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Verkehrsunfall – Schadenersatz wegen unfallbedingt vereitelter Eigenleistungen?

OLG Karlsruhe – Az.: 1 U 16/19 – Urteil vom 16.03.2020

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Mosbach vom 20.12.2018 – 1 O 311/15 – im Kostenpunkt aufgehoben und i.Ü. wie folgt abändernd neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

III. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits erster sowie zweiter Instanz, einschließlich der Kosten der Nebenintervention, zu tragen.

IV. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch den jeweiligen Vollstreckungsgläubiger durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aus diesem Urteil für diese vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger seinerseits vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der am 09.09.1977 geborene Kläger macht Schadensersatzansprüche aufgrund eines Verkehrsunfalls vom 26.05.2002 geltend, bei welchem er als auf der Rückbank unangeschnallt liegender Mitfahrer im von der Versicherungsnehmerin der Beklagten gesteuerten und gehaltenen, bei letzterer krafthaftpflichtversicherten Pkw erheblich verletzt wurde, namentlich eine Querschnittslähmung (Paraplegie) erlitt.

Die Haftung der Beklagten dem Grunde nach steht zwischen den Prozessparteien inzwischen außer Streit, nachdem das auch im vorliegenden Verfahren zuständige Landgericht im Vorprozess – 1 O 115/04 (vgl. die entsprechenden, nachfolgend nurmehr als solche bezeichneten „Beiakten“) – mit inzwischen rechtskräftigem Grundurteil vom 02.11.2005 auf eine (gesamtschuldnerische) Haftung der Beklagten (und ihrer Versicherungsnehmerin) für alle materiellen und immateriellen Schäden des Klägers unter Berücksichtigung eines Mitverschuldens von 15 % erkannt hat (vgl. auch bestätigendes Urteil des OLG Karlsruhe vom 15.12.2006 – 10 U 177/05 – und Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde gemäß BGH- Beschluss vom 04.11.2008 – VI ZR 33/07, S. Beiakten, dort OLG-Sonderband/AS 145 ff. bzw. 171 f. bzw. BGH-Band). Zudem hat das Landgericht – ebenfalls im Rahmen des Vorprozesses – mit rechtskräftigem Teilurteil vom 24.02.2012 über die geltend gemachten Ansprüche des Klägers auf Schmerzensgeld/-rente entschieden und ihm über die außergerichtlich von der Beklagten bereits gezahlten 150.000 EUR hinaus einen weiteren Anspruch auf eine Kapitalzahlung in Höhe von 75.000 EUR zuerkannt (vgl. Beiakten, dort I 2303 ff.). Mit weiterem Teilurteil des Landgerichts vom 22.06.2012 hat das Landgericht im Vorprozess diverse Schadensersatzpositionen, u.a. auch die auf Feststellung, Freistellung oder Zahlung der Kosten des Grundstückserwerbs und Errichtung eines behindertengerechten Neubaus eines Wohnhauses mit Einliegerwohnung nach Architektenplanung, verbeschieden, namentlich die letztgenanntes Begehren betreffenden Anträge abgewiesen. Die u.a. hiergegen eingelegte Berufung des Klägers hat der Senat mit Urteil vom 12.08.2013 – 1 U 132/12 – verbeschieden, speziell das – prozessual leicht modifizierte – auf Letztgenanntes gerichtete Begehren bzgl. des Grundstückserwerbs nebst Wohnhauserrichtung zurückgewiesen. Nach einem Teilvergleich der Parteien vor dem Landgericht hat dieses zuletzt mit Schlussurteil vom 05.02.2016 – 1 O 115/04 – über den geltend gemachten (weiteren) Verdienstausfall entschieden – bestätigt vom Senat mit Urteil vom 28.04.2017 – 1 U 54/16.

Im vorliegenden Prozess begehrt der Kläger nunmehr Ersatz von Mehrkosten für die behinderungsbedingt notwendige Mehrfläche im Rahmen der tatsächlich erfolgten Errichtung eines Wohnhausneubaus, von Mehrkosten wegen unfallbedingt vereitelter Eigenleistungen bei dieser Errichtung (s. Klageantrag Ziff. 1) sowie von laufenden, behinderungsbedingten Haushalts- bezogenen Verbrauchs- und Aufwands-Mehrkosten (s. Klageantrag Ziff. 2).

Der Kläger, der zum Unfallzeitpunkt das Dachgeschoss des Wohnhauses seiner Eltern bewohnte, erwarb während des Vorprozesses, ein – nach eigenen Angaben 890 qm großes – (Hang-) Grundstück und ließ nachfolgend hierauf ein Neubau-Wohnhaus mit Untergeschoss/Keller, Erdgeschoss und Dachgeschoss errichten. Der Kläger bewohnt dort nach eigenen Angaben seit Oktober 2015 (vgl. BB Kl., S. 2/3) eine Wohnfläche von 157,25 qm; insgesamt verfügt das Gebäude über eine Fläche von 446,42 qm.

Der Kläger hat insoweit erstinstanzlich geltend gemacht, er habe einen behinderungsbedingten Wohnflächenmehrbedarf i.H.v. 30%. Die Kosten für den Neubau des Einfamilienhauses insgesamt hätten ca. 400.000 EUR betragen, wovon sonach 171.955 EUR auf den durch die Unfallfolgen bedingten Mehrbedarf entfallen seien und zwar zum einen schon wegen Flächenmehrbedarfs, zum anderen aufgrund behindertengerechter Ausstattung des Hauses (wg. der Einzelheiten vgl. die Aufstellung in Anl. K 1 = I 47). Davon seien ihm 85 % zu ersetzen. Außerdem hätte er – der Kläger -, wäre er nicht durch den Unfall verletzt worden, bei der Errichtung des gesamten Neubaus Eigenleistungen erbracht, welche ihm Lohnkosten für die Fremdvergabe von Arbeiten im Gesamtvolumen von brutto 53.401,96 EUR erspart hätten. Zu den Arbeiten sei er aufgrund seiner handwerklichen Ausbildung zum CNC-Fräser und zuvor regelmäßig am elterlichen Wohnhaus und im väterlichen Nebenerwerbsbetrieb erbrachter ähnlicher handwerklicher Arbeiten auch befähigt gewesen.

Davon unabhängig entstünden ihm – dem Kläger – aufgrund des Unfalls behinderungsbedingte laufende Mehrkosten in Gestalt von erhöhten Heiz-, Strom- und Wasserkosten, und v.a. Wartungs- und Reparaturkosten für Installationen, insbesondere für den Aufzug, und wegen stärkerer Beanspruchung als Folge der Nutzung des Hauses mit einem Rollstuhl sowie für Gartenarbeiten und Winterdienst bezogen auf die gesamte Wohnfläche i.H.v. voraussichtlich 6.700 EUR p.a. Eine endgültige Bewertung der Mehrkosten sei insoweit noch nicht möglich, weil das Wohnanwesen noch nicht fertiggestellt sei. Daher sei auch ein Feststellungsantrag zulässig; hilfsweise schätze der Kläger den Mehraufwand jedoch auf 250 EUR im Monat, wie mit dem hilfsweisen Leistungsantrag geltend gemacht werde.

Seinem ehemaligen Prozessbevollmächtigten aus erster Instanz des Vorprozesses, RA Dr. B., hat der Kläger erstinstanzlich den Streit verkündet; letzterer ist dem Prozess auf Seiten der Beklagte beigetreten.

Der Kläger hat demnach in erster Instanz beantragt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 179.789,45 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger die laufenden Mehrkosten für die Nutzung seines Anwesens, zu 85 % zu erstatten.

Hilfsantrag zu 2:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger, beginnend ab 01.10.2015, vierteljährlich im Voraus dem 1. des Monats des jeweiligen Kalendervierteljahres eine Rente in Höhe von 750,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus fälligen Rentenbeträge ab dem jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt zu bezahlen.

3. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von einer Forderung der Klägervertreter für die Vertretung im vorgerichtlichen Verfahren in Höhe von 3.006,42 EUR freizustellen.

Die Beklagte hat Klagabweisung beantragt.

Der Streithelfer hat ebenfalls Klagabweisung beantragt.

Die Beklagte und der Streithelfer haben hierfür erstinstanzlich geltend gemacht, der Zulässigkeit des Klageantrags Ziff. 1 stünde schon die Rechtskraft des am 12.08.2013 verkündeten Berufungsurteils des OLG Karlsruhe entgegen; denn dieses Urteil habe sämtliche Anträge des Klägers betreffend die Kosten für die Errichtung eines behindertengerechten Neubaus auf dem Grundstück in Buchen als unbegründet abgelehnt. Es liege mit dem jetzigen Klageantrag Ziff. 1 derselbe Streitgegenstand vor. Eine Reduzierung des jetzigen Klageantrages gegenüber dem in der damaligen Berufungssache anhängigen Antrag ändere daran nichts. Hilfsweise hat die Beklagte eingewandt, wegen der Behinderung des Klägers seien keine Mehrkosten von annähernd 171.955 EUR bei der Errichtung des Wohnhauses angefallen. Überdies habe der Kläger im Zeitpunkt des Unfalls gar nicht – wie für einen entsprechenden Schadensersatzanspruch jedoch erforderlich – die Absicht gehabt, ein Haus zu errichten. Ferner sei zu bestreiten, dass der Kläger zu Eigenleistungen im geltend gemachten Umfang überhaupt zeitlich wie auch fachlich in der Lage gewesen wäre.

Hinsichtlich des Klageantrags Ziff. 2 seien die Höhe der geltend gemachten laufenden Mehrkosten zu bestreiten und wären diese – ggfs. – jedenfalls um den Mitverschuldensanteil des Klägers i.H.v. 15 % zu kürzen.

Mit dem angefochtenen Urteil, auf welches wegen der Einzelheiten des Sachverhalts, der Prozessgeschichte, des Vorbringens wie auch der erstinstanzlichen Anträge der Parteien, des Ergebnisses der durchgeführten Beweisaufnahme (Einholung eines schriftlichen Gutachtens [GA I] nebst zweier Ergänzungsgutachten [GA II und III] sowie Anhörung [GA IV] der Sachverständigen Dipl.-Ing. [FH] Hocher-Brendel, vgl. wegen der schriftlichen Gutachten die jeweiligen Sonderbände, i.Ü. das Protokoll über den Termin vom 26.08.2018/I 647 – 651 R nebst übergebener Unterlagen, I 659 – 685, sowie schließlich die schriftliche Ergänzung v. 29.09.2018 /I 735 – 757 und Vernehmung des Bruders des Klägers in vorgenanntem Termin, vgl. I 651R – 655) sowie der Entscheidungsgründe Bezug genommen wird, hat das Landgericht in der Hauptsache wie folgt entschieden:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 46.575,90 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27.01.2016 zu bezahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger, beginnend ab 01.10.2015, vierteljährlich im Voraus dem 1. des Monats des jeweiligen Kalendervierteljahres eine Rente in Höhe von 750,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus fälligen Rentenbeträge ab dem jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt zu bezahlen.

3. Beklagte wird verurteilt, den Kläger von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.954,46 EUR freizustellen.

