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Notwegerecht – Begründung durch langjährige Nutzung eines fremden Grundstücks

Oberlandesgericht Saarbrücken – Az.: 1 U 81/16 – Urteil vom 03.05.2017

1. Die Berufung der Beklagten gegen das am 14. Juni 2016 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken, 6 O 183/15, wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil sowie das angegriffene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% der auf Grund der Urteile vollstreckbaren Beträge abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

A.

Die Klägerin begehrt die Einräumung eines Notwegerechts.

Sie nimmt als gemeinsame Gesellschaft der Gemeinde K. und der Stadtwerke S. Beteiligungsgesellschaft mbH in der Gemeinde K. wesentliche Aufgaben der kommunalen Daseinsvorsorge, insbesondere die Trinkwasserversorgung, wahr. Die Beklagte ist Alleineigentümerin des Flurstücks XXX/X in A., welches sie im Jahr 1999 lastenfrei erworben hat. Über einen Weg, von dem die Beklagte behauptet, er reiche nicht über ihr Grundstück hinaus, erreicht diese unter Überfahren mehrerer Privatgrundstücke ihr Anwesen. Dieser Weg wurde durch eine ursprünglich im dortigen Außenbereich ansässige Munitionsfabrik errichtet und als Zuwegung genutzt. Den Weg, der durchgängig gut ausgebaut ist und über eine teils schadhafte, aber geschlossene Asphaltdecke verfügt, wollten auch Mitarbeiter der Klägerin nutzen, wobei die Beklagte mehrfach mit ihrem PKW auf dem asphaltierten Teil so parkte, dass ein Durchkommen nicht möglich war. Am 13. April 2015 und am 27. April 2015 kam es zu weiteren Behinderungen der Durchfahrt, weil die Beklagte den Weg durch einen Zaun versperrte.

Die Klägerin hat behauptet, Eigentümerin der Grundstücke – Gemarkung A., Flur X, Flurstücke XXX/XX, XX, XX und XXX/XX – zu sein, auf denen sich Trinkwasserversorgungsanlagen befänden. Um die Trinkwasserversorgung sicherstellen zu können, müssten die sich dort befindlichen Anlagenteile regelmäßig wöchentlich und in Notfällen jederzeit mit den technisch ausgerüsteten Einsatzfahrzeugen der Klägerin angefahren werden. Zudem sei eine bauliche Erneuerung der teilweise veralteten Anlagen vorgesehen. Der oben beschriebene Weg verlaufe teilweise über das Grundstück der Beklagten und stelle die einzige taugliche Zufahrtsmöglichkeit zu den technischen Anlagen der Klägerin dar. Er sei über Jahre hinweg zum Anfahren der klägerischen Grundstücke genutzt worden. Die Beklagte habe die Nutzung des Privatweges, der in einem Bebauungsplan gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 11 BauGB als Verkehrsfläche mit der Zweckbestimmung verkehrsberuhigter Bereich ausgewiesen sei, für jedermann über viele Jahre hinweg geduldet.

Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte verhalte sich durch die Weigerung das Befahren des Weges zu dulden treuwidrig, da sie selbst ihr Grundstück allein durch die Duldung der anderen Eigentümer, über deren Grundstücke der Privatweg verlaufe, erreichen könne.

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, die Nutzung ihres Grundstücks, Gemarkung A., Flur X, Flurstück XXX/XX (A., Im Bruch XX) zum Zwecke der Befahrung zum Wasserwerk auf dem Grundstück Gemarkung A., Flur X, Flurstück XXX/XX sowie zu den Trinkwasserquellen auf den Grundstücken, Gemarkung A., Flur X, Flurstücke XX, XX und XXX/XX zu dulden;

2. die Beklagte zu verurteilen, es zukünftig zu unterlassen, auf dem im hinteren Teil ihres Grundstücks, Gemarkung A., Flur X, Flurstück XXX/XX, verlaufenden Privatweges – ersichtlich aus der rot schraffierten Fläche in der Anlage K 1 – so zu parken, dass die Benutzung des Privatweges für andere Kraftfahrzeuge nicht mehr möglich ist;

3. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 1.242,84 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, die Klage sei bereits unzulässig, da die Klägerin ihren Notwegeanspruch gegenüber allen Eigentümern geltend machen müsse, über deren Grundstücke der Weg verlaufe. Sie hat behauptet, der Privatweg verlaufe nicht über ihr Grundstück, sondern führe nur an dieses heran. Der Klägerin stünden andere Möglichkeiten zur Verfügung, um auf ihre – vermeintlichen – Grundstücke zu gelangen. So könne diese die Gemeindestraße „… pp.“ (XXX/X) nutzen, Bei der hieran angrenzenden Parzelle XX/X handele es sich ebenfalls um eine Gemeindestraße. Soweit diese Straße mit Koppelzäunen versperrt sei, müsse sich die Klägerin an den Eigentümer W. wenden. Sie ist der Ansicht, im Rahmen einer Abwägung ergebe sich, dass die Klägerin den Eigentümer Herrn W. bezüglich des Notwegerechts in Anspruch nehmen müsse, da dieser hiervon weniger belastet werde.

