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Neuwagenkaufvertrag – Rücktritt bei mangelhafter Batterieleistung

OLG Stuttgart – Az.: 3 U 226/13 – Teilurteil vom 09.07.2014

I. Auf die Berufung des Klägers hin wird das Urteil des Landgerichts Ravensburg vom 08.11.2013 (3 O 111/12) a b g e ä n d e r t.

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs A… mit dem amtlichen Kennzeichen …, Typ … 30.331,57 € zu bezahlen nebst Zinsen i. H. v. 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz aus 29.582,21 € seit 24.06.2007 und aus weiteren 749,36 € seit 26.01.2011.

2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte im Annahmeverzug befindet.

3. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Auskunft darüber zu erteilen, welche Nutzungen sie aus dem am 22.07.2005 überlassenen Kaufpreis bis zum 26.01.2011 gezogen hat.

4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger außergerichtliche Anwaltskosten i. H. v. 665,81 € nebst Zinsen i. H. v. 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit 26.01.2011 zu bezahlen.

5. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Im Übrigen wird die Berufung hinsichtlich der Anträge Ziff. 1. – 3. und 5. – 6. z u r ü c k g e w i e s e n.

III. Im Hinblick auf die noch offenen Stufen der Stufenklage nach Auskunftserteilung bleibt die Kostenentscheidung dem Schlussurteil vorbehalten.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung der anderen Partei jeweils durch Sicherheitsleistung von 115 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit von 115 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Neuwagenkaufvertrag - Rücktritt bei mangelhafter Batterieleistung
Symbolfoto: Von Minerva Studio /Shutterstock.com

Der Kläger verlangt Rückabwicklung eines Neuwagenkaufs nach Rücktritt.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil kein zum Rücktritt berechtigender Mangel am A… vorliege. Hinsichtlich des Vorbringens der Parteien in I. Instanz wird auf das angefochtene landgerichtliche Urteil Bezug genommen.

Der Kläger macht mit der Berufung eine fehlerhafte rechtliche Würdigung des Landgerichts geltend. Es habe die Feststellungen des Sachverständigen W… im selbstständigen Beweisverfahren nicht ausreichend berücksichtigt. Er sei mit dem A… zwischenzeitlich ca. 87.000 km gefahren und habe das Fahrzeug stillgelegt.

Der Kläger beantragt: Unter Abänderung der Entscheidung des Landgerichts Ravensburg, Urteil vom 08.11.2013, Geschäftsnummer 3 O 111/12, wird die Beklagte verurteilt:

1. Die Beklagte hat dem Kläger Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs A… mit dem amtlichen Kennzeichen …, Typ … 33.304,69 € zu bezahlen nebst Zinsen i. H. v. 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit 24.06.2007.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte sich im Annahmeverzug befindet.

3. Die Beklagte hat Auskunft darüber zu erteilen, welche Nutzungen sie aus dem am 22.07.2005 überlassenen Kaufpreis i. H. v. 39.418,50 € bis zur Rechtshängigkeit gezogen hat.

5. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Verwendungen i. H. v. 1.765,62 €, nebst Zinsen i. H. v. 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

6. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger außergerichtliche Anwaltskosten i. H. v. 721,50 € nebst Zinsen i. H. v. 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt: Zurückweisung der Berufung.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Parteien im Berufungsverfahren jeweils mit Anlagen und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 25.06.2014 (Bl. 346 d.A.) Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung des Klägers ist überwiegend begründet.

1.

Der Kläger hat entgegen der Auffassung des Landgerichts mit Schreiben vom 18.04.2007 (Anlage K 6) wirksam den Rücktritt vom Kaufvertrag bezüglich des streitgegenständlichen A… erklärt, weil aufgrund der zu schwachen Batterieleistung ein Sachmangel und damit ein Grund für den Rücktritt gemäß §§ 433, 434, 437 Nr. 2, 440, 323 ff. BGB vorlag.

a)

Der Kläger ist Verbraucher i. S. v. § 13 BGB, weil er das streitgegenständliche Fahrzeug privat und zur privaten Nutzung erworben hat. Dies ergibt sich jedenfalls aus der Aussage der Zeugin S… am 07.10.2013. Ausweislich des Protokolls (Bl. 235 d. A.) hat die Zeugin S… als Lebensgefährtin des Klägers bekundet, dass dieser bei der Firma … in … als angestellter Programmierer arbeite. Dies habe er bereits im Jahr 2005 getan. Der streitgegenständliche A… sei sein Privatauto. Der Kaufvertrag lässt keine gewerbliche Nutzung des Fahrzeugs durch den Kläger erkennen, was sich im Hinblick auf die steuerliche Behandlung des Fahrzeugs aufdrängen würde.

