Maklerprovision fällig: LG Hamburg widerspricht Beklagten und bestätigt Vertragswirksamkeit und Textform
In einem Rechtsstreit am Landgericht Hamburg (Az.: 309 O 71/21) wurde die Beklagte verpflichtet, an die Klägerin eine Summe von 29.343,75 EUR nebst Zinsen sowie zusätzlich 1.261,50 EUR für außergerichtliche Kosten zu zahlen. Grund des Streits war die Zahlung von Maklerlohn aus einem Maklervertrag, unterzeichnet für den Verkauf einer Wohnung. Trotz Vorwürfen bezüglich der Nichteinhaltung der Textform und der behaupteten Unwissenheit der Beklagten über ihre Zahlungspflicht, entschied das Gericht zugunsten der Klägerin. Es bestätigte, dass ein gültiger Maklervertrag zustande kam, die erforderliche Textform eingehalten wurde und die Beklagte durch die Unterzeichnung des Kaufvertrags und vorherige Aktionen den Vertrag und die damit verbundenen Kosten anerkannte.
Übersicht:
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✔ Das Wichtigste in Kürze
- Ein wirksamer Maklervertrag kam durch Übersendung von Dokumenten und konkludentes Handeln der Beklagten zustande.
- Die erforderliche Textform des Maklervertrags wurde eingehalten, obwohl die Beklagte behauptete, nicht über die Kosten informiert worden zu sein.
- Die Klägerin erbrachte ihre Leistung durch Vermittlung des Kaufvertrags, woraufhin ihr ein Anspruch auf Maklerlohn entstand.
- Die Beklagte wurde zur Zahlung der Courtage plus Zinsen sowie der außergerichtlichen Kosten der Klägerin verurteilt.
- Trotz Einwände der Beklagten, wie mangelnde Aufklärung und formelle Fehler, hielt das Gericht die Forderungen der Klägerin für gerechtfertigt.
- Das Gericht sah keinen Dissens in Bezug auf den Vertragsschluss und wies die Anfechtungsversuche der Beklagten zurück.
- Die Entscheidung betont die Wichtigkeit der Einhaltung vertraglicher Verpflichtungen und der transparenten Kommunikation bei Maklerverträgen.
- Das Urteil verdeutlicht, dass auch konkludentes Handeln zur Annahme eines Vertrags führen kann.
Wenn der Makler nicht liefert: Rechte und Pflichten im Maklervertrag
Der Maklervertrag spielt beim Kauf und Verkauf von Immobilien eine zentrale Rolle. Er beauftragt den Makler, die Immobilie zu vermarkten und einen Käufer zu finden. Doch was passiert, wenn der Makler seinen Pflichten nicht nachkommt? In diesem Fall stellt sich die Frage, welche Rechte der Auftraggeber hat.
Ein wichtiger Punkt im Maklervertrag ist die Erstellung eines Exposés. Das Exposé dient der Vermarktung der Immobilie und sollte daher ansprechend gestaltet sein. Es muss alle wichtigen Informationen über die Immobilie enthalten, wie z. B. die Lage, die Größe, die Ausstattung und den Preis.
Ebenfalls wichtig ist die Frage, ob der Makler die Wohnung fotografieren darf. Fotos sind ein wichtiges Verkaufsinstrument und können dazu beitragen, dass die Wohnung schneller verkauft wird.
Der Maklervertrag sollte daher klar regeln, welche Leistungen der Makler erbringen muss. Dazu gehört die Erstellung eines Exposés, die Organisation von Besichtigungsterminen und die Verhandlung des Kaufpreises.
Kommt der Makler seinen Pflichten nicht nach, kann der Auftraggeber verschiedene Rechte geltend machen. Er kann den Maklervertrag kündigen, Schadensersatz verlangen oder die Provision mindern.
Um rechtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden, ist es wichtig, den Maklervertrag sorgfältig zu prüfen. Im Zweifelsfall sollte ein Rechtsanwalt hinzugezogen werden.