Das Landgericht Saarbrücken hat im Termin vom 10. Dezember 2015 (Bl. 173 ff. d.A.) die Örtlichkeit in Augenschein genommen. Es hat weiter Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 5. Januar 2016 (Bl. 180 ff. d.A.), ergänzt durch Beschluss vom 16. Februar 2016 (Bl. 226 f. d.A.). Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 26. April 2016 (Bl. 257 ff. d.A.) Bezug genommen.

Mit am 14. Juni 2016 verkündetem Urteil (Bl. 277 ff. d.A.), auf dessen tatsächliche und rechtliche Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat das Landgericht Saarbrücken der Klage, bis auf einen teilweise späteren Zinsbeginn und unter Klarstellung des Begehrens im Tenor, stattgegeben. Der Klägerin stünde ein Anspruch auf Duldung des Befahrens des Grundstücks der Beklagten aufgrund eines bereits bestehenden Notwegerechts i.S.d. § 917 Abs. 1 BGB i.V.m. § 242 BGB zu.

Hiergegen hat die Beklagte Berufung eingelegt.

Die Beklagte wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und ist der Ansicht, die Voraussetzungen des § 917 BGB lägen nicht vor, da die Grundstücke der Klägerin über eine Gemeindestraße erreicht werden könnten. So habe auch die CDU-Fraktion im Gemeinderat K. den Bürgermeister per Beschlussantrag aufgefordert, die „augenscheinlich gegebene unerlaubte Beeinträchtigung gewidmeter Gemeindestraßen auf den Parzellen XX/X, XXX/X und XX/X zu überprüfen und ggf. Maßnehmen zu ergreifen, um diese Beeinträchtigung zu beheben.“ Soweit das Landgericht ausführe, der Klägerin sei nicht aufzugeben, auch gegen die anderen Eigentümer vorzugehen, gehe es von falschen, nicht haltbaren Voraussetzungen aus. Es sei auch unrichtig, dass auf den Grundstücken der Klägerin die Hauptleitung zum Gemeindebezirk B. angeschlossen sei und die angrenzenden Wohngebiete „… pp.“ und „… pp.“ versorgt würden.

Die Beklagte beantragt, unter Abänderung des am 14. Juni 2016 verkündeten Urteils des Landgerichts Saarbrücken – 6 O 183/15 – die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und ist der Ansicht, die Berufung sei unzulässig, da die Feststellungen zu dem seitens des Landgerichts Saarbrücken bejahten Anspruch nicht angegriffen seien.

Bezüglich der seitens der Beklagten angeführten Alternativwege fehle es an der Eigenschaft eines öffentlichen Weges; eine entsprechende Widmung liege nicht vor. Daher sei auch der erwähnte Antrag der CDU-Fraktion durch den Gemeinderat abgelehnt worden. Die Inanspruchnahme des Grundstücks der Beklagten sei zur ordnungsgemäßen Benutzung der Grundstücke der Klägerin notwendig.

Die Akten des Landgerichts Saarbrücken, 6 O 258/15, waren beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Hinsichtlich des Sachverhalts und des Parteivortrags im Einzelnen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Sitzungsniederschriften des Landgerichts Saarbrücken vom 10. Dezember 2015 (Bl. 173 ff. d.A.) und 26. April 2016 (Bl. 257 ff. d.A.) sowie diejenige des Senats vom 12. April 2017 (Bl. 361 ff. d.A.) Bezug genommen.

B.

Die Berufung ist zulässig (I.) jedoch unbegründet (II.).

I. Die Berufung der Beklagten ist statthaft, form- und fristgerecht eingelegt sowie ordnungsgemäß begründet worden und daher gemäß den §§ 511, 513, 517, 519, 520 ZPO zulässig.

Die Beklagte hat entgegen der Ansicht der Klägerin auch die das Urteil des Landgerichts Saarbrücken tragenden Feststellungen zu einem Anspruch aus §§ 917, 242 BGB angegriffen. So hat sie nochmals bestritten, die Klägerin nutze das Privatgrundstück der Beklagten seit Jahrzehnten (Bl. 311 d.A.). Ferner hat sie diesbezüglich vorgetragen, dass die in Rede stehenden Grundstücke der Klägerin jedenfalls in der Zeit von 1992 bis 2002 nicht angefahren werden mussten. Damit hat sie die Feststellungen, die der Begründung des Anspruchs zu Grunde lagen, hinreichend substantiiert angegriffen.

II. In der Sache hat das Rechtmittel keinen Erfolg.

Das angefochtene Urteil beruht weder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von § 546 ZPO noch rechtfertigen die von dem Senat nach § 529 ZPO zu Grunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung, § 513 ZPO.

Das Landgericht ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass der Klägerin ein Anspruch auf Duldung der Benutzung des Grundstücks der Beklagten zusteht.