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Das Landgericht hat dies im Wesentlichen wie folgt begründet:

Die Klage sei teilweise zulässig und im Rahmen ihrer Zulässigkeit auch überwiegend begründet. Klageantrag Ziff. 1 sei nur bezüglich des begehrten Ersatzes von vereitelten Eigenleistungen zulässig, im Übrigen jedoch wegen entgegenstehender Rechtskraft unzulässig. Dieser Klageantrag Ziff. 1 setze sich zusammen aus begehrtem Schadensersatz für entstandene Baumehrkosten für die Errichtung der nach Klägeransicht behindertenbedingt notwendigen Mehrfläche seines Wohnhaus-Neubaus sowie für nicht mögliche Eigenleistungen des Klägers bei der Errichtung des gesamten Neubaus. Bzgl. der geltend gemachten Baumehrkosten für den angeblichen behinderungsbedingten Flächenmehrbedarf sei der Antrag schon unzulässig. Es stehe dem Klageantrag insoweit die Rechtskraft des Teilurteils vom 22.06.2012 des Landgerichts Mosbach – 1 O 115/04 – (OLG Karlsruhe – Senat – 1 U 132/12 -) entgegen, in welchem derartige Ansprüche bereits zurückgewiesen worden seien. Insoweit liege derselbe Streitgegenstand vor. Nach der vorherrschenden, am Wortlaut des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO orientierten Auffassung sei der Streitgegenstand grundsätzlich zweigliedrig, d.h. anhand des Klageantrags und des zur Begründung vorgetragenen Lebenssachverhalts zu bestimmen. Namentlich einem Zahlungsantrag sei schließlich ohne Rückgriff auf den vorgetragenen Lebenssachverhalt nicht zu entnehmen, welchen Anspruch die klagende gegenüber der beklagten Partei geltend mache. Der Lebenssachverhalt sei hier indes bzgl. der geltend gemachten Errichtungsmehrkosten identisch mit demjenigen Sachverhalt, auf den der Klageantrag auf Erstattung der Errichtungskosten für einen behindertengerechten Neubau insgesamt im Verfahren – 1 O 115/04 – bzw. dem Berufungsverfahren, OLG Karlsruhe – 1 U 132/12 -, gestützt worden sei. Es gehe weiterhin um die Kosten der Errichtung eines Neubaus auf demselben Grundstück in Buchen. Der Umstand, dass sich die im damaligen Verfahren vorliegende Planung des Architekten und die nun tatsächlich durch den Kläger umgesetzte Planung unterschieden, ändere daran nichts. Der damalige Streitgegenstand sei nicht – wie der Kläger meine – auf die damalige Planung beschränkt gewesen; es sei vielmehr um die Freistellung von Kosten für die Errichtung eines Neubaus auf dem klägerischen Grundstück gegangen. Dass die neuerliche Planung nun kleiner ausgefallen sei und der Kläger vorliegend nur noch Erstattung der Errichtungskosten für eine Mehrfläche verlange, ändere nichts daran, dass dem jetzigen Klageantrag derselbe Lebenssachverhalt zu Grunde liege wie dem damaligen Prozess. Der Kläger begehre jetzt lediglich quantitativ weniger, allerdings qualitativ dasselbe. Er begehre Ersatz von der Beklagten für die Errichtung eines Neubaus. Einen solchen Anspruch habe das OLG Karlsruhe im genannten Berufungsverfahren jedoch rechtskräftig abgewiesen.

Im Übrigen, d.h., soweit er auf den Ersatz von nicht möglichen Eigenleistungen gerichtet sei, sei der Klageantrag Ziff. 1 hingegen zulässig; es liege insoweit ein anderer Streitgegenstand vor. Dieser Antrag sei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme auch im tenorierten Umfang begründet.

Klageantrag Ziff. 2 sei im Hauptantrag unzulässig, im Hilfsantrag jedoch zulässig. Der Feststellungsantrag Ziff. 2 sei mit Blick auf den Vorrang der Leistungsklage unzulässig, weil der behauptete Mehrbedarf konkret beziffert werden könne und dies auch zumutbar sei. Im Übrigen sei der Feststellungsantrag nicht gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hinreichend bestimmt, denn es würden nicht die Mehrkosten benannt, welche die Beklagte zu ersetzen hätten. Der Hilfsantrag Ziff. 2 sei demgegenüber zulässig, erfülle namentlich auch die Voraussetzungen des § 258 ZPO. Es handele sich um wiederkehrende Leistungen, die nicht von einer Gegenleistung abhängig seien. Die entsprechenden Grundlagen für eine Prognose, ob dem Kläger auch für die Zukunft ein Anspruch mit ausreichender Sicherheit zustünde, seien dargelegt.

Soweit zulässig, seien die Klaganträge auch begründet. Der Kläger habe gegen die Beklagte einen Anspruch auf Erstattung von 46.575,90 EUR für Bruttolohnkosten wegen vereitelter Eigenleistungen bei der Errichtung seines Neubaus gemäß § 249 ff. BGB. Die Kammer gehe aufgrund der Gesamtumstände davon aus, dass der Kläger auch bereits vor dem Unfallereignis im Alter von damals 23 Jahren tatsächlich die Absicht gehabt habe, später in seinem Leben ein Einfamilienhaus zu errichten; des Gleichen, dass der Kläger die erforderlichen handwerklichen Fähigkeiten und Kapazitäten gehabt hätte. Mit der Sachverständigen sei auch nicht davon auszugehen, dass sich kein Unternehmer auf solche (ergänzenden) Eigenleistungen eingelassen hätte. Der Schaden des Klägers liege in den aufzuwendenden Bruttolohnkosten für die Fremdvergabe entsprechender Arbeiten, die er gespart hätte, hätte er die entsprechenden Eigenleistungen erbringen können, mithin einschließlich der Mehrwertsteuer. Die vom Kläger in Ansatz gebrachten Stunden habe die Sachverständige anschaulich und für jedes Gewerk einzeln untersucht, bestätigt und jeweils belegt. Hieraus ergäben sich 54.795,18 EUR an Bruttolohnkosten; bei der Haftung der Beklagte von 85% seien folglich 46.575,90 EUR zu erstatten. Dieser Anspruch sei auch nicht auf die behinderungsbedingt notwendige Mehrfläche des Hauses zu beschränken. Denn bei normalem Verlauf seines Lebens hätte der Kläger ohne den Unfall entsprechend der Lebensplanung seines älteren Bruders eine Familie gegründet und ein Eigenheim errichtet; dann hätte er aber auch alle Eigenleistungen bzgl. des ganzen Hauses erbracht.

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Außerdem habe der Kläger Anspruch auf eine wiederkehrende vierteljährliche Rente i.H.v. 750 EUR jeweils im Voraus zum 1. eines Monats für laufende Mehrkosten gemäß §§ 843 Abs. 1 u. 2, 760 BGB wegen vermehrter Bedürfnisse. Konkret stehe dem Kläger ein monatlicher Betrag i.H.v 15,28 EUR für Mehraufwendungen für laufende Verbrauchskosten (Strom, Wasser und Heizung für die behindertengerechte Mehrfläche) und ein monatlicher Betrag von 492,22 EUR für laufende Mehraufwendungen für Hilfe im Haushalt und Alltag (Putzhilfe, Winterdienst etc.) zu; und zwar bzgl. der Gesamtfläche des Hauses des Klägers. Denn es sei dessen freie Entscheidung wie er leben möchte. Wäre er durch den Unfall nicht verletzt worden, könnte er aber seinen Haushalt insgesamt selbst führen. Eine Kürzung auf die behinderungsbedingte Mehrfläche sei diesbezüglich daher nicht angezeigt. Dass diese Arbeiten durch den Kläger aktuell jedenfalls gar nicht fremdvergeben seien, sondern von Familienmitgliedern übernommen würden, stehe dem Ersatzanspruch nicht entgegen (vgl. § 843 Abs. 4 BGB). Ansprüche bzgl. des eingebauten Personenaufzugs bestünden indes keine, denn der Kläger habe keinen Anspruch auf einen Aufzug als solchen, mithin auch nicht auf die für dessen Betrieb anfallenden Kosten. Für das Rasenmähen bestehe überdies jedenfalls kein Anspruch auf Rentenzahlung für die Vergangenheit, weil der Garten des Klägers bis zuletzt noch gar nicht angelegt gewesen sei.

Unter Zugrundelegung der Haftungsquote von 85 % bestehe rechnerisch ein Rentenanspruch in Höhe von 252,50 EUR monatlich bzw. 757,50 EUR je Quartal. Insgesamt könne der Kläger folglich die mit dem Hilfsantrag zu Klageantrag auf Klageantrag Ziff. 2 geforderten 750 EUR je Quartal beanspruchen.

Zuletzt habe der Kläger ferner einen Anspruch gegen die Beklagte auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten i.H.v. 1.954,46 EUR, entsprechend einer 1,3-fachen Geschäftsgebühr aus einem Gegenstandswert von 57.075,90 EUR.

Gegen dieses landgerichtliche Urteil wenden sich beide Seiten mit selbstständigen Berufungen.

Die Beklagte, der das Urteil am 02.01.2019 zugestellt wurde, und – ihr nach wie vor streithelfend – auch der Nebenintervenient begehren mit der am 23.01.2019 eingegangenen und binnen verlängerter Frist begründeten Berufung unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens weiterhin eine vollständige Klagabweisung. Sie machen dafür im Wesentlichen geltend, bei korrekter Bewertung der Sach- und Rechtslage hätte das Landgericht auch hinsichtlich der – angeblich – vereitelten Eigenleistungen bzgl. Errichtung des Hauses infolge Identität des Streitgegenstandes davon ausgehen müssen, dass einer Verurteilung der Beklagten die Rechtskraft des Berufungsurteils des OLG Karlsruhe – 1 U 132/12 – entgegenstehe. Zu Unrecht habe das Landgericht i.Ü. eine bereits im Unfallzeitpunkt bestehende Absicht des Klägers zur Verwirklichung eines entsprechenden Bauvorhabens angenommen; solcherlei sei vom Kläger noch nicht einmal behauptet, erst Recht jedoch nicht erfolgreich unter Beweis gestellt worden. Der Kläger sei für die angeblich vereitelten Eigenleistungen in verschiedensten Gewerken auch gar nicht fachlich hinreichend qualifiziert gewesen; tragfähige Feststellungen für das Gegenteil habe das Landgericht nicht getroffen; Entsprechendes gelte für den behaupteten, ganz erheblichen zeitlichen Umfang der Eigenleistungen; maßgeblich seien alleine Umfang und Wert realistischer Eigenleistungen i.V.m. der erforderlichen Zeit professioneller Handwerker. Auch zu den nötigen finanziellen Ressourcen wie etwa auch zum Erwerb notwendiger Baumaterialen sei ebenso wenig etwas vorgetragen worden wie zum Vergleich des Gesamtaufwands mit und ohne Eigenleistungen; soweit Vater und Bruder des Klägers umsonst für den Kläger gearbeitet hätten, sei davon auszugehen, dass dies auch ohne den Unfall so geschehen wäre.

Unrichtigerweise habe das Landgericht die exorbitant hohe Wohnfläche des Neubaus für schadensrechtlich irrelevant gehalten und sogar zusätzlich noch die angeblich behinderungsbedingte Mehrbedarfsfläche berücksichtigt. Richtigerweise hätten auch Putz-, Aufräumkosten oder solche für Winterdienst alleine für eine angemessene Wohnfläche in Ansatz gebracht werden dürfen. Maß und Bewertung der angesetzten Positionen blieben bestritten, beispielsweise, dass für Winterdienst 40 EUR/h angemessen seien; zumal solche, wie zu Recht vom Landgericht festgestellt, aktuell vom Kläger auch gar nicht fremd vergeben seien. Alleine dies müsste richtigerweise ohnedies dazu führen, dass allenfalls – wie bei der Mithilfe von nahen Angehörigen im Haushalt – Nettobeträge angesetzt werden dürften.

