Motorradfahrer verliert Klage nach Unfall bei Biker-Treffen
Der Fall, der vor dem Landgericht Mühlhausen verhandelt wurde, dreht sich um einen Motorradunfall, der während eines Biker-Treffens stattfand. Der Kläger, ein Motorradfahrer, behauptete, dass ein anderer Motorradfahrer, dessen Fahrzeug bei der Beklagten versichert war, ihn durch rücksichtsloses Überholen zu einem Sturz gezwungen hätte. Der Kläger forderte Schadenersatz und Schmerzensgeld von der Versicherung des anderen Fahrers.
Kontroverse um den Unfallhergang
Der Kläger behauptete, er sei mit einer Geschwindigkeit von etwa 65 km/h auf einer Strecke unterwegs gewesen, auf der eine Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h erlaubt ist. Er näherte sich einer Linkskurve, als der andere Fahrer ihn trotz eines Überholverbots überholte und etwa 10 Meter vor ihm wieder auf die rechte Fahrbahn einscherte. Dieses Manöver habe ihn so überrascht, dass er eine Vollbremsung einleiten musste und dabei stürzte. Die Beklagte bestritt diesen Unfallhergang.
Kein Beweis für den behaupteten Unfallhergang
Das Gericht führte eine Beweisaufnahme durch und vernahm Zeugen. Keiner der Zeugen konnte jedoch den vom Kläger behaupteten Unfallhergang bestätigen. Ein Zeuge gab an, dass er nicht gesehen habe, wie der Kläger stürzte oder durch den anderen Fahrer zum Sturz gebracht wurde. Er sei erst hinzugekommen, als der Kläger bereits am Boden lag. Ein anderer Zeuge bestätigte, dass er keinen Unfall gesehen habe.
Mögliche Teilnahme an einem illegalen Rennen
Das Gericht stellte fest, dass der Kläger möglicherweise an einem illegalen Rennen auf öffentlichen Straßen teilgenommen hat. Dies legte die Tatsache nahe, dass das Biker-Treffen mehrere hundert Personen umfasste und die Biker die kurvenreiche Straße hinauf und wieder herunter fuhren. Bei einer solchen übermäßigen Straßennutzung haften die Teilnehmer nur bei grob unsportlichem und regelwidrigem Verhalten.
Unzulässige Dashcam-Aufzeichnungen
Der Kläger bot an, ein Sachverständigengutachten auf der Grundlage von Dashcam-Aufzeichnungen einzuholen. Das Gericht lehnte dies jedoch ab, da solche Aufzeichnungen gegen die Datenschutzgrundverordnung verstoßen und ohne Einwilligung des Unfallgegners erfolgt waren. Darüber hinaus wäre eine permanente Aufzeichnung des gesamten Verkehrsgeschehens erforderlich gewesen, um das Verhalten des Klägers und der anderen Personen richtig beurteilen zu können.
Infolgedessen wurde die Klage abgewiesen und der Kläger musste die Kosten des Rechtsstreits tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit leistet.
LG Mühlhausen – Az.: 6 O 486/18 – Urteil vom 12.05.2020
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit leistet.
Tatbestand
Der Kläger macht gegen die Beklagte Schadenersatzansprüche aus einem am 23.05.2015 erlittenen Verkehrsunfall geltend.
Der Kläger war zum Unfallzeitpunkt Eigentümer und Fahrer des Motorrades Triumph Fahrzeugident.-Nr. … mit dem amtlichen Kennzeichen …
Das Motorrad mit dem amtlichen Kennzeichen … war im Zeitpunkt des von dem Kläger vorgetragenen Verkehrsunfalles bei der Beklagten haftpflichtversichert.
Der Kläger kam als er mit seinem Motorrad die B85 in Kyffhäuserland bei Steinthaleben im Landkreis Kyffhäuserkreis befuhr bei dem Bergabfahren der von ihm befahrenen Strecke zu Fall, wobei zwischen den Parteien umstritten ist, wie sich der Unfall zugetragen hat.
Der Kläger behauptet, er habe zum Unfallzeitpunkt die Strecke, auf welcher eine zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h erlaubt ist, mit einer Geschwindigkeit von ca. 65 km/h befahren und sich bergabwärts einer Linkskurve genähert, als der Fahrer des bei der Beklagten versicherten Motorrades das klägerische Motorrad trotz des angeordneten Überholverbotes überholt habe und ca. 10 m nach dem klägerischen Motorrad wieder auf der rechten Fahrbahn eingeschert sei. Aufgrund dieses grob verkehrswidrigen Fahrmanövers sei der Kläger völlig konstatiert gewesen und habe einen Bremsvorgang eingeleitet, wodurch der Kläger mit seinem Motorrad letztlich zu Fall gekommen sei. Der Sturz des Klägers mit seinem Motorrad sei auf das grob verkehrswidrigen Fahrmanöver des Fahrers des bei der Beklagten versicherten Motorrades zurückzuführen und sei auch für den Kläger unvermeidbar gewesen.
