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Kraftfahrzeugmietvertrag – Einschränkung Haftungsfreistellung bei Obliegenheitsverstoß

Haftungsfreistellung im Kraftfahrzeugmietvertrag: Die Rolle von Obliegenheitsverstößen

Ein Kraftfahrzeugmietvertrag beinhaltet oft Klauseln, die den Mieter oder Fahrer des Fahrzeugs zu bestimmten Handlungen verpflichten, insbesondere im Schadensfall. Ein Verstoß gegen diese Obliegenheiten kann erhebliche rechtliche Konsequenzen haben, insbesondere wenn es um die Frage der Haftungsfreistellung geht.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 17 O 30/17  >>>

Das Wichtigste in Kürze


  • Kraftfahrzeugmietvertrag: Bei einem Unfall oder Schaden muss der Mieter oder Fahrer die Polizei unverzüglich informieren.
  • Obliegenheitsverstoß: Wenn der Mieter oder Fahrer seine Pflichten nicht erfüllt, kann die Vermieterin ihre Haftungsfreistellung entsprechend der Schwere des Verschuldens kürzen.
  • Ausnahme: Die Vermieterin muss trotzdem die Haftung übernehmen, wenn die Verletzung der Pflicht nicht die Ursache für den Schaden oder die Feststellung der Haftung war.
  • Fallbeispiel: Der Beklagte verursachte einen Schaden am Fahrzeug der Klägerin und informierte die Polizei nicht. Die Klägerin wurde erst bei der Rückgabe des Fahrzeugs über den Unfall informiert.
  • Rechtliche Folgen: Der Beklagte muss 8.190,04 EUR an die Klägerin zahlen, da er das Fahrzeug beschädigt hat.
  • Grob fahrlässiges Verhalten: Der Beklagte hat grob fahrlässig gehandelt, indem er die Polizei nicht nach dem Unfall informiert hat.

Obliegenheiten im Mietvertrag

In den Allgemeinen Vermietbedingungen (AVB) der Klägerin wurde festgelegt, dass der Mieter oder Fahrer nach einem Unfall oder anderen Schadensereignissen verpflichtet ist, unverzüglich die Polizei zu informieren. Dies gilt auch bei geringfügigen Schäden oder selbstverschuldeten Unfällen ohne Beteiligung Dritter. Zudem muss der Mieter die Vermieterin über alle Details des schadensverursachenden Ereignisses schriftlich informieren.

Konsequenzen bei Obliegenheitsverstößen

Wenn ein Schaden grob fahrlässig verursacht wurde, hat die Vermieterin das Recht, ihre Leistungsverpflichtung zur Haftungsfreistellung entsprechend der Schwere des Verschuldens zu reduzieren. Es gibt jedoch Ausnahmen: Wenn der Verstoß gegen die Obliegenheit nicht ursächlich für den Eintritt des Schadens oder die Feststellung der Haftungsfreistellungspflicht war, bleibt die Haftungsfreistellung bestehen.

Der konkrete Fall

Der Beklagte, als berechtigter Fahrer, verursachte einen Streifschaden an der linken Seite des Mietfahrzeugs der Klägerin. Trotz der in den AVB festgelegten Obliegenheiten informierten weder der Beklagte noch die Mieterin die Polizei. Der Beklagte setzte sich jedoch mit der Schadenmeldezentrale der Klägerin in Verbindung. Die Klägerin forderte daraufhin vom Beklagten einen Betrag von 8.190,04 EUR aufgrund der Beschädigung des Fahrzeugs.

Bewertung des Obliegenheitsverstoßes

Der Beklagte verletzte seine Obliegenheit, die Polizei nach dem Unfall zu informieren, grob fahrlässig. Dies hätte insbesondere in Anbetracht des erheblichen Schadens am Fahrzeug der Klägerin erfolgen müssen. Es wurde argumentiert, dass der Beklagte hätte damit rechnen müssen, dass durch den Unfall auch Schäden an anderen Objekten entstanden sein könnten. Das Nichthinzuziehen der Polizei könnte in diesem Fall sogar eine strafbare Handlung darstellen.