1. Die Klage ist zulässig.

Ihr fehlt insbesondere nicht deshalb das Rechtsschutzbedürfnis, weil die Klägerin nicht alle Eigentümer, über deren Grundstück der Privatweg verläuft, auf Duldung i.S.d. § 917 Abs. 1 BGB in Anspruch genommen hat. Die Eigentümer mehrerer betroffener Grundstücke können einzeln in Anspruch genommen werden (vgl. Roth, in: Staudinger (2016) BGB, § 917, Rn. 33). Es spielt somit keine Rolle, ob sich die Klägerin, was die Beklagte in ihrer Berufungsbegründung ausführt, den anderen Eigentümern gegenüber auf ein Notwegerecht berufen hat. Zudem ist nicht ersichtlich, dass es gegenüber den anderen Eigentümern geboten wäre, gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen.

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2. Die Klage ist begründet. Zwar folgt der im angefochtenen Urteil tenorierte Anspruch entgegen der Ansicht des Landgerichts Saarbrücken nicht aus §§ 917, 242 BGB (a.). Jedoch hat die Klägerin gegen die Beklagte einen Anspruch auf Duldung der Benutzung von deren Grundstücks infolge eines zwischen den Parteien bestehenden Leihvertrages, § 598 BGB (b.). Die konkludente Kündigung dieses Vertrages durch die Beklagte ist treuwidrig, § 242 BGB (b.). Überdies liegen auch die Voraussetzungen des § 917 Abs. 1 BGB vor (c.).

a. Allein aus der bloßen Duldung des Betretens bzw. Befahrens eines Grundstücks folgt auch dann nicht die Begründung eines Wegerechts, wenn sie jahrelang erfolgt (vgl. Brückner, in Münchener Kommentar zum BGB, 7. Aufl. 2017, § 917 Rn. 60; wohl a.A. OLG Celle, Urteil vom 19. Februar 1999 – 4 U 127/98 – juris, Rn. 7; OLG Saarbrücken, Urteil vom 9. März 2004 – 7 U 289/03 – juris, Rn. 30 und 46). Sind die Voraussetzungen des § 917 BGB nicht gegeben, begründet eine stillschweigende Duldung der unentgeltlichen Zufahrt lediglich ein Leihverhältnis nach den §§ 598 ff. BGB (vgl. BGH, Urteil vom 18. Oktober 2013 – V ZR 278/12 -, NJW-RR 2014, S. 398, 399 f.; BGH, Urteil vom 12. Dezember 2008 – V ZR 106/07 -, NJW-RR 2009, S. 515, 516; Saarländisches Oberlandesgericht, Urteil vom 24. Juli 2002 – 1 U 81/02 -, NJW-RR 2002, S. 1385, juris, Rn. 8 f.; Roth, in: Staudinger (2016) BGB § 917, Rn. 14 und 41). Obgleich das Ergebnis in vielen Fällen zunächst vergleichbar ist, stellt es einen dogmatischen Unterschied dar, ob die Nutzungsberechtigung auf einem Notwegerecht i.S.v. § 917 Abs. 1 BGB oder einem Leihvertrag basiert. Dies gilt etwa hinsichtlich der Nutzungsdauer, welche in § 917 Abs. 1 BGB nur „bis zur Behebung des Mangels“ besteht sowie hinsichtlich der Entschädigung, § 917 Abs. 2 BGB.

b. Zwischen den Parteien besteht ein Leihvertrag, § 598 BGB, hinsichtlich der Nutzung des über das Grundstück der Beklagten verlaufenden Weges zwecks Erreichung der Anlagen der Klägerin auf deren Grundstück.

(1.) Das Landgericht Saarbrücken ging nach durchgeführter Beweisaufnahme davon aus, dass das Grundstück der Beklagten bereits seit den 1950er Jahren bis 2015 auch durch die Klägerin genutzt wurde. Hierdurch ist konkludent ein Leihvertrag zwischen den Parteien zustande gekommen, da die Beklagte die Benutzung ihres Grundstücks unentgeltlich gestattete (vgl. hierzu Saarländisches Oberlandesgericht, Urteil vom 24. Juli 2002 – 1 U 81/02 – NJW-RR 2002, S. 1385, juris, Rn. 8).

An die entsprechende Beweiswürdigung ist der Senat gebunden. Ein Berufungsgericht ist nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO grundsätzlich an die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen gebunden. Diese Bindung entfällt aber, wenn konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit entscheidungserheblicher Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Konkreter Anhaltspunkt in diesem Sinn ist jeder objektivierbare rechtliche oder tatsächliche Einwand gegen die erstinstanzlichen Feststellungen. Bloß subjektive Zweifel, lediglich abstrakte Erwägungen oder Vermutungen der Unrichtigkeit ohne greifbare Anhaltspunkte wollte der Gesetzgeber ausschließen. Konkrete Anhaltspunkte können sich aus gerichtsbekannten Tatsachen, aus dem Vortrag der Parteien oder aus dem angefochtenen Urteil selbst ergeben (vgl. BGH, Urteil vom 8. Juni 2004 – VI ZR 230/03 -, juris, Absatz-Nr. 16 mwN). Diese liegen hier nicht vor.

