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Prämiensparvertrag mit unwirksamer Zinsänderungsklausel – Zinsnachzahlung

LG Saarbrücken – Az.: 1 O 197/20 – Urteil vom 26.02.2021

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 1.274,83 Eur nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28.12.2019 zu zahlen.

Die Klage im Übrigen wird abgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger 78 %, die Beklagte 22 %.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand

Die Kläger verfolgen gegenüber der beklagten Sparkasse einen Anspruch auf Zahlung rückständiger Zinsen seit 1995 aus Prämiensparverträgen, die 2019 gekündigt wurden.

Unter den Nummern … und … schlossen die Kläger mit der Beklagten 1995 zwei Prämiensparverträge „S Prämiensparen flexibel“, deren Inhalt sich aus zwei Anschreiben vom 23.06. und 14.08.1995 an die Kläger bzw. den inhaltlich übereinstimmenden internen Schreiben der Beklagten ergibt (A 1 Bl 5 f, B 1 und 2 Bl 56 f d.A.). Danach zahlten die Kläger im Wege eines Dauerauftrags monatlich 100,- DM, wobei bis Vertragsende folgende Konditionen gelten sollten:

Die Spareinlage wird variabel, z.Zt. mit 3,75 % verzinst.

Daneben zahlt die Sparkasse am Ende eines Kalenderjahres eine verzinsliche S-Prämie gemäß der nachfolgenden Prämienstaffel auf die vertragsgemäß geleisteten Sparbeiträge des jeweils abgelaufenen Sparjahres.

Die Prämie beträgt nach dem

3. Sparjahr 3,0 %

4. Sparjahr 4,0 %

5. Sparjahr 6,0 %

6. Sparjahr 8,0 %

7. Sparjahr 10,0 %

8. Sparjahr 15,0 %

 

9. Sparjahr 20,0 %

10. Sparjahr 25,0 %

11. Sparjahr 30,0 %

12. Sparjahr 35,0 %

13. Sparjahr 40,0 %

14. Sparjahr 45,0 %

15. Sparjahr 50,0 %

Im Übrigen wurde u.a. verwiesen auf die Bedingungen für den Sparverkehr. Dort (B 3 Bl 58 d.A.) heißt es unter 3. Verzinsung:

3.1 Zinshöhe

Soweit nichts anderes vereinbart ist, vergütet die Sparkasse dem Kunden den von ihr jeweils durch Aushang im Geschäftsraum bekannt gegebenen Zinssatz. …

3.3 Zinskapitalisierung

Soweit nichts anderes vereinbart ist, werden die aufgelaufenen Zinsen zum Schluss des Geschäftsjahres gutgeschrieben, dem Kapital hinzugerechnet und mit diesem vom Beginn des neuen Geschäftsjahres an verzinst. Wird über die gutgeschriebenen Zinsen nicht innerhalb von 2 Monaten nach Gutschrift verfügt, unterliegen sie der im Übrigen vereinbarten Kündigungsregelung. Bei Auflösen des Sparkontos werden die Zinsen sofort gutgeschrieben.

Die Beklagte legte nachfolgend der Zinsberechnung einen von ihr entwickelten Mischzins als Referenzzins zugrunde – ihr zufolge in Reaktion auf das Urteil des BGH vom 17.02.2004, XI ZR 140/03 –, gebildet aus drei unterschiedlich gewichteten Zinssätzen: der gleitende 1-Jahreszins gewichtet mit 10 %, der gleitende 3-Jahreszins mit 30 % und der gleitende 10-Jahreszins mit 60 %.

Die Beklagte kündigte die Sparverträge zum 31.10.2019 und zahlte das Guthaben nach ihrer Kontoführung aus. Die Wirksamkeit der Kündigung wird von den Klägerin nicht in Frage gestellt.

Sie wandten sich jedoch an die Beklagte, weil sie die Verzinsung für zu niedrig hielten. Mit Schreiben vom 22.08.2018 vertrat die Beklagte die Auffassung, dass die Verzinsung den Anforderungen der Rechtsprechung Genüge tue.