Schlussfolgerung

Obliegenheitsverstöße im Rahmen eines Kraftfahrzeugmietvertrags können erhebliche rechtliche und finanzielle Konsequenzen haben. Es ist daher von größter Bedeutung, die im Vertrag festgelegten Obliegenheiten genau zu kennen und einzuhalten, um mögliche Haftungsansprüche zu vermeiden.

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Ein Kraftfahrzeugmietvertrag birgt oft versteckte Pflichten und Obliegenheiten, die bei Nichtbeachtung zu unerwünschten rechtlichen Konsequenzen führen können. Ob Sie Mieter oder Fahrer sind, es ist essentiell, Ihre Rechte und Pflichten im Schadensfall zu kennen. Unsere Expertise bietet Ihnen eine präzise Ersteinschätzung Ihrer Situation. Gemeinsam analysieren wir Ihren Vertrag und beraten Sie umfassend zu den nächsten Schritten. Lassen Sie sich nicht von unerwarteten Haftungsansprüchen überraschen. Nehmen Sie Kontakt auf und sichern Sie sich professionelle Unterstützung.

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Obliegenheitsverstoß – kurz erklärt


Ein Obliegenheitsverstoß bezieht sich auf die Verletzung von Obliegenheiten, die einem Vertragspartner, insbesondere im Versicherungsbereich, auferlegt werden. Obliegenheiten sind Verhaltensnormen, die vom Schuldner beachtet werden sollten, aber vom Gläubiger nicht direkt durchgesetzt werden können. Im Kontext von Versicherungen bedeutet ein Obliegenheitsverstoß, dass der Versicherungsnehmer seine Pflichten und Aufgaben wissentlich und willentlich verletzt hat. Dies kann schwerwiegende Folgen haben, von einer Leistungsverweigerung im Schadensfall bis hin zur vollständigen Kündigung der Versicherung. Beispielsweise kann das Entfernen essenzieller Gegenstände zur Schadenfeststellung, um den Versicherer zu täuschen, als arglistige Obliegenheitsverletzung betrachtet werden.


§ Relevante Rechtsbereiche sind in diesem Urteil u.a.:

  • Mietrecht (insbesondere Kraftfahrzeugmietrecht): Der Hauptfokus des Falles liegt auf den Obliegenheiten und Haftungsfreistellungen im Rahmen eines Kraftfahrzeugmietvertrags. Hierbei geht es um die Rechte und Pflichten von Mietern und Vermietern, insbesondere im Schadensfall.
  • Schadensrecht (§ 823 Abs. 1 BGB): Es wird auf den Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten wegen einer Eigentumsverletzung Bezug genommen. Hierbei geht es um die rechtlichen Grundlagen für Schadensersatzansprüche bei rechtswidriger und schuldhafter Beschädigung von Eigentum.
  • Strafrecht (§ 142 Abs. 1 StGB – Unfallflucht): Es wird darauf hingewiesen, dass das Nichthinzuziehen der Polizei nach einem Unfall eine strafbare Handlung darstellen könnte. Dies betrifft die rechtlichen Konsequenzen bei Nichtmeldung eines Unfalls.


Das vorliegende Urteil

LG Wuppertal – Az.: 17 O 30/17 – Urteil vom 31.05.2017

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 8.190,04 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.01.2016 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin betreibt ein bundesweit agierendes Selbstfahrervermietwagengeschäft. Die Firma H e.K. (im Folgenden Mieterin) mietete mit Vertrag vom 11.08.2015 das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen xxx der Marke VW Passat zur Nutzung als Mietfahrzeug an. Die Vertragsparteien vereinbarten eine vertragliche Haftungsfreistellung für selbstverschuldete Unfälle mit einer vertraglichen Selbstbeteiligung von 0,00 EUR pro Schadensfall. In lit. G der Allgemeinen Vermietbedingungen (im Folgenden AVB) der Klägerin heißt es:

1. Nach einem Unfall, Diebstahl, Brand, Wild- oder sonstigen Schaden hat der Mieter oder der Fahrer unverzüglich die Polizei zu verständigen und hinzuzuziehen; insbesondere den Schaden bei telefonischer Unerreichbarkeit der Polizei an der nächstgelegenen Polizeistation zu melden. Dies gilt auch dann, wenn das Mietfahrzeug gering beschädigt wurde, und auch bei selbstverschuldeten Unfällen ohne Mitwirkung Dritter.

