Oberlandesgericht Köln
Az: 2 U 19/05
Urteil vom 05.10.2005
Die Berufung des Klägers gegen das am 26. Januar 2005 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Aachen – 12 O 337/04 – wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe:
(Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 ZPO).
I.
Der Kläger ist der einzige (nichteheliche) Sohn des am 21. März 1930 geborenen und am 9. Oktober 2003 verstorbenen Erblassers F I H, die Beklagte ist dessen (zweite) Ehefrau und testamentarische Alleinerbin. Mit der Klage nimmt der Kläger die Beklagte im Wege der Teilklage wegen einer Forderung in Höhe von 26.791,69 EUR nebst Zinsen auf Duldung der Zwangsvollstreckung in ein der Beklagten mit notariellem Vertrag vom 3. August 1995 vom Erblasser übertragenes Grundstück, nämlich das im Grundbuch von Aachen, Blatt xxxx, verzeichnete Grundstück der Gemarkung B, Flur ###, Flurstück 261 in Anspruch. Der Erblasser hatte dieses mit einem Mehrfamilienhaus bebaute Grundstück gemäß einem hiermit wegen seiner Einzelheiten in Bezug genommenen notariellen Vertrag vom 3. August 1995 (Kopie Bl. 31 ff. d.A.) zu Eigentum übertragen, und zwar, wie es in § 2 Abs. 1 dieses Vertrages heißt, „im Wege der Schenkung“, also ohne jegliche Gegenleistung von Seiten des Erwerbers.“ Jedoch behielt sich der Erblasser den Nießbrauch an dem übertragenen Grundstück sowie das Recht vor, die Übertragung des Grundstücks unter bestimmten Voraussetzungen zu widerrufen.
Durch einen weiteren, hiermit gleichfalls in Bezug genommenen notariellen Vertrag vom 5. Juni 1996 (Kopie Bl. 43 ff. d.A.) änderten der Erblasser und die Beklagte den Vertrag vom 3. August 1995 dahin ab, dass der Nießbrauch und das Widerrufsrecht zu Gunsten des Erblassers entfielen und sich die Beklagte unter § 2 Abs. 3 des Vertrages vom 5. Juni 1996 „als Gegenleistung für die bereits vollzogene Eigentumsübertragung des vorgenannten Grundbesitzes und für die Aufgabe des Nießbrauchsrechts durch Herrn F H und dessen Verzicht auf den Rückübereignungsanspruch“ gegenüber dem Erblasser zu bestimmten, im folgenden unter § 2 Abs. 3 lit. a), aa – gg, lit. b) und lit. c) des Vertrages bezeichneten Leistungen, darunter zu einer sofort fälligen Zahlung von DM 70.000,00 und zur Zahlung einer monatlichen Rente von jeweils DM 1.700,00 für die Zeit von Juli 1996 bis Juni 2003 und von DM 1.200,00 für die Folgezeit bis zum Tode des Erblassers verpflichtete.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, wegen der gemäß Vertrag vom 3. August 1995 schenkweise erfolgten Übertragung des Grundstücks habe er, der Kläger, mit dem Tod des Erblassers einen Anspruch gegen die Beklagte auf Pflichtteilsergänzung erlangt. Der Vertrag vom 5. Juni 1996 habe der Verschleierung der Schenkung gedient.
Der Kläger, der nach den Feststellungen im Tatbestand des angefochtenen Urteils des Landgerichts Aachen vom 26. Januar 2005 im ersten Rechtszug eingeräumt hat, dass die Beklagte die im Vertrag vom 5. Juni 1996 übernommenen Verpflichtungen erfüllt hat, hat vor dem Landgericht im Wege der Teilklage beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, wegen einer Forderung in Höhe von EUR 26.791,69 nebst 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit die Zwangsvollstreckung in das im Grundbuch von Aachen, Blatt xxxx, Gemarkung B, Flur ###, Nr. 261 Gebäude- und Freifläche, K-Straße 50, groß 2,03 ar, eingetragene Grundstück zu Gunsten des Klägers zu dulden.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
Sie hat vorgetragen, der Nachlass sei überschuldet gewesen. Die Übertragung sei keine Schenkung gewesen. Notar A, der den Vertrag vom 5. Juni 1996 beurkundet hat, sei angewiesen gewesen, den Vertrag als entgeltliches Geschäft zu beurkunden. Dem sei durch die vereinbarte Höhe der Rentenbeträge Rechnung getragen worden.
Wegen aller weiteren Einzelheiten des dem Klagebegehren zu Grunde liegenden Sachverhalts und des Vorbringens der Parteien im ersten Rechtszug wird auf den Tatbestand des angefochtenen, am 26. Januar 2005 verkündeten Urteils (Bl. 132 ff. d.A.) des Landgerichts Aachen – in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses des Landgerichts vom 17. Februar 2005 (Bl. 152 d.A.) – einschließlich seiner Inbezugnahmen und Verweisungen Bezug genommen.