Vor diesem Hintergrund reicht allein das Bestreiten der Verbrauchereigenschaft des Klägers durch die Beklagte nicht aus. Vielmehr müsste die Beklagte vortragen, warum trotzdem ein gewerblicher Zweck durch den Kläger mit dem Kauf und der Nutzung des Fahrzeugs verfolgt wird. Ein solcher konkreter Vortrag fehlt.

b)

Die Beweisaufnahme durch die Vernehmung der Zeugen S… und E… sowie durch die Einholung der Gutachten des Sachverständigen W… und des Sachverständigen R… führt beim Senat zu der Überzeugung, dass sowohl im Zeitpunkt des Gefahrübergangs am 22.07.2005 als auch im Zeitpunkt des Rücktritts am 18.04.2007 ein wesentlicher Mangel an der Elektronik des streitgegenständlichen A… in Form einer mangelhaften Batterieleistung vorlag. Dabei resultierte diese mangelhafte Batterieleistung – auch – auf einer unzureichenden Ladung der Batterie durch die Lichtmaschine.

aa)

Zutreffend hat das Landgericht auf der Grundlage der Aussagen der Zeugen S… und E… festgestellt, dass das streitgegenständliche Fahrzeug bereits Ende Dezember 2005 im Rahmen des Urlaubs des Klägers in … aufgrund der mangelhaften Batterieleistung Fehler in der Elektronik aufwies. Auf die Ausführungen des Landgerichts unter 2. erster Absatz der Entscheidungsgründe im angefochtenen Urteil wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen. Die Beklagte zeigt nicht auf, dass dem Landgericht hierbei Fehler bei der Beweiserhebung oder -würdigung unterlaufen sind.

Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO ist das Berufungsgericht an die vom erstinstanzlichen Gericht festgestellten Tatsachen gebunden, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Konkrete Anhaltspunkte, welche hiernach die Bindung des Berufungsgerichts an die vorinstanzlichen Feststellungen entfallen lassen, können sich insbesondere aus Verfahrensfehlern ergeben, die dem Eingangsgericht bei der Feststellung des Sachverhalts unterlaufen sind. Ein solcher Verfahrensfehler liegt namentlich vor, wenn die Beweiswürdigung in dem erstinstanzlichen Urteil den Anforderungen nicht genügt, die von der Rechtsprechung zu § 286 Abs. 1 ZPO entwickelt worden sind. Dies ist der Fall, wenn die Beweiswürdigung unvollständig oder in sich widersprüchlich ist, oder wenn sie gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (BGHZ 158, 269, Juris Rn 8f).

Die Beklagte führt in der Berufungserwiderung lediglich aus, die Zeugenaussagen seien widersprüchlich und daher sei ihnen nicht zu folgen. Näheres wird jedoch nicht dargelegt. Insbesondere wird nicht aufgezeigt, wo die Zeugenaussagen widersprüchlich sein sollen. Aus der Durchsicht des Protokolls vom 07.10.2013 und dem Vergleich mit den Urteilsgründen ergeben sich solche Widersprüche nicht.

bb)

Aufgrund des Gutachtens des Sachverständigen W… ist davon auszugehen, dass jedenfalls bis zum 18.04.2007 der Grund für die mangelhafte Batterieleistung – auch – die unzureichende Aufladung der Batterie durch die Lichtmaschine war, wie sie vom Sachverständigen W… im Gutachten vom 10.08.2009 sowie den Ergänzungen vom 10.02.2010 und 25.05.2010 im selbstständigen Beweisverfahren vor dem Amtsgericht Ravensburg 10 H 1/08 festgestellt worden ist.

(1)

Zwar hat der Sachverständige R… durchaus überzeugend festgestellt, dass alleinige Ursache für die mangelhafte Batterieleistung ein zu großer Energieabfluss im Ruhezustand sei, weil der im März 2006 eingebaute Marderschreck schadhaft gewesen sei. Aufgrund eines internen Kurzschlusses habe dieses Marderschreckgerät selbst im ausgeschalteten Zustand laufend Energie aus der Autobatterie abgezogen.