2. Bei jeglicher Beschädigung des Fahrzeugs während der Mietzeit ist der Mieter verpflichtet, die Vermieterin unverzüglich über alle Einzelheiten des Ereignisses, das zur Beschädigung des Fahrzeugs geführt hat, schriftlich zu unterrichten. […]

In lit. I Nr. 2 der AVB heißt es weiter:

[…] Wurde der Schaden grob fahrlässig herbeigeführt, ist die Vermieterin berechtigt, ihre Leistungsverpflichtung zur Haftungsfreistellung in einem der Schwere des Verschuldens entsprechendem Verhältnis zu kürzen. Ein Anspruch auf eine vertragliche Haftungsbefreiung besteht des Weiteren nicht, wenn eine vom Mieter bzw. Fahrer zu erfüllende Obliegenheit, insbesondere nach lit. G dieser Allgemeinen Vermietbedingungen, vorsätzlich verletzt wurde. Für den Fall einer grob fahrlässigen Verletzung einer vom Mieter bzw. Fahrer zu erfüllenden Obliegenheit ist die Vermieterin berechtigt, ihre Leistung zur Haftungsfreistellung in einem der Schwere des Verschuldens entsprechenden Verhältnis zu kürzen. Abweichend von den Bestimmungen der beiden vorangegangenen Sätze ist die Vermieterin zur Haftungsfreistellung verpflichtet, soweit die Verletzung der Obliegenheit weder für den Eintritt des Haftungsfreistellungsfalles noch für die Feststellung oder den Umfang der Haftungsfreistellungspflicht der Vermieterin ursächlich ist […].

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die zu den Akten gereichte Vertragsurkunde sowie die AVB der Klägerin Bezug genommen (Bl. 1 – 8 d. A.). Der Beklagte verursachte als berechtigter Fahrer an dem Fahrzeug der Klägerin einen Streifschaden an der linken Fahrzeugseite. Weder der Beklagte noch die Mieterin verständigten nach dem Vorfall die Polizei. Im Rahmen eines Telefonats des Beklagten mit der Schadenmeldezentrale der Klägerin in T – wobei zwischen den Parteien streitig ist, wann dieses Gespräch geführt wurde – teilte die dortige Mitarbeiterin dem Beklagten mit, er solle neben der Schadenmeldung das Fahrzeug zwecks Anfertigung von Lichtbildern in der Anmietstation der Klägerin in V l vorfahren. Mit E-Mail vom 21.08.2015 forderte die Klägerin den Beklagten auf, eine schriftliche Stellungnahme zur Aufklärung des Hergangs auszufüllen. Die Kosten für die Reparatur des Schadens belaufen sich auf 9.484,16 EUR. Zudem ergibt sich aufgrund des Schadens eine Wertminderung in Höhe von 1.600,00 EUR. Die Kosten für die Erstellung des Privatgutachtens belaufen sich auf 45,90 EUR. Der entgangene Gewinn beläuft sich auf 520,00 EUR, dies entspricht Vorhaltekosten für 8 Tage zu je 65,00 EUR pro Tag. Mit Schreiben vom 05.01.2016 forderte die Klägerin den Beklagten zur Zahlung von 11.700,06 EUR bis zum 13.01.2016 auf.