Der Streithelfer macht ergänzend v.a. noch geltend, das Landgericht habe im unterstellten Einverständnis der Parteien im schriftlichen Verfahren entschieden, obschon er – der Streithelfer – dem ausdrücklich entgegen getreten gewesen sei, und hätte zudem auch mit Blick auf das erst mit Streithelfer-Schriftsatz vom 26.10.2018 mögliche Vorbringen die mündliche Verhandlung wiedereröffnen müssen. Der behinderungsbedingte Mehraufwand an Strom-, Wasser und Heizung hätte klägerseits längst konkret vorgetragen und belegt werden können und müssen, statt lediglich abstrakt; zu einem solchen höheren Heizungsmehrbedarf habe auch die Sachverständige Belastbares nicht festgestellt. Mit der Annahme des Landgerichts, der Kläger hätte ohne die unfallbedingte Verletzung die Putz-, Aufräum- und Winterdienste insgesamt selbst erbringen und seinen Haushalt selbst führen können, sei übersehen worden, dass nicht einmal vorgetragen worden sei, der Kläger habe dies zum Unfallzeitpunkt getan.

Soweit rückwirkend Rentenansprüche zuerkannt worden seien, hätte dargelegt worden sein müssen, dass tatsächlich Fremdvergaben erfolgt und dem Kläger dadurch Aufwendungen entstanden seien, zumal – wie bereits erstinstanzlich vorgetragen – der Kläger in einem Parallelverfahren gegen den Nebenintervenienten ausdrücklich eingeräumt habe, Schwarzgeldzahlungen erhalten zu haben; der diesbezügliche hilfsweise Vortrag, dass der Kläger Schwarzgeldzahlungen an Putzhilfen, Aufräumer, Rasenmäharbeiter und für Winterdienst getätigt habe, sei unbestritten geblieben; Schwarzgeldzahlungen seien indes kein Schaden. Die Möglichkeit von Aufsitzrasenmähern sei i.Ü. ignoriert und „kleinere Reparaturarbeiten“ seien nicht konkretisiert worden.

Bzgl. der Anwaltskosten sei bestritten gewesen, dass der Kläger dieselben bezahlt habe.

Die Beklagte und der Streithelfer beantragen sonach, die Abänderung des Urteils des Landgerichts und Klagabweisung.

Der Streithelfer beantragt – zusätzlich – hilfsweise die Zurückverweisung an das Landgericht.

Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Berufung der Beklagte/des Streithelfers.

Insoweit verteidigt der Kläger die angefochtene Entscheidung als zutreffend.

Der Kläger, dem das landgerichtliche Urteil am 07.01.2019 zugestellt wurde, verfolgt mit seiner selbstständigen, am 04.02.2019 eingegangenen und binnen – ebenfalls – verlängerter Frist begründeten Berufung sein erstinstanzliches Klageziel – soweit abgewiesen – unter Wiederholung und Vertiefung seines dortigen Vorbringens (mit Ausnahme des ursprünglichen Hauptantrags Ziff. 2) jedenfalls im Wesentlichen weiter.

Entgegen der Ansicht des Landgerichts stehe dem Begehren des Klägers auf Erstattung behinderungsbedingter Baumehrkosten nicht die Rechtskraft der Entscheidung des Senats – 1 U 132/12 – entgegen; denn es handele sich wegen unterschiedlicher Bauvorhaben (dort aufgrund der Planung/Kostenschätzung von Architekt W.; hier die z.B. auch bzgl. der ausgebauten Wohnfläche und Einbauten verringerte, kostengünstigere und tatsächlich realisierte Planung der Architekten N.) um verschiedene Streitgegenstände, nicht hingegen etwa um eine bloße Teilforderung der zuvor geltend gemachten Forderung. Unabhängig davon sei zu beachten, dass die Beklagte unter Berufung auf die vorgenannte Entscheidung ab 10.09.2013 die Bezahlung der Miete für die vom Kläger seinerzeit bewohnte Wohnung eingestellt habe, mithin überhaupt keine Zahlungen mehr auf den Wohnmehrbedarf des Klägers erbringe. Feststellungen zu den behinderungsbedingten Mehrkosten für die Herstellung des Wohnhauses, die sich nach weiterhin vertretener Klägeransicht auf (mindestens) 171.955 EUR beliefen (wovon die Beklagte 85%, d.h. 146.161.75 EUR schulde), habe das Landgericht folgerichtig nicht getroffen, was nachzuholen sei. Zusammen mit den vom Landgericht i.H.v. wegen vereitelter Eigenleistungen zugesprochenen 46.575,90 EUR ergebe sich der nunmehr angepasste Antrag Ziff. 1. Die Rentenzahlungen gemäß Antrag Ziff. 2 seien für die Zeit ab 01.04.2019 – gemäß § 323 ZPO – anzupassen. Kosten für Heckenschnitt, Pflege der Pflanzbeete und Aufzugswartung würden nach wie vor hilfsweise zur Begründung der monatlichen Rente herangezogen. Die Kosten für Rasenmähen fielen inzwischen an, denn der Außenbereich des Anwesens sei zwischen Ende November 2018 und Februar 2019 fertig gestellt worden, der Rasen nach Ende der Frostperiode 2019 eingesät worden, sodass dieser in der folgenden Wachstumsperiode anwachsen könne; zudem seien Sträucher eingepflanzt und Pflanzbeete angelegt worden. Entsprechende Gartenpflegekosten fielen daher nunmehr, spätestens ab April 2019 an. Alleine für das Rasenmähen fielen nach der Sachverständigen 3.600 EUR p.a. an, mithin bei 85% monatlich 255 EUR. Dem sei mit der Erhöhung des Rentenanspruchs ab April 2019 Rechnung zu tragen; hilfsweise werde dieser auch mit den weiteren Gartenpflegekosten begründet.

Der Kläger beantragt sonach folgende abändernde Neufassung des angefochtenen Urteils:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 192.737,65 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger, vierteljährlich im Voraus zum 01. des ersten Monats des jeweiligen Kalendervierteljahres eine Rente in Höhe von

– 750,00 EUR für jeweils ein Kalendervierteljahr im Zeitraum vom 01.10.2015 bis zum 31.03.2019 sowie

– 1.515,00 EUR für jeweils ein Kalendervierteljahr im Zeitraum ab 01.04.2019

nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus fälligen Rentenbeträgen ab dem jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt zu bezahlen.

3. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von einer Forderung der Klägervertreter für die Vertretung im vorgerichtlichen Verfahren in Höhe von 3.006,42 EUR freizustellen.

Hilfsweise anstelle obiger Anträge: das Urteil des Landgerichts Mosbach vom 20.12.2018, Aktenzeichen 1 O 311/15 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung über die Berufungsanträge an das Landgericht zurückzuverweisen.

Die Beklagte und der Streithelfer beantragen die Zurückweisung der Berufung des Klägers.

Insoweit verteidigen sie die angefochtene Entscheidung als zutreffend.

Der Senat hat die Akten des Vorprozesses, Landgericht Mosbach – 1 O 115/04 (nebst Rechtsmittelakten Oberlandesgericht Karlsruhe – Senat – 1 U 132/12 – und – 1 U 54/16 -) – beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht und mit den Parteien am 03.02.2020 mündlich verhandelt. Anschließende Vergleichsbemühungen blieben erfolglos. Wegen des Ergebnisses des Termins wird auf das hierüber erstellte Protokoll Bezug genommen.

Wegen der Einzelheiten des Berufungsvorbringens der Parteien wird auf deren in zweiter Instanz gewechselte Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die statthaften, auch im Übrigen zulässigen, namentlich form- und fristgerecht eingereichten und begründeten Berufungen von Kläger und Beklagter, haben in der Sache unterschiedlichen Erfolg: Die Berufung des Klägers hat keinen, die Berufung der Beklagten hingegen Erfolg.

1. Ohne Erfolg ist zunächst die Berufungsrüge des Streithelfers/Nebenintervenienten (NI), das Landgericht habe prozessordnungswidrig und unter Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG im unterstellten Einverständnis der Parteien im schriftlichen Verfahren entschieden, obschon er – der Streithelfer – dem ausdrücklich entgegen getreten gewesen sei, und hätte zudem auch mit Blick auf das erst mit Streithelfer- Schriftsatz vom 26.10.2018 mögliche Vorbringen die mündliche Verhandlung wiedereröffnen müssen, sodass das angefochtene Urteil schon deshalb aufzuheben und die Sache ans Landgerichts zurückzuverweisen sei (vgl. BB NI, S. 2).

a) Zwar steht einem Streithelfer/Nebenintervenienten ein eigener, originärer Anspruch auf rechtliches Gehör zu (vgl. BGH NJW 2009, 2679, Rn. 14; BAG NZA 2018, 809). Der Anspruch auf rechtliches Gehör der Parteien verpflichtet indessen zwar ein (Zivil-)Gericht, Verfahrensbeteiligten Gelegenheit zu geben, sich vor Erlass einer gerichtlichen Entscheidung zu dem dieser zu Grunde liegenden Sachverhalt zu äußern, das Vorbringen zur Kenntnis zu nehmen und zu würdigen (vgl. BVerfGE 84, 188, 190; 86, 133, 144 f.; NJW 2003, 2524). Die Nichtberücksichtigung von Vorbringen kann daher den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzen, wenn jene im Prozessrecht keine Stütze findet.

Dass danach der Anspruch des Nebenintervenienten hier – zumal entscheidungserheblich – verletzt worden wäre, lässt sich jedoch nicht feststellen.

b) Das mit Schriftsatz vom 05.11.2018 ausdrücklich versagte Einverständnis des Nebenintervenienten in eine Entscheidung gemäß § 128 Abs. 2 ZPO (vgl. I 819) war zivilprozessual gemäß § 67 ZPO unbeachtlich. Denn sowohl der Kläger (vgl. I 821) als auch – vor allem – die vom Nebenintervenienten prozessual unterstütze Beklagte (vgl. I 823) haben ausdrücklich ihr Einverständnis in ein solches Vorgehen erteilt. Aufgrund letztgenannten Einverständnisses der Beklagten vom 15.11.2018 (I 823) kam es prozessual auf den Widerspruch des Nebenintervenienten nicht mehr an. Denn nach § 67 ZPO ist der Streithelfer zwar berechtigt, Angriffs- und Verteidigungsmittel geltend zu machen und alle Prozesshandlungen für die von ihm unterstützte Partei wirksam vorzunehmen; dies allerdings nur, solange und soweit seine Erklärungen und Handlungen mit Erklärungen und Handlungen der von ihm unterstützten Hauptpartei nicht in Widerspruch stehen. Das ist Konsequenz der bloß unterstützenden Rolle des Nebenintervenienten in einem für ihn fremden Prozess (vgl. BGH, NJW 2010, 1377, Rn. 7; Zöller-Althammer, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 67, Rn. 1 m.w.N.), weswegen etwa auch die vom Nebenintervenienten eingelegte Berufung – wie hier – alleine ein Rechtsmittel der Beklagten darstellt (vgl. Zöller-Heßler, a.a.O., Vor § 511, Rn. 24 m.w.N.). Folgerichtig ist völlig zu Recht anerkannt, dass ein Streithelfer zwar grundsätzlich durchaus ein Einverständnis mit schriftlicher Entscheidung wirksam erklären oder auch versagen kann; dies jedoch nur, sofern und solange die von ihm unterstützte Hauptpartei dem nicht widerspricht (vgl. BayObLG, Urteil vom 23.09.1963 – Rreg. 1 Z 115/61, NJW 1964, 302; vgl. auch MünchKommZPO-Fritsche, 5. Aufl. 2016, § 128, Rn. 29; Musielak/Voit/Stadler, 16. Aufl. 2019, ZPO § 128 Rn. 13; BeckOKZPO-von Selle, 01.09.2019, § 128, Rn. 24; Zöller-Greger, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 128 ZPO, Rn. 4).

Letzteres ist hier indessen unbestritten geschehen. Art. 103 Abs. 1 GG ist folglich nicht verletzt.