Die Zeugen R. und T. bekundeten nachvollziehbar zu ihren Fahrten zur Ablesung der Wasseruhr auf dem Grundstück der Klägerin. Das Landgericht hat die Angaben als glaubhaft und die Zeugen als glaubwürdig angesehen (UA Seite 10, B. 286 d.A.). Dass das Landgericht davon ausging, die Aussagen des Zeugen B. seien nicht geeignet, die Angaben der Beklagten zu stützen, ist nach obigem Maßstab ebenfalls nicht zu beanstanden. Er selbst konnte keine konkreten Angaben machen, sondern griff auf solche dritter Personen zurück. Aus der Aussage der Zeugin N. zog das Landgericht zutreffend den Schluss, dass diese gerade wöchentliche Fahrten von Mitarbeitern der Klägerin bestätigt habe.

Der in der Berufungsbegründung weiter angegebene Zeuge W. K., der bekunden soll, das klägerische Grundstück habe jedenfalls in der Zeit von 1992 bis 2002 nicht angefahren werden müssen (Bl. 311 d.A.), war nicht zu vernehmen. Es handelt sich insoweit um ein neues Verteidigungsmittel im Sinne des § 531 Abs. 2 ZPO. Das Vorliegen einer der dort genannten Gründe ist nicht ersichtlich; Vortrag hierzu fehlt.

Die Beklagte kann dem Vorliegen eines Leihvertrages auch nicht entgegenhalten, sie habe keine Kenntnis davon gehabt, dass Mitarbeiter der Klägerin mit Fahrzeugen über ihr Grundstück zu der Trinkwasserversorgungsanlage gelangten (so Bl. 362 d.A.). Zum einen ist dieses Vorbringen nicht überzeugend. Der Weg wurde, wie ausgeführt, von Mitarbeitern der Klägerin über Jahre hinweg genutzt, was der Beklagten nicht verborgen geblieben kann. Sie hat im hiesigen Verfahren (Schriftsatz vom 26. Oktober 2015, Bl. 117 d.A.) zur Nutzung der Grundstücke des Herrn W. vorgetragen. Über diese führe „ohnehin ganztägig reger landwirtschaftlicher Verkehr“. Wenn die Klägerin über eine derartige Nutzung Kenntnis hat, ist es nicht plausibel, dass ihr die Nutzung ihres eigenen Grundstücks, d.h. das Überfahren des Weges auch durch Mitarbeiter der Klägerin verborgen geblieben sein soll.

Zum anderen hat die Beklagte die Nutzung ihres Weges als Fahrtweg über Jahre geduldet. Der Weg war offen und stand jedermann zur Benutzung de facto frei. Gerade aufgrund der Zweckbestimmung dieses Weges, der sämtlichen Eigentümern als Durchfahrtsweg diente, ist in dieser Gestattung eine Offerte an jedermann zur öffentlichen Benutzung zu sehen (vgl. hierzu Reuter, in: Staudinger, BGB, 2013, Vorbemerkungen zu §§ 598 ff, Rn. 15). Es kommt somit nicht darauf an, ob die Beklagte gewusst hat, dass auch die Klägerin diesen Weg nutzt. In der klägerischen Benutzung liegt nach § 151 Satz 1 BGB die Annahme.

Es kommt auch nicht entscheidend darauf an, wie die Wasserversorgung im streitgegenständlichen Gebiet im Einzelnen erfolgt. Maßgebend ist, dass nach durchgeführter Beweisaufnahme feststeht, dass das klägerische Grundstück über den Weg, der teilweise über das Grundstück der Beklagten verläuft, tatsächlich zum Ablesen des Wasserzählers und damit verbunden dem Ausschluss eines Rohrbruchs angefahren wird und in letzterem (Not-)Fall angefahren werden muss.

(2.) Die Beklagte kann sich nicht auf eine Kündigung dieses Leihvertrages berufen; insoweit handelt sie unter Beachtung der besonderen Umstände des Einzelfalles treuwidrig, § 242 BGB.

(a.) Die Beklagte hat den Leihvertrag konkludent gekündigt.

Auch das durch bloße Duldung des Betretens bzw. Befahrens begründete Leihverhältnis kann, wie generell derartige Verträge, grundsätzlich ohne besonderen Grund gekündigt werden; diese Kündigung kann auch konkludent erfolgen, etwa durch eine Absperrung des Weges (vgl. Saarländisches Oberlandesgericht, Urteil vom 24. Juli 2002 – 1 U 81/02 -, NJW-RR 2002, S. 1385, juris, Rn. 8 f.; Roth, in: Staudinger (2016) BGB § 917, Rn. 14 und 41). Dies ist vorliegend der Fall. Die Beklagte hat bereits vorgerichtlich wenigstens dreimal die Durchfahrt durch Zuparken verhindert. Zudem ergibt sich aus dem beigezogenen Verfahren 6 O 258/15 des Landgerichts Saarbrücken, dass sie einen Zaun über den Weg errichtet hat (vgl. die dortigen Lichtbilder Bl. 8 ff. d.A.).

(b.) Aufgrund der besonderen Umstände des Falles ist die Berufung hierauf jedoch treuwidrig (vgl. hierzu OLG Celle, Urteil vom 19. Februar 1999 – 4 U 127/98 – juris, Rn. 7; OLG Saarbrücken, Urteil vom 9. März 2004 – 7 U 289/03 – juris, Rn. 30 und 46).

