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Leasingnehmerhaftung für Verkehrsverstoß des Fahrzeugführers bei Fahrzeugüberlassung

Fahrzeugüberlassung: Wer haftet bei Verkehrsverstößen des Fahrers?

Das Landgericht Heilbronn hat in seinem Urteil entschieden, dass die Klägerin, eine Leasingnehmerin, für den Schaden an einem geleasten Fahrzeug teilweise haftbar ist. Die Haftung basiert auf der Betriebsgefahr des Fahrzeuges und einem Mitverschulden der Fahrerin. Interessant ist hierbei, dass die Klägerin sich nicht die Betriebsgefahr des Fahrzeuges anrechnen lassen muss, da sie Ansprüche in Prozessstandschaft für die Leasinggeberin geltend macht.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: St 5 S 38/14  >>>

Das Wichtigste in Kürze


Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Teilweise Haftung der Klägerin: Die Klägerin haftet zu 80 % für den Fahrzeugschaden (Reparaturkosten und Wertminderung), basierend auf der Abwägung zwischen dem Verschulden der Fahrerin und der Betriebsgefahr des Beklagtenfahrzeuges.
  2. Keine Anrechnung der Betriebsgefahr: Die Klägerin muss sich die Betriebsgefahr ihres geleasten Fahrzeuges nicht anrechnen lassen, da sie fremde Rechte in Prozessstandschaft geltend macht.
  3. Mitverschulden der Fahrerin: Ein Mitverschulden der Fahrerin des klägerischen Fahrzeuges wird der Klägerin anspruchsmindernd angerechnet.
  4. Gesamtschuldnerische Haftung: Die Klägerin und die Beklagten haften gesamtschuldnerisch für bestimmte Schadenspositionen.
  5. Haftungsquote von 80 %: Die Beklagten tragen 80 % des Fahrzeugschadens, während die Klägerin 20 % selbst zu tragen hat.
  6. Weitere Schadenspositionen: Für Privatgutachterkosten, Nutzungsausfallentschädigung und Auslagenpauschale haften die Beklagten zu zwei Dritteln.
  7. Ersatz von Anwaltskosten: Die Klägerin kann Ersatz ihrer vorgerichtlichen Anwaltskosten beanspruchen.
  8. Revision zugelassen: Das Gericht lässt die Revision zu, da die Frage der Anrechnung der Betriebsgefahr und des Verschuldens des Fahrers auf den Leasingnehmer rechtlich von grundsätzlicher Bedeutung ist.

Als Leasingnehmer haften Sie grundsätzlich für Schäden am geleasten Fahrzeug, es sei denn, der Schaden ist unverschuldet. Doch wie verhält es sich, wenn der Fahrzeugführer einen Verkehrsverstoß begeht? In diesem Fall haftet der Fahrer, nicht der Leasingnehmer. Als Halter des Fahrzeugs haben Sie jedoch Sorgfaltspflichten zu erfüllen, wie die Prüfung der Fahrerlaubnis. Im folgenden Beitrag wird ein konkretes Urteil zur Leasingnehmerhaftung für Verkehrsverstöße des Fahrzeugführers bei Fahrzeugüberlassung vorgestellt und besprochen.

Leasingnehmerhaftung im Fokus des Heilbronner Urteils

Das Landgericht Heilbronn hat in einem bemerkenswerten Fall zur Leasingnehmerhaftung für Verkehrsverstöße geurteilt. Kern des Rechtsstreits war die Frage, inwiefern ein Leasingnehmer für Schäden haftet, die durch Verkehrsverstöße des Fahrzeugführers entstanden sind. Dieser Fall, betreut von der Kanzlei Kotz, stellt einen wichtigen Meilenstein im Bereich des Autorechts und Verkehrsrechts dar.