Aus Art. 103 Abs. 1 GG ergibt sich insoweit – entgegen der Berufung – im Gegenteil sogar, dass der Beklagten als vom Nebenintervenienten unterstützter Hauptpartei Gelegenheit gegeben werden musste, sich ihrerseits zur Erklärung des Streithelfers zur Frage einer schriftlichen Entscheidung noch zu positionieren (vgl. BayObLG, a.a.O.), wovon sie mit ihrem o.g. Schreiben vom 15.11.2018 auch Gebrauch gemacht hat.

c) Davon abgesehen hat der Nebenintervenient auch weder dargetan noch ist dies sonst erkennbar, dass er durch das landgerichtliche Vorgehen nach § 128 Abs. 2 ZPO im Einvernehmen mit dem Kläger und den Beklagte, d.h. beiden Prozessparteien, daran gehindert worden wäre, binnen der gesetzten Stellungnahmefrist zur Sache vorzutragen. Im Gegenteil. Schließlich macht er selbst geltend, bereits mit Schriftsatz vom 26.10.2018 erheblichen Neuvortrag gehalten zu haben.

d) Dass die Voraussetzungen für eine Pflicht des Landgerichts zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nach § 156 Abs. 2 ZPO vorgelegen hätten, macht der Nebenintervenient (sonach) nachvollziehbar schon nicht geltend, entbehrt aber auch sonst jeden Anhaltspunkts. Erst Recht gilt dies für eine Wiedereröffnung entsprechend § 156 Abs. 1 ZPO nach richterlichem Ermessen.

2. Zulässigkeit

2.1. Zu Recht hat das Landgericht entschieden, dass Klageantrag Ziff. 1 bezüglich des begehrten Ersatzes von vereitelten Eigenleistungen zulässig ist, denn über ein solches Begehren konnte – anders als Beklagte und Streithelfer mit ihrer Berufung geltend machen – im Vorprozess der Parteien, LG Mosbach – 1 O 115/04 – sowie OLG Karlsruhe, Senat – 1 U 132/12 – mangels diesbezüglichen Antrags noch gar nicht entschieden werden. Abweichendes zeigen die Beklagte und der Streithelfer auch mit ihrer Berufung nicht auf.

2.2. Zutreffend hat das Landgericht – wie im Termin zur mündlichen Verhandlung über die Berufungen eingehend erörtert (vgl. Protokoll vom 03.02.2020, S. 2) – in der angefochtenen Entscheidung im Übrigen darauf erkannt, dass Klageantrag Ziff. 1 gerichtet auf Zahlung von Schadensersatz für entstandene Baumehrkosten (i.H.v. [mindestens] 171.955 EUR bei 85%iger Haftung, daher 146.161,75 EUR, vgl. BB Kl., S. 7) für die Errichtung der nach Klägeransicht behindertenbedingt notwendigen Mehrfläche bzw. -ausstattung seines Neubauanwesens unzulässig ist, weil – infolge Identität des Streitgegenstands – die Rechtskraft des Teilurteils vom 22.06.2012 des Landgerichts Mosbach – 1 O 115/04 – i.V.m. dem Berufungsurteil des OLG Karlsruhe, Senat – 1 U 132/12 – entgegen stehe.

a) Die materielle Rechtskraft gehört zu den Kernelementen des deutschen Zivilprozessrechts. Sie führt dazu, dass der Inhalt einer formell rechtskräftigen, d.h. mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht mehr anfechtbaren Entscheidung (vgl. § 705 ZPO) für die Parteien des Rechtsstreits verbindlich ist. Den Parteien ist es nicht mehr möglich, nochmals über denselben Streitgegenstand vor Gericht zu streiten. Damit sichert die materielle Rechtskraft den Rechtsfrieden. Praktisch lassen sich zwei Wirkungen der Rechtskraft in Folgeprozessen unterscheiden: Streiten sich die Parteien in einem Folgeprozess über denselben Gegenstand, ist die Klage unzulässig und ist damit ohne Sachprüfung abzuweisen („ne bis in idem“). Streiten sich die Parteien in einem Folgeprozess über einen anderen Gegenstand, ist aber die im Vorprozess rechtskräftig festgestellte Rechtsfolge im Folgeprozess vorgreiflich (Präjudizialität), so ist das Gericht im Folgeprozess an die rechtskräftige Entscheidung aus dem Vorprozess gebunden, ist damit der Inhalt der rechtskräftigen Entscheidung aus dem Vorprozess ohne Sachprüfung zugrunde zu legen (vgl. zu alledem bspw.: BGH, Urt. v. 24.06.1993 – III ZR 43/92 – juris, Rn. 7 ff., 13 ff. = NJW 1993, 3204; BGH, Urt. v. 14.07.1995 – V ZR 171/94 -, juris, Rn. 8; BGH, Beschl. v. 22.09.2016 – V ZR 4/16, juris, Rn. 13 ff.; BAG, Urt. v. 15.6.2016 – 4 AZR 485/14 , juris, Rn. 39 ff. = NZA 2017, 595; BeckOK ZPO/Gruber, 34. Ed. 01.09.2019, ZPO § 322, vor Rn. 1; Musielak/Voit/Musielak, ZPO, 16. Aufl. 2019, § 322 Rn. 1-3; Rosenberg/Schwab/Gottwald, ZPO, 18. Aufl. 2018, § 152, Rn. 3 ff., 10 ff.; Saenger, in ders., ZPO, 8. Aufl. 2019, 322, 13 ff. Stein/Jonas-Althammer, ZPO, 23. Aufl. 2018, § 322, Rn. 185 ff.; Thomas/Putzo-Seiler, ZPO, 40. Aufl. 2019, § 322, Rn. 1 Wieczorek/Schütze-Büscher, ZPO, 4. Aufl. 2015, § 322, Rn. 50 ff.; Zöller-Vollkommer, ZPO, 32. Aufl. 2020, Vor § 322, Rn. 22 – jeweils m.w.N.). Zur Bestimmung des Streitgegenstands ist dabei der sog. zweigliedrige prozessuale Streitgegenstand, d.h. der jeweils zur Entscheidung gestellte Antrag einerseits sowie der diesem zu Grunde liegende, aus „natürlicher“ Sicht zu bestimmende (vgl. BGH, Urt. v. 24.06.1993 – III ZR 43/92 – juris, Rn. 12) Lebenssachverhalt andererseits maßgeblich (vgl. BGH, NJW 2001, 3713; Rosenberg/ Schwab/Gottwald, a.a.O., Rn. 88 m.w.N.). Nicht Gegenstand der Rechtskraft sind grundsätzlich hingegen die tatsächlichen Feststellungen, Urteilselemente wie Vorfragen und Gegenrechte (vgl. BGH, NJW 1995, 967; Rosenberg/Schwab/Gottwald, a.a.O., Rn. 77 ff.; Thomas/Putzo-Seiler, a.a.O., Rn. 19 – jeweils m.w.N.). Im Einzelnen ist der Umfang der materiellen Rechtskraft jedoch gem. § 322 Absatz 1 ZPO aus dem Urteil und den dazu ergangenen Gründen zu bestimmen (vgl. BAGE 152, 1 = NZA 2015, 1053, Rn. 40). Konkret ist bei einer klageabweisenden Entscheidung dabei der ausschlaggebende Abweisungsgrund Teil des in Rechtskraft erwachsenden Entscheidungssatzes und nicht allein ein Element der Entscheidungsbegründung (vgl. BGH, Urt. v. 24.06.1993 – III ZR 43/92, juris, Rn. 16; BAG, NZA 2014, 653, Rn. 29 BAG, Urt. v. 15.6.2016 – 4 AZR 485/14, NZA 2017, 595, Rn. 40; Musielak in: ders./Voit, ZPO, 16. Aufl. 2019, § 322, Rn. 10 f.; Rosenberg/ Schwab/Gottwald, a.a.O., § 154, Rn. 26; Thomas/Putzo-Seiler, a.a.O., § 322, Rn. 17 m.w.N.).

Das etwaige (Nicht-)Eingreifen entgegenstehender Rechtskraft ist i.Ü. – als negative Prozessvoraussetzung – vom Gericht von Amts wegen zu beachten (vgl. BGH, a.a.O., NJW 1993, 3204, 3205; Saenger, a.a.O., Rn. 16).

b) Gemessen an diesen Maßstäben hat das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung für den Streitfall völlig zutreffend darauf erkannt, dass der Geltendmachung der mit Klageantrag Ziff. 1 verfolgten (behinderungsbedingten Mehr-)Kosten für die Errichtung eines mehrgeschossigen Neubaus auf dem vom Kläger schon während des Vorprozesses erworbenen Grundstück in Buchen die Rechtskraft des landgerichtlichen Urteils LG Mosbach vom 22.06.2012 – 1 O 115/04 – i.V.m. dem Senatsurteil vom 12.08.2013 – 1 U 132/12 – entgegensteht.

Zwar hatte der Kläger im vorgenannten Vorprozess noch weitergehende Anträge gestellt, indem er (a) nicht nur auch die Bezahlung der mit dem vorausgegangenen Grundstückserwerb verbundenen Kosten (Kaufpreis und Nebenkosten; vgl. Senatsurteil Beiakte, S. 37, Klageantrag 4), sondern (b) außerdem noch die Feststellung der vollen Ersatzpflicht der Beklagten für sämtliche Kosten der Errichtung eines Neubaus auf diesem Grundstück (zu 85/100 und abzüglich eines Vorteilsausgleichs für die nicht mehr erfolgende Nutzung der bis zum Unfall bewohnten Wohnung im Elternhaus), bezogen auf eine konkrete Planung und Kostenschätzung des Architekten W. (dort vorgelegt als Anlagen K 195 und 196 der Beiakte) begehrt hatte (vgl. Senatsurteil, Beiakte, S. 37, Klagantrag 5 hilfsweise hierzu hatte er [1] – für den Fall der Unzulässigkeit des Feststellungsantrags -, Freistellung von vorgenannten Kosten bzw. [2] – „höchsthilfsweise“ – Zahlung i.H.v. 431.484,23 EUR zzgl. Zinsen begehrt). Im vorliegenden Prozess begehrt er demgegenüber – wie ausgeführt – nurmehr die Erstattung der Kosten für – behaupteten – behinderungsbedingten Mehrbedarf aufgrund – angeblich – geänderter Planungen der Architekten N. (s.o.).

Entgegen der Ansicht des Klägers handelt es sich indessen bzgl. des Antrags weder um ein aliud, d.h. etwas anderes, sondern vielmehr nur um einen Teilbetrag des ursprünglich umfassend Geforderten und abschlägig Verbeschiedenen, noch wird dieses Begehren – bei gebührender, genauer Betrachtung – auf einen abweichenden Lebenssachverhalt gestützt. Denn schon die Gegenüberstellung der vorgelegten Pläne, Wohn-/Nutzflächenberechnungen und Schnittzeichnungen der im Vorprozess (Beiakte, Anlagen K 195 / 196) vorgelegten Planungen des Architekten W. einerseits und der nunmehr vorgelegten, „geänderten“ Pläne der Architekten N. (vgl. Anl. K 4) nebst der – auf Vermessung der tatsächlich realisierten Bebauung basierenden – Wohn-/Nutzflächenberechnungen der gerichtlichen Sachverständigen (vgl. Anlagensonderband zum GA III v. 20.05.2018, dort v.a. [14]) andererseits offenbaren mit aller für den Senat erforderlichen Klarheit unzweideutig, dass es sich bei dem tatsächlich erstellten Objekt – und damit auch bei den hierfür nunmehr klageweise geltend gemachten Kosten – letztlich um nichts anderes, sondern lediglich um eine „aus optischen Gründen“, geringfügigst modifizierte Planung und nachfolgende Bebauung handelt:

So ist nicht nur das Grundkonzept eines freistehenden, mehrgeschossigen (EG, UG und DG) Hauses mit angebauter Doppelgarage vollständig, sondern auch die äußere Gestaltung nahezu unangetastet geblieben. Lediglich der Eingangsbereich mit Treppenhaus und die Fläche des rückwärtigen Balkons wurden insoweit geringfügig, im Ergebnis jedoch nur marginal verändert. Wie die Front-/Heck- und Seiten-Ansichten nachdrücklich dokumentieren, wurde das gesamte Erscheinungsbild nahezu unverändert beibehalten.