(aa.) Wer sich in bestimmter Weise verhält, muss sich hieran festhalten lassen, wenn das Verhalten geeignet ist, die Erwartung zu begründen, der Betreffende werde sich auch in Zukunft in Übereinstimmung hiermit verhalten. Ein solches „venire contra factum proprium“ ist grundsätzlich unbeachtlich, sofern für die andere Seite ein Vertrauenstatbestand geschaffen wurde oder der Widerspruch aus anderen Gründen als treuwidrig anzusehen ist. Das gilt unabhängig davon, ob die Rechtsposition gesetzlich oder – wie hier – vertraglich begründet wurde und welchen Inhalt sie jeweils hat. Vom Verbot des „venire contra factum proprium“ kann auch die Geltendmachung eines Kündigungsrechts erfasst sein (vgl. Pfeiffer in: jurisPK-BGB, 8. Aufl. 2017, § 242 BGB, Rn. 57).

(bb.) Diese Treuwidrigkeit folgt vorliegend zum einen daraus, dass die Beklagte selbst auf die Benutzung des streitgegenständlichen Weges angewiesen ist, um zu ihrem Grundstück zu gelangen. Auch sie überfährt dabei die Grundstücke anderer Eigentümer. Die Klägerin weist daher zutreffend darauf hin, dass sämtliche Grundstückseigentümer, über deren Anwesen dieser Weg geht, eine Art Schicksalsgemeinschaft bilden. Es stellt ein widersprüchliches Verhalten dar, wenn die Beklagte ihrerseits anderen Anrainern die Überfahrt untersagt.

(cc.) Zudem handelt es sich bei den Einrichtungen auf dem klägerischen Grundstück um solche der öffentlichen Daseinsvorsorge. Unabhängig davon, welche Anlagen sich dort genau befinden, dienen sie letztlich der ordnungsgemäßen Trinkwasserversorgung eines bestimmten Gebietes. Das Aufsuchen des Grundstücks zwecks wöchentlicher Kontrolle der Dichtheit der Leitungen liegt damit auch im öffentlichen Interesse. Gleiches gilt für das Anfahren in Notfällen, wenn etwa ein Rohrbruch festgestellt wurde und ggf. weitere Personen weiteres Material zur Schadensbehebung auf das Grundstück der Klägerin transportieren müssen.

(dd.) Die oben geschilderte jahrzehntelange Nutzung des Weges begründet auch das gebotene schutzwürdige Vertrauen der Klägerin in die Beibehaltung des Zustandes. Obgleich keine Grunddienstbarkeit bestellt wurde, durfte sie davon ausgehen, dass ihr die Nutzung in dem geschilderten beschränkten Umfang weiterhin gestattet werde. Hierbei ist auch zu beachten, dass der Weg, worauf die untere Bauaufsichtsbehörde abgestellt hat (vgl. Bl. 107 d.A.), in einem Bebauungsplan gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 11 BauGB als Verkehrsfläche ausgewiesen ist. Zudem wird er nicht stärker genutzt als bisher und ist der Weg von der eigentlichen Wohnbebauung auf dem Beklagtengrundstück abgegrenzt.

(ee.) Da die Nutzung durch die Klägerin auch seit Jahren in gleicher Form erfolgt, keine Intensivierung erfolgte und die Belastung der Beklagten nicht übermäßig ist, ist diese weiter zur Einräumung der Möglichkeit des Befahrens des Weges verpflichtet. Aus dem Tenor der angefochtenen Entscheidung ergibt sich hinreichend deutlich, dass dieses Recht nach vorstehender Entscheidung nur Mitarbeitern der Klägerin zusteht. Entgegen der Ansicht der Beklagten in der mündlichen Verhandlung folgt aus dem Urteil somit gerade nicht, das „jedermann“ (Bl. 363 d.A.) über ihr Grundstück fahren dürfe. Demgegenüber treffen die Klägerin jedoch keine Pflichten dahingehend, dass sie sicherstellen müsse, dass keine Dritte das Grundstück der Beklagten nutzen.

c. Selbst wenn man keinen Anspruch infolge eines Leihvertrages annimmt, folgt der Duldungsanspruch aus § 917 Abs. 1 BGB. Die Voraussetzungen für ein Notwegerecht liegen vor.

(1.) Der seitens des Landgerichts Saarbrücken „ggf.“ als erforderlich angesehenen Beweiserhebung mittels eines Sachverständigengutachtens zur Frage der Notwendigkeit des Notwegerechts zur ordnungsgemäßen Benutzung der klägerischen Grundstücke bedarf es nicht.