(2)

Jedoch kann der fehlerhafte Marderschreck zumindest nicht alleinige Ursache für die bereits Ende 2005 aufgetretene mangelhafte Batterieleistung gewesen sein, weil zu diesem Zeitpunkt der Marderschreck noch gar nicht eingebaut war.

(3)

Der Sachverständige W… hat im Gutachten vom 10.08.2009 und den beiden Ergänzungen vom 10.02.2010 und vom 25.05.2010 überzeugend dargelegt, dass die Ursache für die schwache Batterieleistung und damit für die Ausfälle einzelner elektronischer Bauteile am streitgegenständlichen A… auf eine zu schwache Batterieladung durch die Lichtmaschine zurückzuführen sei. Während nach den Messungen des Sachverständigen W… die Lichtmaschine eine Ladespannung von ca. 14,2 V und einen Ladestrom von 91,9 – 117,3 A zur Verfügung gestellt hat, betrug die Ladespannung direkt vor der Batterie 13,53 V bzw. 13,64 V und der Ladestrom 4,1 A bzw. 4,2 A. Mit diesen Ladeströmen und Ladespannungen könne eine Batterie nicht aufgeladen werden (erster Nachtrag vom 10.02.2010, S. 3). Ansonsten hat der Sachverständige W… keine Gründe für die schwache Leistung der Batterie finden können.

Zwar hat der Sachverständige R… im Gutachten vom 16.07.2012 als alleinige Ursache für die schwache Batterieleistung den laufenden Stromabfluss aus der Batterie aufgrund des fehlerhaften Marderschrecks festgestellt. Dies schließt aber die Feststellungen des Sachverständigen W… nicht aus. Vielmehr lagen im Zeitpunkt der Messung des Sachverständigen W… wohl beide technischen Fehler parallel vor. Dadurch wurde die Batterieleistung in doppelter Hinsicht geschwächt. Dabei mag sein, dass der Sachverständige W… nur den technischen Fehler hinsichtlich der Ladung der Batterie festgestellt hat. Denn der Sachverständige W… setzt mit seiner Feststellung bei der Ladung der Batterie an, während der Sachverständige R… den Fehler bei der Stromentnahme aus der Batterie festmacht.

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Die Einlassung des Sachverständigen R…, der Sachverständige W… könnte eine Prüfung der Aufladung der Batterie mit einer ungeeigneten Strommesszange mit 1.800 A Messbereich vorgenommen haben, ändert an den Feststellungen des Sachverständigen W… und ihrer Überzeugungskraft nichts. Der Sachverständige R… äußert sich dabei spekulativ. Er versucht letztlich einen Grund zu finden, warum sein Gutachten und seine Messungen richtiger sind, als die des Sachverständigen W…, nachdem er selbst keinen so starken Spannungsabfall wie der Sachverständige W… zwischen der Lichtmaschine und der Batterie festgestellt hat. Vielmehr seien die Ladeströme der Lichtmaschine zur Batterie ordnungsgemäß gewesen (Gutachten R… vom 16.07.2012, S. 29). Ob es sich bei den Werten des Sachverständigen W… um einen Messfehler aufgrund eines Messgerätes mit einem zu großen Messbereich handelt und daher die Messung unbrauchbar ist, konnte der Sachverständige R… nicht näher überprüfen. Insbesondere konnte er keine Messung mit einer Stromzange (1.800 A) vornehmen. Aufgrund des Fehlens weiterer konkreter Anhaltspunkte für eine Falschmessung ist daher davon auszugehen, dass die Strommesszange (1800 A) des Sachverständigen W… auch in diesem für das Messgerät kleinen Messbereich ordnungsgemäß gemessen hat, nachdem sich aus den Bildern Anlage 5.1 und 5.2 des Ergänzungsgutachtens des Sachverständigen W… vom 10.02.2010 Kommawerte ergeben. Das spricht dafür, dass das Messgerät ordnungsgemäß gearbeitet hat. Ferner ergibt sich aus der Anlage 5.5 zum Ergänzungsgutachten vom 10.02.2010, dass der Sachverständige W… auch eine Stromzange im Messbereich von 100 A zur Verfügung hatte. Nachdem er diese für die Messung des Ladestroms für die Batterie nicht eingesetzt hat, ging er von einer ausreichenden Messgenauigkeit der Stromzange mit 1.800 A aus.