Ein konkreter Fall
Im Sommer 2021 entschloss sich die Beklagte, ihre im Jahr 2019 erworbene Wohnung zu verkaufen und wandte sich hierfür an die Klägerin, eine Maklerin, die bereits die Vermittlung beim Kauf abgewickelt hatte. Die Klägerin bewertete die Wohnung marktorientiert und legte der Beklagten einen schriftlichen Makleralleinauftrag vor, der unter anderem den Provisionsanspruch bei erfolgreichem Verkauf regelte. Nach Unterzeichnung der erforderlichen Dokumente durch die Beklagte, darunter eine Vollmacht und der Makleralleinauftrag, nahm die Klägerin ihre Tätigkeiten auf, die unter anderem das Fotografieren der Wohnung und die Erstellung eines Exposés umfassten.
Der Streitpunkt: Provisionsforderung und Vertragsvalidität
Nachdem der Verkauf der Wohnung erfolgreich über die Bühne gegangen war, stellte die Klägerin der Beklagten eine Rechnung über die vereinbarte Provision. Die Beklagte weigerte sich jedoch zu zahlen, was zur Einreichung der Klage führte. Sie argumentierte unter anderem, nicht korrekt über ihre Zahlungspflichten informiert worden zu sein und stellte die Wirksamkeit des Maklervertrags aufgrund angeblicher Formfehler in Frage.
Das Urteil des LG Hamburg und seine Begründung
Das Landgericht Hamburg entschied im März 2023 zugunsten der Klägerin. Es verurteilte die Beklagte zur Zahlung der geforderten Provision zuzüglich Zinsen sowie der außergerichtlichen Kosten. Das Gericht stellte fest, dass der Maklervertrag wirksam zustande gekommen und die geforderte Textform eingehalten wurde. Die Beklagte hatte durch ihre Handlungen, wie die Unterzeichnung der Vollmacht und die Kommunikation per E-Mail bezüglich des Fototermins, den Vertrag konkludent angenommen.
Die rechtliche Einordnung und Entscheidungsfindung
In seiner Urteilsbegründung legte das Gericht dar, dass sowohl die Angebotsübermittlung in Textform als auch die Annahme durch konkludentes Handeln den Anforderungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) entsprechen. Die Argumentation der Beklagten, sie sei über die Provisionspflicht nicht informiert worden, fand vor Gericht keinen Anklang, da unter anderem im Exposé und im Kaufvertrag explizite Hinweise auf die Provision enthalten waren.
Schlussbetrachtung: Vertragsklarheit und Beweislast
Das Urteil unterstreicht die Bedeutung klarer vertraglicher Vereinbarungen und der korrekten Einhaltung der Formvorschriften. Es zeigt auch auf, dass die Beweislast für eine ordnungsgemäße Aufklärung und Vertragsannahme nicht allein bei der Maklerseite liegt. Konkludentes Handeln und die Nutzung üblicher Kommunikationswege können ausreichen, um einen Vertragsabschluss zu begründen.
Das Gericht wies die Einwände der Beklagten bezüglich der Textform und der Aufklärungspflicht zurück und bestätigte den Anspruch der Klägerin auf die Maklerprovision sowie die Erstattung der außergerichtlichen Kosten.
✔ FAQ: Wichtige Fragen kurz erklärt
Wie kommt ein Maklervertrag zustande und welche Formvorschriften sind einzuhalten?
Ein Maklervertrag kommt durch übereinstimmende Willenserklärungen des Maklers und des Interessenten zustande, die auf den Abschluss eines Maklervertrages gerichtet sind. Dies erfolgt in der Regel durch Angebot und Annahme gemäß §§ 145 ff. BGB. Ein Angebot des Maklers kann beispielsweise in der Übermittlung eines Exposés mit Provisionsverlangen liegen. Die Annahme durch den Interessenten kann durch das Inanspruchnehmen maklertypischer Leistungen in Kenntnis des Provisionsverlangens erfolgen.
Seit dem 23. Dezember 2020 müssen Maklerverträge beim Immobilienverkauf zwingend in Textform geschlossen werden, was bedeutet, dass sie per E-Mail, Fax oder als Papierdokument abgeschlossen werden müssen. Vor dieser Gesetzesänderung konnten Maklerverträge auch mündlich oder durch schlüssiges Verhalten zustande kommen. Bei der Vermietung von Wohnraum ist die Textform für Maklerverträge bereits seit 2015 durch das Wohnungsvermittlungsgesetz vorgeschrieben.