Die Anträge der Beklagten auf Einholung eines Sachverständigengutachtens bezogen sich auf andere Punkte. Im Schriftsatz vom 26. Oktober 2015 (Bl. 110 ff. d.A.) wird dessen Einholung bezüglich des – streitigen – Zustandes des klägerischen Grundstücks beantragt. Zu deren Klärung bedarf es keiner besonderen Sachkunde in Form eines Sachverständigen. Infolge der Inaugenscheinnahme der Grundstücke sowie der Zeugenvernehmungen stehen diese Umstände fest. Ferner wird die Einholung eines Sachverständigengutachtens bezüglich des Vortrages beantragt, wonach es sich bei der Parzelle 160/2 nicht um eine öffentliche Verkehrsfläche oder um eine Fläche handele, über die ein Privatweg verläuft (Bl. 115 d.A.) Gleiches gilt für die Beweisantritte im Schriftsatz vom 2. Februar 2016 (Bl. 187 ff. d.A.). Die Frage, wie eine Zählerablesung erfolgt, ob die behaupteten Kontrollen den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechen und wie die Wasserversorgung vor Ort gestaltet ist, ist zum einen nicht mittels Gutachten zu klären und zum anderen – worauf noch eingegangen wird – nicht entscheidungserheblich.

Bei der Frage der Notwendigkeit eines Notwegerechts i.S.d. § 917 Abs. 1 BGB handelt es sich um eine Rechtsfrage. Soweit solche zu klären sind, ist dies nicht Aufgabe des Sachverständigen (vgl. Greger in: Zöller, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 402 Rn. 1).

Daher besteht auch keine Notwendigkeit, von Amts wegen ein Gutachten einzuholen, § 144 Abs. 1 ZPO. Die zur Beurteilung der Voraussetzungen des § 917 Abs. 1 BGB notwendigen Tatsachen stehen aufgrund des erstinstanzlichen Verfahrens fest. Dabei war der Senat nicht gehalten, die Inaugenscheinnahme der Örtlichkeit zu wiederholen, da insoweit keine abweichenden Feststellungen getroffen wurden, sondern aus den Feststellungen lediglich der Schluss gezogen wird, dass die Voraussetzungen des § 917 Abs. 1 BGB vorliegen (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 12. Dezember 2008 – V ZR 106/07 -, NJW-RR 2009, S. 515).

(2.) Zutreffend ist das Landgericht Saarbrücken davon ausgegangen, dass die Klägerin Eigentümerin der Grundstücke ist, auf denen sich die Trinkwasserversorgungsanlagen befinden.

(3.) Der Klägerin steht ein Anspruch auf Duldung aus § 917 Abs. 1 BGB zu, da ihren Grundstücken die zur ordnungsgemäßen Benutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Wege fehlt.

(a.) Die gebotene „Notlage“ liegt vor, da die klägerischen Grundstücke nicht mit einem öffentlichen Weg verbunden sind (vgl. zur notwendigen „Insellage“ Brückner in: Münchener Kommentar zum BGB, 7. Aufl. 2017, § 917 Rn. 10).

(aa.) Der streitgegenständliche „Privatweg“ ist kein öffentlicher Weg in diesem Sinne. Welche Wege öffentlichen Charakter haben, richtet sich in erster Linie nach dem Landes(straßen)recht. Danach sind diejenigen Wege öffentlich, die ausdrücklich dem öffentlichen Verkehr gewidmet wurden (vgl. Brückner, a.a.O. Rn. 7). Die Verbindung zu einem Privatweg wird in § 917 nicht geschützt, es sei denn, dieser Weg ist als tatsächlich öffentlicher Weg anzusehen. Das ist der Fall, wenn zwar keine ausdrückliche Widmung vorliegt, der Weg aber von allen Beteiligten (Eigentümer, Straßenbaulastpflichtiger, Ordnungsbehörde) stillschweigend als zum allgemeinen Verkehr bestimmt angesehen wird. Die bloße Duldung allgemeinen öffentlichen Verkehrs durch den Eigentümer eines Privatweges genügt nicht (vgl. Brückner, a.a.O. Rn. 8).

Zwar ist der Privatweg wie klägerseits vorgetragen und seitens der Unteren Bauaufsichtsbehörde in einem Bescheid gegenüber der Beklagten vom 15. Oktober 2015 festgehalten (Bl. 107 d.A.) in einem qualifizierten Bebauungsplan als Verkehrsfläche ausgewiesen. Dies begründet vorliegend jedoch keinen öffentlichen Weg i.S.d. § 917 Abs. 1 BGB. Es liegen keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine Widmung i.S.d. § 6 Abs. 2, Abs. 6 StrG-Saarland vor. In der vorgelegten Bescheinigung (Bl. 86 d.A.; Anlage K 11) ist lediglich die Rede davon, dass der „Privatweg“ von allen übrigen Anliegern ständig als Zufahrt zu ihren Grundstücken genutzt werde. Dies stellt eine Bescheinigung zu einem Bauantrag dar, aus welcher sich nicht ergibt, dass alle o.g. Beteiligten die Fläche als zum allgemeinen Verkehr zählend ansehen. Allein aus der Tatsache, dass ein Weg jahrelang für den allgemeinen Verkehr benutzt wurde, lässt sich nicht der Schluss ziehen, dieser Weg sei auch rechtlich ein öffentlicher (vgl. OLG München, Urteil vom 11. Juni 1953 – 4 U 36/53 – NJW 1954, S. 1452, 1453; OLG Hamm, Urteil vom 11. November 1952 – 5 U 157/52 -, NJW 1953, S. 1519), wobei der hier in Rede stehende Weg in der Regel nur von Anwohnern zum Erreichen ihres Grundstücks befahren wird.