Durch das genannte Urteil hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Dem Kläger stehe kein Anspruch auf Pflichtteilsergänzung gemäß den §§ 2325, 2329 BGB zu, weil die Übertragung des Hausgrundstücks auf die Beklagte keine Schenkung darstelle. Für die Beurteilung maßgeblich sei nicht der Vertrag vom 3. August 1995, sondern jener vom 5. Juni 1996. Durch ihn sei der Vertrag vom 3. August 1995 aufgehoben worden und an die Stelle der zuvor vereinbarten Schenkung eine entgeltliche Regelung getreten. Hiernach stelle die Übertragung des Grundstücks vom Erblasser auf die Beklagte keine Schenkung im Sinne der §§ 2325, 2329 BGB dar. Eine Schenkung, bei der ein Vermögensgegenstand ohne Gegenleistung übertragen werde, liege nicht vor, weil der Erblasser und die Beklagte unstreitig eine Gegenleistung durch Übernahme von Schulden, Zahlung eines Einmalbetrages von 70.000 DM sowie Rentenzahlungen vereinbart hätten. Von einer gemischten Schenkung könne ebenfalls nicht ausgegangen werden, weil ein auffallend grobes Missverhältnis der – nach dem Grundsatz der Parteiautonomie grundsätzlich von den Vertragsparteien zu bestimmenden – Leistung und Gegenleistung nicht vorliege. Die Grundstückübertragung sei mangels hervorgetretener Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit des der Bewertung durch die Vertragsparteien zugrunde gelegten Gutachtens (der „Wertschätzung“ des Architekten N vom 11. März 1996) und mangels substantiierter Angriffe des Klägers gegen dieses Gutachten ohne Beweisaufnahme mit 443.000 DM zu bewerten. Die Gegenleistungen seien mit insgesamt 366.600 DM zu bemessen: 23.000 DM für die Übernahme des Darlehens, 70.000 DM für die vereinbarte Einmalzahlung, 142.800 DM für die bereits gezahlte Rente vom 1. Juli 1996 bis zum 30. Juni 2003 und 100.800 DM für die Rente für weitere 7 (bei der Zahl „6“ im Urteil handelt es sich – wie sich aus dem Zusammenhang und der Berechnung ergibt – um einen offensichtlichen Schreibfehler) Jahre, die der Lebenserwartung des Erblassers nach der vom Kläger vorgelegten Sterbetafel 1994/1996 entsprachen. Auch unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der unbenannten Zuwendung könne die Klage unter anderem deshalb keinen Erfolg haben, weil die Parteien für die Grundstücksübertragung eine angemessene Gegenleistung vereinbart hätten.
Gegen dieses ihm am 27. Januar 2005 zugestellte Urteil wendet sich der Kläger mit der am 17. Februar 2005 eingelegten und – nach Verlängerung der Berufungsfrist um einen Monat – am 27.04.2005 begründeten Berufung, mit der er im Wesentlichen geltend macht: Die Grundstücksübertragung sei schon deshalb als Schenkung anzusehen, weil sie auf dem Vertrag vom 03.08.1995 beruhe und dementsprechend vollzogen worden sei. Die vollzogene Eigentumsübertragung sei nicht aufgehoben worden. Etwas, das bereits übertragen sei, könne aber nicht abgekauft werden. Der Wert des Grundstücks habe mindestens, wie im ersten Vertrag angegeben, 450.000 DM, betragen; er habe noch um 100.000 DM höher gelegen. Über den Grundstückswert hätte das Landgericht Beweis erheben müssen. Die Behauptung der Beklagten, sie habe die vereinbarten Gegenleistungen erbracht, „bleibe bestritten“. Das Landgericht habe zwar gemeint, die Zahlungen seien eingeräumt. Dass tatsächlich bezahlt worden sei, sei aber nicht eingeräumt gewesen. Anstelle des vom Landgericht ermittelten Wertes der Rentenverpflichtung sei für die vom Landgericht zugrunde gelegten 14 Jahre der Wert von jährlich 11.000 DM (insgesamt 154.000 DM) anzusetzen, auf den die Vertragsparteien im Vertrag vom 3. August 1995 den Jahreswert des Nießbrauchsrechtes geschätzt haben. Die von der Beklagten übernommenen Zahlungspflichten hätten dem entsprochen, was die Beklagte zusätzlich an Miete kassiert habe. Durch die Gestaltung habe das Pflichtteilsrecht des Klägers umgangen werden sollen. Das ergebe sich auch aus dem Vortrag der Beklagten, dem Notar sei seinerzeit ausdrücklich aufgegeben worden, ein entgeltliches Geschäft, keine Schenkung zu beurkunden; deshalb seien die Rentenbeträge so hoch angesetzt worden.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des Landgerichtsurteils nach seinen erstinstanzlichen Schlussanträgen zu erkennen,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und trägt ergänzend unter anderem vor: Grund für die vertragliche Regelung vom 5. Juni 1996 sei nicht die Absicht gewesen, den Kläger zu benachteiligen, sondern die Tatsache, dass es in der Ehe gekriselt habe. Mit diesem Vertrag habe, wie sich aus dem Vertragstext ergebe, der Vertrag vom 3. August 1995 aufgehoben und abgeändert werden sollen. Dass die bereits vollzogene Schenkung nicht rückgängig gemacht worden sei, sei selbstverständlich. Es wäre geradezu unsinnig und wirtschaftlich nicht vertretbar gewesen, erst festzustellen, dass die Übertragung rückgängig gemacht würde, um sie dann wieder vorzunehmen. Den Mieteinnahmen der Beklagten hätten die von ihr zu tragenden Kosten (laufende Betriebskosten und Reparatur) gegenüber gestanden. Die Beklagte überreicht ferner weitere Unterlagen zum Beleg der von ihr geleisteten Zahlungen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze und vorgelegten Unterlagen Bezug genommen.
