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Luftwärmepumpe auf Nachbargrundstück – Mindestabstand von 3m

OLG Nürnberg – Az.: 14 U 2612/15 – Urteil vom 30.01.2017

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Grund- und Teilurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 17.11.2015 teilweise abgeändert und als Endurteil wie folgt neu gefasst:

2. Die Beklagte wird verurteilt, auf dem Grundstück die in einer Entfernung von zwei Metern von der Grenze zum Grundstück errichtete Luftwärmepumpe zu entfernen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

5. Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen werden gegeneinander aufgehoben. Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten des Streithelfers findet nicht statt.

6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

7. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das erstinstanzliche Verfahren und für das Berufungsverfahren auf 11.700,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Luftwärmepumpe
(Symbolfoto: Von Studio Harmony/Shutterstock.com)

Die Parteien sind Nachbarn und streiten über eine von der Beklagten auf ihrem Grundstück (…) errichtete und zur Beheizung ihres Einfamilienhauses betriebene Luftwärmepumpe.

Die Luftwärmepumpe befindet sich im Garten des Grundstücks der Beklagten in einem Abstand von zwei Metern zu dem von den Klägern bewohnten Nachbargrundstück (…).

Die Beklagte behauptet, eine Versetzung der Luftwärmepumpe unter Einhaltung einer Abstandsfläche von drei Metern zur Grundstücksgrenze sei nur unter unverhältnismäßigen Aufwendungen möglich.

Wegen des darüber hinausgehenden erstinstanzlichen Parteivorbringens sowie der dortigen Anträge wird auf den Tatbestand des Grund- und Teilurteils des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 17.11.2015 Bezug genommen.

Mit diesem Urteil hat das Landgericht Nürnberg-Fürth der Klage unter Abweisung im Übrigen teilweise stattgegeben. Es hat die Beklagte zur Entfernung der Luftwärmepumpe verurteilt, den Klageanträgen III. (auf Zahlung eines Schmerzensgeldes) und V. (auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten) dem Grunde nach stattgegeben und die Ersatzpflicht der Beklagten für künftige materielle und immaterielle Schäden der Kläger aufgrund der „Verletzung der Abstands- und Immissionsschutzbestimmungen“ festgestellt.

Gegen dieses, ihrem Prozessbevollmächtigten am 23.11.2015 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit am 22.12.2015 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 25.02.2016 mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten am 25.02.2016 begründet.

Die Beklagte macht geltend, die Einordnung der Luftwärmepumpe als Anlage mit gebäudeähnlicher Wirkung im Sinne des Art. 6 I 2 BayBO sei rechtsfehlerhaft. Die Feststellung der Ersatzpflicht für zukünftige Schäden setze überdies zumindest die Möglichkeit eines weiteren Schadenseintritts voraus. Im Hinblick auf die geltend gemachten vorgerichtlichen Anwaltskosten sei darauf hinzuweisen, dass ein Schlichtungsversuch nicht notwendig gewesen sei.

Mit Zustimmung der Beklagten haben die Kläger ihre auf Zahlung eines Schmerzensgeldes gerichtete Klage (vgl. Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten der Kläger vom 24.01.2014, Seite 4 unter Nr. 3, im Tatbestand der angegriffenen Entscheidung als Antrag mit III. bezeichnet) zurückgenommen.

Mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 02.03.2016 ist der Streithelfer dem Rechtsstreit auch in der Berufungsinstanz auf Seiten der Beklagten beigetreten.

Die Beklagte und der Streithelfer beantragen:

Unter Abänderung des am 17.11.2015 verkündeten Grund- und Teilurteils des Landgerichts Nürnberg-Fürth, Az. 16 O 8752/13, wird die Klage abgewiesen.

Die Kläger beantragen, unter Berücksichtigung der teilweisen Klagerücknahme die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das angefochtene Urteil.

Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens in der Berufungsinstanz wird auf die Schriftsätze (jeweils nebst Anlagen) vom 25.02.2016 (Bl. 217 ff. d. A.), 02.03.2016 (Bl. 236 f. d. A.), 26.04.2016 (Bl. 239 ff. d. A.), 11.05.2016 (Bl. 249 f. d. A.), 25.05.2016 (Bl. 252 f. d. A.), 19.07.2016 (Bl. 256 f. d. A.) und 23.12.2016 (Bl. 268 ff. d. A.) sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 12.12.2016 (Bl. 263 ff. d. A.) Bezug genommen.