Die Kläger ließen sodann durch die Verbraucherzentrale eine Neuberechnung der Zinsen seit Vertragsbeginn 1995 vornehmen (A 2 Bl 7 ff d.A.), wobei als Referenz-zins zugrunde gelegt wurde der Zinssatz der Zeitreihe BBK01.WX4260, der die Umlaufrenditen inländischer Inhaberschuldverschreibungen/Hypothekenpfand-briefe mit einer mittleren Restlaufzeit von 9 – 10 Jahren abbildet. Die Verbraucher-zentrale errechnete Zinserstattungsansprüche von 2.860,67 Euro und 2.841,14 Euro, zusammen 5.701,81 Euro.

Die Beklagte lehnte die Bezahlung dieses Betrages ab, woraufhin die Kläger die jetzigen Prozessbevollmächtigten beauftragten, die die Beklagte unter Fristsetzung zum 27.12.2019 zur Nachzahlung der Zinsen aufforderten.

Die Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung.

Die Kläger vertreten die Auffassung, es handele sich vorliegend um langfristige Anlagen mit Sparcharakter, und die formularmäßige Zinsänderungsklausel sei nach der Rechtsprechung des BGH unwirksam. Der von der Beklagten zugrunde gelegte Mischzinssatz genüge nicht den Anforderungen an die im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu entwickelnden Änderungsparameter für die Zinsberechnung. In Übereinstimmung mit dem Urteil des OLG Dresden vom 22.04.2020 (5 MK 1/19, A 3 Bl 13, 30 ff d.A., Rdn. 104 ff nach juris) setze die Verjährung des Zinsnachzahlungsanspruchs die Beendigung des Vertrages voraus.

Die Kläger beantragen,

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 5.701,81 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28.12.2019 zu zahlen;

2. die Kläger von der Zahlung außergerichtlicher Kosten gegenüber den Rechtsanwälten …, … in …, in Höhe von 1.163,94 Euro durch Zahlung an diese freizustellen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Ihrer Auffassung zufolge wird die Zeitreihe WX4260 deshalb den tatsächlichen Gegebenheiten der Sparverträge nicht gerecht, da es sich nicht um langfristige Anlagen handele, sondern nach Auswertung der Beklagten von einer tatsächlichen durchschnittlichen Haltedauer von fünf bis sieben/acht Jahren auszugehen sei. Damit sei der von der Beklagten nach Analyse der bisherigen Zinsanpassung entwickelte Mischzins unbedingt angemessen.

Der Nachzahlungsanspruch sei bis 2016 verjährt, da es um die Verjährung von dem Kapital gerade nicht zugeschlagenen Zinsen gehe. Im Übrigen sei auch Verwirkung anzunehmen.

Nach mündlicher Verhandlung haben die Parteien außergerichtlich folgende Einigung getroffen (Schriftsätze vom 05.02.2021, Bl 113, 116 d.A.):

Die Parteien sind sich darüber einig, dass, legt man die durch das Landgericht Saarbrücken in der mündlichen Verhandlung geäußerte Rechtsauffassung hinsichtlich der Verjährung zugrunde, Ansprüche auf Änderung des Vertragszinses und auf Gutschrift von Vertragszinsen in Höhe von 1.274,83 Euro noch nicht verjährt sind. Bei Eingreifen der Regelverjährung sind Ansprüche auf Änderung des Vertragszinses und auf Gutschrift von Vertragszinsen, die über einen Betrag von 1.274,83 Euro hinausgehen, verjährt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird verwiesen auf die Sitzungsniederschrift vom 22.01.2021 (Bl 105 ff d.A.) sowie auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen.

Entscheidungsgründe

I.

Die Klage ist in der Hauptsache nur zu einem geringeren Teil begründet. Den Klägern steht aus den gekündigten Sparverträgen nach ergänzender Vertragsaus-legung ein restlicher Erfüllungsanspruch auf Nachzahlung von Zinsen in Höhe von lediglich 1.274,83 Euro zu (A). Auch die Nebenforderungen waren teilweise abzu-weisen (B).