Namentlich auch das Bauvolumen wurde – ungeachtet der im Vorprozess vom Sachverständigen Prof. und ihm folgenden von Landgericht und Senat in den o.g. Urteilen geäußerten Bedenken hinsichtlich dessen Überdimensionierung – mit +/- 400 qm Wohn-/Nutzfläche (ursprüngliche Planung W.: Nutz-Wohnfläche zus. 381,15 qm [vgl. hier Anl. K 3]; neue Planung N.: EG + UG [freilich ohne das DG]: 157,25 +106,49 = 263,74 qm [vgl. Anl. K 4] bzw. von der Gerichts-Sachverständigen ausgemessene Fläche: 446,42 qm [vgl. Anlage-Sonderband zum GA III, dort [14]) keineswegs – wie klägerseits behauptet – reduziert.

Modifikationen an der Ursprungsplanung wurden, soweit überhaupt, allenfalls in „homöopathischen Dosen“ vorgenommen: So wurde etwa die ursprüngliche Planung eines Bewegungsbads/Therapieraums herausgenommen und stattdessen ein „Holzlager“ in die Pläne eingezeichnet; im Treppenhaus wurden die Positionen von Treppe und Aufzug ausgetauscht und der Hauseingang etwas verschoben, die Balkonfläche wurde vergrößert und im Übrigen wurden einzelne – allgemeinbekannt bei modernen Neubauten regelmäßig in Leichtbauweise o.w. planmäßig verschiebbar – Innenwände versetzt und teilweise die Raumnutzung neu benannt (statt ursprünglicher Einliegerwohnung „Pfleger“ im UG etwa nunmehr ein Zimmer „Gast“, nebst – nach wie vor – vollwertigem Bad mit Badewanne und Lifter vorgesehen und realisiert, vgl. die Lichtbilder, Anlagen-Sonderband zum GA III v. 20.05.2018, dort S. 67 ff.). Das – wohl – als Wohnraumpuffer vorgesehene, ursprünglich wie zuletzt zumindest wohl nicht vollständig ausgebaute DG erfuhr quasi gar keine Änderung (und blieb bei der eigenen Wohnflächenberechnung der Architekten N. daher komplett unberücksichtigt).

Der Kern der Planung, namentlich sowohl die wesentliche äußere Gestaltung wie auch der allgemeine wie auch besondere Zuschnitt der Räumlichkeiten, blieb hingegen grundsätzlich erkennbar unangetastet. Wie schon das Bauvolumen bei verbliebener 3-Stöckigkeit, Aufzugs-Einbau einerseits und etwa die – bloße – terminologische Vermeidung der in der Ursprungsplanung noch explizit vorgesehenen „Einliegerwohnung“ für eine Pflegekraft, Bewegungsbad und Sauna im UG andererseits nachdrücklich belegen, sah der Kläger auch keinen Anlass, mit Blick auf die rechtskräftigen Urteile des Landgerichts Mosbach vom 22.6.2012 (dort S. 33 ff.) i.V.m. Senatsurteil vom 12.08.2013 (dort S. 56 ff.) im Vorprozess, in welchen nicht nur darauf erkannt worden war, dass der behinderungsbedingte Wohnbedarf des Klägers durch dessen seinerzeit bereits seit 6 Jahren bewohnte, ausweislich der vom Kläger seinerzeit vorgelegten Unterlagen 128 qm großen Mietwohnung (vgl. Beiakten LG Mosbach – 1 O 115/04, Anl. K 174, AH II Kl, S. 553) ausreichend und (weitestgehend, bis auf geringfügige angezeigte Änderungsmaßnahmen) behindertengerecht gedeckt sei, der Erwerb von Immobiliareigentum schadensrechtlich von der Beklagten ohnehin nicht geschuldet sei, sondern insbesondere die Erstattung der Kosten für die Errichtung des Neubaus eines mehrgeschossigen Hauses wie geplant nicht verlangt werden könne, weil letzteres völlig überdimensioniert und medizinisch für einen Paraplegiker wie den Kläger auch nicht zu begründen sei, echte, inhaltliche, statt lediglich kosmetischer Änderungen an seinen Wohnraumplänen vorzunehmen. Denn echte Änderungen sind nicht erkennbar. Bei der von Rechts wegen – wie gesehen – gebotenen „natürlichen Betrachtung“ (s.o.) ist der Lebenssachverhalt demgemäß – wie vom Landgericht in der angefochtenen Entscheidung auch zu Recht erkannt – ungeachtet der tatsächlich quasi nur „neu-etikettierten“ Ursprungs-Planung von einem identischen Lebenssachverhalt auszugehen. Dass, wie der Kläger mit seiner Berufung – ohne weitere inhaltliche Konkretisierung und damit unzureichend pauschal – weiter geltend macht, ein – gegenüber der Ursprungsplanung W., welche Gegenstand des Vorprozesses gewesen war – „in wesentlichen Teilen geändertes“, „anderes Bauvorhaben“ realisiert worden und Gegenstand des nun vorliegenden Rechtsstreits sei (BB Kl., S. 3 – 5), ist nach Vorstehendem ersichtlich unzutreffend und kann der gerichtlichen Entscheidung daher auch nicht zu Grunde gelegt werden, vielmehr alleine das Gegenteil.

Dass der Kläger mit seinem nunmehr gestellten Klageantrag Ziff. 1 hinsichtlich der Errichtung des Neubaus – gegenüber dem im Vorprozess Geforderten – nurmehr noch die Erstattung der Kosten für – behaupteten – behinderungsbedingten (Flächen- und Ausstattungs-)Mehrbedarf aufgrund geänderter Planungen der Architekten N. (s.o.) verlangt, ändert rechtlich nichts. Denn – wie von den Beklagte völlig zu Recht thematisiert und inhaltlich vom Kläger nicht substantiiert erwidert – handelt es sich dabei nicht um ein aliud, d.h. etwas anderes, sondern vielmehr nur noch um einen Teilbetrag des ursprünglich umfassend Geforderten und als solches auch abschlägig Verbeschiedenen. Schließlich hatte der Kläger im Vorprozess den Ansatz der gesamten Errichtungskosten mit der Begründung als behinderungsbedingt geltend gemacht, dass er ohne den Unfall im elterlichen Anwesen wohnen geblieben wäre (vgl. Senatsurteil vom 12.08.2013, dort S. 10 unten, letzter Absatz). An dieser Begründung hat er in vorliegendem Verfahren festgehalten (vgl. Klageschrift, S. 4 = I 35), indessen die Klageforderung gleichwohl auf in den Gesamtkosten – angeblich – enthaltene, behinderungsbedingte „Mehrkosten“ beschränkt (ebenda), mithin ersichtlich nurmehr eine Teilforderung der zuvor umfassend geltend gemachten Gesamtforderung geltend gemacht, d.h. lediglich ein Minus, nicht jedoch ein Aliud.

Selbst wenn man indessen nicht von einer entgegenstehenden Rechtskraft bzgl. Klageantrag Ziff. 1 auszugehen hätte, wäre der Antrag jedenfalls aus den vom Senat bereits im Vorprozess mit Urteil in Sachen – 1 U 132/12 – ausgeführten, nach wie vor zutreffenden Gründen, auf welche Bezug genommen wird, unbegründet.

2.3. Die Abweisung seines Klageantrags Ziff. 2 im Hauptantrag (Feststellung) als unzulässig, nimmt der Kläger hin, bedarf mithin keiner berufungsgerichtlichen Entscheidung.

2.4. Entsprechendes gilt für die vom Landgericht bejahte Zulässigkeit des Hilfsantrags zu Ziffer 2, gerichtet auf Zahlung laufender behinderungsbedingter (Betriebs-)Mehrkosten. Diese steht in zweiter Instanz ebenfalls zu Recht zwischen den Parteien nicht (mehr) in Streit.

3. Begründetheit

Die Haftung der Beklagten dem Grunde nach aus §§ 7 StVG, 823 Abs. 1 BGB, 115 VVG zu 85 % steht zwischen den Parteien rechtskräftig fest.

3.1 Klageantrag Ziff. 1 ist bzgl. der vereitelten Eigenleistungen unbegründet und zwar auch hinsichtlich der zwar als sachdienlich und damit zulässig zu bewertenden von ursprünglich gut 39.000 EUR auf zuletzt gut 54.000 EUR erweiterten Höhe. Denn der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Erstattung von (Bruttolohn-)Kosten für durch den Unfall vereitelte Eigenleistungen bei der Errichtung seines Neubaus.

a) Wie vom Landgericht im Ausgangspunkt zu Recht erkannt, können vereitelte handwerkliche Eigenleistungen unter Umständen durchaus ersatzfähig sein.

