. I Satz 2 Nr. 2 BGB zu bewerten, da auch bei einem Familienhund zu erwarten sei, dass er nicht unter behandlungsbedürftigen Erbkrankheiten leide. Ein Nacherfüllungsverlangen sei entbehrlich gewesen, da es sich um eine Erbkrankheit handele, die nicht vollständig heilbar sei. Eine Nachlieferung sei ausgeschlossen, da es sich um einen Stückkauf handele. Der vom Gericht gemäß § 441 Abs. 3 Satz 2 BGB durch Schätzung zu ermittelnde Minderungsbetrag belaufe sich auf 850,00 €, mithin den kompletten Kaufpreis, da der Kauf eines mit dem vorliegenden Erbschaden versehenen Hundes für den Erwerber mit 850,00 € weit übersteigenden Tierarztkosten und erheblichen Sorgen um das Wohlbefinden des Haustieres verbunden sei, sodass der rein wirtschaftliche Wert des Hundes als Kaufsache mit Null anzusetzen sei. Dies lasse sich auch den Ausführungen des Sachverständigen entnehmen, da dieser ausgeführt habe, dass eine Operation der vorliegenden Erkrankung des Rolllides erforderlich sei. Ausgeschlossen habe der Sachverständige, dass nach der Operation eine weitere Medikation erforderlich sei. Der Sachverständige habe jedoch auch ausgeführt, dass es wahrscheinlich sei, dass die Erkrankung KCS weiter behandlungsbedürftig sei. Die Klägerin habe dargelegt, dass Untersuchungskosten in Höhe von 550,00 € und Behandlungskosten in Höhe von 400,00 € angefallen seien. Die Klägerin habe insoweit ausgeführt, dass die zunächst aufgesuchten Tierärzte die Erkrankung des Rolllides lediglich festgestellt hätten und zunächst auf ein mögliches Verwachsen der Erkrankung verwiesen hätten, sowie dass ein Spezialist habe aufgesucht werden müssen. Nachdem das Leiden des Hundes weiterhin vorgelegen habe, habe die Klägerin das Erfordernis zum Aufsuchen weiterer Tierärzte somit schlüssig dargelegt. Überdies habe auch das Augenzentrum F. noch eine weitere Erkrankung, die KCS festgestellt. Die Klägerin habe insgesamt zwei einfache Ärzte und zwei Fachtierärzte aufgesucht. Die Einholung einer Zweitmeinung sei beim vorliegenden Fall auch nachvollziehbar, der abgeklärt habe werden müssen, ob das Tier operiert werden müsse oder weiter zugewartet werden könne. Der Rechtsgedanke des § 254 Abs. 2 BGB, die Klägerin habe durch das Aufsuchen mehrerer Tierärzte gegen ihre Schadensminderungspflicht verstoßen und damit die Untersuchungskosten erhöht, könne daher insoweit nicht fruchtbar gemacht werden. Auch sei die Minderung des Kaufpreises nicht ausgeschlossen, weil der Hund bereits operiert und behandelt worden sei. insoweit könne daher auch dahinstehen, ob der streitgegenständliche Hund und als Zucht- bzw. Familienhund veräußert worden sei, da im Wege der Minderung bei Vorliegen eines Kaufvertrages über einen Zuchthund ebenfalls die Minderung auf die Höhe des Kaufpreises beschränkt gewesen wäre. Der Ehemann der Klägerin sei daher nicht mehr als Zeuge zu vernehmen gewesen.

II.

Mit der Form und Frist eingelegten Berufung wendet sich die Beklagte gegen ihre Verurteilung zu einer Zahlung von 850,00 € und verfolgt demnach ihren erstinstanzlichen gestellten Klageabweisungsantrag weiter.