Der Kläger trägt vor, er habe einen erheblichen Sachschaden in Höhe von 5.125,00 € erlitten. Die Sachverständigenkosten würden sich auf 890,48 € belaufen. Ferner sei dem Kläger ein Nutzungsausfallschaden in Höhe von 420,00 € entstanden. Ferner begehrt der Kläger Schadenersatz für Motorradbekleidung und Helm, welche in den Jahren 2013 bis 2014 angeschafft worden seien und ein Abzug neu für alt sei dort nicht zu machen. Ferner seien ihm Kosten für ausgetretenes Öl, Benzin und andere Schadstoffe auf der Verkehrsfläche, welche entfernt werden mussten, entstanden in Höhe von 337,19 €. Hinzu käme eine Auslagenpauschale in Höhe von 25,00 €.
Aufgrund der multiplen Prellungen, welche äußerst schmerzhaft gewesen seien, begehrt der Kläger ein Schmerzensgeld von der Beklagten. Ferner begehrt der Kläger einen Haushaltsführungsschaden in Höhe von 670,01 €, für Atteste 94,92 €.
Insgesamt macht der Kläger einen materiellen Schaden in Höhe von 7.901,42 € und einen angemessenes Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 3.000,00 € geltend.
Ferner begehrt der Kläger die Freistellung der Sachverständigenkosten in Höhe von 890,48 € und die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 958,19 €.
Der Kläger beantragt, die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 7.901,42 € nebst Zinsen i. H. v. 5%-punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 09.03.2017 zu zahlen.
Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger gegenüber der Sachverständigenbüro Sch … von der Verbindlichkeit aus der Rechnung Nr. … vom 15.06.2015 i. H. v. 890,48 € freizustellen.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld, mindestens jedoch einen Betrag i. H. v. 3.000,00 € nebst Zinsen i. H. v. 5%-punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 09.03.2017 zu bezahlen.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten i. H. v. 958,19 € nebst Zinsen i. H. v. 5%-punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 09.03.2017 zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie bestreitet den Hergang des Verkehrsunfalles.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Das Gericht hat gemäß Beweisbeschluss vom 13.12.2019 Beweis erhoben durch Einvernahme der Zeugen … . Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 12.05.2020 verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Dem Kläger steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme kein Anspruch gegen die Beklagte auf einen Schadenersatz aus einem mit dem bei der Beklagten versicherten Motorrad zu.
Beide Aussagen der von dem Kläger benannten Zeugen konnten den Hergang des von dem Kläger vorgetragenen Verkehrsunfalles nicht beweisen. Der Zeuge … bekundet, dass er nicht gesehen habe, dass der Kläger gestürzt sei oder irgendwie von dem Herrn … zu Sturz gekommen sei. Er sei dahin gekommen, als der Kläger bereits gelegen habe. Auch sei der Herr … nicht da gewesen, als sie das Motorrad angehoben hätten. Ob er irgendwo in der Nähe gewesen sei oder nicht, konnte er bei den vielen Leuten, die da gewesen seien, nicht sagen. Es sei eben so bei dem Bikertreff.
Der Zeuge … hat glaubhaft bekundet, dass er keinen Unfall gesehen habe und dass auf dem Rückweg ein Unfall passiert sei.
Insofern konnte der Kläger einen mit Beteiligung des bei der Beklagten versicherten Motorrades nicht beweisen.
Eine Haftung des Beklagten wäre aber auch ausgeschlossen, wenn der Kläger, so wie sich die Aussagen der Zeugen darstellen, Beteiligter an einem illegalen Rennen auf öffentlichen Straßen war. Hierfür spricht, dass es sich um ein Bikertreffen mit mehreren hundert Personen handelt und die Biker die kurvenreiche Straße hinauf und wieder herunter fahren, um sich dann wieder an dem Bikertreffen zu treffen. Bei einer solchen übermäßigen Straßennutzung nach § 29 StVO haften die Teilnehmer allenfalls entsprechend nach den Grundsätzen für besonders gefährliche Sportarten nur bei grob unsportlichem und regelwidrigem Verhalten, vgl. hierzu LG Düsseldorf, Urteil vom 22.10.2004, zitiert nach Juris und BGH, Urteil vom 01.04.2003, VI ZR 321/02, zitiert nach Juris.
Auch dem Beweisangebot des Klägers durch Einholung eines Sachverständigengutachten ausschließlich unter Berücksichtigung der von dem Kläger vorgenommenen Dash camera-Aufzeichnungen war nicht nachzugehen. Insofern vermag das erkennende Gericht bei Dash cam-Aufzeichnungen nicht nachzuvollziehen, dass diese verwertbar sein sollen.