Verkehrsunfall und die Rolle der Leasingnehmerin

Ausgangspunkt war ein Verkehrsunfall, bei dem die Fahrerin eines geleasten Fahrzeugs involviert war. Die Klägerin, als Leasingnehmerin des Fahrzeugs, sah sich mit Forderungen nach Schadensersatz konfrontiert. Sie argumentierte, dass ihr weder ein Verschulden der Fahrerin noch die Betriebsgefahr des Fahrzeugs zugerechnet werden könne. Die Klägerin trat hierbei in Prozessstandschaft für die Leasinggeberin und Eigentümerin des Fahrzeugs auf, eine wesentliche Nuance, die den Fall prägte.

Gerichtliche Bewertung von Schuld und Betriebsgefahr

Das Gericht musste das unfallursächliche Verschulden der Fahrerin und die Betriebsgefahr des gegnerischen Fahrzeugs abwägen. Interessanterweise entschied es, dass die Klägerin sich die Betriebsgefahr des von ihr geleasten Fahrzeuges nicht anrechnen lassen müsse. Diese Entscheidung basierte auf der Tatsache, dass sie in Prozessstandschaft für die Leasinggeberin handelte, die nicht als Halterin des Fahrzeuges galt. Somit wurde ein wesentlicher Grundsatz des Verkehrsrechts, die Betriebsgefahr, in diesem speziellen Kontext neu interpretiert.

Schlüsselentscheidung zur Haftungsverteilung

Letztendlich urteilte das Gericht, dass die Beklagten 80% des Schadens zu tragen hätten, während 20% der Klägerin angelastet wurden. Diese Entscheidung berücksichtigte das Verschulden der Fahrerin und die Betriebsgefahr beider Fahrzeuge. Darüber hinaus wurden auch weitere Schadenspositionen wie Privatgutachterkosten, Nutzungsausfallentschädigung und Auslagenpauschale berücksichtigt, bei denen die Beklagten zu zwei Dritteln hafteten.

Das Urteil als Wegweiser für zukünftige Fälle

Das Urteil des LG Heilbronn – Az.: St 5 S 38/14 vom 16.03.2015 stellt somit einen prägenden Richterspruch in der Behandlung von Leasingnehmerhaftungen dar. Es beleuchtet die Komplexität, die entsteht, wenn Leasingnehmer als faktische Halter von Fahrzeugen in Unfälle verwickelt sind. Das Urteil öffnet die Tür für weitere Diskussionen und rechtliche Bewertungen in ähnlich gelagerten Fällen, insbesondere hinsichtlich der Anrechnung der Betriebsgefahr und des Verschuldens des Fahrers.

Wichtige Fragen und Zusammenhänge kurz erklärt


Was umfasst die Leasingnehmerhaftung im Kontext von Verkehrsverstößen?

Die Leasingnehmerhaftung im Kontext von Verkehrsverstößen umfasst verschiedene Aspekte, die sich aus dem Leasingvertrag, dem Straßenverkehrsgesetz (StVG) und dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) ergeben. Der Leasingnehmer ist in der Regel der Halter des Fahrzeugs und trägt somit die Verantwortung für die Einhaltung der Verkehrsvorschriften sowie für die daraus resultierenden Konsequenzen.

Bei einem Verkehrsunfall mit einem Leasingfahrzeug ist der Leasingnehmer verpflichtet, den Leasinggeber über den Unfall zu informieren und je nach Vertragsbedingungen eventuell auch die Polizei zu verständigen. Der Leasingnehmer muss alle Pflichten eines Fahrzeughalters erfüllen, was auch für Unfälle und Verkehrsverstöße gilt. Im Falle eines Unfalls kann der Leasingnehmer zur Wiederinstandsetzung des Fahrzeugs verpflichtet sein, und es können Schadensersatzansprüche gegen ihn geltend gemacht werden.

Die Haftung des Leasingnehmers kann sich aus verschiedenen Paragraphen des BGB ergeben, wie zum Beispiel aus § 280 Abs. 1 BGB bei Pflichtverletzungen im Rahmen des Leasingvertrags oder aus § 823 Abs. 1 BGB, wenn der Fahrer des Leasingfahrzeugs einen Schaden verursacht. Unter bestimmten Umständen kann auch eine Haftung aus § 831 BGB bestehen, wenn der Fahrzeugführer ein Arbeitnehmer des Leasinggebers ist und dieser für die Beschädigung des Fahrzeugs verantwortlich ist.