Die Beklagte ist insoweit der Auffassung, die erstinstanzlich durchgeführte Beweisaufnahme habe nicht ergeben, dass die – unstreitig – vorliegenden Erkrankungen auch bereits zum Zeitpunkt der Übergabe bestanden hätten. Die durchgeführte Beweisaufnahme gebe den Schluss auf ein Vorliegen des Mangels – bereits bei Gefahrübergang – nicht her. Der Hund sei am 21.10.2016 an die Klägerin übergeben worden. Die Erkrankungen seien erstmals am 26.05.2017 angezeigt worden. Jedenfalls seien die Symptome der unstreitig vorliegenden Erkrankungen erst viel später zu Tage getreten. Unter Beweislastgesichtspunkten sei die Klage deshalb abzuweisen gewesen. Das Gutachten des Sachverständigen sei insoweit nicht eindeutig gewesen, sodass das Gericht gehalten gewesen sei, den Tierarzt als Zeugen zu vernehmen, was auch angeboten worden sei.

Jedenfalls sei eine Minderung des Kaufpreises auf null nicht gerechtfertigt.

Kaufvertrag über Hundewelpen - Minderungsrecht bei Gendefekt bei Gefahrübergang
(Symbolfoto: Von MAXXSIPHOTO/Shutterstock.com)

Weiterhin habe das Gericht – ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 26.10.2017 – einen richterlichen Hinweis gegeben, der der nunmehr getroffenen Entscheidung zuwider laufe, da das erstinstanzliche Gericht für die Beurteilung der Frage der Höhe des Minderungsbetrages die Frage als wesentlich erachtet habe, ob das Tier vorliegend als Familien – oder Zuchthund veräußert worden sei. Im Urteil habe das erstinstanzliche Gericht diesen Umstand aber gerade dahinstehen lassen.

Für eine Minderung auf null sei zunächst erforderlich, dass substantiierter Vortrag des Klägers vorliege und andererseits der wirtschaftliche Wert des Hundes dauerhaft auf null gemindert sei. Es mangele insoweit bereits an einem substantiierten Vortrag der Klägerin. Weiterhin sei der wirtschaftliche Wert des Hundes nicht gemindert, was in dem Sachverständigengutachten zum Ausdruck komme. Nach der durchgeführten Operation sei der normale wirtschaftliche Wert des Hundes wiederhergestellt. Insgesamt habe das erstinstanzliche Gericht keine zureichende Bewertung des Minderungsbetrages in dem angefochtenen Urteil erkennen lassen. Insbesondere sei unberücksichtigt geblieben, dass die geltend gemachten Tierarztkosten übersetzt seien, da eine Mehrfachkonsultation nicht erforderlich gewesen sei. Weiterhin sei die Erkrankung KCS, auf die das erstinstanzliche Gericht seine Begründung des Minderungsbetrages gestützt habe, überhaupt nicht Klagegegenstand gewesen.

Dem kann im Ergebnis nicht gefolgt werden.

Das Amtsgericht hat die Beklagte zutreffend zu einer Zahlung in Höhe von 850,00 € verurteilt, da insbesondere von dem Vorliegen eines Mangels zum Zeitpunkt der Übergabe auszugehen ist (1.) und eine Minderung des Kaufpreises auf null angemessen war (2.).

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1.) Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Minderung des gezahlten Kaufpreises aus §§ 441 Abs. 4 Satz 1 BGB, 437 Nr. 2, 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB.

Nach der durch das Amtsgericht im Wege der Einholung eines Sachverständigenbeweises durchgeführten Beweisaufnahme ist davon auszugehen, dass der streitgegenständlich Welpe – zum Zeitpunkt seiner Übergabe an die Klägerin – mangelhaft im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB war. Entsprechend dieser Vorschrift ist eine Sache frei von Sachmängeln, wenn sie sich bei Gefahrübergang für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich sind und die der Käufer nach Art der Sache erwarten kann.

Diese Voraussetzungen erfüllt der streitgegenständliche Welpe nicht.

Aufgrund der gegebenen Gendefekte in Form der Rolllider sowie der KCS Erkrankung erfüllt der Welpe nicht die Anforderungen einer üblichen Beschaffenheit, da sich die symptomatischen Auswirkungen dieses Gendefektes jedenfalls alsbald nach der Übergabe des Tieres gezeigt haben.