A) 1. Unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des BGH (Urteile vom 17.02.2004, XI ZR 140/03, BGHZ 158, 149; 13.04.2010, XI ZR 197/09; 21.12.2010, XI ZR 52/08; 14.03.2017, XI ZR 508/15) ist die formularmäßige Zinsänderungs-klausel, die der Beklagten eine inhaltlich unbegrenzte Zinsänderungsbefugnis einräumt, unwirksam. Wirksam bleibt dagegen die Vereinbarung eines variablen Zinssatzes als solches.

Dies steht zwischen den Parteien in rechtlicher Hinsicht ebenso außer Streit wie die Folge hieraus, dass die durch die (teilweise) Unwirksamkeit der Zinsänderungs-klausel enstandene Lücke im Vertrag durch ergänzende Vertragsauslegung (§§ 133, 157 BGB) zu schließen ist.

2. Die von den Klägern in Übereinstimmung mit der Entscheidung des BGH vom 14.05.2019 (XI ZR 345/18, BGHZ 222, 74) akzeptierte Kündigung der Sparverträge durch die Beklagte bewirkte Fälligkeit des – inhaltlich und der Höhe nach näher zu bestimmenden – Zinsnachzahlungsanspruchs.

Vor Auseinandersetzung mit den Einzelheiten dieses Anspruchs gilt jedoch, dass der während des laufenden Vertragsverhältnisses bestehende Anspruch aus ergänzender Vertragsauslegung auf Zinskorrektur durch entsprechende Gutschrift in der Kontoführung, der sich nach Beendigung der Sparverträge umwandelt in einen Nachzahlungsanspruch, der regelmäßigen dreijährigen Verjährung des § 195 BGB unterliegt ab Gutschrift zum Jahresende der von der Beklagten tatsächlich berechneten Zinsen. Dies bedeutet, dass die bis 31.12.2016 entstandenen Ansprüche verjährt sind mit der Folge des § 214 Abs. 1 BGB, wobei in zeitlicher Hinsicht die Vorschriften des BGB über die Verjährung in der seit dem 01.01.2002 geltenden Fassung zur Anwendung kommen, Art. 229 § 6 Abs. 4 EGBGB. Im Einzelnen:

a) Gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist.

(1) Maßgeblicher Anspruch i.S.d. § 199 Abs. 1 BGB ist vorliegend der aus der ergänzenden Vertragsauslegung folgende Anspruch auf neue Festlegung des Vertragszinses, und zwar unabhängig von seiner Ausprägung als Anspruch auf Korrektur der Kontoführung durch Gutschrift nachzuzahlender Zinsen oder als Auszahlungsanspruch. Der Anspruch auf angepasste Zinsfestlegung ist ein einheitlicher Anspruch, der sich während des laufenden Sparvertrages darstellt als Anspruch auf Gutschrift, nach Beendigung des Sparvertrages als Zahlungsan-spruch; die Gesamtfälligkeit stellt jedoch keine tatbestandliche Voraussetzung des Anspruchs aus der ergänzenden Vertragsauslegung dar. Es entsteht kein neuer Anspruch durch die Kündigung, sondern der Zinsanpassungsanspruch muss ab Gesamtfälligkeit nur in anderer Form als zuvor erfüllt werden. Wenn der Anspruch auf Vertragsanpassung einmal verjährt ist, muss es hierbei sein Bewenden haben, auch wenn sich sein Inhalt dadurch ändert, dass der Sparvertrag insgesamt beendet wird.

(2) Mit diesem Verständnis eines einheitlichen Anspruchs losgelöst von seinen Ausprägungen im Einzelnen steht die Kammer in Übereinstimmung mit der Recht-sprechung des BGH zum Ausgleichsanspruch nach § 426 Abs. 1 BGB. Dieser entsteht bereits mit der Begründung der Gesamtschuld, und zwar zunächst als Mitwirkungs- und Befreiungsanspruch, und wandelt sich nach Befriedigung des Gläubigers in einen Zahlungsanspruch um (BGH, Urteil vom 18.06.2009, VII ZR 167/08, BGHZ 181, 310).