Zum Einen widersprechen solche Aufzeichnungen der Datenschutzgrundverordnung und sind ohne Einwilligung des Unfallgegners erfolgt. Insofern hält das erkennende Gericht nach der Neuregelung die Entscheidung des Bundesgerichtshofes zu der Dash camera-Aufzeichnung vom 15.05.2018 für nicht anwendbar.
Auch wäre um das gesamte Unfallgeschehen zu beurteilen, eine permanente Aufzeichnung des gesamten Verkehrsgeschehens, d. h., von dem Bikertreffen bis zum Wendeplatz und zurück erforderlich, um das gesamte Verhalten des Klägers und der anderen Personen rechtlich richtig zu würdigen. Insofern würde die Verwertung einer solchen Aufzeichnung auch der Entscheidung des Bundesgerichtshof vom 15.05.2018 widersprechen.
Im Übrigen ist das erkennende Gericht der Auffassung, dass Dash camera-Aufzeichnungen ohne Einwilligung der darauf befindlichen Personen nicht verwertbar sind. Dies würde dazu führen, dass die Bevölkerung sich gegenseitig und wechselseitig mit entsprechenden Bodycams und Kameras aufzeichnen würde, da jeder damit rechnen muss, von einer Anzeige oder einem Strafverfahren gegen sich von anderen Personen, etwa Beleidigungen oder Vergewaltigungen, überzogen zu sehen. Im Hinblick auf die Rechtssicherheit, da der Normalbürger nicht wissen kann, ob die Rechtsprechung später dann seine Kameraaufzeichnungen für verwertbar hält oder nicht, erscheint es für das erkennende Gericht nicht sachgerecht und nachvollziehbar, warum einzelne Kameraaufzeichnungen dann erlaubt sein sollen und andere nicht bzw. warum dann einzelne Kameraaufzeichnungen verwertbar sein sollen oder nicht. Wenn der Gesetzgeber Dash camera-Aufzeichnungen bei Verkehrsunfällen durch Privatpersonen zum Nachweis einem etwaigen Verschuldens des Gegners erlauben will, so sollte der Gesetzgeber ein entsprechendes Gesetz zur Ausstattung von Kraftfahrzeugen, welche am Straßenverkehr teilnehmen, machen.
Daher ist für das erkennende Gericht eine Verwertung der vom Kläger offensichtlich vorgenommenen Kameraaufzeichnung nicht erlaubt.
Ein Sachverständigengutachten ohne Verwertung der Dash camera-Aufzeichnung ist von dem Kläger nicht beantragt und als Beweismittel angeboten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11 und 711 ZPO.
Die folgenden rechtlichen Bereiche sind u.a. in diesem Urteil relevant
- Verkehrsrecht: Das Verkehrsrecht ist in diesem Fall von zentraler Bedeutung, da es sich um einen Verkehrsunfall handelt. Der Kläger behauptet, dass der Fahrer des bei der Beklagten versicherten Motorrades ein grob verkehrswidriges Fahrmanöver durchgeführt hat, was zum Sturz des Klägers geführt hat. Hierbei spielen insbesondere die Regeln der Straßenverkehrsordnung (StVO) eine Rolle, die das Verhalten der Verkehrsteilnehmer regeln.
- Versicherungsrecht: Das Versicherungsrecht ist ebenfalls betroffen, da der Kläger Schadenersatzansprüche gegen die Beklagte geltend macht, bei der das Motorrad des Unfallverursachers haftpflichtversichert war. Hierbei sind insbesondere die Regelungen des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) relevant, die die Rechte und Pflichten der Versicherungsnehmer und der Versicherungsgesellschaften regeln.
- Zivilprozessrecht: Das Zivilprozessrecht ist in diesem Fall relevant, da es sich um einen zivilrechtlichen Rechtsstreit handelt. Hierbei sind insbesondere die Regelungen der Zivilprozessordnung (ZPO) von Bedeutung, die den Ablauf des Gerichtsverfahrens regeln. Im vorliegenden Fall ist insbesondere § 91 ZPO relevant, der die Kostenentscheidung regelt.
- Datenschutzrecht: Das Datenschutzrecht spielt in diesem Fall eine Rolle, da der Kläger versucht hat, Dashcam-Aufzeichnungen als Beweismittel zu verwenden. Das Gericht hat jedoch entschieden, dass diese Aufzeichnungen ohne Einwilligung der darauf befindlichen Personen nicht verwertbar sind. Hierbei sind insbesondere die Regelungen der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) relevant.
- Schadenersatzrecht: Das Schadenersatzrecht ist in diesem Fall relevant, da der Kläger Schadenersatzansprüche gegen die Beklagte geltend macht. Hierbei sind insbesondere die Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) relevant, die die Voraussetzungen und den Umfang von Schadenersatzansprüchen regeln.