Die Formvorschrift soll sicherstellen, dass die Vereinbarungen zwischen Makler und Auftraggeber klar dokumentiert sind, was insbesondere für die Regelung der Maklerprovision und die Vertragspflichten von Bedeutung ist. Fehlt es an der geforderten Textform, ist der Maklervertrag nichtig. Ein Maklervertrag kann auch durch schlüssiges Verhalten zustande kommen, wenn der Interessent Leistungen des Maklers in Kenntnis der Provisionsforderung in Anspruch nimmt.
Es gibt verschiedene Arten von Maklerverträgen, wie den einfachen Maklervertrag, den Alleinauftrag und den qualifizierten Alleinauftrag, die unterschiedliche Verpflichtungen und Rechte für den Auftraggeber und den Makler beinhalten. Die genauen Inhalte und Konditionen eines Maklervertrages sollten immer individuell vereinbart und schriftlich festgehalten werden, um spätere Unklarheiten oder Streitigkeiten zu vermeiden.
Was beinhaltet ein Makleralleinauftrag?
Ein Makleralleinauftrag ist eine Vereinbarung zwischen einem Immobilieneigentümer und einem Makler, die dem Makler das exklusive Recht zur Vermittlung einer Immobilie einräumt. Dies bedeutet, dass während der Laufzeit des Vertrags keine anderen Makler beauftragt werden dürfen, die Immobilie zu vermarkten oder zu verkaufen. Es gibt zwei Hauptformen des Makleralleinauftrags: den einfachen Makleralleinauftrag und den qualifizierten Makleralleinauftrag.
Einfacher Makleralleinauftrag
Beim einfachen Makleralleinauftrag erhält der Makler das exklusive Recht zur Vermittlung der Immobilie, allerdings darf der Eigentümer die Immobilie auch selbst verkaufen. Wenn der Eigentümer einen Käufer findet, ohne dass der Makler involviert war, muss keine Provision gezahlt werden.
Qualifizierter Makleralleinauftrag
Der qualifizierte Makleralleinauftrag geht einen Schritt weiter. Hierbei wird dem Makler nicht nur das exklusive Recht zur Vermittlung der Immobilie eingeräumt, sondern der Eigentümer verpflichtet sich auch, auf eigene Verkaufsbemühungen zu verzichten. Sollte der Eigentümer dennoch einen Käufer finden, ist er verpflichtet, diesen an den Makler zu verweisen. Verstößt der Eigentümer gegen diese Vereinbarung, kann der Makler unter Umständen Schadensersatz fordern.
Inhalte und Bestandteile eines Makleralleinauftrags
Ein Makleralleinauftrag sollte folgende Punkte klar regeln:
- Exklusivitätsrecht: Das alleinige Recht des Maklers zur Vermittlung der Immobilie.
- Laufzeit: Die Dauer des Vertrags, oft zwischen drei und sechs Monaten, mit der Möglichkeit zur Verlängerung.
- Kündigungsrechte: Bedingungen, unter denen der Vertrag vorzeitig gekündigt werden kann.
- Provisionsregelung: Die Höhe der Maklerprovision und die Bedingungen, unter denen sie fällig wird. Seit dem 23. Dezember 2020 gilt, dass bei Verkauf von Wohnungen und Einfamilienhäusern die Provision maximal zur Hälfte auf den Käufer übertragen werden darf.
- Pflichten des Maklers: Dazu gehören die Erstellung eines Exposés, die Durchführung von Besichtigungen und die Verhandlungsführung.
- Verweisungspflicht: Im Falle eines qualifizierten Alleinauftrags die Pflicht des Eigentümers, Interessenten an den Makler zu verweisen.
Vorteile eines Makleralleinauftrags
- Fokussierte Vermarktung: Da der Makler das exklusive Recht zur Vermittlung hat, ist er motiviert, sich intensiv um den Verkauf der Immobilie zu kümmern.
- Rechtssicherheit: Klare Regelungen schützen beide Parteien und vermeiden Missverständnisse.
- Professionelle Abwicklung: Der Makler bringt seine Expertise ein, um die Immobilie bestmöglich zu präsentieren und zu vermarkten.
Ein Makleralleinauftrag bietet somit eine strukturierte und professionelle Grundlage für die Vermittlung einer Immobilie. Es ist jedoch wichtig, dass der Vertrag alle wesentlichen Punkte klar regelt und die Interessen beider Parteien berücksichtigt.
Welche Pflichten hat der Makler gegenüber dem Auftraggeber?