Hier wie dort wäre es mit den wesentlichen Zwecken des Rechtsinstituts der Verjährung – dem Schuldnerschutz und dem Rechtsfrieden – nicht vereinbar, wenn das Kreditinstitut zunächst gegenüber dem Korrekturanspruch des Sparers durch Gutschrift mit Erfolg die Verjährungseinrede erheben könnte, der Sparer jedoch nach Gesamtfälligkeit durch Kündigung erneut nunmehr einen Zahlungsanspruch geltend machen könnte, und zwar betreffend einen identischen Zeitraum wie zuvor, ohne dass diesem gegenüber die Verjährungseinrede greifen würde.

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(3) Gegen die Richtigkeit dieser Auffassung kann auch nicht die Rechtsprechung herangezogen werden, wonach im Sparguthaben enthaltene Zinsen derselben Verjährung unterliegen wie das angesparte Kapital (BGH, Urteil vom 04.06.2002, XI ZR 361/01, BGHZ 151, 47, Rdn. 20 nach juris; OLG Frankfurt NJW 1998, 997, Rdn. 9 nach juris). Noch im Anwendungsbereich des § 197 BGB a.F. wird dies entscheidend damit begründet, dass nach der vertraglichen Vereinbarung die Zinsen der Spareinlage zugerechnet werden und sodann der dafür geltenden Kündigungsregelung unterliegen, wobei unerheblich ist, ob eine Gutschrift im Sparbuch erfolgt ist oder nicht.

Diese Argumentation greift vorliegend deshalb nicht, weil es nicht um die Verjährung positiv berechneter und tatsächlich dem Kapital zugeschlagener Zinsen geht, sei es durch interne Wertstellung in der Kontoführung des Kreditinstituts oder (auch) durch Gutschrift im Sparbuch, sondern um die Verjährung erst noch zu berechnender Zinsen in Folge des Anspruchs aus ergänzender Vertragsauslegung.

Damit kann sich die Kammer nicht der Begründung des OLG Köln (Urteil vom 16.01.2008, 13 U 27/06, Rdn. 24 nach juris) anschließen. Die dortige Gleichstellung einer nicht ordnungsgemäßen Kontoführung durch fehlende Gutschrift im Sparbuch mangels Vorlage oder durch falsche Berechnung des Zinssatzes und deshalb nicht erfolgter Gutschrift kann nicht überzeugen. Abgesehen davon, dass ohnehin allein maßgeblich die interne Kontoführung durch die Bank ist (BGH a.a.O.), kommt es vorliegend entscheidend an auf den Anspruch auf Zinsanpassung in Abweichung von der bisherigen Kontoführung. Der Anspruch des Gläubigers auf Gutschrift höherer Zinsen kann nicht so behandelt werden, als wären die Zinsen in der zu beanspruchenden Höhe gutgeschrieben worden.

(4) Das Verständnis der Kammer erlaubt zudem eine gleichmäßige Behandlung der alternativen Rechtsstellung des Gläubigers vor einer gerichtlichen Entscheidung über die Höhe der berechtigten Zinsansprüche:

Höchstrichterlich entschieden ist, dass der bereicherungsrechtliche Anspruch auf Rückzahlung überhöhter Zinszahlungen aufgrund einer unwirksamen Zinsanpassungsklausel entstanden ist mit jeder fehlerhaften Belastung in der Konto-führung während der Laufzeit des Darlehens – nicht erst mit der Rechtskraft des Urteils, das auf die rechtmäßige Zinsanpassung erkennt, womit sich die Entscheidungen insbesondere auseinandersetzen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.01.2016, 14 U 180/14, Rdn. 54 ff nach juris; BGH, Beschluss vom 26.09.2017, XI ZR 79/16, juris – begründete Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde), sondern zudem auch nicht erst mit der Kündigung des Darlehens. Dies bedeutet, dass die Verjährung mit der Belastungsbuchung zu laufen beginnt, somit zu einem Zeitpunkt, zu dem der Anspruch durch gutschreibende Korrektur der Kontoführung geltend gemacht werden könnte.

Es ist kein Grund ersichtlich, warum für einen Nachzahlungsanspruch aufgrund zu geringer Zinsgutschrift anderes gelten sollte. Auch dieser entsteht – in der Form des Anspruchs auf Korrektur der Kontoführung – mit der zu geringen Zinsgutschrift.