Der Senat hat keinen Beweis erhoben.

II.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

In der Sache hat sie nur insoweit Erfolg, als sich das Rechtsmittel gegen die Feststellungsaussprüche im Ersturteil richtet (vgl. nachfolgend 2. und 3.). Zur Entfernung der Luftwärmepumpe hat das Landgericht Nürnberg-Fürth die Beklagte dagegen zu Recht verurteilt (vgl. nachfolgend 1.).

1. Die Beklagte ist den Klägern gegenüber aus § 1004 I 1, § 823 II BGB, Art. 6 BayBO zur Beseitigung der auf ihrem Grundstück aufgestellten Luftwärmepumpe verpflichtet.

a. Den Klägern steht als Eigentümern ihres Grundstücks nach § 1004 I 1 BGB in Verbindung mit § 823 II BGB der sogenannte quasinegatorische Beseitigungsanspruch gegen denjenigen zu, der ein ihren Schutz bezweckendes Gesetz objektiv verletzt. Zu den Schutzgesetzen gehören dabei die Vorschriften des Bauordnungsrechts über den Grenzabstand, weil sie auch dem Interesse des Nachbarn an ausreichender Belichtung und Belüftung seines Grundstücks, an einem freien Ausblick und an der Vermeidung von Lärmimmissionen dienen (BGH, Urteil vom 29.04.2011 – V ZR 174/10, juris Rn. 18; BGH, Urteil vom 11.10.1996 – V ZR 3/96, juris Rn. 21; OLG Frankfurt, Urteil vom 26.02.2013 – 25 U 162/12, juris Rn. 26; BayObLG, Beschluss vom 23.01.2001 – 2Z BR 116/00, juris Rn. 22). Dem im Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 17.02.2014 enthaltenen Vortrag der Kläger zu ihrer Stellung als Eigentümer ist die Beklagte nicht (substantiiert) entgegengetreten (§ 138 III ZPO).

b. Mit der Platzierung der Luftwärmepumpe in einem Abstand von zwei Metern zum angrenzenden Grundstück der Kläger ist die bauordnungsrechtlich erforderliche Abstandsfläche nicht gewahrt.

aa. Gemäß Art. 6 V 1 BayBO beträgt die Abstandsfläche, die auf dem Grundstück der Beklagten selbst liegen muss (Art. 6 II 1 BayBO), mindestens drei Meter. Sie besitzt Gültigkeit für die streitgegenständliche Luftwärmepumpe, weil sie eine „andere Anlage“ im Sinne von Art. 6 I 2 BayBO darstellt, von der „Wirkungen wie von Gebäuden ausgehen“.

(1) Auf die Einordnung der Luftwärmepumpe als bauliche Anlage kommt es nicht an. Denn Art. 6 I 2 BayBO erfasst sowohl bauliche Anlagen im Sinne des Art. 2 I 1-3 BayBO, die nicht bereits Gebäude (Art. 2 II BayBO) oder Teile von Gebäuden sind, für die also Art. 6 I 1 BayBO nicht bereits unmittelbar gilt, als auch „andere Anlagen und Einrichtungen“ im Sinne der Art. 1 I 2, Art. 2 I 4 BayBO. Entscheidend ist alleine, ob von der Anlage gebäudeähnliche Wirkungen ausgehen.

(2) Eine etwaige Verfahrensfreiheit nach Art. 57 I Nr. 2b BayBO („sonstige Anlagen der technischen Gebäudeausrüstung“) oder nach anderen Alternativen des Art. 57 BayBO lässt die in Art. 6 BayBO bestimmten Abstandsflächen als materielle Anforderungen an die Anlage, die durch öffentlich-rechtliche Vorschriften an sie gestellt werden, unberührt (Art. 55 II BayBO).