Die Pflichten eines Immobilienmaklers gegenüber dem Auftraggeber sind vielfältig und zielen darauf ab, die Interessen des Auftraggebers bestmöglich zu wahren. Diese Pflichten umfassen insbesondere:
- Auskunfts-, Hinweis- und Aufklärungspflichten: Der Makler ist verpflichtet, den Auftraggeber über alle relevanten Umstände, die das Geschäft betreffen, zu informieren. Dazu gehören beispielsweise Informationen über die Immobilie, den Markt und die Vertragskonditionen. Der Makler muss den Auftraggeber auch über das 14-tägige Widerrufsrecht informieren.
- Sorgfaltspflicht: Der Makler muss seine Dienstleistungen mit der gebotenen Sorgfalt erbringen. Dazu gehört, dass er die Interessen seines Auftraggebers nach bestem Wissen und Gewissen vertritt und sich um eine erfolgreiche Vermittlung bemüht.
- Vertraulichkeit: Der Makler ist verpflichtet, alle ihm anvertrauten Informationen vertraulich zu behandeln. Dies umfasst sowohl persönliche als auch geschäftliche Informationen des Auftraggebers.
- Treueverhältnis: Zwischen Makler und Auftraggeber besteht ein besonderes Treueverhältnis. Der Makler muss im Rahmen der ihm zumutbaren Möglichkeiten die Interessen des Auftraggebers wahren und darf nichts unternehmen, was diesen Interessen zuwiderlaufen könnte.
- Richtigkeit der Angaben: Der Makler darf keine falschen oder irreführenden Angaben machen. Er muss sich auf die Richtigkeit der Informationen verlassen können, die ihm vom Auftraggeber oder anderen Quellen zur Verfügung gestellt werden. Offensichtlich unrichtige Angaben dürfen nicht übernommen oder weitergegeben werden.
- Keine Doppeltätigkeit ohne Information: Wenn der Makler sowohl für den Verkäufer als auch für den Käufer tätig wird, muss er beide Parteien über diese Doppeltätigkeit informieren und zur Unparteilichkeit verpflichtet sein.
- Keine Beratungspflicht in rechtlichen oder steuerlichen Fragen: Der Makler ist in der Regel nicht verpflichtet, rechtliche oder steuerliche Beratung zu leisten. Wenn er jedoch Auskünfte erteilt, müssen diese korrekt sein.
- Informationspflicht über allgemeine steuerrechtliche Aspekte: Während der Makler keine individuellen rechtlichen Lösungen aufzeigen darf, sollte er den Auftraggeber über allgemeine steuerrechtliche Aspekte informieren.
Diese Pflichten dienen dazu, eine professionelle und vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Makler und Auftraggeber zu gewährleisten und den Auftraggeber vor möglichen Risiken und Nachteilen zu schützen.
§ Wichtige Gesetze und Paragraphen in diesem Urteil
- § 652 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) – Maklervertrag: Regelt die Grundlagen des Maklervertrags, einschließlich der Bedingungen, unter denen ein Makler Anspruch auf eine Provision hat. Im vorliegenden Fall bildet diese Vorschrift die rechtliche Grundlage für den Anspruch der Klägerin auf den Maklerlohn.
- §§ 656a, 126b BGB – Formerfordernisse: § 656a BGB bezieht sich auf die Formerfordernisse eines Maklervertrags über Wohnimmobilien, die verlangen, dass der Vertrag in Textform abgeschlossen wird, um Transparenz und Verbraucherschutz zu gewährleisten. § 126b BGB definiert die Textform. Diese Regelungen waren relevant, um die Wirksamkeit des Maklervertrags im vorliegenden Fall zu beurteilen.
- § 119 BGB – Anfechtung wegen Irrtums: Erlaubt die Anfechtung eines Vertrages, wenn eine Partei sich bei Vertragsabschluss geirrt hat. Im Kontext des Urteils wurde die Möglichkeit einer Anfechtung durch die Beklagte aufgrund eines Irrtums über die Provisionspflicht diskutiert.
- § 121 BGB – Frist für die Anfechtung: Bestimmt, dass die Anfechtung eines Vertrags „unverzüglich“, das heißt ohne schuldhaftes Zögern, nach Kenntniserlangung vom Anfechtungsgrund erfolgen muss. Dies war relevant für die Beurteilung, ob die Anfechtung der Beklagten fristgerecht erfolgte.