II.
1. Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
Das Landgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung den vom Kläger geltend gemachten Pflichtteilsergänzungsanspruch aus § 2329 BGB mit der Begründung verneint, dass die Übertragung des Grundstücks K-Straße 50 von dem Erblasser auf die Beklagte nicht als Schenkung im Sinne der §§ 2325, 2329 BGB zu qualifizieren ist.
a) Es hat seiner Beurteilung dabei zu Recht nicht allein den vom Erblasser und der Beklagten am 3. August 1995 geschlossenen Vertrag, sondern auch den von beiden am 5. Juni 1996 geschlossenen Änderungsvertrag zugrunde gelegt und die in letzterem vereinbarten Gegenleistungen der Beklagten berücksichtigt.
Mit Vertrag vom 3. August 1995 hat der Erblasser der Beklagten allerdings das Grundstück ausdrücklich „im Wege der Schenkung, .. ohne jegliche Gegenleistung“, übertragen, wobei er sich auf Lebenszeit den Nießbrauch und den Widerruf der Grundstücksübertragung in bestimmten im Einzelnen aufgeführten Fällen, vorbehalten hat. Diese Vereinbarung kann nur als Schenkung im Sinne der §§ 2325, 2329 BGB des über den Nießbrauchswert hinausreichenden Grundstückswerts verstanden werden. Mit Vertrag vom 5. Juni 1996, in dem der Erblasser und die Beklagte den Nießbrauch und das vorbehaltene Widerrufsrecht aufgehoben haben, haben der Erblasser und die Beklagte jedoch den Vertrag vom 3. August 1995 geändert, indem sie Gegenleistungen der Beklagten vereinbart haben, die nach dem ausdrücklichen Wortlaut des Vertrages „für die bereits vollzogene Eigentumsübertragung des .. Grundbesitzes und für die Aufgabe des Nießbrauchsrechtes durch … (den Erblasser) und dessen Verzicht auf den Rückübereignungsanspruch“ erbracht werden sollten. Sie haben damit die im Vertrag vom 5. Juni 1996 vereinbarten Gegenleistungen mit der Grundstücksübertragung verknüpft mit der Folge, dass diese Gegenleistungen bei der Beurteilung der Frage, ob es sich bei der Grundstücksübertragung um eine (ggf. gemischte) Schenkung im Sinne der §§ 2325, 2329 BGB handelt, zu berücksichtigen sind.
Dem kann der Kläger nach der Auffassung des Senats nicht mit Erfolg entgegen halten, dass die Grundstücksübertragung entsprechend dem Vertrag vom 3. August 1995 bereits vollzogen worden und im Zeitpunkt ihrer Vornahme von einer Gegenleistung nicht abhängig war. Darauf hat der Senat bei der Erörterung der Sach- und Rechtslage in dem Verhandlungstermin am 10. August 2005 hingewiesen.
Die Stellungnahmen, die sich in Rechtsprechung und Literatur zu der Frage finden, ob ein unentgeltliches Geschäft nachträglich in ein entgeltliches umgewandelt werden kann, bieten allerdings kein einheitliches Bild:
Das Reichsgericht hat in Fällen, in denen Pflegeleistungen zunächst unentgeltlich erbracht worden sind und der Gepflegte dem Pflegenden später eine Vergütung für die geleistete Pflege versprochen und gewährt hat, entschieden, es handele sich bei dieser nachträglichen Abmachung der Parteien nicht um eine Schenkung. Es möge zwar zweifelhaft erscheinen, ob die Parteiherrschaft so weit reichen könnte, um einer zunächst in unbedingter Weise als unentgeltlich übernommenen und ausgeführten Geschäftsbesorgung hinterher, solange die beiderseitigen Leistungen noch nicht endgültig abgewickelt seien, die Natur eines entgeltlichen Geschäfts zu verleihen. Aber immerhin sei für den Charakter des Rechtsgeschäfts nicht bloß die objektive Sachlage, sondern auch der erklärte Wille der Parteien von maßgebender Bedeutung (RGZ 72, 188, 191). Das Reichsgericht hat seine Entscheidung aber im konkreten Fall darüber hinaus damit begründet, dass die erbrachten Dienste lediglich um der persönlichen Beziehungen unentgeltlich erbracht worden seien, diese Voraussetzungen aber nachher weggefallen seien (RGZ aaO S. 192). In späteren Entscheidungen (RGZ 75, 325, 327 und 94, 157, 159) hat es – unter Bezugnahme auf die letztgenannte Stelle (RGZ 72, 188, 192) – ausgeführt, sogar für ursprünglich nach beiderseitiger Absicht unentgeltlich geleistete Dienste könne nachträglich Entgeltlichkeit mit rückwärts greifender Wirkung ausgemacht werden. Noch weniger zu bezweifeln sei die zurückgreifende Wirkung einer nachträglichen Erhöhung des ursprünglichen, bereits bezahlten Lohnes für schon geleistete Dienste (RGZ 75, 325, 327). So