Es ist insoweit – entgegen der anderslautenden Auffassung der Beklagten – sowohl auf den Gendefekt des Rolllides als auch den Gendefekt des KCS abzustellen, da beide Erkrankungen bereits im Rahmen der Klageschrift vom 14.07.2017 vorgetragen wurden. So erklärte die Klägerin auf Seite 2 der Klageschrift, bei dem Welpen seien beidseitig Rolllider sowie eine KCS Erkrankung diagnostiziert worden. Mithin ist auch die KCS Erkrankung Teil des hiesigen Klageverfahrens.

Die Erkrankungen des streitgegenständlichen Welpen stellen einen Mangel im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 2 Ziffer 2 BGB dar.

Die Bejahung eines Mangels nach § 434 BGB – bei einem Tier – setzt grundsätzlich voraus, dass dieses Tier zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs entweder bereits krank ist oder das Tier sich zum Zeitpunkt der Übergabe in einem Zustand befindet, aufgrund dessen bereits die Sicherheit oder zumindest hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass es alsbald erkranken wird (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil v. 22.05.2014 – 13 U 116/13, zit. nach juris: Rn: 23; BGH NJW 2006, 2250):

Jedenfalls die Voraussetzungen des zweiten Halbsatzes liegen hier vor.

Der Sachverständige Veterinärmediziner stellte fest, der streitgegenständliche Welpe habe aller Wahrscheinlichkeit nach einen Gendefekt, der zu den Erkrankungen des Rolllides sowie der KCS führe. Dieser Gendefekt habe aller Wahrscheinlichkeit nach bereits bei Gefahrübergang vorgelegen, wenngleich er sich wohl erst später geäußert habe.

Infolgedessen lag aller Wahrscheinlichkeit nach jedenfalls der insoweit festgestellte Gendefekt bereits bei Gefahrübergang – mithin der Übergabe des Hundes – vor. Die entsprechende klinisch festzustellende Symptomatik zeigte sich dann auch in einem Zeitfenster, das als alsbald zu bewerten ist.

Die Übergabe des streitgegenständlichen Hundes erfolgte am 21.10.2016. Am 27.12.2016 berechnete das tierärztliche Augenzentrum F. eine Heilbehandlung im Anschluss einer Konsultation vom 27.12.2016 im Zusammenhang mit „trockenen Augen rechts“ und einem „Entropium (Rolllid) rechts“, sodass die entsprechende Symptomatik zu diesem Zeitpunkt bereits aufgetreten sein dürfte. Auch der Sachverständige kam in seinem Ergänzungsgutachten vom 06.07.2018 zu dem Ergebnis, die KCS Erkrankung sei vermutlich wenige Tage vor dem 27.12.2016 erstmals zu Tage getreten. Folglich hat sich jedenfalls binnen 2 Monaten nach der Übergabe des Hundes die klinisch feststellbare Symptomatik des Gendefektes erstmals gezeigt. Dieses Zeitfenster ist als alsbald im geforderten Sinne zu bewerten.

Folglich lag – unter Berücksichtigung der vorstehenden Maßstäbe – bei Übergabe des Hundes eine von der üblichen Beschaffenheit eines Welpen abweichender Istzustand vor. Auf die Frage der konkreten Verwendungsabsicht des Hundes – namentlich als Zucht- oder Familienhund – kommt es demnach nicht an.

2.) Darüber hinaus ist auch die durch das Amtsgericht vorgenommene Minderung des Kaufpreises auf null als sachgerecht zu bewerten.

Zunächst greift der Einwand der Beklagten, wonach eine Minderung auf null nicht in Betracht komme, da der wirtschaftliche Wert des Hundes durch die zwischenzeitlich durchgeführte Operation wieder hergestellt sei, nicht durch. Denn gemäß § 441 Abs. 3 Satz 1 BGB ist der Kaufpreis in dem Verhältnis herabzusetzten, in welchem zur Zeit des Vertragsschlusses der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand zu dem wirklichen Wert gestanden hat. Folglich ist auf den Zustand der Kaufsache zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses abzustellen (so auch: Weidenkaff, in Palandt, § 441 Rn. 12). Die zwischenzeitlich durchgeführte Korrektur des Rolllides ist demnach bei der Bewertung des Minderwertes vollkommen außer Acht zu lassen. Soweit der Sachverständige insoweit eine abweichende Einschätzung abgegeben hat, ist diese unerheblich, da es sich bei dieser Frage um eine reine Rechtsfrage handelt, die vom Gericht – und nicht dem Sachverständigen – zu beantworten ist.