Es ist auch zu beachten, dass der Leasingnehmer gegenüber dem Leasinggeber zur Schadensersatzleistung verpflichtet sein kann, wenn er oder sein Fahrer den Unfall verschuldet haben. Allerdings haftet der Leasingnehmer nicht für unverschuldete Schäden am geleasten Fahrzeug.

Im Falle einer vorzeitigen Beendigung des Leasingvertrags kann der Leasinggeber einen Schadensersatzanspruch gegen den Leasingnehmer haben, der individuell berechnet werden muss und sich nach den ausstehenden Leasingraten richtet.

Zusammenfassend trägt der Leasingnehmer als Halter des Fahrzeugs die Verantwortung für die Einhaltung der Verkehrsvorschriften und muss für die Folgen von Verkehrsverstößen aufkommen. Die genauen Haftungsbedingungen sind im Leasingvertrag festgelegt und können je nach Einzelfall variieren.

Wie wird die Betriebsgefahr eines Fahrzeugs rechtlich definiert und in welchen Fällen wird sie dem Leasingnehmer zugerechnet?

Die Betriebsgefahr bezeichnet die Gefahr, die automatisch durch die Inbetriebnahme eines Kraftfahrzeugs entsteht. Sie begründet eine verschuldungsunabhängige Haftung für den Halter des Fahrzeugs. Diese Gefährdungshaftung besteht unabhängig davon, ob der Fahrer einen Fehler gemacht hat oder nicht. Einzige Ausnahme ist der Fall höherer Gewalt.

In Bezug auf Leasingfahrzeuge ist der Leasingnehmer in der Regel als Halter des Fahrzeugs anzusehen, da er das Fahrzeug für eigene Rechnung und im eigenen Interesse nutzt und die Verfügungsgewalt darüber besitzt. Daher wird die Betriebsgefahr dem Leasingnehmer zugerechnet. Die Halterhaftung des Leasingnehmers deckt jedoch nur Schäden ab, die durch den Betrieb des Fahrzeugs bei anderen Personen oder an anderen Sachen entstanden sind, nicht aber Schäden am Fahrzeug des Leasinggebers selbst.

Es gibt jedoch Fälle, in denen die Betriebsgefahr nicht dem Leasingnehmer zugerechnet wird. Beispielsweise muss sich der Leasinggeber die Betriebsgefahr seines Fahrzeugs nicht zurechnen lassen, wenn er Schadensersatzansprüche gegen den Unfallgegner geltend macht. Dies liegt daran, dass der Leasinggeber nicht der Halter des Fahrzeugs ist. Darüber hinaus kann dem Leasinggeber gegenüber weder ein Verschulden des Fahrzeugführers noch eine Betriebsgefahr entgegengehalten werden.

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Es ist auch zu beachten, dass die Betriebsgefahr in bestimmten Situationen entfallen kann. Beispielsweise entfällt die Betriebsgefahr, wenn mit einem Fahrzeug bewusst ein Hindernis auf der Fahrbahn bereitet wird, um einen Auffahrunfall zu provozieren.

Inwiefern beeinflusst das Verschulden des Fahrzeugführers die Haftung des Leasingnehmers?

Das Verschulden des Fahrzeugführers kann die Haftung des Leasingnehmers in verschiedenen Weisen beeinflussen. In der Regel ist der Leasingnehmer als Halter des Fahrzeugs anzusehen, da er die Verfügungsgewalt über das Fahrzeug hat und für die laufenden Kosten verantwortlich ist.

Wenn der Fahrer des Leasingfahrzeugs ein Verschulden trifft, muss sich der Leasinggeber, der als Eigentümer des Fahrzeugs gilt, dieses Verschulden nicht zurechnen lassen. Dies bedeutet, dass der Leasinggeber einen Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB geltend machen kann, wenn dem Fahrer des gegnerischen Fahrzeugs ein Verschulden nachgewiesen werden kann.