hat auch der Bundesgerichtshof – ausdrücklich auch für Geschäfte unter Eheleuten – entschieden und dies unter Bezugnahme auf die Reichsgerichtsrechtsprechung als seit langem feststehende Rechtsprechung bezeichnet (BGH FamRZ 1989, 732, 733 = NJW-RR 1989, 706). Er ist ferner – wie er selber ausführt (BGH aaO) – darüber hinausgegangen, indem er zugelassen hat, einem Schenker vertraglich das Recht einzuräumen, das zunächst unentgeltliche Geschäft durch einseitige Erklärung nachträglich in ein voll entgeltliches umzugestalten, dies sogar durch Verfügung von Todes wegen (BGH aaO und FamRZ 1985, 696, 697 = NJW-RR 1986, 164, 165). Der Bundesfinanzhof hat allerdings im Zusammenhang mit der Frage, ob eine Verfügung unentgeltlich im Sinne des § 3 AnfG ist, die Auffassung vertreten, Eheleute könnten nicht durch eine nachträgliche Vereinbarung die unentgeltliche Zuwendung in eine entgeltliche Verfügung umwandeln (BFHE 149, 204 ff.). Das Oberlandesgericht Frankfurt (FamRZ 1981, 778 f.) hat in einer Entscheidung aus dem Jahr 1981 ausgeführt, nachträgliche Gegenleistungen des Beschenkten könnten die Unentgeltlichkeit der Zuwendung nicht tangieren. Das Oberlandesgericht Hamm (NJW-RR 1995, 567, 568) hat 1994 ausgeführt: „Allerdings kann eine die Unentgeltlichkeit ausschließende Verknüpfung der Zuwendung mit einer Gegenleistung im Einzelfall dadurch erfolgen, dass nachträglich eine Vergütung für eine Leistung gewährt wird, die ursprünglich ohne Anspruch auf dieses Entgelt erbracht worden ist. Es ist jedoch nicht möglich, Leistungen, die in der Vergangenheit unentgeltlich erbracht worden sind, durch nachträgliche Vereinbarung zu entgeltlichen zu machen. …“. Das Oberlandesgericht Düsseldorf (NJW-RR 2001, 1518, 1519) hat im Jahr 2001 die Auffassung vertreten, Leistungen, die abgeschlossen als unentgeltlich in der Vergangenheit vorgenommen worden seien, könnten nicht durch nachträgliche Vereinbarung das Moment der Entgeltlichkeit erhalten. Wenn bei der Erbringung einer Leistung kein Entgelt vereinbart gewesen sei, so könne es durch die spätere Einigung der Parteien nicht nachträglich als entgeltliches Geschäft behandelt werden. In der Kommentarliteratur ist die Frage, ob eine zunächst unentgeltlich erbrachte Leistung durch nachträgliche Vereinbarung entgeltlich werden kann, umstritten (verneinend Staudinger/Cremer, BGB 13. Bearb. § 516 Rdn. 30; mit Einschränkungen bejahend MünchKomm/Kollhosser, BGB 4. Aufl. § 516 Rdn. 21).
Der Senat vermag den angeführten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs, insbesondere jener vom 15. März 1989 (BGH FamRZ 1989, 732, 733 = NJW-RR 1989, 706 f.) zwar nicht zu entnehmen, dass die genannte Frage höchstrichterlich bereits abschließend geklärt ist. Es heißt dort zwar, die höchstrichterliche Rechtsprechung zu der Frage, ob eine vertraglich vereinbarte Gegenleistung nachträglich erhöht werden könne, stehe seit langem fest. Diese Frage ist aber mit der hier zu entscheidenden nicht identisch. Das hat auch das Reichsgericht so gesehen, das gemeint hat, „noch zweifelloser“ als die dort zu entscheidende Frage sei die zurückgreifende Wirkung einer nachträglichen Erhöhung des ursprünglichen, bereits bezahlten Lohnes für schon geleistete Dienste (RGZ 75, 325, 327). Das Reichsgericht selbst hat sich zu der Frage, ob eine ursprünglich unentgeltliche Leistung durch Vereinbarung in eine entgeltliche Leistung umgewandelt werden könne, zwar geäußert. Diese Fälle lagen aber zum Einen vom Sachverhalt etwas anders – es ging um die nachträgliche Entlohnung von Dienstleistungen -, zum anderen hat das Reichsgericht zusätzlich darauf abgestellt, dass die Voraussetzungen, unter denen die Leistungen unentgeltlich erbracht worden sind, später weggefallen sind. Dem Umstand, dass dem Schenker nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vertraglich das Recht vorbehalten werden kann, das zunächst unentgeltliche Geschäft durch einseitige Erklärung nachträglich in ein voll entgeltliches umzugestalten (BGH aaO und FamRZ 1985, 696, 697 = NJW-RR 1986, 164, 165), lässt sich für eine Klärung der vorliegend zu entscheidenden Frage nichts entnehmen, weil es hier darum geht, ob auch eine vorbehaltlos unentgeltlich vereinbarte und durchgeführte Leistung später zu einer entgeltlichen werden kann.