Die Minderung des Kaufpreises auf null erfolgte zutreffend.

Gemäß § 441 Abs. 3 Satz 2 BGB erfolgt die Ermittlung des Minderungsbetrages – soweit erforderlich – durch Schätzung.

Der Sachwert im mangelfreien Zustand ist ein hypothetischer Wert, da die Sache tatsächlich mangelhaft ist. Festzustellen ist der objektive Wert der Sache, für den Fall, dass sie vertragsgemäß wäre. Ein etwaiges Affektionsinteresse des Käufers ist dabei nicht zu berücksichtigen. Für die Ermittlung des wirklichen Sachwertes ist auf den Gebrauchs- bzw. den Verkehrswert der Sache abzustellen (vgl. juris PK, § 441 Rn. 38 ff.).

Der wirkliche Verkehrswert der Sache zum Zeitpunkt der Übergabe ist auf null herabzusetzten. Es ist nämlich nach lebensnaher Betrachtung davon auszugehen, dass ein Welpe, bei dem zum Zeitpunkt der beabsichtigten Veräußerung bereits die Disposition zur Ausprägung eines behandlungsbedürftigen Rolllides sowie eines KCS vorlag, nicht hätte veräußert werden können, wenn dies einem potentiellen Käufer bekannt gewesen wäre. Dies gilt unabhängig davon, zu welchem Zweck das Tier eingesetzt werden soll. Nach lebensnaher Betrachtung ist davon auszugehen, dass potentielle Käufer von dem Erwerb eines solchen Welpen Abstand nehmen würden, zumal absehbar ist, dass unübliche Tierarztkonsultationen anfallen werden, die neben einem monetären Aufwand zudem einen erheblichen zeitlichen Aufwand nach sich ziehen und darüber hinaus mit Sorgen um die Gesundheit des Tieres verbunden sind. So sind im vorliegenden Fall allein Kosten für die – auch nach sachverständigen Einschätzung – erforderliche Operation der Rolllider in Höhe von 577,41 € sowie Kosten einer entsprechenden Folgenkonsultation in Höhe von 27,48 € angefallen. Zudem hat der Sachverständige nachvollziehbar ausgeführt, dass bei der Erkrankung KCS auch eine lebenslange Behandlung erforderlich sein kann.

Insofern ist die erkennende Kammer der Überzeugung, dass potentielle Käufer von dem Erwerb des streitgegenständlichen Hundes – bei entsprechender Kenntnis der im Raum stehenden genetischen Disposition – von einem Erwerb Abstand genommen hätten, sodass der wirkliche Verkehrswert des Hundes zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit null zu bewerten ist. Bei dieser Bewertung erscheint unerheblich, ob der Hund als Zucht- oder Familienhund eingesetzt werden soll, sodass eine Beweisaufnahme zu dieser Frage unterbleiben durfte.

Ferner kann die erkennende Kammer dem Einwand der Beklagten nicht folgen, wonach erstinstanzlich in Bezug auf die Bestimmung des Minderungswertes ein irreführender Hinweis gegeben worden sein soll. Ausweislich des entsprechenden Verhandlungsprotokolls hat das Amtsgericht den Minderwert des Tieres im Falle einer Nutzung als Familienhund gerade offengelassen.

III.

Die zur Entscheidung stehende Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, und eine Urteilsentscheidung ist weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten, § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO. Ein rechtlich relevanter neuer Tatsachenvortrag i.S.d. § 531 Abs. 2 ZPO liegt nicht vor. Das angefochtene Urteil beruht aus den genannten Gründen nicht auf einer falschen Rechtsanwendung.

Eine mündliche Verhandlung i.S.v. § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 ZPO ist nicht geboten.

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