Es ist jedoch zu beachten, dass der Leasingnehmer dem Leasinggeber bei Verkehrsunfällen aus vermutetem Verschulden nach § 280 BGB haften kann. Wenn der Leasingnehmer also den Unfall verursacht hat, kann er gegenüber dem Leasinggeber haftbar sein.

Wenn der Leasingnehmer jedoch nicht für den Unfall verantwortlich ist, kann er sich die Kosten von der gegnerischen Versicherung erstatten lassen. Sollte der Unfall selbst verschuldet sein, kann die Leasinggesellschaft am Ende der Laufzeit Kosten als Ausgleich berechnen.

Es ist auch wichtig zu beachten, dass der Leasingnehmer dem Leasinggeber für Untergang, Verlust, Beschädigung oder Wertminderung des Fahrzeugs und seiner Ausstattung haftet, auch ohne Verschulden.

Insgesamt hängt die Haftung des Leasingnehmers stark von den spezifischen Umständen des Unfalls und den Bedingungen des Leasingvertrags ab. Es ist daher ratsam, sich bei Unfällen mit einem Leasingfahrzeug rechtlich beraten zu lassen.


Das vorliegende Urteil

LG Heilbronn – Az.: St 5 S 38/14 – Urteil vom 16.03.2015

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Besigheim vom 04.08.2014, 3 C 1019/12, abgeändert.

a) Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 1.600,94 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 01.11.2012 zu zahlen.

b) Die Beklagten werden weiter als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 21,63 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 01.11.2012 zu zahlen.

c) Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

3. Die Kosten der ersten Instanz werden gegeneinander aufgehoben.

Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin 67 % und die Beklagten als Gesamtschuldner 33 % zu tragen.

4. Die Beklagten können die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten im Kostenpunkt durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leisten.

5. Die Revision wird zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 1.928,91 € festgesetzt.

Gründe

I.

Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung des Amtsgerichts Besigheim Bezug genommen.

Die Klägerin verfolgt die erstinstanzlichen Anträge mit der Berufung weiter.

Sie macht insbesondere geltend, dass sie sich hinsichtlich des Fahrzeugschadens (Reparaturkosten und Wertminderung) weder ein etwaiges Verschulden der Fahrerin des klägerischen Fahrzeuges noch die Betriebsgefahr dieses Fahrzeuges zurechnen lassen müsse. Denn insoweit gehe sie im Wege der Prozessstandschaft vor und nehme fremde Rechte der … Bank GmbH als Leasinggeberin und Eigentümerin des Fahrzeuges wahr, zu deren Lasten eine entsprechende Zurechnung nicht in Betracht komme, nachdem diese nicht Halterin des Fahrzeuges sei.

Bezüglich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf deren Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll zur mündlichen Verhandlung des Berufungsverfahrens Bezug genommen.

Im Berufungsverfahren wurde Beweis erhoben durch Einholung eines ergänzenden mündlichen Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. B.

II.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben und begründet worden.

Das Rechtsmittel hat in der Sache in dem sich aus dem Urteilstenor ergebendem Umfange Erfolg.

1. Der Klägerin steht hinsichtlich des eigentlichen Fahrzeugschadens (Reparaturkosten und Wertminderung) gegen die Beklagten gemäß §§ 823 Abs. 1 BGB, 7 StVG, 115 VVG ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 80 % zu. Dies ergibt sich bei Abwägung des unfallursächlichen Verschuldens der Fahrerin des klägerischen Fahrzeuges einerseits und der Betriebsgefahr des Beklagtenfahrzeuges sowie des unfallursächlichen Verschuldens des Beklagten Ziff. 1 andererseits.

a) Die Klägerin muss sich hinsichtlich der betreffenden Schadenspositionen die Betriebsgefahr des von ihr geleasten Fahrzeuges nicht entgegen halten lassen.

