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Verkehrssicherungspflicht und Baumrisiken

Warum ein Unfall nicht immer zu Schadensersatz führt

Ein kürzlich ergangenes Urteil des Landgerichts Köln wirft ein Schlaglicht auf die komplexen Fragen rund um die Verkehrssicherungspflicht und die Verantwortung von Behörden bei Unfällen, die durch umgestürzte Bäume verursacht werden. Im Kern des Falles stand die Frage, ob das beklagte Land seine Pflichten zur Verkehrssicherung verletzt hat, indem es einen gefährlichen Baum nicht rechtzeitig entfernte. Der Kläger forderte Schadensersatz für einen Autounfall, der durch einen umgestürzten Baum verursacht wurde. Das Gericht entschied jedoch, dass keine schuldhafte Verletzung der Verkehrssicherungspflicht vorlag.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 5 O 77/20 >>>

Kontrollpflichten und Baumgesundheit

Verkehrssicherungspflicht und Baumrisiken
Verkehrssicherungspflicht auf dem Prüfstand: Kölner Gericht lehnt Schadensersatzanspruch ab. Ein umgestürzter Baum führt nicht immer zur Haftung. (Symbolfoto: Gold Picture /Shutterstock.com)

Das beklagte Land argumentierte, dass es seine Verkehrssicherungspflicht erfüllt habe, indem es regelmäßige Kontrollen des Baumbestands durchgeführt habe. Diese Kontrollen, so das Land, hätten keine Anzeichen für eine Erkrankung oder Instabilität des Baums ergeben. Insbesondere wurde hervorgehoben, dass die letzte Kontrolle des Baums keine Auffälligkeiten zeigte. Der Kläger behauptete jedoch, der Baum habe sich in einem schlechten Zustand befunden, was für die Kontrolleure erkennbar hätte sein müssen.

Die Rolle der Beweislast

Ein entscheidender Punkt in der Argumentation des Gerichts war die Frage der Beweislast. Der Kläger konnte nicht schlüssig darlegen, warum das beklagte Land hätte erkennen müssen, dass der Baum eine Gefahr darstellte. Insbesondere konnte er nicht beweisen, dass der Baum bei der letzten Kontrolle bereits Anzeichen einer Erkrankung zeigte, die eine sofortige Entfernung erforderlich gemacht hätte.

Wurzelfäule und innere Baumkrankheiten

Das beklagte Land führte an, dass der Baum aufgrund einer inneren Wurzelfäule umgestürzt sei, die bei einer äußeren Kontrolle nicht erkennbar gewesen wäre. Dieses Argument stützte die Entscheidung des Gerichts, dass keine schuldhafte Verletzung der Verkehrssicherungspflicht vorlag. Der Kläger konnte nicht nachweisen, dass die Wurzelfäule bei einer ordnungsgemäßen Kontrolle hätte erkannt werden können.

Kein Anspruch auf Schadensersatz

Das Gericht kam zu dem Schluss, dass der Kläger keinen Anspruch auf Schadensersatz hat. Es fehlte an einer schuldhaften Verletzung der Verkehrssicherungspflicht durch das beklagte Land. Darüber hinaus wurden auch die geltend gemachten Nebenansprüche, wie Zinsen und Anwaltskosten, abgewiesen. Die Entscheidung macht deutlich, dass die bloße Existenz eines Unfalls nicht automatisch zu einem Schadensersatzanspruch führt.

Haftung bei Unfällen durch umgestürzte Bäume: Wer ist verantwortlich?

Ein aktuelles Urteil des Landgerichts Köln hat gezeigt, dass Unfälle durch umgestürzte Bäume nicht automatisch zu Schadensersatzansprüchen führen. Die Verantwortung der Behörden und die Frage der Verkehrssicherungspflicht sind hierbei entscheidende Faktoren. Wenn auch Sie von einem ähnlichen Fall betroffen sind und sich fragen, ob und wie Sie Ihre Ansprüche geltend machen können, stehen wir Ihnen zur Seite. Vereinbaren Sie einen Termin für eine Ersteinschätzung Ihrer Situation und profitieren Sie von unserer Expertise für eine zielgerichtete Beratung.

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Das vorliegende Urteil

Landgericht Köln – Az.: 5 O 77/20 – Urteil vom 08.12.2020

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand:

Der Kläger macht Schadensersatzansprüche aufgrund einer behaupteten Verkehrssicherungspflichtverletzung bezüglich eines Unfalls geltend, der sich am 07.01.2020 auf der L ### ereignet haben soll.