- § 123 BGB – Anfechtung wegen Täuschung oder Drohung: Ermöglicht es, einen Vertrag anzufechten, wenn die Zustimmung durch arglistige Täuschung oder Drohung erlangt wurde. Im Fall wurde untersucht, ob eine arglistige Täuschung seitens der Klägerin vorlag.
- §§ 280, 286 BGB – Schadensersatz wegen Pflichtverletzung und Verzug: § 280 BGB regelt den Schadensersatzanspruch bei Pflichtverletzungen, während § 286 BGB die Voraussetzungen für einen Verzugsschaden konkretisiert. Diese Normen waren für den Anspruch der Klägerin auf Ersatz der außergerichtlichen Kosten relevant.
Das vorliegende Urteil
LG Hamburg – Az.: 309 O 71/21 – Urteil vom 23.03.2023
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 29.343,75 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.12.2021 zu zahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.261,50 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.12.2021 zu zahlen.
3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
4. Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss: Der Streitwert wird auf 29.343,00 Euro festgesetzt.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um Ansprüche der Klägerin auf Maklerlohn aus einem Maklervertrag.
Die Beklagte hatte im Jahr 2019 die streitgegenständliche Wohnung, belegen am S. Park…, vermittelt durch die Klägerin erworben und die volle Courtage als Käuferin gezahlt.
Im Sommer 2021 wandte sich die Beklagte an die Klägerin, weil sie beabsichtigte, die Wohnung zu verkaufen. Die Klägerin erstellte eine sogenannte marktorientierende Einwertung der streitgegenständlichen Wohnung (Anlage K 1) und übersandte diese zusammen mit einem schriftlichen Makleralleinauftrag, in welchem in § 3 der Provisionsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte in Höhe von 3,125 % bei Abschluss eines notariellen Kaufvertrags geregelt ist (Anlage K 2), sowie einer Widerrufsbelehrung und einer Vollmacht für die Klägerin zur Akteneinsichtnahme und zur Durchführung von Besichtigungen. Die Beklagte unterschrieb die Vollmacht mit Datum vom 06.08.2021 und übersandte sie an die Klägerin (vgl. Anlage K 12).
Am 30.06.2021 wandte sich die Beklagte an das Büro der Klägerin und erklärte per E-Mail, dass sie die Bewertung bekommen habe, aber diese Woche nicht in H. sei und sich melden würde (Anlage K 3). Am 07.07.2021 schrieb sie in einer weiteren E-Mail, ob der Fotograf zu einem bestimmten Termin erscheinen könne (Anlage K 3 unten). Nach dem Termin mit dem Fotografen erstellte die Klägerin ein Käuferexposé (Anlage K 4). Auf der ersten Seite des Exposés ist die Courtage mit 3,125 % ausgewiesen. Auf der letzten Seite enthält das Exposé den Hinweis, dass sowohl für die Käufer- als auch für die Verkäuferseite eine Courtage von jeweils 3,125 % bei Verkauf der Immobilie anfallen würde. In dieses Exposé wurden auf Wunsch der Beklagten Änderungen eingearbeitet, so korrigierte sie beispielsweise die Angaben zum Hausgeld auf Seite 1 des Exposés (E-Mail der Beklagten vom 26.07.2021, Anlage K 5 unten).
Am 16.08.2021 wurde der Kaufvertrag mit dem Käufer J. P. S. notariell beurkundet. Die Beklagte war bei dem Beurkundungstermin persönlich anwesend. Der zu zahlende Kaufpreis betrug 939.000 EUR. In § 9 Abs. 2 des Kaufvertrags ist geregelt, dass beide Parteien erklären, dass die Klägerin diesen Vertrag vermittelt habe und dieser ein Provisionsanspruch von jeweils 3,125 % von Käufer und Verkäufer, gerechnet auf den Kaufpreis inklusive Umsatzsteuer, zustehe.
