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Mietminderung – Zahlungsrückstand Mieter bei Stromversorger

BGH

Az: VIII ZR 113/10

Urteil vom 15.12.2010


Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 15. Dezember 2010 für Recht erkannt:

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Dresden vom 16. April 2010 aufgehoben.

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Dresden vom 28. Oktober 2009 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.

Tatbestand

Die Klägerin als Vermieterin nimmt den Beklagten auf Zahlung rückständiger Miete sowie Räumung und Herausgabe der von ihm gemieteten Einzimmerwohnung in Anspruch.

Die Wohnung ist an das Elektrizitätsverteilernetz der ……GmbH (im Folgenden: Netzbetreiber) angeschlossen. Der Beklagte wurde in der Vergangenheit von der ……..GmbH (im Folgenden: Versorger) mit Strom versorgt. Die Entnahmestelle für die streitgegenständliche Wohnung war bei Beginn des Mietverhältnisses mit einer Messeinrichtung (Stromzähler) versehen. Wegen eines Zahlungsrückstands des Beklagten gegenüber dem Versorger kam es am 28. März 2007 auf Veranlassung des Versorgers zur Unterbrechung der Stromlieferung. Nach Zahlung der Rückstände durch den Beklagten veranlasste der Versorger Mitte April 2007 die Wiedereröffnung der im Hause der Klägerin gelegenen Stromentnahmestelle. Weil der Beklagte dem Versorger die diesem vom Netzbetreiber in Rechnung gestellten Kosten der Sperrung und Entsperrung des Anschlusses in Höhe von 89,50 € nicht erstattete, veranlasste der Versorger erneut die Sperrung des Anschlusses. Der Netzbetreiber führte diese auftragsgemäß am 25. Juni 2007 durch und baute am 16. August 2007 den Zähler für die Entnahmestelle der Wohnung des Beklagten aus.

Der Beklagte teilte dem Versorger mit Schreiben vom 12. Mai 2007 unter anderem mit, dass er die Stromabstellung als Vertragsbeendigung angesehen und den Versorger gewechselt habe. Der Versorgerwechsel schlug jedoch fehl, weil der Netzbetreiber die Entnahmestelle wegen der fehlenden Messeinrichtung als „inaktiv“ meldete.

Mit Schreiben vom 28. September 2008 kündigte der Beklagte gegenüber der Klägerin wegen der fehlenden Stromversorgung seiner Wohnung infolge des Ausbaus des Stromzählers die Minderung der (Kalt-)Miete um 50 % an. Die Miete (einschließlich der Betriebskostenvorauszahlung) betrug zuletzt 171,03 € monatlich. Ab Dezember 2008 zahlte der Beklagte ein auf 107,29 € monatlich gekürztes Nutzungsentgelt. Die Klägerin widersprach der Minderung und kündigte den Mietvertrag nach vorheriger Abmahnung mit Schreiben vom 18. Mai 2009 zum 8. Juni 2009 fristlos wegen Zahlungsverzugs in Höhe von 384,94 €. Der Beklagte hat der Kündigung widersprochen.

Nachdem der Netzbetreiber aufgrund eines Beschlusses der Bundesnetzagentur in einem vom Beklagten gegen den Netzbetreiber angestrengten Besonderen Missbrauchsverfahren am 10. Juli 2009 den Zähler wieder eingebaut hatte, zahlte der Beklagte an die Klägerin 43,19 € anteilige Miete für den Zeitraum vom 11. bis 31. Juli 2009. In Höhe dieses Betrags haben die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt.

Das Amtsgericht hat der Klage auf Zahlung von 466,73 € nebst Zinsen und 2,50 € Mahngebühr sowie Räumung und Herausgabe der Wohnung stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Berufungsgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

Die Revision hat Erfolg.

I.

Das Berufungsgericht hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

Der Beklagte habe die Miete zu Recht gemäß § 536 Abs. 1 BGB gemindert, weil die Wohnung wegen des Ausbaus des Stromzählers mangelhaft gewesen sei. Daher sei weder der Zahlungsantrag noch der Räumungsantrag der Klägerin begründet.

Ohne den Stromzähler habe der Beklagte keinen Strom von einem Versorger beziehen können. Die Gebrauchsgewährungspflicht gebe der Klägerin als Vermieterin auf, dem Beklagten als Mieter den Zugang an das allgemeine Stromversorgungsnetz zu eröffnen. Nur die Klägerin habe als Grundstückseigentümerin und Anschlussnehmerin gemäß § 2 Abs. 1 der Niederspannungsanschlussverordnung (im Folgenden: NAV) gegenüber dem Netzbetreiber Anspruch auf Herstellung eines Netzanschlusses einschließlich des Einbaus eines Stromzählers. Der Netzanschluss beginne gemäß § 5 NAV an der Abzweigung des Niederspannungsnetzes und ende grundsätzlich mit der Hausanschlusssicherung. Der Stromzähler als Messeinrichtung, für den die Klägerin als Anschlussnehmerin gemäß § 22 Abs. 1 NAV einen Zählerplatz vorzusehen habe, gehöre zum Netzanschluss und verbleibe im Eigentum des Netzbetreibers. Demgegenüber sei der Beklagte als Mieter lediglich Anschlussnutzer im Sinne von § 1 Abs. 3 NAV und könne vom Netzbetreiber nicht die Herstellung eines Netzanschlusses einschließlich des Einbaus eines Stromzählers verlangen.