Die Vermutung des Mitarbeiters der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 25.06.2014, wonach der Marderschreck aufgrund seiner Montage direkt an den Polen der Batterie den Ladestrom vor dem Einspeisen in die Batterie „abgezweigt“ habe, wird durch die Feststellungen des Sachverständigen R… widerlegt. Dieser hat trotz eingebautem Marderschreck festgestellt, dass der Ladestrom an der Batterie mit ca. 35 A ausreichend war. Erst dann hat er den Marderschreck abgehängt und ausgebaut (S. 15 und 17 des Gutachtens vom 16.07.2012, Bl. 117 d.A.). Soweit der Mitarbeiter der Beklagten darauf hingewiesen hat, dass die Messpunkte für die Messung des Ladestroms bei beiden Gutachtern nicht bekannt seien, ist festzustellen, dass der Sachverständige W… den Ladestrom nicht „hinter“ dem Marderschreck gemessen haben kann, weil dessen Stromzufuhr unmittelbar am Pol der Batterie befestigt war. Dies ergibt sich aus den beiden Bildern auf S. 18 des Gutachtens R… (Bl. 120 d.A.). Ferner ist es extrem unwahrscheinlich, dass der Marderschreck im Ruhezustand fast 90 % des bei der Batterie ankommenden Ladestroms „konsumiert“ und dann nur noch ca. 4 A in die Batterie eingespeist werden. Diese Spekulation des Mitarbeiters der Beklagten erschüttert daher die Feststellungen des Sachverständigen W… nicht.

Entscheidend ist vielmehr, dass im Gegensatz zum Sachverständigen R… die Messungen und Feststellungen des Sachverständigen W… die schwache Batterieleistung vor dem Einbau des Marderschrecks erklären, während der Sachverständige R… und auch der Mitarbeiter der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 25.06.2014 dafür letztlich keine Erklärung anbieten können. Obwohl in der mündlichen Verhandlung vom 25.06.2014 festgestellt wurde, dass der Batteriemanager keinen Einfluss auf den Ladestrom hat und insoweit ein Update der Software des Batteriemanagers keine Auswirkungen auf die Stärke des Ladestroms hat, wäre das von der Beklagten behauptete Update im März 2006, welches noch heute im Fahrzeug vorhanden sei, nicht für die Veränderung des Ladestroms an der Batterie, wie vom Sachverständigen R… gegenüber der Messung des Sachverständigen W… festgestellt, ursächlich, weil in diesem Fall der Sachverständige W… die Messung auf der Grundlage des aktuellen Updates vorgenommen und trotzdem einen zu schwachen Ladestrom festgestellt hätte.

Eine nochmalige Anhörung beider Sachverständiger bedarf es entgegen der von der Beklagten in den Schriftsätzen vom 03.07.2014 und 04.07.2014 geäußerten Auffassung nicht. Beide Gutachten sind in sich schlüssig und schließen sich nicht gegenseitig aus. Das gilt auch im Hinblick auf die dort aufgestellt Behauptung, der Sachverständige W… habe den Ladestrom an der falschen Stelle gemessen. Die Beklagte hatte die Gelegenheit, bei der Messung durch den Sachverständigen W… dabei zu sein und ihm im selbstständigen Beweisverfahren entsprechende Fragen zu stellen. Dies hat sie nicht getan, sodass von ihrem damaligen Einverständnis mit der Vorgehensweise des Sachverständigen W… auszugehen ist. Vor diesem Hintergrund wird nicht ausreichend deutlich, warum der Sachverständige W… bei der Durchführung der Messung methodische Fehler gemacht haben soll. Im Übrigen wird auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen.

(4)

Da mit dem vom Sachverständigen W… festgestellten Ladestrom die Batterie nicht ordnungsgemäß zu laden war, liegt ein Sachmangel vor.