Mit Rechnung vom 06.09.2021 (Anlage K 7) forderte die Klägerin die Beklagte zur Zahlung einer Courtage in Höhe von 29.343,75 EUR auf. Mit Schreiben vom 09.09.2021 erwiderten die Prozessbevollmächtigten der Beklagten, dass die Beklagte nicht zur Zahlung verpflichtet sei, unter anderem, da es an der erforderlichen Textform des Maklervertrags fehle. Auch wurde die Anfechtung wegen Irrtums erklärt, da die Beklagte nicht über ihre eigene Pflicht zur Zahlung einer Courtage informiert gewesen sei (Anlage K 8). Hierauf reagierten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit Schreiben vom 22.09.2021 (Anlage K 9). Für die außergerichtliche Rechtsverfolgung entstanden der Klägerin Kosten in Höhe von 1.261,50 EUR.
Die Klägerin meint, durch die Übersendung des schriftlichen Makleralleinauftrags, der Widerrufsbelehrung und der Vollmacht sei die erforderliche Textform gewahrt; auch habe die Beklagte per E-Mail reagiert, also ebenfalls in Textform, und in Kenntnis dieses Vertragswerks einen Termin zur Besichtigung der Wohnung durch den Fotografen beauftragt. Jedenfalls aber habe die Beklagte den Maklervertrag nach § 141 BGB genehmigt, indem sie den notariell beurkundeten Kaufvertrag mit der entsprechenden Klausel abgeschlossen habe. Außerdem liege ein Verstoß gegen Treu und Glauben vor, da die Beklagte mehrfach über ihre Kostentragungspflicht informiert worden und davon auszugehen sei, dass sie es bewusst unterlassen habe, den entsprechenden Vertrag zu unterzeichnen.
Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 29.343,75 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen; die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin weitere 1.261,50 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Weder bei Vertragsschluss noch im Nachhinein sei sie über die Pflicht zur Zahlung einer Courtage informiert worden und hätte den Vertrag auch sonst nicht abschlossen, insoweit liege ein Dissens vor. Die Klägerin habe ihre Aufklärungspflicht verletzt, in dem sie die Beklagte auch mündlich nicht über die Pflicht zur hälftigen Kostentragung belehrt habe. Die Textform sei durch den schriftlichen Vertrag nicht eingehalten, da lediglich das Angebot der Klägerin, nicht aber die Annahme der Beklagten in Textform vorliege. Auch habe die Beklagte den Vertrag wirksam wegen arglistiger Täuschung angefochten. Eine Bestätigung nach § 141 BGB komme nicht in Betracht, da ein abweichender Parteiwille feststehe. Dies gelte auch für ein Schuldanerkenntnis. Die Beklagte habe sich den Notarvertrag nicht im Detail durchgelesen, weil sie davon ausgegangen sei, dass es sich um einen Standardvertrag handele.
Ergänzend wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 17.11.2022 verwiesen. Beide Parteien haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren erklärt.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung des Maklerlohns in der beantragten Höhe aus § 3 des Alleinauftrags (Anlage K 2) i.V.m. § 652 BGB.
a) Zwischen den Parteien ist ein Maklervertrag nach § 652 ff. BGB durch Angebot und Annahme zustande gekommen. Nachdem die Beklagte die Klägerin aufsuchte, um über den Verkauf ihrer Wohnung zu sprechen, übersandte die Klägerin der Beklagten verschiedene Unterlagen, unter anderem den Alleinauftrag. Die Beklagte setzte sich daraufhin mit der Klägerin in Verbindung, nahm Bezug auf die erhaltene Bewertung und bat per E-Mail um einen Termin für das Fotografieren der Wohnung und anschließend um ein Exposé, um die Wohnung am Markt über die Klägerin anzubieten.
Ein Dissens zwischen den Parteien lag nicht vor. Im vorliegenden Fall stimmten die Willenserklärungen der Parteien nach objektiver Auslegung überein; die Klägerin bot ihre Leistungen gegen Entgelt an und die Beklagte nahm diese zumindest konkludent durch die Bitte um Erstellung eines Exposés bzw. das vorherige Fotografieren der Wohnung an. Der Vortrag der Beklagten, sie habe die Leistungen nur unentgeltlich beauftragen wollen und habe von einer Pflicht zur Zahlung nichts gewusst, betrifft lediglich ihren inneren Willen und begründet in der Rechtsfolge keinen Dissens, sondern berechtigte allenfalls zur Anfechtung nach §§ 119 ff. BGB (Ellenberger in Grüneberg, BGB, 82. Aufl. 2023, § 155 Rn. 2; BGH, Urteil vom 05.12.2003, VII ZR 342/01).
b) Der Maklervertrag ist auch wirksam zustande gekommen; das Formerfordernis der Textform nach §§ 656 a, 126 b BGB, wurde vorliegend gewahrt.