Aus Sicht des Senats spricht die Argumentation des Bundesgerichtshofs in diesen Entscheidungen jedoch dafür, die nachträgliche Umwandelung des unentgeltlichen Geschäfts in ein entgeltliches zumindest mit der Folge zuzulassen, dass die ursprünglichen Vereinbarungen für die Beurteilung, ob eine Schenkung im Sinne der §§ 2325, 2329 BGB vorliegt, nicht mehr maßgeblich sind. Entscheidend ist hierfür der Gesichtspunkt der Vertragsfreiheit. Sie ermöglicht es, eine causa für eine Leistung/ein dingliches Rechtsgeschäft – als Rechtsgrund auch für das „Behaltendürfen“ der Leistung – nachträglich durch eine andere zu ersetzen. Wenn eine nachträgliche Erhöhung der Gegenleistung möglich ist (das hat der Bundesgerichtshof, wie ausgeführt, ausdrücklich entschieden), dann muss auch die nachträgliche erstmalige Vereinbarung der Gegenleistung möglich sein, zumal das wirtschaftliche Ergebnis in einem Fall wie dem vorliegenden über einen Umweg – Rückschenkung und erneute Übertragung, diesmal gegen Gegenleistung – auch anders zu erreichen wäre. Vielmehr wäre es eine bloße Förmelei, wenn man zur Ersetzung der Schenkung durch ein entgeltliches Geschäft zunächst deren Aufhebung – ggfls. durch einvernehmlichen Widerruf- und Rückabwicklung und anschließend die neuerliche Übertragung des Vertragsgegenstandes verlangen wollte. Dem stehen auch keine schutzwürdigen Interessen des Pflichtteilsberechtigten entgegen. Im Gegenteil würde dieser, würde man die Möglichkeit der Umgestaltung des zunächst unentgeltlichen Geschäfts ablehnen, insofern doppelt begünstigt, als dann die aufgrund der späteren Vereinbarung erbrachten Gegenleistungen – soweit beim Tod des Erblassers noch vorhanden – den der Pflichtteilsberechnung zugrunde liegenden Nachlass erhöhen würden, während das nach wie vor als unentgeltlich angesehene Geschäft zusätzlich den Pflichtteilsergänzungsanspruch auslösen würde. Darauf, dass die Gegenleistungen der Beklagten im konkreten Fall im Zeitpunkt des Todes des Erblassers nicht mehr in seinem Vermögen vorhanden waren, der Nachlass des Erblassers I H vielmehr nach dem eigenen tatsächlichen Vorbringen der Beklagten überschuldet war und ist, kommt es in diesem Zusammenhang, d.h. für die Frage der generellen Zulässigkeit der Ersetzung eines unentgeltlichen durch ein entgeltliches Geschäft, nicht an. Dagegen, dass der Erblasser, der einen zu seinem Vermögen gehörenden Gegenstand wie z.B. ein Grundstück, gegen ein angemessenes Entgelt weggibt, das aus einem solchen entgeltlichen Geschäft Erlangte bis zu seinem Tode verbraucht, ist der Pflichtteilsberechtigte in keinem Fall geschützt. Die von dem Senat aus den genannten Gründen bejahte Frage der Zulässigkeit der Umwandlung des unentgeltlichen Geschäfts in ein entgeltliches ist auch von der – weiter unten behandelten – konkreten Frage zu trennen, ob es sich bei den später vereinbarten Gegenleistungen um echte werthaltige Leistungen handelt oder ob durch sie lediglich eine Schenkung verdeckt wird.
b) Das Landgericht ist unter Berücksichtigung der im Vertrag vom 5. Juni 1996 vereinbarten Gegenleistungen ferner zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass eine Schenkung im Sinne der §§ 2325, 2329 BGB nicht vorliegt.
aa) Es hat die Grundstücksübertragung zu Recht nicht als unbenannte Zuwendung angesehen. Die unbenannte Zuwendung unterscheidet sich von der Schenkung unter Ehegatten dadurch, dass die ohne Gegenleistung erbrachte Zuwendung nach dem Willen der Ehegatten nicht unentgeltlich, sondern „um der Ehe willen oder als Beitrag zur Verwirklichung oder Ausgestaltung, Erhaltung oder Sicherung der ehelichen Lebensgemeinschaft erbracht wird und .. darin ihre Grundlage hat“ (BGH FamRZ 1990, 660, 601; Waas, FamRZ 2000, 453, 454 m.w.Nachw.). Auch wenn letzteres in der Regel der Fall ist (BGHZ 87, 145, 146), liegt doch ausnahmsweise eine Schenkung vor, wenn sich feststellen lässt, dass die Ehegatten inhaltlich wirklich eine Unentgeltlichkeit der Zuwendung im Sinne einer Schenkung wollten (BGHZ 87, 145, 146; BGH NJW-RR 1990, 386; BGH NJW 1992, 238, 239; MünchKomm/Kollhosser, aaO § 516 Rdn. 66). Das lässt sich hier dem Wortlaut des Notarvertrages vom 3. August 1995 entnehmen, in dem es ausdrücklich heißt: „Die Übertragung erfolgt im Wege der Schenkung, also ohne jegliche Gegenleistung von Seiten des Erwerbers.“.
