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Wegfall Haftungsfreistellung bei Obliegenheitsverletzung; Kraftfahrzeugmietvertrag

Haftungsfreistellung im Kraftfahrzeugmietvertrag: Die Rolle der Obliegenheitsverletzung

Ein jüngstes Urteil des OLG Köln befasst sich mit der Frage der Haftungsfreistellung im Kontext eines Kraftfahrzeugmietvertrags und den Konsequenzen einer Obliegenheitsverletzung. Im Kern des Falles steht die Frage, ob und inwieweit eine Obliegenheitsverletzung des Mieters, insbesondere das Unterlassen der Hinzuziehung der Polizei nach einem Unfall, Auswirkungen auf die vertragliche Haftungsfreistellung hat.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 15 W 81/16  >>>

Das Wichtigste in Kürze


  • Urteil des OLG Köln, Az.: 15 W 81/16, datiert auf den 09.01.2017.
  • Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen einen vorherigen Beschluss wurde zurückgewiesen.
  • Es gab Zweifel, ob der Beklagte tatsächlich Partei des Mietvertrages wurde, insbesondere im Zusammenhang mit dem unternehmensbezogenen Geschäft.
  • Es bestehen keine Bedenken an der Haftung des Beklagten für Schäden am Fahrzeug, ungeachtet der Umstände des Unfalls.
  • Eine zentrale Frage war der Wegfall der vertraglichen Haftungsfreistellung wegen einer Obliegenheitsverletzung, insbesondere in Bezug auf eine AGB-Regelung („Polizeiklausel“).
  • Die schuldhafte Obliegenheitsverletzung des Beklagten beeinflusst die Leistungspflicht des Versicherers, insbesondere wenn der Versicherungsnehmer nicht nachweisen kann, dass seine Obliegenheitsverletzung den Versicherungsfall nicht beeinflusst hat

Vertragsparteien und Obliegenheitsverletzung

Der Beklagte, der sich gegen einen Beschluss des Landgerichts Aachen zur Wehr setzte, argumentierte unter anderem, dass er nicht Partei des Mietvertrages sei. Dies wurde jedoch durch den Hinweis auf die Firma A, die explizit als „Mieter 2“ im Vertrag aufgeführt war, entkräftet. Ein weiterer zentraler Punkt war die Frage, ob der Beklagte durch das Nicht-Hinzuziehen der Polizei nach einem Unfall eine Obliegenheitsverletzung begangen hat.

Haftung für Schäden und AGB-Regelungen

Unabhängig von den genauen Umständen des Unfalls bestanden keine durchgreifenden Bedenken hinsichtlich der Haftung des Beklagten für die Schäden am Fahrzeug. Auch der Einbezug der streitgegenständlichen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) wurde nicht substantiiert bestritten. Ein zentrales Element dieser AGB war die sogenannte „Polizeiklausel“.

Obliegenheitsverletzung und Versicherungsleistung

Die schuldhafte Obliegenheitsverletzung des Beklagten, insbesondere das Nicht-Hinzuziehen der Polizei, schließt eine Leistungspflicht des Versicherers nicht grundsätzlich aus. Es bleibt dem Versicherungsnehmer, in diesem Fall dem Beklagten, der Kausalitätsgegenbeweis offen. Dies bedeutet, dass er nachweisen muss, dass seine Obliegenheitsverletzung keinen Einfluss auf den Versicherungsfall hatte.

Arglistiges Verhalten und Beweislast

Ein weiterer Aspekt des Urteils betrifft das arglistige Verhalten des Beklagten. Ein solches Verhalten setzt voraus, dass der Versicherte bewusst und gewollt gegen eine Obliegenheit verstößt und dabei zumindest in Kauf nimmt, den Versicherer zu beeinflussen. Im vorliegenden Fall war jedoch nicht ersichtlich, dass der Beklagte ein solches arglistiges Verhalten an den Tag gelegt hat.

Schlussbetrachtung und Auswirkungen

Das Urteil des OLG Köln verdeutlicht die Komplexität und die vielschichtigen Aspekte, die bei der Beurteilung von Haftungsfreistellungen im Kontext von Kraftfahrzeugmietverträgen und Obliegenheitsverletzungen zu berücksichtigen sind. Es zeigt, wie wichtig es ist, sowohl die vertraglichen Regelungen als auch die konkreten Umstände eines Falles genau zu prüfen, um zu einer fundierten rechtlichen Bewertung zu gelangen.