(5) Die Auffassung der Kammer bewirkt überdies eine einheitliche Behandlung mit der Rechtslage im Fall des Kontokorrentkontos.

Dort gilt, dass die Verjährung einer in das Kontokorrent aufzunehmenden Forderung gehemmt ist bis zum Schluß der zur Zeit ihrer Entstehung laufenden Rechnungs-periode, gleichgültig, ob die Forderung in das Kontokorrent aufgenommen ist oder nicht. Nach Schluß der Periode beginnt die Verjährung nach den für die Forderung geltenden Vorschriften, sofern sie nicht in einem anerkannten Saldo enthalten ist (BGH, Urteil vom 17.02.1969, II ZR 30/65, BGHZ 51, 346, Rdn. 17 f nach juris; OLG Frankfurt, Urteil vom 30.01.2018, 14 U 176/16, Rdn. 35).

Forderungen, die nicht in das Kontokorrent aufgenommen wurden, werden nicht erfasst von dem Rechnungsabschluss des § 355 HGB und unterfallen somit nicht den hieran anknüpfenden verjährungsrechtlichen Besonderheiten.

Gleiches gilt für die vorliegende Kontoführung, die ausweislich Ziff. 2.2 der Bedingungen für den Sparverkehr offen ist für unterschiedliche Gutschriften und Belastungen, ohne darüber hinausgehend im Kontokorrent geführt zu werden. Damit besteht eine Parallele zu den Forderungen, die nicht in das Kontokorrent eingestellt wurden.

(6) Nach allem kann sich die Kammer somit nicht der Auffassung des OLG Dresden (Urteil vom 22.04.2020, 5 MK 1/19, Rdn. 104 ff nach juris) anschließen. Allein das Verständnis des aus einer ergänzenden Vertragsauslegung folgenden Zinsan-spruchs als eines einheitlichen Anspruchs, unabhängig von seiner Ausprägung als auf die Korrektur der Kontoführung gerichtet oder auf Zahlung, wird den Zwecken der Verjährung gerecht, zumal unter Berücksichtigung des zwischenzeitlichen Massencharakters dieser Verfahren (vgl. auch Feldhusen, BKR 2021, 69; Furche/Götz, WM 2019, 2290, 2300 f).

b) In subjektiver Hinsicht ist davon auszugehen, dass die Kläger gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen erlangt haben oder erlangt haben mussten spätestens nach den Entscheidungen des BGH vom 13.04.2010 (XI ZR 197/09) und vom 21.12.2010 (XI ZR 52/08).

(1) Im Allgemeinen gilt insoweit, dass der Verjährungsbeginn nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis des Gläubigers von den anspruchsbegründenden Umständen sowie von der Person des Schuldners voraussetzt. Kenntnis verlangt nicht, dass der Gläubiger alle Einzelheiten der dem Anspruch zugrunde liegenden Umstände überblickt. Ausreichend ist, dass der Gläubiger den Hergang in seinen Grundzügen kennt und weiß, dass der Sachverhalt erhebliche Anhaltspunkte für die Entstehung eines Anspruchs bietet. Maßgeblich ist, ob der Gläubiger auf Grund der ihm bekannten Tatsachen gegen eine bestimmte Person Klage erheben kann – sei es auch nur in Form einer Feststellungsklage –, die bei verständiger Würdigung der ihm bekannten Tatsachen so viel Aussicht auf Erfolg bietet, dass sie für ihn zumutbar ist (MüKoBGB/Grothe, 8. Aufl. 2018, BGB § 199 Rn. 28).

(2) Die Kläger kannten die vertragliche Zinsänderungsklausel gem. Ziff. 3.1 der Bedingungen für den Sparverkehr.

In rechtlicher Hinsicht kann der Prüfung zugunsten der Kläger zugrunde gelegt werden, dass der Verjährungsbeginn wegen unübersichtlicher oder zweifelhafter Rechtslage hinsichtlich der Wirksamkeit der Zinsanpassungsklausel hinausge-schoben gewesen sein mag (vgl. BGH, Urteil vom 28.10.2014, XI ZR 348/13, BGHZ 203, 115).