aa) Denn insoweit macht sie – fremde – Ansprüche der Leasinggeberin und Eigentümerin des klägerischen Fahrzeuges in Prozessstandschaft geltend. Damit ist grundsätzlich die Rechtsposition Letzterer maßgeblich. Diese ist aber nicht Halterin des Fahrzeuges. Sie muss sich daher auch nicht die Betriebsgefahr ihres Fahrzeuges anspruchsmindernd anrechnen lassen. Eine analoge Anwendung der §§ 7, 17 StVG kommt nicht in Betracht (vgl. BGH NJW 2007, 3120; OLG Karlsruhe NJW 2014, 1392). Dies gilt hinsichtlich der Betriebsgefahr auch, soweit die Klage von der Klägerin geführt wird. Es kommt nicht darauf an, dass diese als Leasingnehmerin selbst zugleich Halterin des betreffenden Fahrzeuges ist (vgl. OLG Karlsruhe aaO).

bb) Der Einwand der Beklagten, die Haftung der Klägerin aus dem Verkehrsunfall gegenüber der Leasinggeberin trete gesamtschuldnerisch neben die Haftung der Beklagten gegenüber der Leasinggeberin und führe zu einem Anspruch der Beklagten gegen die Klägerin auf Gesamtschuldnerausgleich (§ 426 BGB), der der vorliegenden Klage sogleich – hilfsweise im Wege der Aufrechnung – entgegen gehalten werden könne, greift die Betriebsgefahr betreffend nicht durch.

(1) Eine dahingehende verschuldensunabhängige Haftung der Klägerin als Leasingnehmerin gegenüber der Leasinggeberin ergibt sich nicht aus dem Gesetz. Denn die Klägerin haftet gegenüber der Leasinggeberin nicht gemäß § 7 StVG für Schäden an dem Fahrzeug selbst, dessen Halterin die Klägerin ist und von dem die Betriebsgefahr ausgegangen ist. Vielmehr setzt § 7 StVG nach seinem eindeutigen Wortlaut sowie Sinn und Zweck die Beschädigung einer anderen Sache als des betriebenen Fahrzeuges selbst voraus, was sich nicht zuletzt auch aus einem Erst-Recht-Schluss aus § 8 Nr. 3 StVG ergibt.

(2) Zwar haftet die Klägerin gegenüber der Leasinggeberin gemäß Ziff. XI. der vorgelegten Allgemeinen Geschäftsbedingungen für das Leasing von Kraftfahrzeugen für eine Beschädigung des Fahrzeuges auch ohne Verschulden. Diese vertragliche Regelung soll jedoch ersichtlich der Leasinggeberin lediglich eine haftende Person „sichern“, ohne den nach gesetzlichen Vorschriften haftenden Schädiger zu entlasten. Insoweit erscheint es bereits fraglich, ob eine entsprechende vertragliche Haftung gesamtschuldnerisch neben die gesetzliche Haftung der Beklagten tritt, was eine „Gleichstufigkeit“ der Verbindlichkeiten voraussetzen würde. Jedenfalls müssten die Beklagten nach den Umständen insoweit im Innenverhältnis zur Klägerin den Schaden alleine tragen.

b) Die Klägerin muss sich aber ein unfallursächliches Verschulden der Zeugin Z… anspruchsmindernd anrechnen lassen.

aa) Zwar gelten auch insoweit im Verhältnis der Leasinggeberin zu den Beklagten die Ausführungen oben zu a aa) entsprechend, d.h. die Leasinggeberin muss sich ein Verschulden der Fahrerin ihres Fahrzeuges grundsätzlich nicht anrechnen lassen.

bb) Insoweit kommen dann aber die Erwägungen der Beklagten zum Tragen, wonach die Verschuldenshaftung der Klägerin gegenüber der Leasinggeberin gesamtschuldnerisch neben die Haftung der Beklagten tritt und Letztere der Inanspruchnahme aus dem Recht der Leasinggeberin durch die Klägerin den Anspruch auf Innenausgleich (§ 426 BGB) anspruchsmindernd entgegen halten können.