Die Klägerin behauptet, aufgrund der Schadensmeldung des Beklagten sei davon auszugehen, dass der Beklagte, wegen der in Baustellen erlaubten Geschwindigkeit von 80 km/h und der zu berücksichtigen Reaktionszeit, mindestens 7,5 Meter an der Leitplanke entlang geschlittert sei und diese erheblich beschädigt habe. Allein die Kontrolle und die Reinigung des Leitplankenfeldes durch die zuständige Autobahnmeisterei führen zu Kosten von zumindest 250,00 EUR netto. Die Klägerin sei erst bei Rückgabe des Fahrzeuges am 24.08.2015 um 14:41 Uhr von dem Unfall unterrichtet worden.

Die Klägerin beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie 8.190,04 EUR nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz Zinsen hieraus seit dem 14.01.2016 zu bezahlen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte behauptet, der Unfall habe sich am 20.08.2015 um ca. 12:20 Uhr auf der Autobahn 57 Köln Richtung Düsseldorf ereignet. Zu diesem Zeitpunkt sei der Beklagte auch fahrtüchtig gewesen. Im Baustellenbereich Höhe Dormagen habe der Beklagte einem Eimer ausweichen müssen und sei dabei links in die Halter der Betontrenner gefahren. Dabei sei allenfalls ein unerheblicher Fremdschaden an der Begrenzung entstanden. Im Bereich der Baustelle habe der Beklagte nicht anhalten können. Er sei aber unmittelbar nach dem Verlassen der Autobahn zu seinem Arbeitsbüro gefahren und habe sich fernmündlich mit der Schadenmeldezentrale der Klägerin in T in Verbindung gesetzt. Im Rahmen dieser fernmündlichen Unterhaltung sei dem Beklagten nicht mitgeteilt worden, dass er den Unfall noch bei der Polizei melden müsse. Der Beklagte erhebt zudem die Einrede der Verjährung. Hierzu behauptet er, das Fahrzeug bereits am 20.08.2015 der Klägerin zurückgegeben zu haben.

Das Amtsgericht Coburg hat auf den Antrag der Klägerin vom 22.02.2016 am 23.02.2016 einen Mahnbescheid erlassen, der am 26.02.2016 dem Beklagten zugestellt wurde. Hiergegen hat der Beklagte am 14.03.2016 Widerspruch eingelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist vollumfänglich begründet.

I.

Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Zahlung von 8.190,04 EUR aus § 823 Abs. 1 BGB zu. Der Beklagte beschädigte das im Eigentum der Klägerin stehende Fahrzeug VW Passat, amtliches Kennzeichen X, rechtswidrig und schuldhaft. Unstreitig verursachte der Beklagte durch seine Fahrweise an der linken Fahrzeugseite einen Streifschaden.

1.

Von dem der Klägerin durch die Eigentumsverletzung entstandenen Vermögensschaden in Höhe von insgesamt 11.700,06 EUR hat der Beklagte 70 %, mithin einen Betrag von 8.190,04 EUR zu tragen. Gemäß lit. I Nr. 2. der AVB war die Klägerin berechtigt, ihre Leistungsverpflichtung zur Haftungsfreistellung in entsprechender Höhe zu kürzen. Denn der Beklagte verletzte die ihm nach lit. G Nr. 1 AVB treffende Obliegenheit, nach einem Unfall unverzüglich die Polizei zu rufen, grob fahrlässig.

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a)

Als berechtigter Fahrer ist der Beklagte in die von der Mieterin des Fahrzeugs vereinbarte Haftungsbefreiung einbezogen, weil die Klägerin die Mieterin nach den Grundsätzen einer Vollkaskoversicherung mit Selbstbeteiligung freistellen muss, mithin auch den berechtigten Fahrer im Sinne der für diese Versicherung üblichen Versicherungsbedingungen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 18.11.2008 – 24 U 131/08; Grüneberg, in: Palandt, 76. Aufl. 2017, § 276 Rn. 42). Insofern gelten für den Beklagten als berechtigten Fahrer auch die Einschränkungen der Haftungsfreistellung bei Obliegenheitsverstößen, soweit sie dem Beklagten als berechtigten Fahrer oblagen.