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§ Relevante Rechtsbereiche sind unter anderem:

  • Mietrecht: In diesem Fall geht es um einen Kraftfahrzeugmietvertrag und die damit verbundenen Pflichten und Rechte der Vertragsparteien.
  • Versicherungsrecht: Es wird die Obliegenheitsverletzung im Kontext der Haftungsfreistellung und die Leistungspflicht des Versicherers diskutiert, insbesondere in Bezug auf den § 28 VVG (Versicherungsvertragsgesetz).
  • Strafrecht: Es wird auf den § 142 StGB (Strafgesetzbuch) Bezug genommen, welcher das unerlaubte Entfernen vom Unfallort regelt und in diesem Zusammenhang relevant ist.


Das vorliegende Urteil

OLG Köln . Az.: 15 W 81/16 – Beschluss vom 09.01.2017

Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des Landgerichts Aachen vom 18.05.2016 (8 O 426/15) wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Gründe

Die sofortige Beschwerde des Beklagten hat keinen Erfolg.

Zur Meidung von Wiederholungen kann zunächst auf die angegriffene Entscheidung vom 18.05.2016 (Bl. 176 f. d.A.) und den Nichtabhilfebeschluss vom 22.12.2016 (Bl. 200 d.A.) verwiesen werden. Die dortigen Erwägungen sind nur insofern zu ergänzen, als der Beklagte sich insbesondere bei der Frage, ob er Partei des Mietvertrages geworden ist, nicht auf die Grundsätze des sog. unternehmensbezogenen Geschäfts berufen kann, nachdem die Firma A ausdrücklich noch als „Mieter 2“ in den Mietvertrag aufgenommen worden ist (Anlage K 1, Bl. 33 d.A.). Selbst wenn man zu Gunsten des Beklagten sogar noch einen Inhalts- oder Erklärungsirrtum (§ 119 Abs. 1 BGB) bei Vertragsunterzeichnung unterstellen wollte, wäre die – ohnehin allenfalls konkludent erklärte – Anfechtung jedenfalls nicht unverzüglich (§ 121 BGB) erklärt und damit verfristet.

An der Haftung für die Schäden am Fahrzeug dem Grunde nach aus Vertrag und/oder Delikt bestehen ungeachtet der streitigen Fragen des Unfallhergangs als solches dann ebenso wenig durchgreifende Bedenken wie an dem nur unsubstantiiert bestrittenen Einbezug der streitgegenständlichen AGB.

Zur – damit allein streitentscheidenden – Frage eines Wegfalls der vertraglichen Haftungsfreistellung wegen Obliegenheitsverletzung mit Blick auf die – wirksame – AGB-Regelung („Polizeiklausel“) fehlt es bis zuletzt an ausreichendem Vortrag und Beweisantritt des sowohl analog § 28 Abs. 2 S. 2 VVG für die fehlende (zumindest) grobe Fahrlässigkeit als auch analog § 28 Abs. 3 VVG für die fehlende Kausalität zwischen Obliegenheitsverletzung und Versicherungsschaden usw. (dazu allg. Prölss/Martin/Armbrüster, VVG, 29. Aufl. 2015, § 28 Rn. 249 f.) allein darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten.

Ob der Beklagte – mit dem Landgericht – wirklich vorsätzlich seine Obliegenheiten verletzt haben mag, kann und soll dahinstehen. Insbesondere entfällt der Vorwurf zumindest grober Fahrlässigkeit jedenfalls nicht allein durch das behauptete Drängen des damaligen Arbeitgebers (S. 2 des Schriftsatzes vom 16.06.2016, Bl. 174 d.A.). Ungeachtet der Frage, ob und wie die Rücksprache mit einem Rechtsunkundigen überhaupt zur Entlastung führen kann (dazu für einen ähnlichen Fall OLG Saarbrücken Urt. v. 24.6.2015 – 2 U 73/14, BeckRS 2016, 9658), fehlt zumindest konkretes Vorbringen dazu, dass gerade die Frage der Hinzuziehung der Polizei überhaupt dabei bedacht und erörtert worden sein soll.