Zudem begründet die Ausweisung als Verkehrsfläche i.S.d. § 9 Abs. 1 Nr. 11 BauGB nicht automatisch die Einordnung als öffentlicher Weg. Zu den Verkehrsflächen zählen neben den öffentlichen Flächen auch private Flächen für den fließenden und ruhenden Straßenverkehr. Eine solche Differenzierung in öffentliche oder private Verkehrsflächen ist möglich, aber nicht zwingend erforderlich. Die Festsetzung privater Verkehrsflächen bedarf der besonderen Rechtfertigung. Dass sie regelmäßig nicht angebracht ist (vgl. hierzu und zum Vorstehenden Battis/Krautzberger/Löhr/Mitschang/Reidt BauGB, 13. Aufl. 2016, § 9 Rn. 58) ist vorliegend irrelevant. Es fehlt an Anhaltspunkten, dass eine öffentliche Verkehrsfläche festgesetzt wurde, bezüglich derer eine Widmung mit der Übergabe an den Verkehr angenommen werden kann (vgl. hierzu OLG Karlsruhe, Urteil vom 24. Januar 1996 – 6 U 167/95 –, juris, Rn. 20).

(bb.) Den klägerischen Grundstücken fehlt eine Anbindung an einen öffentlichen Weg.

Der Feldweg, Flurstück XX/X (s. Bl. 24 d.A.) gehört zwar der Gemeinde: Es fehlt aber an Anhaltspunkten dafür, dass dieser dem öffentlichen Verkehr gewidmet ist. Im Gegenteil folgt aus der klägerseits vorgelegten Sitzungsvorlage der Gemeinde K. vom 29. August 2016 (Bl. 342 ff. d.A.), dass nie eine Widmung zum öffentlichen Verkehr erfolgt sei. Zudem endet dieser Weg nach den Feststellungen des Landgerichts Saarbrücken im Termin vom 10. Dezember 2015 auf dem Hof des Herrn W., mithin auf Privatgelände (Bl. 177 d.A.).

(cc.) Selbst wenn man über Feldwege eine Verbindung zu einem öffentlichen Weg annimmt, steht dies vorliegend der Bejahung eines Anspruchs aus § 917 Abs. 1 BGB nicht entgegen, da ein Notwegerecht auch dann in Betracht kommt, wenn zwar eine Verbindung vorhanden ist, diese für die ordnungsgemäße Benutzung des Grundstücks aber nicht ausreicht (vgl. BGH, Urteil vom 12. Dezember 2008 – V ZR 106/07 -, NJW-RR 2009, S. 515, 517). Die ordnungsgemäße Benutzung des notleidenden Grundstücks bestimmt sich nach objektiven Gesichtspunkten. Maßgebend ist die danach angemessene, den wirtschaftlichen Verhältnissen des Grundstücks entsprechende Nutzung. Eine nur einem persönlichen Bedürfnis des Eigentümers entsprechende oder eine nur provisorische Nutzung gibt daher keinen Anspruch auf einen Notweg nach § 917 BGB (vgl. BGH, Urteil vom 18. Oktober 2013 – V ZR 278/12 -, NJW-RR 2014, S. 398). Der Geeignetheit eines vorhandenen Weges, einen so beschaffenen Zugang zum Grundstück zu ermöglichen, können Hindernisse entgegenstehen, die sowohl in der tatsächlichen Beschaffenheit des Verbindungsweges als auch auf rechtlichem Gebiet, z.B. in einer öffentlich-rechtlichen Widmungsbeschränkung liegen können (vgl. Brückner, in: Münchener Kommentar zum BGB, 7. Aufl. 2017, § 917 Rn. 11).

Die Beschaffenheit anderer Wege ermöglicht keine ordnungsgemäße Nutzung des klägerischen Grundstücks.

Der „Feldweg“, Flurstück XX/X, ist, wie sich schon aus der Luftbildaufnahme Bl. 15 d.A. ergibt, mit einem Baumbestand versehen, so dass das klägerische Grundstück hierüber nicht mit Kraftfahrzeugen erreicht werden. Dessen bedarf es aber zumindest bei einem Notfall um schnell vor Ort zu sein und etwaige Gerätschaften zu transportieren. Auch im Antrag der CDU-Fraktion im Gemeinderat K. vom 16. Juli 2016 (Bl. 314 d.A.) ist davon die Rede, dass „diese Gemeindestraßen“ auf verschiedene Weise durch Privatpersonen „unbrauchbar“ gemacht worden seien. Damit übereinstimmend hat das Landgericht Saarbrücken im Ortstermin vom 10. Dezember 2015 festgestellt, dass die Bepflasterung wenige Meter hinter einem Bauzaun in einer Grünfläche ende (Bl. 177 d.A.). Den Weg hat das Landgericht als „Braschenweg“ bezeichnet (Bl. 177 d.A.).