§ 656 a BGB kommt im vorliegenden Fall zur Anwendung, da Gegenstand des Vertrags der Nachweis der Gelegenheit zum Abschluss eines Kaufvertrages oder die Vermittlung eines solchen Vertrags über eine Wohnung ist.
Das Angebot der Klägerin ist in der den Anforderungen des § 126 b BGB entsprechenden Form übersandt worden, da der Alleinauftrag auf Papier ausgedruckt worden ist (vgl. hierzu Ellenberger in Grüneberg, BGB, 82. Aufl. 2023, § 126 b Rn. 3). Das Angebot ist der Beklagten auch zugegangen. Zwar bestätigte die Beklagte in der E-Mail nicht ausdrücklich den Erhalt des Alleinauftrages und der Widerrufsbelehrung. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Beklagte alle Unterlagen erhalten hat. In der mündlichen Verhandlung vom 17.11.2021 erklärte der Geschäftsführer der Klägerin, dass alle streitgegenständlichen Unterlagen immer zusammen in einem DIN A 4 Kuvert verschickt würden. Die Prozessbevollmächtigte der Beklagten ließ sich dahingehend ein, die Beklagte könne den Erhalt nicht erinnern, also weder bestätigen noch bestreiten. Hinzu kommt, dass die Beklagte später zumindest die Vollmacht unterzeichnet und an die Klägerin zurückgereicht hat (Anlage K 12). Wenn sie diese zuvor nicht erhalten hätte, hätte sie diese erneut anfordern müssen. Dies hat die Beklagte selbst allerdings auch nicht behauptet.
Durch die Beklagte erfolgte eine konkludente Annahme in Textform durch ihre E-Mails vom 30.06.2021 und vom 07.07.2021, in welchen sie den Erhalt der Bewertung bestätigte und den Fotografen einbestellte (Anlage K 3). Darüber hinaus unterzeichnete sie die Vollmacht und reichte sie an die Klägerin zurück.
Eine solche konkludente Annahme in Textform wie im vorliegenden Fall genügt den Anforderungen der §§ 656 a, 126 b BGB.
Zwar ist es einerseits das Ziel der Gesetzesänderung, durch die Neuregelung Unklarheiten hinsichtlich des Vertragsinhalts von vornherein zu vermeiden und die Transparenz im Wohnimmobilienvermittlungsgeschäft zu erhöhen (BT-Drucksache 19/15827, Seite 12). Diesem Anspruch würde eine ausdrückliche Vereinbarung in Textform noch besser gerecht. Andererseits aber ist in der BT-Drucksache 19/15827 auf S 16. aus: „Durch die Festschreibung, dass die Verträge zwischen Makler und dem (privaten) Auftraggeber in Textform zu erfolgen haben, ergibt sich keine Änderung im Erfüllungsaufwand, da dies bereits der gängigen Praxis entspricht. Häufig werden Maklerverträge in Schriftform abgeschlossen oder es erfolgt jedenfalls vorvertraglich eine E-Mail-Korrespondenz der Beteiligten, zum Beispiel zur Übersendung des Exposés.“ Eine Formulierung wie etwa das Erfordernis einer ausdrücklichen Vereinbarung in Textform ist denn auch nicht in die Norm eingegangen (hierzu Würdinger, jM 2021, 46, 49).
Dass auch nach der Reform des Maklerrechts und der Einführung des § 656 a BGB weiterhin ein konkludenter Vertragsschluss in Textform, etwa durch die Anforderung eines Exposés nach einem Objektinserat, welches ein ausdrückliches Provisionsbegehren beinhaltet, wirksam ist, entspricht auch der überwiegenden Auffassung in der Literatur (Würdinger, jM 2021, 46; ders. in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger; Fischer in: Erman BGB, Kommentar, 16./17. Aufl. 2020/2023, § 656a Rn. 5; dagegen nur Herrler in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2021, § 656 a Rn. 9, der auf das Erfordernis beider Vertragserklärungen in derselben Urkunde verweist).