Die schuldhafte Obliegenheitsverletzung schließt eine Leistungspflicht des Versicherers – hier der Klägerin als Vermieterin für den in Folge des Unfalls entstandenen Schaden am Fahrzeug – zwar nicht grundsätzlich aus, weil dem Versicherungsnehmer – hier dem Beklagten als Mieter des Fahrzeugs – der Kausalitätsgegenbeweis, § 28 Abs. 3 S. 1 VVG, offensteht. Abweichend von § 28 Abs. 2 VVG bleibt der Versicherer so zur Leistung verpflichtet, sofern es dem Versicherungsnehmer gelingt nachzuweisen, dass sich seine Obliegenheitsverletzung nicht auf den Eintritt oder die Regelung des Versicherungsfalls ausgewirkt hat. Ein solcher Kausalitätsgegenbeweis ist hier nach Ansicht des Senats zwar nicht schon im Ansatz bereits durch § 28 Abs. 3 S. 2 VVG ausgeschlossen, da ein arglistiges Verhalten des Beklagten nicht ohne weiteres festzustellen ist. Das geht zu Lasten der Klägerin, die wie ein Versicherer die Beweislast für das Vorliegen der Arglist trägt (vgl. OLG Saarbrücken Urt. v. 24.06.2015 – 2 U 73/14, BeckRS 2016, 9658). Denn ein arglistiges Verhalten setzt voraus, dass der Versicherte der Obliegenheit bewusst und gewollt zuwider handelt und zugleich wenigstens in Kauf nimmt, das Verhalten des Versicherers dadurch zu dessen Nachteil zu beeinflussen. Der Versicherte muss einen aus seiner Sicht gegen die Interessen des Versicherers gerichteten Zweck verfolgen – was hier aber so nicht ersichtlich ist. Allein der Umstand, dass sich der Beklagte möglicherweise vorsätzlich unerlaubt von einem Unfallort entfernt hat i.S.d. § 142 StGB, lässt wohl für sich genommen nicht zwingend den Schluss auf ein arglistiges Verhalten auch zu Lasten der Klägerin zu. Einen allgemeinen Erfahrungssatz des Inhalts, dass derjenige, der sich unerlaubt vom Unfallort entfernt, damit stets (auch) einen gegen die Interessen des Versicherers gerichteten Zweck verfolgt, gibt es so – jedenfalls bei reinen Leitplankenstreifschäden – nicht (vgl. auch OLG Saarbrücken Urt. v. 24.06.2015 – 2 U 73/14, BeckRS 2016, 9658).

Indes hat der Beklagte – wie eingangs bereits gesagt – dem ihm obliegenden Kausalitätsgegenbeweis in der Sache dann nicht zu führen vermocht. § 28 Abs. 3 S. 1 VVG. Der Nachweis fehlender Ursächlichkeit ist bei Verletzung einer Aufklärungsobliegenheit nur erbracht, wenn feststeht, dass dem Versicherer hierdurch keine Feststellungsnachteile erwachsen sind. Bleibt dies unklar und in der Schwebe, ist der Versicherungsnehmer beweisfällig und bleibt der Versicherer nach Maßgabe des § 28 Abs. 2 VVG leistungsfrei. So verhält es sich hier: Insbesondere ist etwa der Nachweis nicht geführt, dass die Polizei ohnehin nicht zur Unfallaufnahme erschienen wäre (dazu BGH v. 14.03.2012 – XII ZR 44/10, BeckRS 2012, 08786 Tz. 32). Soweit die Klägerin sich allerdings u.a. auf eine „Beweisnot“ im Hinblick auf die anzunehmende Beschädigung der Leitplanke stützt, geht dies allerdings fehl, weil weder vorgetragen noch ersichtlich ist, dass sie dafür überhaupt in Anspruch genommen worden ist. Insofern liegt sogar der Schluss nicht fern, dass ein Hinzurufen der Polizei den Schaden eher noch „vertieft“ hätte, weil dann auch solche (Begleit-)Schäden fraglos mit aufgenommen worden wären und zu Regressansprüchen geführt hätten, während der Schaden am Kfz u.U. identisch festzustellen gewesen wäre.

Doch kommt es darauf nicht an: Denn jedenfalls ist der Klägerin dadurch, dass die notwendigen Feststellungen nicht sofort am Unfallort ermöglicht und nicht unverzüglich im Sinne des § 142 Abs. 2 StGB bzw. zumindest im engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang zum Unfall nachgeholt worden sind, jede weitere Aufklärungsmöglichkeit in Bezug auf eine mögliche Alkoholisierung oder Drogenbeeinträchtigung, aber auch nur eine ggf. vorliegende Übermüdung des Beklagten bzw. sonstige, für den Unfall ursächliche Umstände im Unfallzeitpunkt unwiederbringlich verloren gegangen.

Das pauschale Bestreiten zur Höhe auf S. 6 des Schriftsatzes vom 09.03.2016 (Bl. 146 d.A.) ist prozessual unerheblich. Die vorgelegte Entscheidung des LG Bonn vom 12.09.2016 – 10 O 437/15 (Bl. 258 ff. d.A.) rechtfertigt keine andere Sicht der Dinge.

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Auch durchgreifende Bedenken an der angenommenen Quote von 70% bestehen nicht, zumal bei – hier fehlendem Sachvortrag zu weiteren  Einzelheiten – richtigerweise nicht generell nur von einer 50%igen Quote auszugehen ist (zum Streitstand Armbrüster a.a.O., Rn. 237 ff. m.w.N.). Zu berücksichtigen sein dürfte insbesondere, dass man sich zumindest hart an der Grenze einer vorsätzlichen Obliegenheitsverletzung bewegt haben dürfte (wenn nicht sogar dahinter).

Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

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