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Geschwindigkeitsüberschreitung: Nachfahren durch ziviles Polizeifahrzeug

AG Gera

Az.: 250 Js 35510/02 12 OWi

Beschluss vom 14.04.2003


In der Bußgeldsache gegen xxx wegen Ordnungswidrigkeit hat das Amtsgericht Gera in der Sitzung vom Montag, 14.04.2003, an der teilgenommen haben: xxx für Recht erkannt:
1.) Gegen den Betroffenen wird wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaft um 58 km/h eine Geldbuße von 150 Euro sowie ein Fahrverbot von einem Monat verhängt. Das Fahrverbot wird erst wirksam, wenn der Führerschein nach Rechtskraft dieses Urteils in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von vier Monaten seit Eintritt der Rechtskraft.
2.) Der Betroffene hat die Kosten des Verfahrens sowie seine notwendigen Auslagen zu tragen.
Angewandte Vorschriften: §§ 41 Abs. 2 Nr. 7, 49 Abs. 3 Nr. 4 StVO, 24, 25 StVG

Gründe:

Der Betroffene befuhr am 2.7.2003 um 11:06 Uhr auf der Bundesautobahn 4 Richtungsfahrbahn Dresden zwischen den Anschlussstellen Hermsdorf Ost und Gera mit dem PKW mit dem amtlichen Kennzeichen dabei wurde mit der in einem zivilen Polizeifahrzeug installierten Verkehrsüberwachungsanlagen ProViDa 2626, auf einer Strecke von 186 kam eine durchschnittliche Geschwindigkeit von 209 km/h gemessen. Nach Abzug einer Messtoleranz von 21 km/h verbleibt eine gefahrene Geschwindigkeit von 188 km/h. Das Messgerät ist bis zum 31.12.2003 geeicht und wurde vor Messbeginn einem Selbsttest unterzogen. Die Eichplompen am Messgerät waren unversehrt. Die zulässige Höchstgeschwindigkeit war im Messbereich durch Zeichen 274 des § 41 Abs. 2 StVO auf 130 km/h beschränkt. Die Beschilderung erfolgte vor der Messstelle beidseitig. Der Betroffene bemerkte die Geschwindigkeitsbegrenzung oder die von ihm gefahrene Geschwindigkeit nicht. Bei der von ihm im Straßenverkehr zu erwartenden Sorgfalt hätte er die Geschwindigkeitsbegrenzungszeichen wahrnehmen und die gefahrene Geschwindigkeit auf das zulässige Höchstmaß reduzieren können. Der Polizeibeamte xxx nahm die Personalien des Betroffenen nach dem Anhaltevorgang anhand des ihm vom Fahrer vorgelegten Fahrerlaubnis auf. Der Betroffene war die einzige Person im Kraftfahrzeug.
Für den Betroffenen, der den Beruf des Rechtsanwalts ausübt, ist keine Entscheidung im Verkehrszentralregister erfasst.
Dieser Sachverhalt steht fest aufgrund der verlesenen Urkunden, des in Augenschein genommenen Videos und der Aussage des als Zeugen vernommenen Polizeibeamten xxx.
Der Betroffene hat keine Angaben zur Sache gemacht.
Die Beschilderung ergab sich aus dem in Augenschein genommenen Video und der Aussage des Zeugen.
Die Fahrereigenschaft des Betroffenen wurde durch das Video und die Aussage des Zeugen festgestellt. Im gemessenen Fahrzeug befand sich nur eine Person, der Fahrer. Es handelte sich um eine männliche Person mit kurzen Haaren, und einer dunklen Sonnenbrille, die ein Ähnlichkeit mit dem Betroffenen aufwies, ohne das dieser anhand des Videos allein durch Augenschein als Fahrer identifiziert werden konnte. Das Gericht ist aber überzeugt davon, dass der Betroffene der Fahrer des gemessenen Fahrzeugs war, da er dem Zeugen xxx seine Fahrerlaubnis vorlegte, aus der sich die Personalien des Betroffenen ergaben und der Zeuge xxx sich anhand des Fotos in der Fahrerlaubnis von der Identität des Fahrers überzeugte. Es wäre auch völlig lebensfremd anzunehmen, dass der Fahrzeugführer die Fahrerlaubnis einer dritten Person, des Betroffenen bei sich führt. Wenn dem Betroffenen die Fahrerlaubnis abhanden gekommen wäre, so hätte er dies eingeräumt und nicht stattdessen die Fahrerlaubnis im Termin vorgelegt, um auf das mehrere Jahre alte Foto zu verweisen.