Diese Lösung läuft auch nicht dem Ziel der Gesetzesänderung, nämlich Unklarheiten hinsichtlich des Vertragsschlusses zu vermeiden und die Transparenz zu erhöhen, zuwider. Ebenso wenig steht die Informations- und Dokumentationsfunktion der Textform im vorliegenden Fall diesem Ergebnis entgegen (zur Funktion des § 126 b Ellenberger in: Grüneberg, BGB, 82. Aufl. 2023, § 126 b Rn. 1): das Angebot der Klägerin enthält sämtliche Vertragsbedingungen und dokumentiert mithin den Vertragsinhalt. Die Beklagte hat das Angebot konkludent durch ihre E-Mails sowie die Übersendung der Vollmacht angenommen, ohne dass der Inhalt des Vertrags insoweit verändert worden ist.
c) Der Vertrag ist nicht wirksam aufgrund eines Erklärungsirrtums nach § 119 BGB angefochten worden, da die Anfechtung jedenfalls nicht gemäß § 121 BGB unverzüglich nach der Kenntnisnahme, sondern erst durch den anwaltlichen Schriftsatz vom 09.09.2021 (Anlage K 8) nach der Übersendung der Rechnung durch die Klägerin erfolgt ist. Selbst wenn man zu Gunsten der Beklagten unterstellt, dass sie die im Alleinauftrag normierte eigene Zahlungspflicht zu diesem Zeitpunkt nicht zur Kenntnis genommen hat, so hat sie Kenntnis von einer Provisionspflicht jedenfalls im Zuge der Vertragsdurchführung erlangt: auf Seite 1 des Exposés sind Hausgeld und Courtage (für den Käufer) direkt übereinander ausgewiesen. Dies hat die Beklagte sich auch angesehen, da sie in ihrer E-Mail vom 26.07.2021 die Angaben zum Hausgeld korrigiert hat (Anlage K 5). Dann muss ihr aber auch die Höhe der Courtage aufgefallen sein, welche nur die Hälfte dessen betrug, was die Beklagte selbst im Jahr 2019 bezahlt hatte. Weiter hinten im Exposé befindet sich dann auch der ausdrückliche Hinweis auf die Teilung der Courtage.
Weiterhin ist davon auszugehen, dass der Beklagten als Verbraucherin der Kaufvertrag zwei Wochen vor dem Beurkundungstermin zur Durchsicht vorlag (§ 17 Abs. 2a Nr. 2 BeurkG). In § 9 des Kaufvertrags ist ausdrücklich geregelt, dass der Vertrag durch die Klägerin vermittelt wurde und beide Vertragsparteien die hälftige Provision schuldeten. Im Beurkundungstermin selbst wurde der Vertrag vom Notar verlesen.
Dass die Beklagte trotz alledem keine Kenntnis von der Regelung der hälftigen Provision gehabt haben will, ist aufgrund des unstreitigen Sachverhalts und ihrer schriftlichen Einlassung nicht überzeugend. Die Widersprüche sind auch nicht durch die Einlassung der Prozessbevollmächtigten im Termin zur mündlichen Verhandlung ausgeräumt worden.
d) Eine Anfechtung des Vertrages nach § 123 BGB wegen arglistiger Täuschung kommt nicht in Betracht.
Die Beklagte hat das Vorliegen einer arglistigen Täuschung nicht schlüssig dargelegt. Selbst wenn es zutreffen sollte, dass der Geschäftsführer der Klägerin mit der Beklagten im Rahmen des Vorgesprächs nicht explizit über die eigene Provisionspflicht gesprochen hat, so beinhaltet jedenfalls das schriftliche Vertragsangebot eben diese Provisionsklausel. Von einer arglistigen Täuschung – hier durch Verschweigen eines wesentlichen Umstandes – kann also nicht die Rede sein.
e) Unstreitig ist der Kaufvertrag zwischen der Beklagten und dem Käufer Herrn S. durch Vermittlung der Klägerin zustande gekommen, so dass die Leistung der Klägerin erfüllt ist (§ 3 des Alleinauftrags i.V.m. § 652 BGB).
2. Die Klägerin hat Anspruch auf Zahlung der ihr entstandenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.261,50 EUR aus §§ 652, 280 Abs. 1, Abs. 2 i.V.m. § 286 BGB, da sich die Beklagte mit ihrer Pflicht zur Zahlung der Provision in Verzug befand.
3. Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 709 ZPO. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 3 ZPO.