b)

Die in lit. G Nr. 1 der AVB sowohl den Mieter als auch den Fahrer treffende Obliegenheit, im Falle eines Unfalles die Polizei zu verständigen, ist auch wirksam im Sinne des § 307 BGB (vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 10.06.2009 – XII ZR 19/08; BGH, Urt. v. 14. 3. 2012 − XII ZR 44/10). Da die Klägerin als Quasi-Selbstversicherer auftritt, sind die Vorschriften des VVG analog anwendbar, das heißt, die Klausel muss dem Leitbild der Kaskoversicherung entsprechen (vgl. Grüneberg, in: Palandt, 76. Aufl. 2017, § 307 Rn. 118). Auf Rechtsfolgenseite ist daher entsprechend der Regelung des § 28 Abs. 2 und 3 VVG erforderlich, dass eine Obliegenheitsverletzung nicht uneingeschränkt zum Wegfall der Haftungsfreistellung führt, sondern sowohl von der Intensität des Verschuldens als auch von der Relevanz für die Gefährdung der Interessen des Versicherers abhängt (BGH, Urt. v. 14. 3. 2012 − XII ZR 44/10; BGH, Versäumnisurteil vom 10. 6. 2009 – XII ZR 19/08). Dies ist der Fall. Nach lit. I Nr. 2 AVB besteht ein Anspruch auf vertragliche Haftungsfreistellung nur bei vorsätzlichem Handeln nicht; grob fahrlässige Herbeiführung hingegen führt nur zu einer Kürzung der Leistungsverpflichtung der Klägerin. Darüber hinaus besteht trotz vorsätzlichem oder grob fahrlässigem Handeln eine Leistungsverpflichtung der Klägerin dann, wenn die Verletzung der Obliegenheit nicht ursächlich für den Eintritt des Haftungsfreistellungsfalles, die Feststellung oder den Umfang der Haftungsfreistellungspflicht ist.

c)

Der Beklagte verletzte die ihn treffende Obliegenheit auch grob fahrlässig. Grob fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nach den gesamten Umständen in ungewöhnlich hohem Maße verletzt und unbeachtet gelassen hat, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen (vgl. Rixecker, in: Langheid/Rixecker VVG, 5. Aufl. 2016, § 28 Rn. 68). Vorliegend hätte der Beklagte aufgrund des erheblichen Schadens, der am Fahrzeug der Klägerin entstanden ist, damit rechnen müssen, dass auch an dem Betonhalter, gegen den der Beklagte nach seinem Vortrag gefahren ist, Schäden entstanden sind und das Nichthinzuziehen der Polizei in diesem Fall auch eine strafbare Handlung nach § 142 Abs. 1 StGB darstellt. Auch können Folgeschäden Dritter, zum Beispiel durch sich lösende Fahrzeugteile oder Teile des Begrenzungsmittels nicht ausgeschlossen werden. Eine Meldung an die Polizei wäre daher dringend erforderlich gewesen. Die pauschale Behauptung des Beklagten, es sei allenfalls ein unerheblicher Fremdschaden entstanden, ist hingegen unbeachtlich. Denn nach seinem eigenen Vortrag konnte der Beklagte im Baustellenbereich nicht anhalten und sich entsprechende Kenntnis über den Zustand des Betontrenners bzw. der Straße verschaffen. Der Beklagte kann sich auch nicht dadurch entlasten, dass er sich nach dem Vorfall mit der Schadenmeldezentrale der Klägerin in Verbindung gesetzt hat und diese ihm weitere Weisungen, außer bei der örtlichen Anmietstation der Klägerin vorstellig zu werden, nicht erteilt hat. Denn zum Einen war der Beklagte nach lit. G Nr. 2 der AVB verpflichtet, neben der sich aus lit. G Nr. 1 der AVG ergebenden Verpflichtung die Polizei zu verständigen, auch die Klägerin unverzüglich zu unterrichten. Zum Anderen war die Klägerin auch nicht verpflichtet, einen entsprechenden Hinweis zu erteilen. Insbesondere folgt eine solche Pflicht nicht aus § 28 Abs. 4 VVG, da spontan zu erfüllende Obliegenheiten, wie z.B. die Anzeigepflicht, nicht der Belehrungspflicht des § 28 Abs. 4 VVG unterliegen (vgl. Armbrüster, in: Prölss/Martin VVG, 29. Aufl. 2015, § 28 Rn. 262).