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat zwar in der Vergangenheit wiederholt der ausdrücklichen Bezeichnung durch den beurkundenden Notar für die Abgrenzung zwischen Schenkung und unbenannter Zuwendung keine entscheidende Bedeutung beigemessen (BGH NJW-RR 1990, 386, 387; BGH NJW 1992, 238, 239; so auch OLG Düsseldorf NJW-RR 1996, 467, 468; OLG München NJW-RR 2002, 3, 4; anders der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in seinem Urteil vom 24.03.1983, BGHZ 87, 145, 146; OLG Frankfurt FamRZ 1986, 576). Diesen Entscheidungen lagen aber jeweils Notarverträge von 1972 und 1974 zugrunde (dem Urteil des IX. Zivilsenat ein Vertrag aus 1975). Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat seine Entscheidungen damit begründet, dass es zur damaligen Zeit herrschende notarielle Praxis gewesen sei, eine Zuwendung zwischen Ehegatten, die ohne direkte Gegenleistung erfolgte, ohne weiteres als Schenkung zu beurkunden (BGH NJW-RR 1990, 386, 387; BGH NJW 1992, 238, 239). Entsprechend haben die Oberlandesgerichte Düsseldorf und München ihre Entscheidungen begründet, denen Notarverträge aus den Jahren 1964 (OLG Düsseldorf) und 1984 (OLG München) zugrunde lagen. Wie das OLG Düsseldorf in seiner oben genannten Entscheidung vom 30. März 1995 (NJW-RR 1996, 467, 468) feststellt, hat sich die entsprechende notarielle Praxis aber etwa ab dem Jahre 1981 geändert, als sich die sogenannte unbenannte Zuwendung zu einer eigenen Rechtsfigur verselbständigt hatte. Danach ist jedenfalls dem Wortlaut des vorliegenden Vertrages aus dem Jahr 1995 wesentliche Bedeutung beizumessen.
Nachdem der Erblasser und die Beklagte im Vertrag vom 3. August 1995 eine Schenkung im Sinne des § 516 BGB bzw. eine gemischte Schenkung vereinbart haben, kann sich aufgrund der späteren Vereinbarungen der Gegenleistungen durch den Vertrag vom 5. Juni 1996 somit hier nur die Frage stellen, ob es bei der Beurteilung als Schenkung im Sinne des § 516 BGB bzw. gemischter Schenkung verbleibt oder ob und ggf. in welchem Umfang die Übertragung danach als entgeltlich anzusehen ist. Letzteres hat das Landgericht zutreffend bejaht.
bb) Es hat zu Recht keine Schenkung im Sinne des § 516 BGB, auch keine gemischte Schenkung, angenommen.
Bei der (gemischten) Schenkung müssen sich – wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat – die Vertragsparteien darüber einig sein, dass die (bzw. ein Teil der) Leistung nicht durch die Gegenleistung abgegolten, sondern unentgeltlich zugewendet werden soll. Den Wert der auszutauschenden Leistungen können die Vertragspartner dabei im Rahmen der Vertragsfreiheit grundsätzlich selbst bestimmen und damit auch die Größe eines sich etwa ergebenden Leistungsüberschusses. Dieser Befugnis sind allerdings, jedenfalls soweit eine Beurteilung als erbrechtlich relevante Schenkung in Betracht kommt, insofern Grenzen gesetzt, als der Parteiwille eine fehlende Gegenleistung nicht ersetzen kann und die Vertragspartner nicht durch eine willkürliche Bemessung von Leistung und Gegenleistung bzw. ganz unangemessene Festsetzung der Werte von Leistung und Gegenleistung die Rechtsfolge des § 2325 BGB ausschließen können (BGH NJW 1972, 709, 710). Beweisschwierigkeiten insbesondere beim Nachweis der subjektiven Voraussetzungen einer Schenkung begegnet die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dadurch, dass sie in Fällen eines auffallend groben Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung eine tatsächliche Vermutung dafür aufstellt, dass die Vertragspartner diese erkannt haben und sich in Wahrheit über die unentgeltliche Zuwendung derjenigen Bereicherung einig waren, die sich bei einer verständigen und nach den Umständen vertretbaren Bewertung der beiderseitigen Leistungen ergeben hätte (BGH NJW 1972, 1709, 1710; BGH FamRZ 1989, 732, 733). Danach kommt es im vorliegenden Fall darauf an, ob der Erblasser und die Beklagte Leistung und Gegenleistung „willkürlich“ bemessen haben bzw. ob ein auffallend großes Missverhältnis vorliegt. Maßgeblich ist, welche Bewertungen von Leistung und Gegenleistung noch vertretbar sind (BGH FamRZ 1989, 732, 733). Dabei sind, soweit es sich um Vorgänge innerhalb einer bestehenden Ehe handelt, auch die Besonderheiten einer ehelichen Lebensgemeinschaft zu berücksichtigen. Insbesondere ist zu berücksichtigen, dass nach § 1360 BGB die Ehegatten einander verpflichtet sind, die Familie angemessen zu unterhalten (BGH FamRZ 1989, 732, 733).