(3) Gebäudeähnliche Wirkungen gehen von Anlagen aus, wenn sie sich ähnlich wie Gebäude auf Brandschutz, Belichtung und Besonnung anderer Gebäude und auf Nachbargrundstücke auswirken. Neben ihrer Größe sind auch die Auswirkungen der Nutzung der Anlage – nach den maßgeblichen Umständen des Einzelfalls – zu berücksichtigen, z. B. die optischen und akustischen Auswirkungen (BayVGH, Urteil vom 28.07.2009 – 22 BV 08.3427, juris Rn. 19; Molodovsky/Famers in: Molodovsky/Famers, Bayerische Bauordnung, 32. Update 08/16, Art. 6 Rn. 49). Eine bestimmte Mindestgröße oder -höhe der von Art. 6 I 2 BayBO erfassten Anlagen hat der Gesetzgeber nicht vorgesehen. Nach der im Gesetz zum Ausdruck kommenden Wertentscheidung sind die Abstandsflächen freizuhalten von Gebäuden und von Anlagen, die, ohne selbst Gebäude zu sein, auf das Nachbargrundstück einwirken wie ein Gebäude. Funktionaler Anknüpfungspunkt der Regelung ist damit nicht das bauliche Ausmaß der Anlage, sondern das Ausmaß der von ihr ausgehenden Wirkung. Unstreitig verursacht die Luftwärmepumpe Geräuschimmissionen, deren Ausmaß zwar umstritten ist, die jedoch – wie der vorliegende Rechtsstreit zeigt – schon als solche geeignet sind, den Nachbarfrieden zu gefährden, dessen Schutz die Vorschriften über Abstandsflächen dienen (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 26.02.2013 – 25 U 162/12, juris Rn. 27; VG Düsseldorf, Urteil vom 16.12.2015 – 28 K 3757/14, juris Rn. 42). Entsprechende Geräuschimmissionen wurden – ungeachtet der Frage nach der rechtlichen Relevanz ihres Ausmaßes – auch durch die Messungen des gerichtlichen Sachverständigen, wie von diesem in seinem Gutachten vom 29.06.2015 niedergelegt, bestätigt.

bb. Die Errichtung der Luftwärmepumpe in der Abstandsfläche ist auch nicht gemäß Art. 6 IX 1 BayBO zulässig. Denn sie stellt weder ein Gebäude im Sinne des Art. 2 II BayBO noch eine andere der in Art. 6 IX 1 Nr. 1 und Nr. 3 BayBO aufgezählten baulichen Anlagen dar. Schließlich handelt es sich nicht um eine gebäudeunabhängige und verfahrensfreie (Art. 57 I Nr. 3a lit. bb BayBO) Solaranlage im Sinne des Art. 6 IX 1 Nr. 2 BayBO. Diese gesetzgeberische Privilegierung kommt nur Solarenergieanlagen und Sonnenkollektoren, die aus Sonnenenergie Strom bzw. thermische Energie (Heizwasser, Heizung) erzeugen (vgl. Molodovsky/Famers in: Molodovsky/Famers, Bayerische Bauordnung, 32. Update 08/16, Art. 6 Rn. 283), zugute. Die vom Gesetzgeber geschaffenen Ausnahmevorschriften zugunsten der Förderung von Solarenergie können nicht auf andere (alternative) Formen der Energiegewinnung angewendet werden.

cc. Soweit der Streithelfer geltend macht, nach Art. 7 II BayBO seien innerhalb der Abstandsflächen sogar Gebäude zugelassen, wenn sie der örtlichen Versorgung mit Elektrizität, Wärme, Gas und Wasser dienen und eine Traufhöhe von nicht mehr als fünf Metern haben, ergibt sich derartiges aus dem Gesetz nicht. Art. 7 II BayBO in der geltenden Fassung vom 14.08.2007 betrifft eine gänzlich andere Thematik. Soweit das Gesetz in Art. 57 I Nr. 4b BayBO Anlagen mit einer Höhe bis zu fünf Metern und einer Fläche bis zu zehn Quadratmetern, die der Telekommunikation, der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität einschließlich Trafostationen, Gas, Öl oder Wärme dienen, für verfahrensfrei erklärt, wird auf die obigen Ausführungen unter II. 1. b. aa. (2) verwiesen.

dd. Die ebenfalls vom Streithelfer herangezogene Vorschrift des Art. 6 VIII BayBO ordnet nicht die „Zulässigkeit“ bestimmter „untergeordneter“ bzw. „unbedeutender“ Anlagen an. Vielmehr regelt die genannte Vorschrift, dass bestimmte Teile baulicher Anlagen – zu denen die vorliegende Luftwärmepumpe nicht zählt – für die Bestimmung des Maßes H (Art. 6 IV 6 BayBO) außer Betracht bleiben. Vorliegend wurde jedoch bereits die Mindestabstandsfläche von drei Metern unterschritten, sodass es auf eine Bestimmung eines ggf. abweichenden Maßes H nicht ankommt.

c. Der Beseitigungsanspruch setzt ein Verschulden der Beklagten nicht voraus. Von daher kann dahinstehen, ob und unter welchen Umständen sich die Beklagte darauf verlassen hat, der Streithelfer bzw. der von ihr beauftragte Bauunternehmer Schuster hätte einen passenden Ort für den effektiven und ordnungsgemäßen Betrieb der Luftwärmepumpe ausgewählt.