Für eine Minderung sei kein Verschulden des Vermieters erforderlich. Ebenso wenig komme es darauf an, ob die Klägerin den Ausbau des Stromzählers veranlasst oder sonstwie zu verantworten habe. Entscheidend sei vielmehr, dass die Gebrauchstauglichkeit der Wohnung wegen des Fehlens der Stromlieferungsmöglichkeit, für die die Klägerin als Vermieterin zu sorgen habe, eingeschränkt sei.

Eine Minderung sei auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil der Beklagte den Mangel der fehlenden Stromlieferungsmöglichkeit etwa selbst zu vertreten hätte. Dem Beklagten könne nicht vorgeworfen werden, dass er den Ausbau des Zählers selbst verursacht habe, indem er die Bezahlung der Kosten für die Sperrung/Entsperrung in Höhe von 89,50 € verweigert habe. Nach dem Beschluss der Bundesnetzagentur sei der Ausbau des Stromzählers durch den Netzbetreiber rechtswidrig gewesen. In dem vorgenannten Beschluss sei der Netzbetreiber verpflichtet worden, die Messeinrichtung auf eigene Kosten wieder einzubauen.

Auch dass der Beklagte in seinem Versorgungsverhältnis mit dem Versorger später von ihm getilgte Zahlungsrückstände habe auflaufen lassen, die der Grund für die Sperrung des Anschlusses und die daraus folgenden Kosten gewesen seien, spiele keine Rolle. Denn der Netzbetreiber sei nicht berechtigt gewesen, seine Vertragspflichten gegenüber der Klägerin als Vermieterin und Anschlussnehmerin zu verletzen, um den Kostenausgleich durch den Beklagten gegenüber dem Versorger zu erzwingen.

Die Höhe der Minderung von 50 % der Kaltmiete sei angemessen. Aufgrund des vollständigen Ausfalls der Stromversorgung sei die Wohnung zum dauernden Aufenthalt von Personen nicht geeignet gewesen.

Die Klägerin habe keinen Räumungsanspruch gemäß § 546 Abs. 1 BGB, denn das Mietverhältnis der Parteien sei mangels eines Mietrückstands durch die Kündigung vom 18. Mai 2009 nicht wirksam beendet worden.

II.

Diese Beurteilung des Berufungsgerichts hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.

Der Klägerin steht gegen den Beklagten sowohl ein Anspruch auf Zahlung restlicher Miete und Nutzungsentschädigung in Höhe von insgesamt 466,73 € gemäß § 535 Abs. 2, § 546a Abs. 1 BGB als auch auf Räumung und Herausgabe der gemieteten Wohnung gemäß § 546 BGB zu. Das Mietverhältnis ist durch die fristlose Kündigung vom 18. Mai 2009 wegen Zahlungsverzugs des Beklagten über mehr als zwei Termine mit zwei Monatsmieten gemäß § 543 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 b BGB wirksam beendet worden.

1. Dass die Stromversorgung der streitgegenständlichen Wohnung infolge des Ausbaus der Messeinrichtung (Stromzähler) ab dem 16. August 2007 zeitweise unterbrochen war, hatte keine Minderung der Miete gemäß § 536 BGB zur Folge. Zwar lag insoweit ein Mangel der Wohnung vor, als ihre Gebrauchstauglichkeit dadurch beeinträchtigt war, dass der Beklagte ohne die Messeinrichtung keinen Strom von einem (neuen) Versorger beziehen konnte. Dieser Mangel führte jedoch nicht zu einer Minderung der Miete gemäß § 536 BGB. Eine Minderung ist ausgeschlossen, wenn ein Mangel der Sphäre des Mieters zuzurechnen ist (MünchKomm-BGB/Häublein, 5. Aufl., § 536 Rn. 32 mwN; Schmidt-Futterer/Eisenschmid, Mietrecht, 9. Aufl., § 536 BGB Rn. 572). So ist es hier.

Die Unterbrechung der Anschlussnutzung und die physische Trennung der Entnahmestelle der Wohnung des Beklagten vom Netz erfolgte auf eine entsprechende Mitteilung des Versorgers des Beklagten, weil der Beklagte sich weigerte, dem Versorger die Kosten für die vorausgegangene Sperrung und Entsperrung des Anschlusses in Höhe von 89,50 € zu erstatten, die wegen eines Zahlungsrückstands des Beklagten gegenüber dem Versorger entstanden waren. Diese Vorgänge rühren ausschließlich aus dem Strombelieferungsverhältnis des Beklagten mit seinem Versorger her und sind der Sphäre des Beklagten, nicht der Risikosphäre der Klägerin zuzurechnen.

2. Der Klägerin steht daher gegen den Beklagten ein Anspruch auf Zahlung der – der Höhe nach unstreitigen – offenen Restmiete gemäß § 535 Abs. 2 BGB und – infolge der fristlosen Kündigung – Nutzungsentschädigung aus § 546a Abs. 1 BGB in Höhe von insgesamt 466,73 € zu. Die geltend gemachten Zinsen und vorgerichtlichen Mahnkosten sind vom Beklagten unter dem Gesichtspunkt des Verzugschadensersatzes gemäß § 280 Abs. 1, 2, §§ 286, 288 BGB der Klägerin zu erstatten.

3. Der Räumungs- und Herausgabeanspruch der Klägerin gegen den Beklagten folgt aus § 546 Abs. 1 BGB infolge des Zahlungsverzugs des Beklagten mit der Miete in Höhe von 384,94 € im Zeitpunkt der Kündigung gemäß § 543 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3b BGB.

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III.

Das Berufungsurteil kann danach keinen Bestand haben; es ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da weitere Feststellungen nicht zu treffen sind und der Rechtsstreit zur Endentscheidung reif ist, hat der Senat in der Sache selbst zu entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Dies führt zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

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