Gleiches gilt für den anderen Feldweg, Flurstück XX/X (Bl. 24 d.A.). Im Rahmen der Ortsbegehung hat das Landgericht Saarbrücken festgestellt, dass der anfängliche Schotterweg in Höhe einer Baumansammlung in eine Grasfläche übergeht, die ebenso wie der Weg dorthin von eingezäunten Pferdekoppeln verläuft (Bl. 176 d.A.). Hiernach kann auch dieser Weg nicht mit Kraftfahrzeugen, insbesondere nicht jahreszeitunabhängig befahren werden.

(b.) Der begehrte Notweg stellte auch eine notwendige Verbindung dar.

(aa.) Ein Notwegrecht ist nicht gegeben, wenn die Zugangslosigkeit des Grundstücks anderweitig behoben werden kann. An das Vorliegen einer Notlage sind wegen des damit verbundenen Eingriffs in das Nachbareigentum strenge Anforderungen zu stellen. Von einer anderweitigen Verbindungsmöglichkeit muss der Grundstückseigentümer auch dann Gebrauch machen, wenn sie umständlicher, weniger bequem oder kostspieliger ist als ein Notweg über das Nachbargrundstück. Außer Betracht bleiben nur solche Verbindungen, die so hohe Aufwendungen oder Erschwernisse mit sich bringen, dass die Wirtschaftlichkeit der Grundstücksnutzung in unzumutbarer Weise beeinträchtigt würde. Für die Zumutbarkeit kommt es darauf an, wie sich die entstehenden Kosten zu dem Gesamtertrag des Grundstücks, nicht wie sie sich zu den Kosten eines Notwegs verhalten. Zu berücksichtigen sind alle Umstände des Einzelfalls (vgl. Brückner, a.a.O. § 917 Rn. 12). Auch das Erfordernis der Notwendigkeit der Verbindung soll das Ausschließungsinteresse des Nachbareigentümers gewährleisten. Angesichts der Schwere des Eingriffs, den ein Notweg für das Nachbareigentum mit sich bringt, sind strenge Anforderungen zu stellen. Allein aus Gründen der Bequemlichkeit oder Zweckmäßigkeit ist die Belastung des Nachbargrundstücks nicht gerechtfertigt (vgl. Brückner, a.a.O. § 917 Rn. 28).

(bb.) Da die Klägerin, wie aufgezeigt, keine Möglichkeit hat, in geeigneter Weise ihre Grundstücke mit den nötigen Kraftfahrzeugen in anderer Weise anzufahren, ist die Nutzung des Grundstücks der Beklagten notwendig. Da es sich bei den wöchentlichen Kontrollfahrten letztlich um die Wahrnehmung von Aufgaben der Daseinsvorsorge handelt, die vor allem in Notfällen eine schnelle Erreichbarkeit gebietet, würde die Grundstücksnutzung in unzumutbarer Weise beeinträchtigt, würde man die Klägerin auf andere – nach Vorstehendem ohnehin nicht realistisch befahrbare – Wegemöglichkeiten verweisen.

(c.) Die Klägerin ist auch nicht gehalten, einen Notweg über die Flurstücke XX/X und XXX/X, wobei der Feldweg auf dem Grundstück von Herrn W. endet, diesem gegenüber geltend zu machen.

(aa.) Kommen mehrere Grundstücke zur Inanspruchnahme mittels eines Notwegerechts in Betracht, sind zum einen historisch gewachsene lokale Gegebenheiten dahingehend zu beachten, dass auf frühere Wegeverhältnisse Rücksicht zu nehmen ist. Dessen ungeachtet richtet sich das Notwegerecht grundsätzlich gegen den Nachbarn, für den die Duldungspflicht die geringste Belastung mit sich bringt. Dies erfolgt unter Abwägung sowohl der Art des einzuräumenden Notweges, als auch der Beschaffenheit und Benutzungsart des zu belastenden Grundstücks. Hierbei sind nur objektive Gesichtspunkte heranzuziehen (vgl. Brückner, a.a.O. § 917 Rn. 33 f.).

(bb.) Hiernach durfte die Klägerin ihren Anspruch gegen die Beklagte geltend machen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der streitgegenständliche Weg wie ausgeführt schon seit längerem als Durchfahrtsweg genutzt wird, in vorgenanntem Sinne somit historisch gewachsen ist. Wie sich aus den Lichtbildern im einstweiligen Verfügungsverfahren (dort Bl. 8 ff. d.A.) ergibt, verläuft der Weg am Rande des Grundstücks der Beklagten und ist durch Hecken bzw. Sträucher von der Wohnbebauung abgegrenzt. Dies mindert die Beeinträchtigung der Beklagten.

d. Aufgrund vorgenannter Pflichten aus § 598 BGB bzw. aus § 917 Abs. 1 BGB ist die Beklagte gemäß § 1004 BGB auch gehalten der Klägerin bzw. deren Mitarbeitern die Zufahrt zu deren Grundstücken zu ermöglichen und ein dem entgegenstehendes Parken zu unterlassen.

e. Hinsichtlich der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten besteht ein Anspruch aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB. Auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts Saarbrücken (UA Seite 11 f.; Bl. 287 f. d.A.) wird insoweit sowie bezüglich der Zinsenentscheidung Bezug genommen.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind.

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