Kann eine verletzte Person ihre Arbeitskraft nicht zum Bau oder zur Renovierung des eigenen Wohnhauses einsetzen, so entstehen ihr dadurch Kosten, dass sie Handwerker oder Hilfskräfte beauftragen muss. Die Ersatzfähigkeit wird – wenn auch mit unterschiedlicher Begründung – übereinstimmend bejaht. Teilweise wird hierin eine Minderung der Erwerbstätigkeit gesehen (vgl. OLG Hamm VersR 1989, 152; OLG München DAR 1985, 354) die für Werkleistungen am eigenen Heim eingesetzte Arbeitskraft soll danach wie beim Hauptberuf als Erwerbsschaden zu behandeln sein, die Höhe richte sich nach dem angemessenen Werklohn eines Handwerkers (vgl. OLG München a.a.O.). Andere stufen vereitelte Eigenleistungen als vermehrte Bedürfnisse ein (so OLG Köln, VersR 1991, 111). Nach zutreffender Ansicht des Bundesgerichtshofs, der auch der Senat folgt, entgeht der verletzten Person jedenfalls ein entsprechender Gewinn i.S.v. § 252 S. 1 BGB (vgl. BGH, Urt. v. 06.06.1989 – VI ZR 66/88, juris = NZV 1989, 387, 388, sub II 4 mit zust. Anm. Grunsky; OLG Hamm, NZV 1995, 480; dass., Urt. v. 28.06.1995 – 13 U 12/95, NJW-RR 1996, 170; Greger/Zwickel, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 5. Aufl. 2014, § 29, Rn. 191). Der Schaden ist dann messbar an den Lohnkosten einschließlich der Mehrwertsteuer, die für die betreffenden Arbeiten durch Beauftragung fremder Arbeitskräfte aufgewendet worden sind (BGH, Urt. v. 24.10.1989 – VI ZR 263/88, juris, Rn. 8 OLG Düsseldorf, Urt. v. 03.07.1997 – 13 U 316/88, juris, OS 1). Der entsprechende Ersatzanspruch entsteht aber nicht schon bei bloßer Notwendigkeit der Einstellung von Ersatzkräften, sondern erst mit deren tatsächlicher Einstellung (vgl. BGH, Urt. v. 25.01.1972 – VI ZR 75/71, VersR 1972, 460, 463 BGH, Urt. v. 22.06.2004 – VI ZR 112/03, juris Rn. 9 = NZV 2004, 513; Balke in: Balke/Reisert/Quarch, Regulierung von Verkehrsunfällen, 1. Aufl., 107. Kap., Rn. 26). Allerdings sind nach zutreffender gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung und allgemeiner Ansicht an ein Schadensersatzbegehren dieser Art strenge Beweisanforderungen zu stellen, um uferlose Schadenskonstruktionen abzuwehren und das Schadensersatzrecht nicht über den Bereich des Ausgleichs realer Schäden hinaus in den Bereich bloß vorstellbarer Entwicklungen auszudehnen (so wörtlich BGH, Urteil vom 06.06.1989 – VI ZR 66/88, juris, Rn. 19 vgl. auch BGH, Urteil vom 24.10.1989 – VI ZR 263/88, juris, Rn. 8; KG, Urt. v. 11.7.1996 – 12 U 4464/94, NZV 1997, 232 OLG Düsseldorf, Urt. v. 03.07.1997 – 13 U 316/88, juris, OS 2; OLG München, Urt. v. 19.10.2007 – 10 U 1662/06, juris, OS 1) bzw. den Schadensersatz nicht „zum Ausgleich von Träumen werden zu lassen“ (so Geigel-Pardey, Der Haftpflichtprozess, 28. Aufl. 2020, 4. Kap., Rn. 201 Greger/Zwickel, Haftungsrecht, a.a.O., § 29, Rn. 191). Im Fall des Hausbaus – wie hier – soll gleichwohl die Ersatzfähigkeit danach zwar nicht davon abhängen, ob im Unfallzeitpunkt bereits eine Baugenehmigung vorgelegen hat (vgl. OLG München, Urt. v. 27.09.1988 – 5 U 6599/87, NZV 1990, 117; dazu Greger/Zwickel, a.a.O.). Der Tatrichter muss jedoch aufgrund konkreter Anhaltspunkte, insbesondere bereits vor dem Unfall eingeleiteter Schritte, die Überzeugung davon gewinnen, dass das Bauvorhaben tatsächlich angegangen worden und dass es (zeitlich wie fachlich) realisierbar gewesen wäre und der Verletzte dabei Eigenleistungen erbracht hätte (st.Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 06. Juni 1989 – VI ZR 66/88, juris, Rn. 19 m. zust. Anm. Grunsky; KG, Urt. v. 11.07.1996 – 12 U 4464/94, NZV 1997, 232; OLG Frankfurt/M., Urt. v. 22.08.2012 – 4 U 35/12, juris, Rn. 18; OLG Hamm, Urt. v. 28.06.1995 – 12 U 12/95, NJW-RR 1996, 170, sub I; Geigel-Pardey, a.a.O. Rn. 201 Huber, VersR 2007, 1330, sub F II 2 c). Ohne entsprechende Vorbildung und/oder Fähigkeit, ohne freie Zeiten ggf. neben einer Haupterwerbstätigkeit und/oder den (weiteren, sonstigen) Tätigkeiten im Haushalt, gibt es insoweit etwa keine Basis zur Einschätzung eines solchen Entgangs (so zutreffend Geigel-Pardey, a.a.O., Rn. 201). Auch wenn sich der Verletzte erst nach seiner Schädigung entschließt, ein Haus zu erwerben, kann er nicht wegen nun verhinderter Eigenleistungen Ersatz verlangen (vgl. KG, Urt. v. 11.07.1996 – 12 U 4464/94, NZV 1997, 232 OLG Hamm, Urt. v. 28.06.1995 – 13 U 12/95, NJW-RR 1996, 170), um konstruierte Schäden und eine schadensrechtlich nicht vorgesehene Bereicherung auf Kosten des Schädigers zu vermeiden (Geigel-Pardey, a.a.O., Rn. 204; vgl. auch Jahnke, in: Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke, StVR, 26. Aufl. 2020, § 842 BGB, Rn. 24).

b) Nach diesen Grundsätzen kommt im Streitfall ein Ersatz für vereitelte Eigenleistungen in Zusammenhang mit der Errichtung des Neubaus nicht in Betracht.

Das gilt schon deshalb, weil der Kläger unstreitig im Prozess zu keinem Zeitpunkt eine – erforderliche – Bauabsicht bis zum Unfallzeitpunkt behauptet hat. Vielmehr hat er – im Gegenteil – gleichermaßen unwidersprochen wie durchgängig, sowohl im Vorprozess (vgl. Senatsurteil im Vorprozess, dort S. 10) als auch in diesem Rechtsstreit geltend gemacht:

„Der Kläger bewohnte zum Unfallzeitpunkt eine Wohnung im Dachgeschoss des Wohnhauses seiner Eltern. Ein Auszug aus dieser Wohnung war von dem Kläger nicht beabsichtigt.“ – (vgl. Klageschrift, S. 4 = I 35; Hervorhebung nur hier),

mithin, sich erst nach dem Unfall zum Erwerb des unbebauten Grundstücks und der Errichtung eines Neubaus hierauf entschlossen zu haben. Bis zum Unfall sei stattdessen geplant gewesen, im elterlichen Anwesen – ohne Neu- oder Umbau – wohnen zu bleiben. Für Abweichendes hat der Kläger zu keinem Zeitpunkt irgendwelche Anhaltspunkte vorgetragen. Erst Recht hat der Kläger eine Bauabsicht im Unfallzeitpunkt – trotz ausdrücklicher Thematisierung und Bestreitens durch die Beklagten (vgl. LGU 6 unten sowie BB BK, S. 3; BB NI, S. 3 f.) – auch nicht etwa unter Beweis gestellt oder gar nachgewiesen. Schließlich hat auch der Zeuge M., der Bruder des Klägers, bei seiner Vernehmung erster Instanz (vgl. I 651R – 655) nichts hierfür bekundet, was der Kläger sich – jedenfalls hilfsweise – hätte zu Eigen machen können. Die abweichende Feststellung des Landgerichts, es sei von einer Bauabsicht des seinerzeit erst 23 Jahre alten Klägers schon im Unfallzeitpunkt überzeugt, widerspricht danach der Dispositionsmaxime und entbehrt jeden Beweisangebots und Nachweises, bindet den Senat demnach nicht, weil konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellung begründen (vgl. § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Davon unabhängig bestehen ganz erhebliche, eine richterliche Überzeugung nach § 286 ZPO hindernde Zweifel des Senats an der Richtigkeit der Klägerbehauptung, dass er – wie geltend gemacht – aufgrund seiner Vorbildung (CNC-Fräser in der Probezeit) nebst jugendlicher Mithilfe im nebenerwerblichen Schreinerbetrieb seines Vaters, einem – vom Bruder bezeugten – Praktikum/Ferienjob als Dachdecker und/oder kurzzeitiger Tätigkeit auf Montage fachlich wie insbesondere aber auch zeitlich in den unterschiedlichsten, nahezu umfassenden Gewerken und in dem behaupteten, ganz erheblichen Umfang (bzw. infolge lediglich angelernter, statt Facharbeiter-gemäßer Ausführung sogar noch länger) hätte realistischerweise entsprechende Eigenleistungen zur Errichtung des beträchtlichen Wohnhausneubaus neben seinem Vollzeit-Beruf sowie seinen Nebentätigkeiten (u.a. – wie im Termin erörtert auch – zwar nicht als Rowdy, aber als Kassierer einer Rockband in nicht unerheblichem Umfang) tatsächlich erbringen können, wie er diese im Vorprozess mit Blick auf geforderten Verdienstausfall als ohne den Unfall auf Dauer ausgeübt behauptet hat (vgl. zur Nebentätigkeit etwa Vorprozess, LG Mosbach, Teilurteil vom 22.06.2012 – 1 O 115/04, S. 53 wie auch LG Karlsruhe, Urt. v. 19.05.2017 – 10 O 23/16, S. 3: 60 bis 80 Einsätze im Jahr). Auch zur Erbringung des dem Kläger obliegenden Beweises sind die sich ohnehin nur auf die fachliche Seite möglicher Eigenleistungen des Klägers beschränkenden, im Übrigen von einer menschlich zwar mehr als nachvollziehbaren, aber den Wert der Aussage erheblich relativierenden Nähe und Parteinahme zugunsten des Klägers gekennzeichneten Bekundungen des Zeugen M., des Bruders des Klägers, erkennbar nicht tragfähig, der nach eigenen Angaben nicht nur für den Kläger (aufopferungsvoll) Verwandtendienste (wie etwa den Winterdienst- oder Gartenarbeiten) vollbringt, sondern auch erklärtermaßen für verschiedene Inhalte (wie etwa die Zeiten von Gartenarbeiten u.ä.) von Kläger-Schriftsätzen verantwortlich zeichnet. Die Äußerung der gerichtlichen Sachverständigen erster Instanz, dass die Ausbildung des Klägers zum CNC-Fräser sicherlich die Kenntnisse bzgl. Materialverwendung, technische Sorgfalt und Geschicklichkeit gefördert habe (vgl. GA I, S. 51 – Hervorhebungen nur hier), trägt eine hinreichende richterliche Überzeugung insoweit weder alleine noch in Verbindung mit den Bekundungen des Bruders des Klägers. Bzgl. diverser Gewerke hat die Sachverständige i.Ü. explizit eine fehlende Expertise des Klägers attestiert. Namentlich hinsichtlich Zimmerer-, Schlosser-, Flaschner-, (Heizungs-)Installations-/Lüftungsarbeiten ist nicht einmal ansatzweise nachvollziehbar vorgetragen, erst Recht (speziell durch den Zeugen M. oder die Sachverständige bewiesen), dass und woher der Kläger hinreichende handwerkliche Fähigkeiten zur Ausführung der berechneten Facharbeiterleistungen hätte haben sollen; erst Recht nicht, dass er solche Arbeiten alleine hätte ausführen können – wie zutreffend und unwiderlegt von der Gegenseite auch thematisiert (vgl. BB NI, S. 5 f.).

Vor allem aber auch für irgendeine – ohne den Unfall – beim Kläger hypothetisch bestanden habende zeitliche Belastbarkeit, erst Recht im behaupteten, erheblichen Umfang von immerhin 1.434 Stunden (!), lässt sich der Aussage des Zeugen M. nichts entnehmen oder ist sonst Belastbares vorgetragen oder erkennbar. Das hat umso mehr Gewicht, als – wie im Verfahren beklagtenseits zu Recht ebenfalls hinlänglich thematisiert – die Eigenleistungen zeitlich mit den unstreitig professionell zu erbringenden Gewerken/-teilen koordiniert werden mussten, d.h. der Kläger insoweit bei seiner – unterstellten – Eigenleistung keineswegs völlig frei und nach Belieben agieren konnte. Schließlich hat auch die Sachverständige (nur, aber zugleich immerhin) festgestellt, dass Unterbrechungen zwar denkbar seien, aber mit der Ablaufplanung des Unternehmers abgestimmt werden müssen; der Kläger sei indirekt über den Unternehmer auf Vorgewerke und Materiallieferungen angewiesen, die Eigenleistungen könnten aber in den Baustellenbetrieb und die Logistik eingebunden werden. Dass dies indessen bei der Vielzahl an Gewerken, die der Kläger – nach seiner Behauptung – neben seiner(/n) Vollzeit- (und Neben-)Beschäftigung(-en) hätte erbringen wollen und die – bei normalem Bauablauf (allgemeinbekannt) jedenfalls teilweise parallel/zeitgleich ausgeführt werden, o.w. möglich gewesen wäre und sich alle Unternehmer hierauf, konkret auf zeitlich vom Kläger je nach dessen verfügbarer Freizeit fertigzustellender Zuarbeiten, d.h. kurzfristige Auftragsdurchführungen eingelassen hätten, ist weder festgestellt noch unterstellbar. Die Sachverständige hat – wie landgerichtlich in der angefochtenen Entscheidung zitiert – im Gegenteil lediglich umgekehrt ausgeführt, sie glaube nicht, dass sich kein Unternehmer auf solche Eigenleistungen eingelassen hätte (s. GA I).