Der Umstand, dass der Sachverständige W… letztlich die Ursache für diesen Abfall des Ladestroms zwischen Lichtmaschine und Batterie nicht feststellen konnte, steht dem nicht entgegen. Der Sachverständige W… hat im zweiten Ergänzungsgutachten 25.05.2010 auf S. 2 ausgeführt, dass er auch die Kabel und Anschlüsse überprüft habe. Dabei habe er darauf geachtet, ob die Übergänge der Kabel oxidiert gewesen seien oder sonstige Unterbrechungen vorgelegen hätten. Diesbezüglich habe er keine Besonderheiten feststellen können. Ob das Ladeproblem der Batterie dabei – oder auch später – unbeabsichtigt behoben wurde, ist Spekulation. Jedenfalls bei der Begutachtung durch den Sachverständigen W… und damit nach der Erklärung des Rücktritts lag dieser Mangel noch vor.

Noch spekulativer sind die Ausführungen des Landgerichts, wonach sehr viel dafür spreche, dass der im März 2006 festgestellte Marderverbiss die Ursache der Probleme im Dezember 2005 gewesen sei. Beide Sachverständige haben sich zu dieser Möglichkeit nicht geäußert. Es ist nicht einmal sicher, wann und wo der angebliche Marderbiss stattgefunden haben soll.

cc)

Gemäß § 476 BGB wird vermutet, dass der Fehler der Stromzufuhr von der Lichtmaschine zur Batterie bereits bei Gefahrübergang am 22.07.2005 vorhanden war, weil es sich um einen Verbrauchsgüterkauf handelte (vgl. oben 1. a) und sich der Fehler innerhalb der 6-Monatsfrist seit Gefahrübergang Ende Dezember 2005 gemäß der Aussagen der Zeugen S… und E… (vgl. oben 1. b) aa) gezeigt hat. Auf den Zeitpunkt der Geltendmachung des Mangels kommt es nicht an (Weidenkaff in Palandt, BGB, 73. Aufl. 2014, § 476 Rn. 6).

Die insoweit beweispflichtige (vgl. Weidenkaff in Palandt, BGB, 73. Aufl. 2014, § 476 Rn. 8a) Beklagte hat den Nachweis nicht geführt, dass eine später eintretende Ursache, wie insbesondere ein Marderbiss ins Stromkabel, zu der vom Sachverständigen W… festgestellten unzureichenden Aufladung der Batterie des A… geführt hat (vgl. vorstehend 1. b) bb). Sie hat daher die Vermutung des § 476 BGB nicht erschüttert.

Soweit die Beklage in der Klagerwiderung vom 14.03.2011 auf S. 2 zum Beweis der Behauptung, das Fahrzeug sei bei Übergabe mangelfrei gewesen, das Zeugnis des Zeugen L… anbietet, reicht ihr Vortrag nicht aus, um diesen Beweis mit diesem Beweismittel führen zu können. Sie trägt nicht vor, dass unmittelbar vor Übergabe der Ladestrom für die Batterie gemessen wurde und ausreichend war. Tatsächlich wäre das auch sehr ungewöhnlich. Daher kann der Zeuge L… nur bekunden, dass sich an dem Fahrzeug bei Übergabe keine schwache Batterieleistung gezeigt habe. Das kann als zutreffend unterstellt werden, weil sonst der Kläger sofort die schwache Batterieleistung moniert hätte. Dagegen ist es ohne weiteres möglich, dass sich die unzureichende Ladung der Batterie erst im Winter gezeigt hat, als die Batterie durch stromintensive Verbraucher wie die Sitzheizung wesentlich stärker belastet wurde als bei oder unmittelbar nach der Übergabe.

Eine Abweichung von der Vermutung des § 476 BGB zu Gunsten der Beklagten, indem es dem Kläger gemäß § 242 BGB verwehrt wird, sich hieraus zu berufen, ist nicht veranlasst. Die Mangelsymptomatik hat sich bereits vor dem Einbau des Marderschrecks gezeigt. Der Sachverständige W… hat nach dem Einbau des Marderschrecks mit der unzureichenden Ladung der Batterie eine Ursache für die Mangelsymptomatik festgestellt, die nichts mit dem Einbau des Marderschrecks zu tun hat. Vor diesem Hintergrund kann von einer Beweisvereitelung durch den Kläger, wie von der Beklagten im Schriftsatz vom 03.07.2014 in den Raum gestellt, nicht die Rede sein.

2.