Ob der Zeuge M am 07.01.2020 auf der L### aufgrund eines hinter einer Rechtskurve liegenden Baumes einen Unfall erlitt und das Fahrzeug dadurch einen Schaden erlitt, ist zwischen den Parteien streitig.

Der Kläger holte ein Privatgutachten bei der L1 Sachverständigen-GmbH ein, welche am 13.01.2020 den Schaden als wirtschaftlichen Totalschaden bewertete. Bei Reparaturkosten in Höhe von 12.000 € stellte der Sachverständige einen Wiederbeschaffungswert von 4.800,00 € sowie einen Restwert des Fahrzeuges von 600,00 € fest. Für die Erstellung des Gutachtens stellte er dem Kläger 348,08 € in Rechnung, welche dieser beglich.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 27.01.20 forderte der Kläger das beklagte Land unter Fristsetzung auf den 17.02.2020 erfolglos zur Zahlung des Schadensersatzbetrages auf. Der Haftpflichtversicherer des beklagten Landes lehnte schließlich mit Schreiben vom 27.02.20 eine Zahlung ab.

Der Kläger behauptet, der Zeuge M sei am 07.01.2020 gegen 2:30 Uhr in X die L### (S Straße) in Fahrtrichtung B51 gefahren, als es in Höhe der S Straße 64 in einer Rechtskurve zu einem Unfall gekommen sei, welcher durch einen dort umgestürzten und quer über der Straße liegenden Baum verursacht worden sei. Wegen der Rechtskurve sei der umgestürzte Baum so spät erkennbar gewesen, dass trotz eingeleiteter Notbremsung eine Kollision nicht mehr habe vermieden werden können. Mit einem auf der Fahrbahn liegenden Baum habe er gerade nicht rechnen müssen. Durch den Unfall sei das Fahrzeug beschädigt worden.

Die sich am Unfalltag am Unfallort befundenen Bäume einschließlich des umgestürzten Baumes hätten sich in einem für jedermann, insbesondere aber für die Baumkontrolleure des beklagten Landes erkennbar schlechten Vitalzustand mit Anzeichen der Totholzbildung in der Krone, Chlorosen, abgeplatzter Rinde sowie verfärbter Triebspitzen befunden. Diese Veränderungen hätten auch aus einem vorbeifahrenden Fahrzeug durch die ausreichend geschulten Baumkontrolleure des beklagten Landes erkannt werden können und müssen. Hiernach hätte bei einem weiteren Vorgehen eine eingehende Untersuchung der Bäume erfolgen müssen einschließlich der Bestimmung einschlägiger Pilzerreger. Diese Untersuchungen hätten den von dem beklagten Land behaupteten Befund der Wurzelfäule im Bauminneren hervorgebracht und die sofortige Fällung der Bäume indiziert.

Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 4.578,08 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27.02.2020 sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 492,54 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen

Das beklagte Land beantragt, die Klage abzuweisen.

Das beklagte Land behauptet, bezüglich des streitgegenständlichen Baums entsprechend den Vorgaben der Baumkontrollrichtlinie regelmäßig Kontrollen durchgeführt zu haben. Die letzte Kontrolle des streitgegenständlichen Baumes habe am 11.09.2019 durch den Mitarbeiter der Beklagten, Herrn T , stattgefunden, ohne dass in diesem Zusammenhang Auffälligkeiten oder äußerlich erkennbare Krankheitsanzeichen festgestellt worden seien. Auch im Rahmen der am 02.01.2020 durchgeführten Streckenkontrolle durch den Mitarbeiter, Herrn T1 , seien keine äußerlich erkennbar kranken bzw. umsturzgefährdeten Bäume vorhanden gewesen. Nach dem Schadensereignis sei durch den Mitarbeiter der Beklagten, den Zeugen T festgestellt worden, dass der Baum aufgrund einer sich ausschließlich im Bauminneren ausbreitenden Wurzelfäule abgebrochen wäre. Diese hätte bereits aus tatsächlichen Gründen nicht im Rahmen äußerlichen Sichtprüfung entdeckt werden können.

Es ist der Ansicht, dass dem beklagten Land keine schuldhafte Verkehrssicherungsverletzung vorzuwerfen sei, eine solche nicht kausal für den behaupteten Schaden geworden wäre und dem Sohn des Klägers ein haftungsausschließendes Eigenverschulden vorzuwerfen wäre.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.

Der Kläger hat gegen das beklagte Land keinen Anspruch auf Schadensersatz gemäß § 839 BGB i. V. m. Art 34 GG.