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d. Dem Beseitigungsanspruch steht bereits im rechtlichen Ansatz nicht entgegen, dass die Kläger die beim Betrieb der Luftwärmepumpe entstehenden Geräusche hinzunehmen hätten. Denn die Voraussetzungen des Beseitigungsanspruchs sind mit der objektiven Verletzung des Schutzgesetzes erfüllt, ohne dass noch eine weitergehende Beeinträchtigung des Klägergrundstücks festgestellt werden müsste. Die zu beseitigende Beeinträchtigung folgt vielmehr ohne Weiteres aus der nachbarschützenden Funktion der verletzten Norm; in der unzulässigen Verkürzung der Abstandsfläche liegt eine fortdauernde Beeinträchtigung des Grundeigentums der Kläger (OLG Frankfurt, Urteil vom 26.02.2013 – 25 U 162/12, juris Rn. 28 mwN). Für die Entscheidung des Rechtsstreits spielt von daher das konkrete Ausmaß der von der Luftwärmepumpe verursachten Immissionen ebenso wenig eine Rolle wie die im Zusammenhang mit § 906 BGB stehende Fragen nach deren Wesentlich- und Ortsüblichkeit.

e. Die Kläger sind nicht in analoger Anwendung von § 912 I BGB zur Duldung der bauordnungswidrig aufgestellten Luftwärmepumpe verpflichtet (§ 1004 II BGB).

aa. Zwar ist § 912 BGB auf den Fall der Verletzung des Grenzabstands entsprechend anwendbar. Die Luftwärmepumpe stellt jedoch – auch nach der rechtlichen Beurteilung der Parteien – kein Gebäude dar, da sie nicht von Menschen betreten werden kann (OLG Frankfurt, Urteil vom 26.02.2013 – 25 U 162/12, juris Rn. 29 mwN). Da der gesetzgeberische Zweckgedanke der Überbauvorschriften, die Zerschlagung wirtschaftlicher Werte ohne Not zu verhindern (vgl. BGH, Urteil vom 14.07.1972 – V ZR 147/70, juris Rn. 20; OLG Karlsruhe, Urteil vom 09.09.1992 – 6 U 45/92, juris Rn. 22), im Tatbestandsmerkmal des – im Vergleich zu sonstigen Baukörpern bzw. Anlagen regelmäßig werthaltigeren – „Gebäudes“ zum Ausdruck kommt, verbietet sich – mangels Regelungslücke – eine analoge Anwendung der Vorschrift dahingehend, dass Bauwerke ohne Gebäudequalität „erst recht“ geduldet werden müssten.

bb. Schließlich liegt auch ein rechtzeitiger Widerspruch gegen den Überbau vor. Sowohl aus dem Vortrag der Beklagten als auch aus dem Schreiben der Kläger vom 13.08.2013 (Anlage K 5) ergibt sich, dass die Kläger bereits im Vorfeld der tatsächlichen Errichtung der Luftwärmepumpe im Juli/August 2013 Einfluss auf deren Standort nehmen wollten und damit zum Ausdruck gebracht haben, den avisierten Standort im Abstand von zwei Metern zu ihrer Grundstücksgrenze nicht hinnehmen zu wollen. Dass sie ihr Begehren dabei nicht auf eine Verletzung von Abstandsflächen gestützt haben, ist unschädlich. Denn der im Falle des Überbaus die Duldungspflicht des Nachbarn ausschließende Widerspruch muss weder begründet werden, noch setzt er Kenntnis des Widersprechenden von der Grenzüberschreitung (hier: Verletzung der Abstandsflächen) voraus. Selbst wenn eine beigefügte Begründung (hier: Hinweis auf Schallbelästigungen) nicht stichhaltig ist, schadet das nicht, sofern nur die Widerspruchserklärung ihrem objektiven Inhalt nach zugleich eine etwaige Grenzüberschreitung (hier: Verletzung der Abstandsflächen) mit einschließt (BGH, Urteil vom 14.07.1972 – V ZR 147/70, juris Rn. 14 ff.). Im Hinblick auf die Bedeutung des Abstands zur Schallquelle für das Ausmaß der Immissionen ist nicht zweifelhaft, dass das Begehren der um ihre Ruhe besorgten Kläger auch den Gesichtspunkt beinhaltete, die Schallquelle würde „zu nah“ an ihrem Grundstück platziert.

