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Mangelhaftigkeit Flusskreuzfahrt durch Reiseroutenänderung und Nichtanfahren eines Hafens

AG Rostock, Az.: 47 C 415/14, Urteil vom 27.03.2015

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 134,96 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.05.2014 sowie 83,54 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.12.2014 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger fordert die Rückzahlung eines Reisepreises auf Grund einer Reisepreisminderung.

Mangelhaftigkeit Flusskreuzfahrt durch Reiseroutenänderung und Nichtanfahren eines Hafens
Symbolfoto: Von leoks /Shutterstock.com

Der Kläger hatte für sich und seine Ehefrau bei der Beklagten für den Zeitraum vom 12.04.2014 bis zum 28.04.2014 eine Flusskreuzfahrt zu einem Preis in Höhe von insgesamt 6.298,00 € gebucht. Die Reise führte von Passau über Wien und Belgrad zur Mündung der Donau im Schwarzen Meer (Kilometer 0) und zurück über Budapest, Bratislava nach Passau. Für den Kläger, der an der Donau wohnt, war die Reise bis zum Ende der Donau der Hauptzweck der Flusskreuzfahrt.

Unter 4.1. der Vertragsbestandteil gewordenen Reisebedingungen heißt u.a.:

„Änderungen wesentlicher Reiseleistungen von dem vereinbarten Inhalt des Reisevertrages, die nach Vertragsabschluss notwendig werden und vom Reiseveranstalter nicht wider Treu und Glauben herbeigeführt wurden, sind nur gestattet, soweit die Änderungen nicht erheblich sind und den Gesamtzuschnitt der Reise nicht beeinträchtigen. Zu Änderungen zählen z.B. … Änderungen der Fahrzeugen und/oder der Routen bei Flussreisen, zu denen es im Fall von nicht rechtzeitig vorhersehbarem Hoch- bzw. Niedrigwasser kommen kann (Sicherheits- oder Witterungsgründe) … .“

Ursprünglich war geplant, dass die Route durch die Ukraine führt und die Häfen Izmail und Vilkovo angelaufen werden. Im März 2014 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass aufgrund der politischen Situation in der Ukraine die Route geändert werde und nunmehr der rumänische Arm des Donaudeltas befahren und die Städte Tulcea und Sulina angelaufen werden. Geplant war, dass das Schiff am 19.04.2014 den Hafen Tulcea um 5.00 Uhr erreicht und um 11.00 Uhr verlässt. Der Hafen Sulina sollte um 15.00 Uhr erreicht werden. Um 21.00 Uhr sollte das Schiff dort ablegen. Tatsächlich fuhr das Schiff beim Hafen Sulina bis zum Kilometer „0“ der Donau, legte nicht in Sulina an und fuhr nach Tulcea zurück. Dort wurden Ausflüge ins Donaudelta angeboten.

Der Kläger macht eine Reisepreisminderung im Umfang von 40 % des gesamten Reisepreises geltend und fordert eine Rückzahlung des Reisepreises in Höhe von 2.519,20 €.

Der Kläger meint, die Beklagte habe mit dem Nichtanlaufen des Hafens Sulina den Hauptzweck der Reise nicht angeboten. Außerdem trägt der Kläger vor, in Tulcea sei ein Ausflug ins Donaudelta mit „abenteuerlichen selbstgebauten Booten“ ohne jegliche Sicherheitsausrüstung angeboten worden.

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 2.519,20 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 21.05.2014 zu entrichten;

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger die vorgerichtlichen nicht anrechenbaren Gebühren in Höhe von 334,75 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung zu entrichten.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, ein längerer Schiffsstop in Sulina sei nicht möglich gewesen, weil aufgrund fünftägiger zum Teil starker Niederschläge damit zu rechnen gewesen sei, dass aufgrund der Niederschlagsmengen ein Befahren des Donaudeltas bei einem längeren Aufenthalt in Sulina nicht mehr möglich wäre.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist nur zu einem geringen Teil begründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte gemäß §§ 651 d. Abs. 1, 651 c. Abs. 1 BGB i. V. m. dem abgeschlossenen Pauschalreisevertrag einen Anspruch auf Minderung des Reisepreises in Höhe von 134,96 € (30 % eines Tagesreisepreises).