d)

Der Beklagte konnte auch nicht den in lit. I Nr. 2 der AVB geregelten Kausalitätsgegenbeweis führen. Es kann mangels objektiver Feststellungen zur Fahrtüchtigkeit des Beklagten nicht ausgeschlossen werden, dass bei Verständigung der Polizei die Leistungspflicht der Klägerin in gleicher Weise eingetreten wäre. Grundsätzlich erforderlich für die Befreiung von der Leistungspflicht ist eine konkrete Kausalität, sodass die Relevanz der Obliegenheitsverletzung im Sinne von deren genereller Eignung, die Interessen des Versicherers zu gefährden, nicht genügt (vgl. Armbrüster, in: Prölss/Martin VVG, 29. Aufl. 2015, § 28 Rn. 243). Die Ursächlichkeit ist widerlegt, wenn auszuschließen ist, dass bei ordnungsgemäßer Erfüllung der Obliegenheit der Versicherungsfall und die Leistungspflicht in gleicher Weise eingetreten oder die Feststellungen anders ausgefallen wären (vgl. Rixecker, in: Langheid/Rixecker VVG, 5. Aufl. 2016, § 28 Rn. 96). Der Beklagte muss also nachweisen, dass die Klägerin auch bei Hinzuziehung der Polizei im selben Umfang leistungspflichtig gewesen wäre. Diesen Nachweis kann der Beklagte jedoch nicht führen. Denn durch die Obliegenheitsverletzung verhinderte der Beklagte, dass die Klägerin objektive Feststellungen zum Fahrer und zur Fahrtüchtigkeit treffen kann (vgl. OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 02.04.2015 – 14 U 208/14). Im Falle festgestellter Fahruntüchtigkeit bedingt durch Alkoholeinfluss, wäre die Klägerin jedoch gemäß lit. I Nr. 2 der AVG wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Schadens berechtigt, ihre Leistungsverpflichtung zur Haftungsfreistellung in einem der Schwere des Verschuldens entsprechenden Verhältnis zu kürzen. Soweit der Beklagte zum Nachweis seiner Fahrtüchtigkeit Beweis durch Vernehmung des Zeugen Q2 anbietet, ist dieser Beweisantritt untauglich. Denn zum einen war der vom Beklagten benannte Zeuge zum Unfallzeitpunkt nicht Beifahrer. Zum anderen kann eine Zeugenaussage Feststellungen zur tatsächlichen Fahrtüchtigkeit oder einer alkoholischen Beeinflussung des Beklagten nicht mit der gleichen Sicherheit und Eindeutigkeit zulassen wie eine direkt nach dem Unfall durchgeführte Blutprobe (vgl. : OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 02.04.2015 – 14 U 208/14; KG Berlin, Urteil vom 27.08.2010 – 6 U 66/10). Es kann auch nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass im Falle der Benachrichtigung der Polizei die notwendigen Feststellungen unterblieben wären, weil die Polizei nicht am Unfallort erschienen wäre (vgl. OLG Saarbrücken, Urteil vom 24.06.2015 – 2 U 73/14; BGH, Versäumnisurteil vom 10.06.2009 – XII ZR 19/08). Anhaltspunkte hierfür bestehen nicht.

d)