Es mangelt bereits an einem Verstoß gegen die dem beklagten Land obliegende Straßenverkehrssicherungspflicht.

Zwar ist das beklagte Land als Eigentümer und Träger der – hoheitlich als Amtspflicht ausgestalteten – Straßenbaulast gemäß §§ 2, 9, 9a, 43 StrWG NRW für den streitgegenständlichen Unfallort verkehrssicherungspflichtig. Im Rahmen dieser Verkehrssicherungspflicht hat es die Verkehrsteilnehmer vor den von der Straße ausgehenden und bei ihrer zweckgerechten Benutzung drohenden Gefahren zu schützen und dafür Sorge zu tragen, dass die Straße sich in einem dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis genügenden Zustand befindet, der eine möglichst gefahrlose Benutzung zulässt. In den Grenzen des technisch Möglichen und ihr wirtschaftlich Zumutbaren hat der Verkehrssicherungspflichtige dafür zu sorgen, dass von Straßenbäumen keine Gefahr für den fließenden und ruhenden Verkehr ausgeht. Dies hat eine Pflicht zur regelmäßigen Kontrolle in angemessenen Zeitabständen des Baumbestandes zur Folge (BGH, Urteil vom 04.03.2004, Az.: III ZR 225/03; BGH vom 02.07.2005 – V ZR 33/04 zitiert nach juris). Diese Kontrollpflicht umfasst eine Beschau vom Boden aus, wobei zur Frage der Häufigkeit dieser Baumbeschaukontrollen keine Einigkeit besteht. Eine schuldhafte Verletzung der Verkehrssicherungspflicht liegt jedenfalls nur dann vor, wenn Anzeichen verkannt oder übersehen worden sind, die nach der Erfahrung auf eine weitere Gefahr durch den Baum hinweisen.

Vor diesem Hintergrund fehlt es bereits an einer schlüssigen Darlegung einer schuldhaften Verkehrssicherungspflichtverletzung des beklagten Landes. Denn der Kläger hat weder substantiiert vorgetragen, was die Ursache des Versagens des Baums gewesen sei noch warum diese bei der letzten zumutbaren Kontrolle für das beklagte Land erkennbar gewesen sei. Ob der Kläger den Vortrag des beklagten Landes, der Baum sei an Wurzelfäule erkrankt gewesen, bestreiten will, wird nicht klar (vgl. Schriftsatz vom 02.09.2020, Seite 2, 3. Absatz). Falls ja, würde dies den Substantiierungsanforderungen nicht genügen, denn grundsätzlich muss der Kläger die anspruchsbegründenden Tatsachen vortragen. Wird dagegen das Vorhandensein der Wurzelfäule unterstellt, ist nicht ersichtlich, warum dies auch hätte erkannt werden können, denn es handelt sich um eine Krankheit, die sich im Inneren eines Baums ausbreitet. Überdies müsste der Kläger den Vortrag des beklagten Landes zu der am 11.09.2019 durchgeführten Kontrolle im Rahmen der ihn treffenden Beweislast widerlegen, wozu es an Beweisantritten fehlt.

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Ebenso wenig erschließt sich, warum der Kläger bestreitet, dass es sich um eine 20 Jahre alte Hainbuche gehandelt habe, die zehn Meter hoch gewesen sei. Da der Baum (unstreitig) beseitigt worden ist, lägen überhaupt keine zureichenden Anknüpfungstatsachen für eine etwaige Begutachtung vor.

Woher der Kläger dagegen die Informationen nimmt, der Baum habe sich in einem für jedermann erkennbar schlechten Vitalzustand mit Anzeichen von Totholzausbildung in der Krone, Chlorosen, abgeplatzter Rinde sowie verfärbter Triebspitzen befunden, kann nicht nachvollzogen werden. Selbst wenn dieser Vortrag jedoch nicht ins Blaue hinein erfolgt sein sollte, fehlt es an einem tauglichen Beweisantritt, denn ein Sachverständiger kann zu diesen Behauptungen im Nachhinein und ohne den Baum in Augenschein nehmen zu können, keine Feststellungen treffen.

Auf die Fragen eines etwaigen Mitverschuldens und der Schadenshöhe kam es demnach nicht mehr an.

In Ermangelung eines Hauptanspruches bestehen auch die geltend gemachten Nebenansprüche nicht.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11, 711 Satz 1 und 2 ZPO.

Der Streitwert wird auf 4.578,08 EUR festgesetzt.

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