Gemäß § 651 c. Abs. 1 BGB ist der Reiseveranstalter verpflichtet, die Reise so zu erbringen, dass sie die zugesicherten Eigenschaften hat und nicht mit Fehlern behaftet ist, die den Wert oder die Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen oder nach dem Vertrag vorausgesetzten Nutzen aufheben oder mindern. Die Änderung der Reiseroute ist eine negative Abweichung der Soll- von der Istbeschaffenheit der Reise und somit grundsätzlich ein Mangel im vorstehenden Sinne (vgl. LG Hamburg vom 07.03.2013, Az.: 301 O 81/12 m. w. N.).

Im vorliegenden Fall stellt jedoch die Abweichung der Fahrtroute, d.h. das Nichtdurchfahren des ukrainischen Teils des Donaudeltas sondern das Befahren des rumänischen Arms des Donaudeltas kein Mangel im vorgenannten Sinne dar. Denn die Klägerin war aufgrund der vertraglichen Bestimmungen (hier Ziffer 4.1. der Vertragsgegenstand gewordenen Reisebedingungen) berechtigt, aufgrund der politischen Situation in der Ukraine die Reiseroute wie dargestellt zu ändern.

Abgesehen vom Vorstehendem stützt der Kläger seinen Minderungsanspruch auch nicht auf die grundsätzliche Änderung der Reiseroute.

Kein Minderungsanspruch besteht dahingehend, dass nach dem subjektiven Vorstellung des Klägers das Erreichen des Kilometers „0“ der Donau für ihn und seine Ehefrau der Hauptzweck der Reise gewesen sei. Maßgeblich für die Bewertung eines Mangels sind objektive Umstände. Abgesehen davon erfüllte die Beklagte insofern ihre Verpflichtung aus dem Reisevertrag, weil der Kilometer „0“ unstrittig erreicht wurde.

Vorliegend stellt jedoch der unterbliebene sechsstündige Aufenthalt im Hafen Sulina einen Mangel im Sinne von § 651 c BGB dar. Unstrittig war ein entsprechender Aufenthalt geschuldet. Diese Leistung erbrachte die Beklagte nicht. Das Nichtanlegen im vorgenannten Hafen ist nicht durch die Regelungen in den allgemeinen Reisebedingungen der Beklagten (Regelung zu 4.1.) gerechtfertigt. Der Bewertung des Nichtanlaufens des Hafens Sulina als Mangel stände entgegen, wenn dies auf nicht rechtzeitig vorhersehbaren Hoch- oder Niedrigwasser zurückzuführen gewesen wäre. Die entsprechende Behauptung der Beklagten ist jedoch strittig. Sie beweist den von ihr behaupteten Grund für das Nichtanlaufen des Hafens nicht bzw. unterbreitet hierfür kein Beweisangebot.