Zuletzt ist zudem auch weder nachvollziehbar dargetan noch sonst ersichtlich, dass und wie der Kläger das Bauvorhaben wirtschaftlich ohne den Unfall o.w. – ohne den inzwischen erhaltenen Förderkredit – tatsächlich so, wie inzwischen geschehen, hätte realistischerweise umsetzen, konkret auch die erforderlichen Geldmittel (z.B. für den Architekten, wie auch das Bau-Material) beschaffen, also finanzieren können (vgl. zu diesem Gesichtspunkt: OLG Hamm, Urt. v. 20.09.1988 – 9 U 22/88, juris, OS 2). Erst Recht wurde dies – trotz dezidierten Bestreitens der Gegenseite insoweit – bis zuletzt nicht unter tauglichen Beweis gestellt oder gar nachgewiesen und lässt sich auch keineswegs unterstellen. Dass der ältere Bruder des Klägers, der Zeuge M., der erklärtermaßen Bankkaufmann ist und insoweit, ungeachtet etwaigen Mehrverdiensts, jedenfalls – allgemein- wie auch gerichtsbekannt – auf vergünstigte Angestelltenkonditionen bei der Finanzierung zurückgreifen konnte, für seine Familie ein Eigenheim (unbekannter Größe und Ausstattung) errichtet hat, ist insoweit ohne jede indizielle Kraft oder gar Präjudiz. Lebensentwürfe und -wege differieren, sind individuell. Auf – nach der angefochtenen Entscheidung angeblich – „allgemein übliche Entwicklungen in der Phase der Familiengründung“ kommt es insoweit nicht an. Schließlich ist vom Kläger auch schon für irgendeine, erst Recht eine konkrete Ehe- und/oder Familien-/Partnerschaftsplanung im Unfallzeitpunkt nichts dargetan worden ebenso wenig etwa dafür, dass er schon – mit Blick auf eine etwaige „Sesshaft-Werdung“ – z.B. einen Bausparvertrag angespart oder sonstige Rücklagen hierfür gebildet und damit entsprechende Immobilien- Ambitionen dokumentiert hätte (vgl. zu solchen möglichen, indiziellen Aspekten etwa auch BGH, Urteil vom 06. Juni 1989 – VI ZR 66/88, juris; BGH, Urt. v. 24.10.1989 – VI ZR 263/88, juris, Rn. 8 ff.; KG, NZV 1997, 232; OLG Frankfurt, Urt. v. 22.08.2012 – 4 U 35/12, juris, Rn. 17 ff.; OLG Hamm, Urt. v. 20.09.1988 – 9 U 22/88, juris, OS 2 OLG Hamm, Urt. v. 28.06.1995 – 13 U 12/95, NJW-RR 1996, 170, sub I; OLG München, Urt. v. 19.10.2007 – 10 U 1662/06, juris, Rn. 29; KG, NZV 1997, 232; Huber, VersR 2007, 1330, sub F II 2 c).

Davon abgesehen hat der Kläger – wie im Berufungstermin ebenfalls erörtert – seine angeblichen Mehraufwendungen auch nicht etwa durch Rechnungen belegt. Nachdem der Kläger – wie unwidersprochen vom Streithelfer thematisiert und dem Senat auch aus dem Verfahren gegen den Streithelfer, LG Karlsruhe – 10 O 23/16 -, OLG Karlsruhe – 1 U 91/17 – gerichtsbekannt – unstreitig Schwarzarbeiter in nicht näher bekanntem Umfang auf dem Bau beschäftigt hat, stellen sich die geltend gemachten Brutto-Facharbeiter-Lohnkosten- Berechnungen im Ergebnis nur als fiktive Schadensberechnung dar. Eine solche ist indessen – wie vom Senat schon im Urteil des Vorprozesses – 1 U 132/12, dort S. 61 ausgeführt – anerkanntermaßen im Rahmen von § 843 BGB nicht möglich (vgl. OLG Hamm, NZV 2003, 192).

Nach Vorstehendem kommt es auch nicht mehr entscheidungserheblich darauf an, dass in den vom Kläger klageweise geltend gemachten, aber nicht zugesprochenen – angeblich – behinderungsbedingten Mehr-Errichtungs-Kosten (s.o.) auch – zumindest teilweise – die mit dem hier in Rede stehenden Antrag geltend gemachten „entgangenen Eigenleistungen“ stecken, der Kläger mit anderen Worten insoweit unzulässigerweise ohnehin eine doppelte Liquidierung begehrt.

Für den Zuspruch von Schadensersatz wegen unfallbedingt vereitelter Eigenleistungen im Zusammenhang mit der Errichtung des Wohnhauses ist nach alledem von Rechts wegen kein Raum.

3.2 Soweit der Kläger mit seinem Berufungsantrag Ziff. 2 laufende behinderungsbedingte Mehrkosten für Strom, Heizung und Warmwasser einerseits sowie notwendige Haushalts-(- nahe) Tätigkeiten andererseits begehrt, hat dies ebenfalls keinen Erfolg.

Der Kl. macht mit diesem Begehren auf Ersatz behinderungsbedingter (Mehr-)Kosten einen Vermögensschaden unter dem Gesichtspunkt unfallbedingt vermehrter Bedürfnisse i.S. von § 843 Abs. 1 Alt. 2 BGB geltend und zwar – wie gesetzlich als Regelfall vorgesehen – in Form laufender Rentenzahlungen (vgl. § 843 Abs. 1, Abs. 2 i.V.m. § 760 BGB).

a) Der Begriff der „Vermehrung der Bedürfnisse” umfasst nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs alle unfallbedingten Mehraufwendungen, die den Zweck haben, diejenigen Nachteile auszugleichen, die dem Verletzten infolge dauernder Beeinträchtigung seines körperlichen Wohlbefindens entstehen (vgl. BGH, VersR 1956, 22, 23; VersR 1958, 454; VersR 1970, 899; VersR 1974, 162; VersR 1982, 238; BGH, Urt. v. 20.01.2004 – VI ZR 46/03, NJW-RR 2004, 671, sub II 1 = VersR 2004, 482 Rn. 4; BGH, Urt. v. 28.08.2018 – VI ZR 518/16, NJW 2019, 362, Rn. 22). Es muss sich demnach grundsätzlich um Mehraufwendungen handeln, die dauernd und regelmäßig erforderlich sind und die zudem nicht – wie etwa Heilungskosten – der Wiederherstellung der Gesundheit dienen (vgl. BGH, VersR 1956, 22, 23; VersR 1982, 238). Zudem umfasst der Begriff „vermehrte Bedürfnisse” in § 843 Abs. 1 Alt. 2 BGB nur solche Mehraufwendungen, die dem Geschädigten im Vergleich zu einem gesunden Menschen erwachsen und sich daher von den allgemeinen Lebenshaltungskosten unterscheiden, welche in gleicher Weise vor und nach einem Unfall anfallen (vgl. BGH, VersR 1992, 1235, 1236). So kommen als ersatzpflichtige Kosten zum Beispiel erhöhte Ausgaben für Verpflegung und Ernährung (Diät), Aufwendungen für Kuren und orthopädische Hilfsmittel sowie Pflegekosten und Kosten für Haushaltshilfen in Betracht. Der Schadensersatz soll soweit wie möglich einen dem früheren möglichst gleichwertigen Zustand herstellen. Da dies bei irreversiblen körperlichen Beeinträchtigungen – wie hier – unmöglich ist, hat der Schädiger grundsätzlich dafür zu sorgen, dass die materielle Lebensqualität des Geschädigten nicht unter den früheren Standard sinkt (BGH, a.a.O., NJW-RR 2004, 671, 672 m.w.N.). Zu den vermehrten Bedürfnissen gehören ggfs. sowohl die Kosten für die Beschäftigung einer Pflegeperson als auch der Betreuungsaufwand naher Angehöriger, der über die üblicherweise im Krankheitsfall zu erwartende persönliche Zuwendung innerhalb der Familie hinausgeht (vgl. BGHZ 140, 39 = NJW 1999, 421 Rn. 13; BGHZ 189, 158 = NJW 2011, 2357; BGH, NJW 1982, 757 = VersR 1982, 238; NJW 1999, 2819 = VersR 1999, 1156 Rn. 7, 14; BGH, Urt. v. 28.08.2018 – VI ZR 518/16, NJW 2019, 362, Rn. 12; Zoll, NJW 2014, 967, 970). Sofern etwa für Haushalts- oder Pflegetätigkeiten eine Hilfskraft – tatsächlich – eingestellt wird, bemisst sich ein entsprechender Schadensersatzanspruch brutto anhand der tatsächlich erbrachten Zahlungen; anderenfalls – etwa bei (unbezahlten) Hilfen durch Angehörige – nach dem Nettolohn einer vergleichbaren, entgeltlich eingesetzten Kraft (vgl. BGH NZV 1989, 387, sub II 1 1. Absatz; BGHZ 140, 39, 44 f. = NJW 1999, 421; BGH, Urt. v. 28.08.2018 – VI ZR 518/16, NJW 2019, 362, Rn. 12; BGH, Beschl. v. 09.04.2019 – VI ZR 377/17, r+s 2019, 608, Rn. 14). Wirtschaftlich auszugleichen sind verletzungsbedingte Defizite gegenüber dem bisherigen Lebenszuschnitt (vgl. BGH, Urt. v. 06.06.1989 – VI ZR 66/88, NZV 1989, 387, sub II 2 1. Absatz am Ende BGH, Urt. v. 20.01.2004 – VI ZR 46/03 -, juris, Rn. 9 Spindler, in: BeckOK BGB, Bamberger/Roth/Hau/Poseck, 52. Edition, Stand: 01.11.2019, § 843 BGB, Rn. 23: Der Mehrbedarf, der zur Aufrechterhaltung des Lebensstandards vor der Verletzung erforderlich ist.), also im Vergleich zum Lebensbedarf eines unbeeinträchtigten Menschen in Folge des haftungsbegründenden Geschehens erhöhte oder zusätzlich anfallende Lasten in Folge eines Sonderbedarfs sowie wegen erforderlicher Hilfen oder Hilfsmittel zur Aufrechterhaltung der Kommunikation und Mobilität, angesichts häuslicher Belange oder auch zur Freizeit sowie Urlaubsgestaltung (zu Recht im Einzelfall abl. zur Urlaubsbegleitung OLG Düsseldorf VersR 1995, 548), zur Teilnahme am Kulturleben oder wegen erforderlicher Betreuung und Pflege, nicht jedoch allgemeine Lebenshaltungskosten wie sie auch unabhängig von der Schädigung angefallen wären (vgl. BGH, Urt. v. 20.01.2004 – VI ZR 46/03, juris; Geigel-Pardey, Haftpflichtprozess, 28. Aufl. 2020, 4. Kap. Rn. 61 und 64 m.w.N.).