f. Das den Einwand des Rechtsmissbrauchs begründende (vgl. BGH, Urteil vom 21.12.1973 – V ZR 107/72, juris Rn. 16) Vorbringen der Beklagten, die Erfüllung des Beseitigungsanspruchs, die eine Versetzung der Luftwärmepumpe an eine andere Stelle außerhalb der einzuhaltenden Abstandsflächen erforderlich mache, sei mit unverhältnismäßigen Aufwendungen verbunden (Rechtsgedanke des § 251 II BGB), greift nicht durch. Zwar kann sich das Verlangen des Nachbarn, die Beeinträchtigung abzustellen, was in der Regel nur durch Eingriffe in des Bauwerk bewerkstelligt werden kann, als rechtsmissbräuchlich erweisen, wenn die Herstellung des gebotenen Zustandes nur mit unverhältnismäßigen Aufwendungen möglich wäre. Jedoch sind die Grenzen des Beseitigungsanspruchs wegen baurechtswidrigen Bauens stets unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Falles und mit dem Blick auf die Vorstellungen des Gesetzgebers über die Zumutbarkeit, wie sie im Schadensersatz- und im Nachbarrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs zum Ausdruck kommen, zu bestimmen. Die von der Klägerin für die Versetzung der Luftwärmepumpe angegebenen Kosten lassen damit für sich allein betrachtet das Verlangen der Kläger nicht als rechtsmissbräuchlich erscheinen. Die Kläger haben bereits geraume Zeit vor Aufstellung der Luftwärmepumpe an ihrem jetzigen Standort auf die Beeinträchtigung ihres Grundstücks hingewiesen und alternative Standorte zur Diskussion gestellt. Davon, dass die Kläger mit der Errichtung und Inbetriebnahme der Luftwärmepumpe an ihrem jetzigen Standort nicht einverstanden sein und gegebenenfalls auch rechtliche Schritte einleiten werden, konnte die Beklagten nicht überrascht sein. Die Beklagte schuf damit sehenden Auges Fakten, die nur mit einem nicht unerheblichen tatsächlichen und finanziellen Aufwand bereinigt werden können. Auch die auf Größe und Lage ihres Grundstücks sowie auf die Planungen zu dessen gewerblicher Nutzung zurückzuführenden Schwierigkeiten, einen Alternativstandort für die Luftwärmepumpe zu finden, mussten ihr bekannt sein. Das von ihr mit dem Aufbau der Luftwärmepumpe am jetzigen Standort bewusst eingegangene Risiko kann sie nun nicht mit dem Argument auf die Beklagten abwälzen, diese verhielten sich rechtsmissbräuchlich, indem sie ihre bereits von Anfang an bestehende und schon vor Errichtung der Anlage mitgeteilte ablehnende Haltung in Anbetracht des auf Seiten der Beklagten nunmehr erforderlichen tatsächlichen und finanziellen Aufwands nicht aufgeben.

g. Soweit die Beklagte geltend macht, die Kläger würden mit ihrer Klage Rechte als Vorwand für die Erreichung unlauterer Zwecke ausüben, steht dies dem Beseitigungsanspruch der Kläger nicht entgegen. Dessen Geltendmachung ist den Klägern nicht nach § 226 BGB verwehrt. Eine Schikane seitens der Kläger kann nicht angenommen werden. Nach der genannten Norm ist die Ausübung eines Rechts dann unzulässig, wenn sie nur den Zweck haben kann, einem anderen Schaden zuzufügen. § 226 BGB setzt voraus, dass nach Lage der gesamten Umstände ein anderer Zweck als die Schadenszufügung objektiv ausgeschlossen ist (Palandt/Ellenberger, BGB, 76. Auflage 2017, § 226 Rn. 2). Es genügt nicht, dass jemand subjektiv aus verwerflichen Gründen von seinem Recht Gebrauch macht. Es muss vielmehr feststehen, dass die Rechtsausübung dem Berechtigten objektiv keinen rechtlichen Vorteil bringen kann und lediglich zur Schädigung eines anderen taugt. Im Hinblick auf die Geräuschemissionen der Luftwärmepumpe kann ein objektives Interesse der Kläger an der Beseitigung des Überbaus nicht verneint werden.