Ist die Reise mangelhaft, mindert sich nach § 651 d Abs. 1 BGB für die Dauer des Mangels der Reisepreis nach Maßgabe des § 638 Abs. 3 BGB. Nach § 638 Abs. 3 S. 1 BGB ist die Vergütung in dem Verhältnis herabzusetzen, in welches zur Zeit des Vertragsschlusses der Wert des Werkes in mangelfreiem Zustand zu dem wirklichen Wert gestanden haben würde. Die Minderung ist, soweit erforderlich, durch Schätzung zu ermitteln (§ 638 Abs. 3 S. 2 BGB). Sie besteht regelmäßig nicht in einem festen Betrag, sondern wird in einem Prozentsatz des Reisepreises ausgedrückt. Dabei wird der Gesamtpreis und nicht nur der auf die mangelhafte Teilleistung entfallene Teilpreis zugrunde gelegt. Bei einer Kreuzfahrt ist eine Gesamtbetrachtung der Reise erforderlich. Sie weist regelmäßig eine bestimmte Prägung auf, die nicht lediglich durch Fahrtroute und -dauer sowie die Ausstattung des Kreuzfahrtschiffes bestimmt wird, sondern wesentlich auch durch die touristischen Schwerpunkte, die sich aus den verschiedenen angelaufenen Häfen und den dort angebotenen Landgängen und Besichtigungen sowie gegebenenfalls besonders reizvolle Meeres- und Küstenpassagen (bzw. hier Flusslandschaften) ergeben, die auf komfortable Weise und unter kundiger Führung zu sehen und zu erfahren, die Kreuzfahrt dem Teilnehmer möglich machen soll. Einzelne Teile des Reiseprogramms können dabei unterschiedliches Gewicht gewinnen (BGH MDR 2013, 1151). Daher ist bei der Berechnung der Minderung grundsätzlich an den Gesamtreisepreis anzuknüpfen. Damit wird der Minderung ein Tagesgesamtpreis zugrunde gelegt, von dem aus dann ein prozentualer Abschlag vorgenommen wird, welcher mit der Zahl der beeinträchtigten Tage multipliziert wird (Führich, Reiserecht 6. Aufl., Rn. 299).

Ausgehend von vorstehenden Grundsätzen ist ein Minderungsanspruch des Tagesreisepreises für den 19.04.2014 in Höhe von 30 % festzustellen. Ausgehend von einem Tagesreisepreis in Höhe von 449,86 € führt dies zu einem berechtigten Reisepreisrückzahlungsanspruch bzw. Minderungsanspruch in Höhe von 134,96 €.

Bei der Bewertung des Minderungsanspruchs ist zunächst zu berücksichtigen, dass dem Kläger und seiner Ehefrau an dem gesamten Tag Unterkunft und Verpflegung gewährt wurde und ihnen die Annehmlichkeiten des Schiffes zur Verfügung standen. Darüber hinaus lief das Schiff als Ausgleich erneut den Hafen Tulcea an. Ebenfalls ist zu berücksichtigen, dass der geplante Aufenthalt in Sulina nur 25 % des Tageszeitraumes erfasste.

 

Kein Minderungsanspruch besteht im Zusammenhang mit der vom Kläger aufgestellten Behauptung, in Tulcea seien Ausflüge ins Donaudelta mit „abenteuerlichen, selbstgebauten Booten“ ohne Sicherheitsvorkehrungen angeboten worden. Dieser Sachvortrag ist strittig. Soweit der Kläger insoweit die Einholung eines Sachverständigengutachtens anbietet, kommt eine entsprechende Beweisaufnahme schon deshalb nicht in Betracht, weil der Sachvortrag des Klägers in diesem Zusammenhang ohne Substanz ist und vielmehr lediglich eine sehr subjektive geprägte Bewertung darstellt. Darüber hinaus trägt der Kläger nicht vor, dass er bzw. seine Ehefrau einen solchen Ausflug habe durchführen wollen.

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Die Nebenforderungen sind nur teilweise gemäß § 286 ff. BGB begründet.

Ein Anspruch auf Ersatz vorgerichtlich entstandener Rechtsanwaltskosten besteht nur in Höhe der Kosten, die sich aufgrund des Gegenstandswertes errechnen, mit dem der Kläger hier obsiegt. Verzugszinsen kann der Kläger erst ab dem Folgetag des Tages beanspruchen, an dem die Beklagte eine Rückzahlung des Reisepreises verweigerte. Zu einem Verzugseintritt am 21.05.2014 trägt der Kläger nicht vor.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Ziff. 1 ZPO.

Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf den §§ 708Nr. 11, 711 ZPO.

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