(1) Allerdings kommt eine Zurechnung des Verursachungsanteiles der Fahrerin zu Lasten der Klägerin gemäß § 17 StVG nicht in Betracht (vgl. oben zu a bb(1))

(2) Jedoch haftet die Klägerin für ein Verschulden der Fahrerin gegenüber der Leasinggeberin aus positiver Vertragsverletzung in Verbindung mit § 278 BGB. Überlässt der Leasingnehmer einem Dritten die Leasingsache, hat er für dessen Verstoß gegen die Obhutspflichten gemäß § 278 BGB einzustehen (vgl. für Mieter Palandt/Grüneberg, BGB, 73. A., § 278 Rn. 18; OLG Hamm NJW-RR 1987, 1142). Die entsprechende Haftungsverbindlichkeit tritt gesamtschuldnerisch neben die Haftung der Beklagten und führt zu einem Innenausgleichsanspruch der Beklagten, den diese sogleich der Klägerin entgegen halten können. Denn es erschiene treuwidrig, wenn die Klägerin den ungekürzten Haftungsanspruch der Leasinggeberin für sich geltend machen dürfte, obwohl sie sogleich im Innenausgleich einen Teil dessen zurückerstatten müsste.

cc) Der Zeugin Z… fällt ein unfallursächlicher schuldhafter Verkehrsverstoß zur Last.

Die Kammer erachtet die Beweiswürdigung im amtsgerichtlichen Urteil, wonach die Fahrerin des klägerischen Fahrzeuges erwiesenermaßen nicht mit Schrittgeschwindigkeit gefahren und den Querverkehr nicht mit der gebotenen Sorgfalt beachtet habe, für zutreffend. Die hiergegen mit der Berufung vorgebrachten Einwände vermögen nicht durchzugreifen. Die als Zeugin vernommene Fahrerin hat selbst angegeben, sie denke, dass sie etwa 20 km/h gefahren sei (was annähernd dem Dreifachen der Schrittgeschwindigkeit entspräche). Dies entspreche ihrer „gefühlmäßigen Einschätzung“. Der Sachverständige hat ausgeführt, dass das klägerische Fahrzeug jedenfalls mit einer höheren Geschwindigkeit als das Beklagtenfahrzeug gefahren sei. Danach durfte das Amtsgericht zu dem Ergebnis kommen, dass die Zeugin Z… jedenfalls mit deutlich höherer Geschwindigkeit als Schrittgeschwindigkeit unterwegs war. Die Zeugin wäre jedoch auf dem Parkplatzgelände gehalten gewesen, zumindest annähernd Schrittgeschwindigkeit einzuhalten bei stetiger Bremsbereitschaft, zumal sie an der Unfallstelle mit Querverkehr rechnen musste. Auf die insoweit zutreffenden Ausführungen des Amtsgerichts wird vollumfänglich Bezug genommen.

Der Sachverständige hat bei seiner ergänzenden Anhörung im Berufungsverfahren nachvollziehbar und überzeugend dargelegt, dass die Zeugin Z… bei entsprechendem Fahrverhalten das Unfallgeschehen hätte vermeiden können, da sie dann bei Erkennen des Beklagtenfahrzeuges und entsprechender Reaktionsaufforderung noch hätte vor der Kollisionsstelle anhalten können. Der Verkehrsverstoß war daher unfallursächlich.

Fraglich erscheint, ob der Zeugin Z… daneben ein Vorstoß gegen das Rechtsfahrgebot zur Last zu legen ist. Angesichts der sich – aus Sicht der Zeugin – kurz nach der Unfallstelle eröffnenden Geradeausspur durfte sich diese bereits an der Unfallstelle vom rechten Fahrbahnrand weg nach links orientieren. Sollte die Spurführung der Zeugin gleichwohl als Verstoß gegen das Rechtsfahrgebot zu werten sein, würde dies jedenfalls bei der Gesamtabwägung nicht wesentlich zusätzlich ins Gewicht fallen.