Die Rückgabe des Fahrzeugs erfolgt gemäß § 348 BGB Zug-um-Zug gegen Rückzahlung des Kaufpreises abzüglich der gezogenen Nutzungen und der unfallbedingten Wertminderung gemäß § 346 Abs. 1 BGB zuzüglich der notwendigen Verwendungen gemäß § 347 Abs. 2 BGB, was 30.331,57 € ergibt.

a)

Der Kläger muss sich einen Nutzungsersatz auf Basis der bis zur letzten mündlichen Verhandlung vor dem Senat gefahrenen Kilometer von 16.323,81 € gemäß § 346 Abs. 1 i. V. m. § 347 Abs. 1 BGB anrechnen lassen.

Der Wertersatz kann für Nutzungen beweglicher Sachen im Wege der zeitanteiligen linearen Wertminderung ermittelt werden. Bei Kraftfahrzeugen ist bei der Berechnung auf gefahrene Kilometer abzustellen. Für Personenkraftwagen kann die Nutzungsentschädigung gemäß § 287 ZPO nach deren Gesamtlaufleistung für je 1.000 km auf 0,3 % bis 1,0 % des Anschaffungspreises geschätzt werden (Grüneberg in Palandt, BGB, 73 Aufl. 2014, § 346 Rn. 10).

Der übliche Ansatz von einem Nutzungsausgleich bei Kraftfahrzeugen von 0,67 % pro 1.000 gefahrene Kilometer vom Einkaufspreis ist bei dem qualitativ hochwertigen und neuen A… nicht angemessen. Dies würde auf eine prognostizierte Laufleistung von 150.000 km hinauslaufen. Ein neuer A… hat mindestens eine prognostizierte Laufleistung von 250.000 km, was der folgenden Berechnung zu Grunde gelegt wird. Daraus folgt, dass sich der Kläger pro 1.000 km gefahrene Kilometer 187,63 € Nutzungsersatz anrechnen lassen muss (Kaufpreis von 46.908,02 € : 250). Bei 87.000 km sind das 16.323,81 €.

b)

Der Kläger muss sich ferner den merkantilen Minderwert von 1.000,00 € aus zwei Verkehrsunfällen, in die das streitgegenständliche Fahrzeug verwickelt war, anrechnen lassen.

aa)

Der Kläger hat sich ausweislich des Protokolls vom 22.03.2011 (Bl. 49 f. d. A.) dahin eingelassen, im November 2008 sei ein anderer Mitarbeiter beim Ausparken gegen den A… gefahren. Es habe einen Streifvorgang im Bereich des Kotflügels vorne links und der Stoßstange gegeben. Er habe das Fahrzeug beim …-Service G… „Autohaus W…“ richten lassen. Die Rechnung habe ca. 1.600,00 € betragen. Eine Wertminderung sei ihm nicht angerechnet worden. Eine unterschiedliche Lackierung habe er nicht feststellen können. Da es sich um einen relativ unproblematischen Parkrempler gehandelt hat, ist eine Wertminderung von 200,00 € anzusetzen.

bb)

Wie sich aus den Bildern auf S. 6 des Gutachtens vom 16.07.2012 (Bl. 108 d. A.) ergibt, war durch den zweiten Unfall die linke vordere Seite einschließlich der Motorhaube und dem linken Scheinwerfer beschädigt worden. Die Beschädigung war so schwerwiegend, dass der Sachverständige R… das Fahrzeug als nicht mehr verkehrssicher angesehen hat. Das Fahrzeug wurde nach der Einlassung des Klägers in der mündlichen Verhandlung für ca. 4.200,00 € repariert. Auch wenn es sich bei dem A… heute um ein verhältnismäßig altes Auto handelt, ist ein merkantiler Minderwert von 800,00 € zu berücksichtigen, weil der Wagen als Unfallfahrzeug von vornherein weniger wert ist.

c)

Der Kläger hat Anspruch auf 749,36 € für notwendige Verwendungen gemäß § 347 Abs. 2 BGB. Diese sind ihm wegen § 348 BGB Zug-um-Zug gegen die Rückgabe des Fahrzeugs zuzusprechen (vgl. Gaier, Münchener Kommentar zum BGB, 6. Auflage 2012, § 347 Rn. 17).