2. Die Verpflichtung der Beklagten zum Ersatz künftiger materieller und immaterieller Schäden kann nicht festgestellt werden.

a. Die Feststellungsklage erweist sich bereits deshalb als unzulässig, weil der Klageantrag das festzustellende Rechtsverhältnis (§ 256 I ZPO) nicht hinreichend bestimmt i. S. d. § 253 II Nr. 2 ZPO bezeichnet. Ein Klageantrag ist nur dann hinreichend bestimmt, wenn er den erhobenen Anspruch konkret (beziffert oder gegenständlich) bezeichnet, den Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis (§ 308 ZPO) erkennbar abgrenzt, den Inhalt und Umfang der materiellen Rechtskraft der begehrten Entscheidung (§ 322 ZPO) erkennen lässt, das Risiko des (eventuell teilweisen) Unterliegens des Klägers nicht durch vermeidbare Ungenauigkeiten auf den Beklagten abwälzt und wenn er (als Leistungsantrag) die Zwangsvollstreckung aus dem beantragten Urteil ohne eine Fortsetzung des Streits im Vollstreckungsverfahren erwarten lässt. Das Bestimmtheitserfordernis gilt auch für Feststellungsklagen (Zöller/Greger, ZPO, 31. Auflage 2016, § 253 Rn. 13, 13c, § 256 Rn. 15). Die im Klageantrag enthaltene Formulierung „den diese durch die Verletzung der Abstands- und Immissionsschutzbestimmungen erleiden“ weist keinen Bezug zu der streitgegenständlichen Örtlichkeit auf, beschreibt die eine Verantwortlichkeit der Beklagten begründende Verletzungshandlung nicht und benennt keine bestimmten „Abstands- und Immissionsschutzbestimmungen“, an deren Verletzung Rechtsfolgen geknüpft werden. Ein auf dem Klageantrag beruhender Entscheidungstenor kann deshalb nicht Grundlage einer künftigen (gerichtlichen) Geltendmachung materieller und/oder immaterieller Schäden sein.

b. Es kann deshalb dahinstehen, ob die sachlichen Voraussetzungen der Feststellung gegeben sind, was zweifelhaft erscheint. Ansprüche der Kläger aus § 823 I BGB oder § 823 II BGB in Verbindung mit Art. 6 BayBO setzen ein Verschulden der Beklagten voraus, für dessen Vorliegen die Kläger darlegungs- und beweispflichtig sind (Palandt/Sprau, BGB, 76. Auflage 2017, § 823 Rn. 80). Worin ein vorsätzliches oder fahrlässiges Verhalten der Beklagten erblickt werden kann, bleibt nach dem Vortrag der Kläger unklar. Eine Haftung der Beklagten nach § 831 I 1 BGB für ein Verschulden des von ihr mit der Einrichtung einer – angeblich geräuscharmen – Luftwärmepumpe beauftragten Bauunternehmers scheitert daran, dass dieser nicht als Verrichtungsgehilfe der Klägerin angesehen werden kann. Soweit die Beklagte auch während der außergerichtlichen und gerichtlichen Auseinandersetzung den Betrieb der Luftwärmepumpe fortgesetzt hat, kann ihr auch dies nicht als schuldhaftes Verhalten vorgeworfen werden. Denn die Fragen, ob die streitgegenständliche Luftwärmepumpe dem bauordnungsrechtlichen Abstandsflächengebot unterfällt und ob bestimmte für deren Betrieb gültige Lärmschutzgrenzwerte überschritten sind, sind nur aufgrund komplexer rechtlicher Betrachtungen zu beantworten. Allein daraus, dass sich der Rechtsstandpunkt der Beklagten als rechtsirrig erwiesen hat, kann nicht der Vorwurf abgeleitet werden, diese habe in der Vergangenheit fahrlässig gehandelt. Immerhin hatte sie auf der Basis des von ihr eingeholten anwaltlichen Rechtsrats nicht ausreichend sicher mit einer abweichenden Beurteilung des zuständigen Gerichts rechnen müssen.