Die Geschwindigkeitsüberschreitung wurde durch das in Augenschein genommene Video anhand der eingeblendeten Angaben über die gefahrene Geschwindigkeit, die Durchschnittsgeschwindigkeit, die Messstrecke, das Datum, die Uhrzeit und das eingeblendete Fahrzeug samt Fahrer (ohne weitere Insassen) nachgewiesen. An der Richtigkeit der Messung bestehen keine Zweifel. Der zeuge bekundete, dass der Reifendruck an dem mit Sommerreifen ausgerüsteten Messfahrzeug täglich vor Fahrtantritt geprüft wird, der Selbsttest des Gerätes erfolgreich verlief, die Eichplomben am Gerät unversehrt waren, er für das Provida-System speziell geschult wurde. Aus dem verlesenen Eichschein des Landesamtes für Mess- und Eichwesen Thüringen vom 3.4.2002 ergab sich der festgestellte Eichzeitraum. Das Gericht hat mit Hilfe eines Stechzirkels festgestellt, dass auf dem Videoband zu Beginn und am Ende der Messung zwischen den Außenkanten der Reifen des gemessenen Fahrzeugs der gleiche Abstand bestand, woraus zu schließen ist, dass der Abstand zwischen dem Messfahrzeug und dem gemessenen Fahrzeug am Beginn und am Ende der Messung identisch waren.
Allerdings konnte der Zeuge xxx keine sicheren Angaben zur Reifenprofiltiefe am Messtag machen. Er führte nur aus, dass zum Eichtermin stets ausreichende Profiltiefe vorhanden ist und ab und zu aus reinem Interesse heraus die Reifen in Augenschein genommen werden, aber erfahrungsgemäß der Abrieb nicht so hoch sei. Letzteres konnte er nicht z.B. durch Angaben zur gefahrenen Strecke seit dem Eichtermin näher erläutern. Damit lässt sich nicht sicher feststellen, ob 3 Monate nach dem Eichtermin die Profiltiefe noch im Normbereich lag. Aus diesem Grund wurde ein weiterer Abschlag von 5 % der gemessenen Geschwindigkeit für notwendig erachtet.
Darüber hinaus sind Anhaltspunkte für eine Fehlmessung nicht ersichtlich.
Damit hat der Betroffene eine Ordnungswidrigkeit, nämlich eine fahrlässige Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaft um 58 km/h begangen. Der Betroffene handelte schuldhaft, nämlich fahrlässig. Es ist seine Pflicht als Kraftfahrzeugführer seine Aufmerksamkeit beim Befahren eines Baustellenbereiches auch auf die zu erwartenden Geschwindigkeitsbegrenzungsschilder zu richten und seine Geschwindigkeit im Rahmen der zulässigen Geschwindigkeit zu halten. Diese Pflicht verletzte der Betroffene, obwohl ihm das möglich und zumutbar gewesen wäre.
Als Regelbuße sieht der Bußgeldkatalog in Tabelle 1 zu Nr. 11 Ziff. 11.3.5. eine Geldbuße von 150 Euro und einen Monat Fahrverbot vor. Diese Regelbuße wurde hier als angemessen angesehen und verhängt, da auch ein Regelfall vorliegt. Es kam für die Entscheidung nicht darauf an, dass nachdem auf der Messstrecke mehrer Monate 130 km/h zulässig waren, diese nun ohne Geschwindigkeitsbeschränkung befahrbar ist. Es gibt keinen Anspruch darauf eine dreispurig ausgebaute Fahrstrecke mit unbegrenzter Geschwindigkeit befahren zu dürfen. Dem Gericht sind auch die Gründe für die anfängliche Geschwindigkeitsbegrenzung und deren spätere Aufhebung nicht bekannt. Jedenfalls ist es nicht Sache des Verkehrsteilnehmers zu entscheiden, ob er die Anordnung einer Geschwindigkeitsbeschränkung für sinnvoll erachtet und sie beachtet oder nicht.
Es kam hier nicht in Betracht gegen Erhöhung einer Geldbuße vom Fahrverbot abzusehen. Zwar bringt die Berufsausübung des Betroffenen auch Fahrtätigkeit mit sich, jedoch ist es ihm zuzumuten während des überschaubaren Zeitraums von einem Monat seinen Urlaub zu nehmen, seine Termine so abzustimmen, dass er öffentliche Verkehrsmittel oder Taxis nutzt oder einen Fahrer einstellt. Hinweise, dass dies dem Betroffenen finanziell nicht möglich sein sollte, haben sich nicht ergeben.
Sonstige Gründe, die ein Absehen von der Verhängung eines Fahrverbotes ggf. unter Erhöhung der Geldbuße rechtfertigen, wurden nicht vorgetragen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 46 Abs. 1 OWiG, 465 Abs. 1 StPO.

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