Die von der Klägerin vorgenommene Kürzung in Höhe von 70 % ist auch gerechtfertigt. Entscheidend für die Bemessung der Quote ist die Schwere des Verschuldens (vgl. Rixecker, in: Landheid/Rixecker VVG, 5. Aufl. 2016, § 28 Rn. 79). Zu berücksichtigen ist vorrangig die objektive Bedeutung der verletzten Obliegenheit für die Wahrung der Interessen des Versicherers, die Vermeidung des Risikoeintritts oder die Feststellung des Versicherungsfalles und des Umfanges der Leistungspflicht. Der Vermieter hat auch bei Unfällen ohne Personenschaden an der vollständigen Aufklärung des Unfallgeschehens ein Interesse und ist dabei auf die Mithilfe der Polizei angewiesen. Verursacht der Mieter den Unfall vorsätzlich, grob fahrlässig, alkohol- oder drogenbedingt, so wird seine Haftung nicht reduziert und der Vermieter kann seinen gesamten Unfallschaden ersetzt verlangen. Die dazu erforderliche Aufklärung ist ihm aber ohne Zuziehung der Polizei in der Regel nicht möglich. Der Vermieter ist mithin auf die Arbeit der Polizei angewiesen. Insbesondere die Unfallverursachung auf Grund alkohol- oder drogenbedingter Fahruntüchtigkeit ist ohne Mitwirkung der Polizei kaum nachzuweisen. Der Vermieter hat daher ein besonderes Interesse daran, dass die Entscheidung, ob eine polizeiliche Unfallaufnahme durchgeführt wird, von der Polizei selbst und nicht vom Mieter getroffen wird (vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 10.06.2009 – XII ZR 19/08). Vor diesem Hintergrund bestehen hinsichtlich der angenommenen Quote von 70 % keine Bedenken (vgl. auch: KG Berlin, Beschluss vom 28.11.2016 – 25 U 99/16; OLG Köln, Beschluss vom 09.01.2017 – 15 W 81/16). Insbesondere sind auch keine entlastenden subjektiven Faktoren zu berücksichtigen.

2.

Die Forderung der Klägerin gegen den Beklagten ist auch nicht verjährt. Es muss nicht entschieden werden, ob mangels vertraglicher Verbindung nicht die sechsmonatige Verjährungsfrist des § 548 Abs. 1 S. 1 BGB, sondern die 10-jährige Verjährungsfrist des § 199 Abs. 3 Nr. 1 BGB gilt.

Denn die sechsmonatige Verjährungsfrist des § 548 Abs. 1 S. 1 BGB, die mit Rückgabe des Fahrzeuges, frühestens also am 20.08.2015, begonnen hätte, ist durch den Eingang des Mahnbescheids am 22.02.2016 gemäß §§ 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB rechtzeitig gehemmt worden. Fristende wäre gemäß §§ 188 Abs. 2, 193 BGB der 22.02.2016 gewesen, weil der 20.02.2016 auf einen Samstag fiel. Da die Zustellung des Mahnbescheids am 26.02.2016, mithin „demnächst“ im Sinne des § 167 ZPO erfolgte, begann die Hemmung entgegen dem Wortlaut des § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB bereits mit Eingang des Mahnbescheids. Die Hemmung bestand auch trotz Einlegung des Widerspruchs am 14.03.2016 fort. Nach § 204 Abs. 2 BGB endet die Hemmung sechs Monate nach rechtskräftiger Entscheidung oder anderweitiger Beendigung. Das Mahnverfahren ist beendet, wenn die Sache gemäß § 696 ZPO an das Streitgericht abgegeben wurde. Gibt das Amtsgericht den Rechtsstreit nach Einlegung des Widerspruchs innerhalb der 6-Monatsfrist an das zuständige Gericht ab, besteht die Hemmung fort (vgl. Ellenberger, in: Palandt, 76. Aufl. 2017, § 204 Rn. 36). Die Abgabe an das Landgericht Düsseldorf, das aufgrund der im Mahnbescheid angegeben Wohnanschrift des Beklagten in F zunächst zuständig gewesen ist, erfolgte am 08.08.2016.

II.

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 280 Abs. 1, 2, 286 BGB.

III.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1 S. 1, 709 ZPO.

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