c) Die Beklagten müssen sich die Betriebsgefahr des Beklagtenfahrzeuges und den unfallursächlichen Vorfahrtsverstoß des Beklagten Ziff. 1 haftungsbegründend anrechnen lassen. Auch insoweit macht sich die Kammer die zutreffenden und überzeugenden Ausführungen des Erstgerichtes zu eigen.

d) In der Gesamtabwägung wiegt der Verkehrsverstoß des Beklagten Ziff. 1 wesentlich schwerer als der der Zeugin Zürn. Hinzu kommt die Betriebsgefahr des Beklagtenfahrzeuges, während sich die Klägerin die Betriebsgefahr des von ihr geleasten Fahrzeuges nicht zusätzlich anrechnen lassen muss. Dies führt nach Ansicht der Berufungskammer zu einer Haftungsquote von 80 % der Beklagten, während die Klägerin 20 % des Schadens selbst tragen muss.

2. Hinsichtlich der weiteren Schadenspositionen (Privatgutachterkosten, Nutzungsausfallentschädigung, Auslagenpauschale) haften die Beklagten der Klägerin für die entstandenen Schäden zu 2/3.

Insoweit geht die Klägerin aus eigenem Recht vor. Sie kann sich auf ihre Rechtsposition als rechtmäßige Besitzerin berufen, die ihr unter den Voraussetzungen der §§ 323 BGB, 7 StVG einen eigenen Schadensersatzanspruch gewährt. Bei der hierzu treffenden Abwägung gemäß § 17 StVG ist zu berücksichtigen, dass sich die Klägerin als Halterin des geleasten Fahrzeuges zusätzlich dessen Betriebsgefahr anrechnen lassen muss. Insoweit ist die vom Amtsgericht ermittelte Haftungsquote nicht zu beanstanden.

3. Dies führt zu folgendem restlichen streifgegenständlichen Schadensersatzanspruch:

Der Fahrzeugschaden einschließlich Wertminderung beläuft sich in Höhe von 4.773,55 €. Die Beklagten haften hierfür in Höhe von 80 %, mithin in Höhe von 3.818,84 €. Nachdem die Beklagten hierauf 2.386,77 € bezahlt haben, beläuft sich der Restanspruch auf 1.432,07 €.

Die weiteren Schadenspositionen belaufen sich insgesamt in Höhe von 1.013,20 €. Die Beklagten haften hierfür zu 2/3, also in Höhe von 675,47 €. Abzüglich bezahlter 506,60 € ergibt sich ein restlicher Anspruch in Höhe von 168,87 €.

Der restliche Gesamtanspruch der Klägerin beträgt daher 1.600,94 €.

4. Zudem kann die Klägerin Ersatz ihrer vorgerichtlichen Anwaltskosten geltend machen, jedoch angesichts des ursprünglich berechtigten Gesamtanspruches in Höhe von 4.494,31 € nur aus einem Gegenstandswert von bis zu 4.500 € nach RVG VV Nr. 2300, § 13 Abs. 1 RVG i.V.m. Anlage 2 a.F. Der Erstattungsanspruch betrug mithin einschließlich der Pauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen und weiterer Auslagen in Höhe von 12 € insgesamt 386,90 €. Abzüglich bezahlter 365,27 € beläuft sich der Restanspruch in Höhe von 21,63 €, den die Klägerin aufgrund ihres Quotenvorrechtes gegenüber ihrem Rechtsschutzversicherer bis zur Höhe ihrer Eigenbeteiligung von 150 €, mithin in voller Höhe geltend machen kann.

5. Die Zinsansprüche ergeben sich aus Verzugsgesichtspunkten.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision wird zugelassen im Hinblick auf die – soweit ersichtlich – höchstrichterlich noch nicht entschiedene Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, ob und inwieweit sich der Leasingnehmer und Halter eines Fahrzeuges, der wegen eines Unfallschadens an dem Fahrzeug aus fremdem Recht des Leasinggebers und Eigentümers des Fahrzeuges vorgeht, sich die Betriebsgefahr des Fahrzeuges und ein etwaiges Verschulden des Fahrers anspruchsmindernd anrechnen lassen muss.

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