Vor diesem Hintergrund hat das Landgericht eine (gemischte) Schenkung im Ergebnis zutreffend verneint.
(1) Das Landgericht hat zu Recht den Wert der Leistung, d.h. der Grundstücksübertragung, mit 443.000 DM angesetzt. Dieser Wert, den der Erblasser und die Beklagte im Vertrag vom 05.06.1996 ausdrücklich angegeben haben, entspricht der Wertschätzung des Architekten N vom 11.03.1996. Der mit der Einholung eines Sachverständigengutachtens unter Beweis gestellten Behauptung des Klägers, das Grundstück sei tatsächlich mehr wert gewesen, ist das Landgericht schon deswegen zu Recht nicht nachgegangen, weil es in diesem Zusammenhang nicht auf den objektiven Wert des Grundstücks ankommt, sondern darauf, ob der Ansatz dieses Betrages durch den Erblasser und die Beklagte vertretbar erscheint. Das ist schon mit Rücksicht darauf der Fall, dass ein von den Beteiligten zuvor eingeholtes Sachverständigengutachten zu diesem Betrag kommt, ohne dass konkrete Anhaltspunkte für eine offensichtlich fehlerhafte Sicht des Sachverständigen gegeben waren.
(2) Bei der Bemessung der Gegenleistung hat das Landgericht zutreffend die übernommenen Verbindlichkeiten in Höhe von rund 23.000 DM und den Zahlungsbetrag von 70.000 DM berücksichtigt. Bei diesen Leistungen handelt es sich zweifellos nicht um das, was ein Ehegatte gemäß § 1360 BGB dem anderen schuldet. Es hat darüber hinaus auch zu Recht die übernommene Rentenzahlungspflicht berücksichtigt und diese Leistung mit 142.800 DM – Rentenleistungen bis zum Tod des Erblassers – zuzüglich 100.800 DM – Rentenleistungen für weitere sieben Jahre entsprechend der Lebenserwartung des bei Vertragsschluss 66 Jahre alten Erblassers -, insgesamt also 243.600 DM bewertet. Dass es den Wert für den Zeitraum der statistischen Lebenserwartung des Erblassers und nicht aus der Rückschau für seine tatsächliche Lebenszeit zugrunde gelegt hat, ist nicht zu beanstanden. Insbesondere folgt nichts anderes aus dem vom Kläger angeführten Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 22. November 1991 (FamRZ 1992, 480).
Der 20. Senat hat in diesem Urteil zwar bei der Bewertung des Nießbrauchsrechts eines im Zeitpunkt der Einräumung des Nießbrauchs 69jährigen Erblassers die Auffassung vertreten, es sei angemessen, aus der Rückschau auf das tatsächlich erreichte Lebensalter abzustellen, weil sich angesichts des Alters von 69 Jahren, das die statistische Lebenserwartung nahezu erreicht habe, ein sachgerechter Kapitalisierungsfaktor allenfalls anhand des individuellen Gesundheitszustands abschätzen lasse (OLG Köln, aaO). Dieser Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln liegt aber schon ein mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbarer Sachverhalt zugrunde. Der 20. Zivilsenat hatte darüber zu entscheiden, in welcher Höhe eine Übertragung eines Miteigentumsanteils gegen Einräumung eines Nießbrauchsrechts, bei der Leistung und Gegenleistung auch von den Beteiligten nicht als gleichwertig angesehen worden sind, als unentgeltlich anzusehen war. Dabei mag man auf die objektiven Wertverhältnisse abstellen. Im vorliegenden Fall geht es dagegen um die – wie oben ausgeführt – im Rahmen der Vertretbarkeit von den Parteien zu bestimmende Frage, ob Leistung und Gegenleistung gleichwertig sind. Die Beurteilung der Vertretbarkeit der Bestimmung der Parteien kann aber nur anhand der ihnen zum damaligen Zeitpunkt zur Verfügung stehenden Erkenntnisse erfolgen, so dass in diesem Fall eine „ex-post-Betrachtung“, wie sie in der genannten Entscheidung vorgenommen wurde, nicht in Betracht kommt. Hier kann nur aus der Sicht der Parteien bei Vertragsschluss eine Prognose angestellt werden, für die die Lebenserwartung nach der Sterbetafel ein geeignetes Kriterium ist.
Angesichts der Höhe der von der Beklagten zu erbringenden Rentenleistungen kann auch nicht angenommen werden, dass diese über den von ihr zu erbringenden Anteil zum ehelichen Unterhalt nicht hinausging. Dabei ist mit dem Landgericht auch zu berücksichtigen, dass diese Verpflichtung nicht auf die Dauer des Bestandes der ehelichen Lebensgemeinschaft beschränkt war, sondern auch im Falle einer Trennung oder Scheidung fortbestanden hätte. Mit Rücksicht darauf steht auch der Umstand, dass die Rentenleistungen nach dem eigenen Vortrag der Beklagten auch für den Haushalt und gemeinsame Reisen verwendet worden ist, der Annahme der Ernst- und Werthaltigkeit dieser vereinbarten Gegenleistung nicht entgegen. Dass die Beklagte Mieten aus dem Grundstück eingenommen hat, steht der Ernsthaftigkeit der Vereinbarung der Rentenzahlungen als Gegenleistung – wie die Beklagte zutreffend anmerkt – ebenfalls, und zwar schon deshalb nicht entgegen, weil diesen Mieteinnahmen die von der Beklagten zu tragenden Lasten des Grundstücks gegenüber standen.