3. Auch die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten der Kläger hat zu unterbleiben.

a. Zwar zählen zu den ersatzpflichtigen Aufwendungen des Geschädigten auch die durch ein Schadensereignis erforderlich gewordenen vorprozessualen Rechtsverfolgungskosten. Jedoch hat der Schädiger nicht schlechterdings alle durch das Schadensereignis adäquat verursachten Rechtsanwaltskosten zu ersetzen, sondern nur solche, die aus der Sicht des Geschädigten zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren (BGH, Urteil vom 16.07.2015 – IX ZR 197/14, juris Rn. 55). Danach können die Kläger keinen Ersatz der anwaltlichen Geschäftsgebühr nach Nr. 2303 VV RVG verlangen. Für die Zulässigkeit der am 06.11.2013 beim Landgericht eingereichten Klage kam es auf einen vorangegangenen Schlichtungsversuch nicht an (Art. 1 BaySchlG), so dass die Anrufung des Schlichters mit Antrag vom 24.10.2013 zur gerichtlichen Durchsetzung der Ansprüche der Kläger nicht erforderlich gewesen ist. Der von den Klägern gehaltene Vortrag, sie hätten – trotz der Dauer der schon seit Monaten erfolglos geführten Auseinandersetzung, bei der es auch zum Einsatz polizeilicher Kräfte gekommen ist – eine gütliche Einigung mit der Beklagten angestrebt, wird dadurch konterkariert, dass die Kläger nach Erhalt des Zeugnisses über einen erfolglosen Schlichtungsversuch vom 29.10.2013 (Anlage K 6) nicht an eine Schlichtungs-/Gütestelle oder einen Mediator herangetreten sind, der von der Einleitung eines Vermittlungsversuchs nicht im Hinblick auf den sachlichen Anwendungsbereich des Art. 1 BaySchlG absieht. Dass die Prozessbevollmächtigten der Kläger eine sonstige Tätigkeit entfaltet hätten, die den Anfall vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren ausgelöst hätte, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.

b. Es kann deshalb offen bleiben, ob die Voraussetzungen eines von einem Verschulden der Beklagten abhängigen Ersatzanspruchs nach § 823 I BGB oder § 823 II BGB in Verbindung mit Art. 6 BayBO überhaupt erfüllt sind, was aus den oben dargelegten Gründen (vgl. II. 2. b.) zweifelhaft erscheint.

III.

1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 I 1 Alt. 1, § 97 I, § 101 I Hs. 2, § 269 III 2 ZPO und berücksichtigt das Ausmaß des am Gebührenstreitwert gemessenen Unterliegens der Parteien.

a. Der Gebührenstreitwert beträgt in beiden Instanzen 11.700,00 €. Die einzelnen Klageanträge sind dabei wie folgt zu bewerten: Der auf Beseitigung der Luftwärmepumpe gerichtete Klageantrag ist in Anlehnung an die in der Klageschrift geäußerte Vorstellung der Kläger mit 6.000,00 € zu bewerten. Der Hilfsantrag hatte gemäß § 45 I 2 GKG unberücksichtigt zu bleiben, ebenso die geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten (§ 43 I GKG). Die auf ein Schmerzensgeld gerichteten (zurückgenommenen) Klagen der beiden Kläger waren mit jeweils 850,00 € zu bewerten. Unter Berücksichtigung eines Abschlags von 20 % gegenüber dem Wert einer entsprechenden Leistungsklage (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 31. Auflage 2016, § 3 Rn. 16 „Feststellungsklagen“) und der von beiden Klägern in der Klageschrift jeweils geäußerten Vorstellung eines Anspruchs von 2.500,00 € müssen die Feststellungsanträge der Kläger mit jeweils 2.000,00 € bewertet werden.

b. Gemessen am Gebührenstreitwert unterliegen die Kläger und die Beklagte jeweils mit ca. 50 %. Der Senat macht in Anbetracht des Umstands, dass sämtliche Parteien anwaltlich vertreten sind, von der Möglichkeit Gebrauch, die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen gegeneinander aufzuheben. Dies hat zur Folge, dass der Streithelfer seine eigenen Kosten selbst zu tragen hat.

2. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 713 ZPO.

3. Die Revision wird nicht zugelassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen (§ 543 II 1 ZPO).

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