Dahingestellt bleiben kann, ob bereits ab der Entscheidung des BGH vom 17.02.2004 (XI ZR 140/03) eine Klageerhebung zumutbar war, da die Streitfrage formuliert und eine abschließende Stellungnahme zu einer Änderung der Rechtsprechung ausdrücklich offen gelassen wurde (so OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.01.2016, 14 U 180/14, Rdn. 64 ff nach juris).

Denn jedenfalls beinhalten die hierauf aufbauenden Urteile des BGH vom 13.04.2010 und vom 21.12.2010 die eindeutige Aussage, dass Ergebnis der ergänzenden Vertragsauslegung kein einseitiges Zinsbestimmungsrecht des Kreditinstituts sein kann; dieses habe nicht die Rechtsmacht, einseitig die Para-meter für eine Neuberechnung der Zinsen festzulegen. Der Anpassungsmaßstab und -modus ist vom Gericht – so die Parteien insoweit keine Einigung finden können – im Wege ergänzender Vertragsauslegung zu bestimmen.

Dies bedeutet, dass die Kläger allein aufgrund dieser Entscheidungen wissen mussten, dass die Zinsbestimmung der Beklagten nicht wirksam sein konnte. Mit diesem Wissen waren die Kläger bereits in den Stand versetzt, ihre Rechte wahren zu können, so durch eine Klageerhebung auf Feststellung des nach ergänzender Vertragsauslegung angemessenen Zinssatzes. Mit anderen Worten setzt der Verjährungsbeginn auf der subjektiven Seite nicht die positive Kenntnis von der konkreten Zinsgutschrift zum Jahresende voraus, die lediglich von Bedeutung ist für das Entstehen des der Höhe nach bestimmten Korrekturanspruchs für dieses Jahr.

Weit vor Anhängigkeit der Klage (§§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB, 167 ZPO) im Jahr 2020 unterfallen somit die bis 31.12.2016 entstandenen Korrektur- bzw. Nachzahlungs-ansprüche der Regelverjährung des § 195 BGB. Unverjährt sind die Ansprüche, die seit dem 01.01.2017 entstanden sind; insoweit konnte durch Klageerhebung der Lauf der Verjährung gehemmt werden.

3. Die Höhe des unverjährten Zinsnachzahlungsanspruchs ist grundsätzlich im Wege ergänzender Vertragsauslegung zu ermitteln. Vorliegend haben sich die Parteien für die unverjährte Zeit jedoch auf einen Betrag von 1.274,83 Euro geeinigt; einer Begründung bedarf es somit nicht.

B) Zu den Nebenforderungen:

1. Den Klägern steht aus Verzug, §§ 280 Abs. 1, 2, 286 BGB, kein Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Anwaltskosten zu. Zwar lehnte die Beklagte das Zinsnachzahlungsverlangen der Kläger persönlich ab, was womöglich eine Mahnung entbehrlich machte, so dass die nachfolgende Beauftragung der Rechtsanwälte eine Verzugsfolge darstellen könnte. Zu ersetzen sind jedoch nur solche Rechtsanwaltskosten, die aus Sicht des Geschädigten zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren. Die Beauftragung eines Rechtsanwalts zur außergerichtlichen Vertretung ist jedoch dann nicht mehr erfolgversprechend, wenn der Schuldner zuvor bereits eine Leistung ernsthaft und endgültig verweigert hat; dann erscheint allein eine sofortige gerichtliche Geltendmachung zweckmäßig (BGH NJW 2015, 3793, Rdn. 11 nach juris).

Vorliegend verweigerte die Beklagte zweifach eine Nachzahlung, nach dem schriftsätzlichen Vorbringen – die entsprechenden Schreiben wurden nicht zur Akte gereicht – ein zweites Mal nach Übermittlung der Zinsberechnung durch die Verbraucherzentrale. Damit durften die Kläger nicht annehmen, dass allein die außergerichtliche Beauftragung eines Rechtsanwaltes zielführend sein würde.

2. Der Zinsanspruch folgt aus § 288 Abs. 1 BGB nach Ablauf der zum 27.12.2019 gesetzten Frist.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.

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