(3) Bei der Vereinbarung einer Gegenleistung im Wert von 336.000 DM für eine Leistung im Wert von 443.000 DM kann bei der insoweit gebotenen großzügigen Betrachtung mit Blick auf das persönliche Näheverhältnis des Erblassers zur Beklagten (vgl. dazu beim Eltern-Kind-Verhältnis BGH NJW 1972, 1709, 1710) ein grobes Missverhältnis, das den Schluss darauf erlauben würde, dass die Vertragsparteien die teilweise Unentgeltlichkeit der Leistung erkannt haben, nicht angenommen werden. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Höhe der Zahlungen, die tatsächlich auf die übernommene Rentenzahlungspflicht zu erbringen sein würden, im Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht vorhersehbar war und zwar niedriger, aber eben auch höher als 243.600 DM ausfallen konnte.
(4) Gegen die Ernsthaftigkeit der Vereinbarung der Gegenleistungen und damit für die Annahme einer verdeckten Schenkung würde es allerdings sprechen, wenn die Beklagte – wie der Kläger erstmals in der Berufungsbegründung behauptet – die geschuldeten Gegenleistungen nicht erbracht hätte. Mit diesem – neuen – streitigen Vorbringen kann der Kläger jedoch gemäß § 531 Abs. 2 ZPO nicht gehört werden. Ob ein Vortrag neu ist, wird anhand des (ggf. berichtigten) Tatbestandes des Ersturteils und des Protokolls geprüft (Zöller/Gummer/Heßler, ZPO 25. Aufl. § 531 Rdn. 22). Im Tatbestand des angefochtenen Urteils wird indes ausdrücklich festgestellt: „Der Kläger räumt ein, dass die Beklagte die eingegangenen Verpflichtungen erfüllte.“ Dies erbringt nach § 314 ZPO Beweis für sein entsprechendes Vorbringen im ersten Rechtszug. Einen Antrag auf Berichtigung des Tatbestandes hat der Kläger nicht gestellt. Der durch Beschluss des Landgerichts vom 17. Februar 2005 beschiedene Berichtigungsantrag der Beklagten vom 1. Februar 2005 betrifft einen anderen Punkt.
2. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 ZPO, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
3. Die Zulassung der Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache geboten, §§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Der Rechtsstreit wirft mit der Frage, ob ein zunächst unentgeltlich vereinbartes und vollzogenes Rechtsgeschäft nachträglich in ein entgeltliches umgewandelt werden kann mit der Folge, dass dann Ansprüche aus §§ 2325, 2329 BGB nicht mehr in Betracht kommen, eine Rechtsfrage auf, die ihm grundsätzliche Bedeutung verleiht. Diese Rechtsfrage ist – wie sich aus den Ausführungen unter 1. a) ergibt – klärungsbedürftig und klärungsfähig, und sie kann sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen. Sie ist ferner entscheidungserheblich: Wäre die nachträgliche Umwandlung eines unentgeltlichen Geschäfts durch Parteivereinbarung in ein entgeltliches entgegen der hier vertretenen Auffassung nicht möglich, wäre die Frage, ob es sich bei der Grundstücksübertragung um eine Schenkung im Sinne der §§ 2325, 2329 BGB handelte, allein nach dem Inhalt des Vertrages vom 3. August 1995 zu beurteilen. Dann wäre der Grundstückswert abzüglich des Wertes des vorbehaltenen Nießbrauchs als geschenkt im Sinne der §§ 2325, 2329 BGB anzusehen. Der Nießbrauchswert wäre mangels anderer Anhaltspunkte mit dem von den Parteien in dem Vertrag zugrunde gelegten Wert von jährlich 11.000 DM zugrunde zu legen. Ob der Wert des – für die Lebensdauer des damals 65jährigen Erblassers vorbehaltenen Nießbrauchs – in diesem Zusammenhang aus der Rückschau auf die tatsächliche Lebenszeit des Erblassers (so OLG Köln FamRZ 1992, 480) oder aus der damaligen Sicht nach seiner statistischen Lebenserwartung zu bemessen wäre, kann dahinstehen, weil in jedem Fall ein erheblicher geschenkter Betrag verbleiben würde. Daraus könnte der Kläger seinen Pflichtteilsergänzungsanspruch herleiten. Da zwischen den Parteien unstreitig ist, dass der Nachlass seinen ergänzten Pflichtteil nicht deckt, könnte der Kläger die Beklagte als Beschenkte gemäß § 2329 BGB auf Duldung der Zwangsvollstreckung in das übertragene Grundstück in Anspruch nehmen (dazu Palandt/Edenhofer, BGB 64. Aufl. § 2329 Rdn. 6).
Streitwert des Berufungsverfahrens: 26.791,69 EUR