Unter Verwendungen sind jedenfalls solche Vermögensaufwendungen zu verstehen, die der Sache zu Gute kommen, indem sie unmittelbar ihrer Erhaltung, Wiederherstellung oder Verbesserung dienen. Verwendungen sind notwendig, wenn sie zur Erhaltung oder ordnungsgemäßen Bewirtschaftung der Sache erforderlich sind und nicht nur Sonderzwecken des Herausgabeschuldners dienen. Maßgeblich ist, ob aus der Sicht des vorhandenen Zustands der Sache und deren Bewirtschaftung dem Rückgewährgläubiger Aufwendungen erspart werden, die er sonst hätte übernehmen müssen. Hieraus folgt umgekehrt aber auch, dass Ersatz für solche Verwendungen nicht geschuldet wird, ohne deren Vornahme der Rückgewährschuldner nach § 346 Abs. 2 Wertersatz zu leisten hätte. Keine notwendigen Verwendungen sind die reinen Betriebskosten, weil sie nicht der Erhaltung der Sache dienen (vgl. Gaier, Münchener Kommentar zum BGB, 6. Auflage 2012, § 347 Rn. 18-19).

aa)

Keine erstattungspflichtige Verwendung stellt der Einbau der Marderschutzanlage am 08.03.2006 dar, weil diese nicht für den Erhaltung, die Wiederherstellung oder Verbesserung des Fahrzeugs notwendig war. Ähnlich wie die Sachversicherungsprämie kommt sie dem Fahrzeug selbst nicht zu gute, sondern schützt den Kläger und sein Vermögen vor zusätzlichen Kosten aufgrund der Beschädigung durch Marder.

bb)

Die Kosten für Zulassungsgebühren und Nummernschild sowie die Abholung des Fahrzeugs hängen mit dem Betrieb des Fahrzeugs durch den Kläger zusammen und sind nicht wertmäßig beim Fahrzeug geblieben. Entsprechendes gilt für die am 08.05.2008 angeschafften neuen Reifen.

cc)

Dagegen sind die Kundendienstkosten vom 30.06.2009 in Höhe der geltend gemachten 169,51 € anzusetzen, weil die turnusmäßige Inspektion der Erhaltung des Fahrzeugs dient. Entsprechendes gilt für die geltend gemachten Kosten beim Austausch der Batterie von 72,44 € und die Kosten für die Beseitigung des „Rupfens der Kupplung“ im Januar 2008 von 507,41 €.

Die Kosten für die Beseitigung der Klappergeräuschen am Fahrzeug können nicht berücksichtig werden, weil diese im Zusammenhang mit einer bei der Beklagten in Auftrag gegebenen Unfallreparatur angefallen sind.

d)

Daraus ergibt sich folgende Rechnung:

Kaufpreis: 46.908,02 €

abzüglich Nutzungsersatz 16.323,81 €

abzüglich merkantiler Minderwert 1.000,00 €

Zwischensumme: 29.582,21 €

zzgl. notwendige Verwendungen 749,36 €

Summe: 30.331,57 €

4.

Dem Grundsatz nach hat der Kläger Anspruch gemäß § 346 Abs. 1 BGB auf eine Verzinsung des Kaufpreises durch die Beklagte, soweit diese entsprechende Erlöse, sei es durch Guthabenzinsen oder durch Tilgung von Kredit, erlangt haben sollte (vgl. Grüneberg in Palandt, BGB, 73. Aufl. 2014, § 346 Rn. 10). Dabei dürften aber auch die Anschaffungskosten der Beklagten zu berücksichtigen sein, da sie das Auto auch an einen anderen Käufer verkauft hätte, falls es der Kläger nicht erworben hätte. Insoweit ist der Auskunftsanspruch begründet.

5.

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286, 288 BGB. Auf dieser Basis besteht ein Anspruch auf die außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten von 665,81 € brutto auf der Grundlage eines Streitwerts bis 35.000,00 €.

III.

Im Hinblick auf die noch offenen Stufen der Stufenklage nach Auskunftserteilung bleibt die Kostenentscheidung dem Schlussurteil vorbehalten. Eine diesbezüglich Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landgericht Ravensburg kommt nicht in Betracht, weil vom Kläger kein entsprechender Antrag gestellt wurde, § 538 Abs. 2 Nr. 4 ZPO analog (vgl. BGH MDR 2009, 131). Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 709 S. 2 ZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 543 ZPO liegen nicht vor. Es handelt sich um die Entscheidung eines Einzelfalls auf der Grundlage der durchgeführten Beweiserhebung. Eine Abweichung von der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist nicht gegeben.

 

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