Der ersatzfähige Aufwand zur Befriedigung vermehrter Bedürfnisse, insbesondere eines Pflegebedarfs, bestimmt sich dabei nach den Dispositionen, die ein verständiger Geschädigter in seiner besonderen Lage treffen würde (vgl. BGH, NJW 2006, 1271, Rn. 31), d.h. grundsätzlich danach, was ein verständiger Geschädigter an Mitteln aufwenden würde, wenn er diese selbst zu tragen hätte und tragen könnte (vgl. Senat, VersR 1971, 1045, Rn. 15; BGH, Urt. v. 28.08.2018 – VI ZR 518/16, NJW 2019, 362, Rn. 20 m.w.N.). Kommen zum Ausgleich der Pflegebedürftigkeit verschiedene Möglichkeiten mit unterschiedlichem Kostenaufwand in Betracht (z.B. Einstellung einer Pflegekraft, Unterbringung in einem Pflegeheim oder Versorgung durch einen Familienangehörigen), so bestimmt sich die Höhe des Anspruchs danach, welcher Bedarf in der vom Geschädigten in zumutbarer Weise gewählten Lebensgestaltung tatsächlich anfällt (vgl. BGHZ 163, 351 = VersR 2005, 1559, Rn. 31; BGH, Urt. v. 28.08.2018 – VI ZR 518/16, NJW 2019, 362, Rn. 20). Die Frage, ob der Geschädigte seine Lebensgestaltung in zumutbarer Weise gewählt hat, bestimmt sich nach den konkreten Umständen des Einzelfalls. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Anspruch auf Ersatz vermehrter Bedürfnisse einen Ausgleich für die Nachteile schaffen soll, die dem Geschädigten infolge dauernder Störungen seines körperlichen Wohlbefindens entstehen (vgl. BGH, NJW 1982, 757; NJW-RR 2004, 671; Zoll, NJW 2014, 967). Er will es dem Geschädigten ermöglichen, sein gewohntes Leben trotz der erlittenen dauerhaften Beeinträchtigungen möglichst weitgehend aufrecht zu erhalten (vgl. OLG Hamm, r + s 1991, 341 = VersR 1992, 459, 460; MüKoBGB/Wagner, BGB, 7. Aufl., § 843 Rn. 68; Staudinger/Vieweg, BGB, Neubearb. 2015, § 843 Rn. 21; Zoll, NJW 2014, 967, 968; Greger/Zwickel, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 5. Aufl., § 29 Rn. 32). Insofern muss sich – mit Blick auf die Zumutbarkeit – ein Schwerstgeschädigter betreffend Pflege, sofern er dies nicht will, grundsätzlich selbst dann nicht auf die Möglichkeit der Pflege in einer stationären Einrichtung verweisen lassen, wenn dies kostengünstiger wäre; es sei denn, dass die häusliche Pflege mit unverhältnismäßigen, für den Schädiger auch unter Berücksichtigung der Belange des Geschädigten nach Treu und Glauben nicht zumutbaren Aufwendungen verbunden ist, wovon grundsätzlich erst dann auszugehen ist, wenn die Kosten der häuslichen Pflege in keinem vertretbaren Verhältnis mehr zu der Qualität der Versorgung des Geschädigten stehen (vgl. OLG Bremen, NJW-RR 1999, 1115; Zoll, NJW 2014, 967, 969 f.; Staudinger/Vieweg, § 843 Rn. 21; BeckOK BGB/ Spindler, § 843 Rn. 23; BGH, Urt. v. 28.08.2018 – VI ZR 518/16, NJW 2019, 362, Rn. 21).

Davon abgesehen trifft den Geschädigten – entsprechend allgemeinen schadensrechtlichen Grundsätzen – nach § 254 Abs. 1 und 2 BGB nicht nur die Obliegenheit, den Eintritt eines Schadens nach Möglichkeit abzuwenden, sondern auch, einen eingetretenen Schaden möglichst gering zu halten bzw. zu mindern. Verstöße hiergegen können zur Kürzung eigener Ansprüche bis hin zu deren völligem Wegfall führen.

Die Beweislast für die Höhe des geltend gemachten Schadensersatzes trifft nach allgemeinen Grundsätzen den Geschädigten, die für einen Verstoß gegen § 254 BGB demgegenüber den Schädiger (st.Rspr., vgl. BGHZ 91, 243, 260; NJW 2007, 1063 Rn. 14). Bei alledem kommt einem Geschädigten hinsichtlich Ersterem prozessual insbesondere die Beweiserleichterung des § 287 ZPO zugute, wonach für die haftungsausfüllende Kausalität zwischen einer – wie hier rechtskräftig – feststehenden Primärverletzung und den hieraus resultierenden Schäden nicht der strenge Vollbeweis nach § 286 ZPO zu führen ist, sondern bei Streit hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung – auch über die Durchführung einer Beweiserhebung (§ 287 Abs. 1 Satz 2 ZPO) – entscheidet. Diese Erleichterungen gelten sowohl für die Feststellung, ob überhaupt ein Schaden eingetreten ist, als auch dafür, welchen Umfang dieser hat und ob er auf dem verpflichtenden Verhalten beruht, so u.a. etwa für die Feststellung entgangenen Gewinns, Nutzungsausfalls, unfallbedingten Mehrbedarfs (§ 843 BGB), des Umfangs eines auszugleichenden Vorteils oder ersparter Eigenkosten wie schließlich auch eines Mitverschuldensanteils. § 287 ZPO reduziert ferner die Anforderungen an die Überzeugungsbildung des Gerichts (vgl. BGH NJW 2008, 2910, Rn. 18; Zöller-Greger, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 287, Rn. 1). Je nach Lage des Falles kann eine erhebliche (BGH NJW 2002, 128), das heißt eine mehr oder minder hohe, jedenfalls aber überwiegende Wahrscheinlichkeit genügen (BGH NJW-RR 2006, 1238, Rn. 13; BeckOK-ZPO-Bacher, Stand: 01.09.2019, § 287 ZPO, Rn. 17). Voraussetzung für die Beweiserleichterung sind allerdings ausreichende Schätzungsgrundlagen als Anknüpfungstatsachen, die der Geschädigte darzulegen und ggf. zu beweisen hat (Zöller-Greger, a.a.O., Rn. 5 m.w.N.). Denn das Gericht muss, um seine Schätzungsbefugnisse auch ausüben zu können, die erforderlichen Informationen über die tatsächlichen Verhältnisse und Begebenheiten erhalten. Geschieht dies nicht, so ist auch hinsichtlich der Entstehung und der Höhe eines Schadens zum Nachteil dessen zu entscheiden, der die Beweislast für die fehlenden Umstände trägt (vgl. Rüßmann in: jurisPK-BGB, § 249 BGB, Rn. 93 m.w.N.). Bei Ausübung eines sonach ggfs. bestehenden Ermessens ist der Tatrichter alsdann nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung „besonders frei gestellt“ (st.Rspr., BGH, Urt. v. 18.12.2012 – VI ZR 316/11, r+s 2013, 149, 150, Rn. 10) und dessen entsprechende Schätzung folglich nur sehr eingeschränkt revisibel. Sie ist konkret revisionsgerichtlich nur daraufhin überprüfbar, ob erhebliches Vorbringen der Parteien unberücksichtigt gelassen, Rechtsgrundsätze der Schadenbemessung verkannt, wesentliche Bemessungsfaktoren außer Betracht gelassen oder der Schätzung unrichtige Maßstäbe zu Grunde gelegt worden sind (BGH, a.a.O., Rn. 10 m.w.N.). Die Schätzung darf schließlich auch nicht mangels greifbarer, vom Kläger vorzutragender Anhaltspunkte „völlig in der Luft hängen“ (vgl. BGHZ 91, 243, 256; NJW 1987, 909, 910; NJW 2012, 2267; BAG NJW 2013, 331; Zöller-Greger, a.a.O., Rn. 4).

b) Ausgehend von diesen Grundsätzen kann der Kläger von der Beklagten nicht wie mit Klageantrag Ziff. 2 begehrt Zahlung verlangen.

Das gilt schon deshalb, weil sich die vom Kläger verlangten Mehrkosten allesamt auf ein schadensrechtlich beklagtenseits nicht geschuldetes, überdimensioniertes Wohnanwesen von – nach eigenen Angaben – 890 qm Grundfläche mit einem freistehenden, mehrgeschossigen Wohnhaus von – gemäß gerichtlichem Sachverständigengutachten tatsächlich realisierten – über 466 qm Wohn- und Nutzfläche für einen Ein-Personen- Haushalt beziehen.

Seinen behinderungsbedingten Mehrbedarf gemäß § 843 Abs. 1 BGB bezüglich seiner zuvor bewohnten, ausreichenden und grundsätzlich behinderungsgerechten Mietwohnung hat der Kläger schon im Vorprozess Landgericht Mosbach – 1 O 115/04 – / Oberlandesgericht Karlsruhe – Senat – 1 U 132/12 – geltend gemacht. Dieser Mehrbedarf wurde von beiden Gerichten auch bereits verbeschieden, insbesondere wurden die dem Kläger – auch nach dem gerichtlichen Sachverständigen Prof. K. – unfallbedingt nicht mehr möglichen und daher schadensrechtlich zu ersetzenden Hilfen im Haushalt (namentlich etwa beim Waschen, Bügeln, Putzen oder größeren Einkäufen) im Rahmen der dem Kläger mit landgerichtlichem Teilurteil vom 22.06.2012 zugesprochenen Mehrbedarfs-Rente bereits ausdrücklich einbezogen (vgl. o.g. LGU, dort Tenor Ziff. 4 i.V.m. Ziffer 2 der Entscheidungsgründe = LGU 26-33, v.a. 28; bestätigt durch Senatsurteil vom 12.08.2013, sub II 4 = S. 63-65).

Der Kläger berechnet seine Mehrkosten auch nicht etwa konkret anhand von tatsächlich bei ihm anfallenden Kosten aufgrund konkreter Rechnungen, sondern – unzulässigerweise (vgl. OLG Hamm, NZV 2003, 192) – fiktiv anhand eines – von der gerichtlichen Sachverständigen auch nicht bestätigten – Mehrbedarfsanteils von angeblichen 30% der für das überdimensionierte Objekt angeblich anfallenden laufenden Kosten. Auch eine – aufgrund sachverständiger Beratung erfolgende – gerichtliche (Mindest-Schadens-)Schätzung des Senats nach § 287 ZPO hinge sonach noch „völlig in der Luft“, weil sie – mangels rechtlich zutreffenden Ausgangspunkts – ein fiktives Objekt ungenannter Bauart, Größe, Ausstattung und Zustand zu Grunde legen müsste. Das gilt gleichermaßen für die behaupteten Mehrkosten für Strom, Heizung und Warmwasser wie auch für die ebenfalls eingeforderten laufenden (Mehr-)Kosten wegen notwendiger Haushalts-(-naher)Tätigkeiten.

Auch insoweit dient der Anspruch gemäß § 843 BGB (nur) dazu, dem Geschädigten seinen Lebenszuschnitt von vor der Schädigung so weit wie möglich zu bewahren (BGH, Urt. v. 20.01.2004 – VI ZR 46/03, juris, Rn. 9). Die Ersatzfähigkeit entsprechender Kosten hängt demgemäß vom vorherigen Lebenszuschnitt ab; Mehraufwendungen sind daher nur dann zu ersetzen, wenn die Schädigung zu gesteigerten Bedürfnissen des Verletzten zur Aufrechterhaltung des vor dem schädigenden Ereignis gewohnten Lebensstils geführt hat (OLG Koblenz, Urteil v. 07.11.2011 – 12 U 480/10, juris, Rn. 38). Zudem hängt die Ersatzfähigkeit davon ab, ob die Dispositionen auch ein verständiger Geschädigter in der besonderen Lage des Klägers getroffen hätte; namentlich, was ein verständiger Geschädigter an Mitteln aufwenden würde, wenn er diese selbst zu tragen hätte und tragen könnte (s.o.; vgl. BGH, Urteil vom 28.08.2018 – VI ZR 518/16, NJW 2019, 362, Rn. 20 BGHZ 163, 351). Dies bestimmt sich nach den konkreten Umständen des Einzelfalls (BGH, NJW- RR 2004, 671).

Auch gemessen daran sind in concreto die vom Kläger geltend gemachten Kosten für o.g. „Haushaltstätigkeiten i.w.S.“ nicht ersatzfähig.

Zwar ist es – wie vom Landgericht festgehalten (LGU 19) – durchaus die freie Entscheidung des Klägers wie er leben möchte. Ersatzfähig sind indessen nur solche Dispositionen betreffend unfallbedingt „vermehrter Bedürfnisse“, die darauf gerichtet sind, den bis zum Unfall gepflegten Lebenszuschnitt des Klägers möglichst zu bewahren, nicht hingegen Dispositionen, die diesen Zuschnitt grundlegend verändern – ohne durch den Unfall und die damit einhergehende dauerhafte Gesundheitsbeeinträchtigung veranlasst zu sein.

Der Lebenszuschnitt des Klägers bis zum Unfall war nach Sachlage wie folgt geprägt: Der Kläger lebte unbestritten bis zum Unfall alleine in einer Dachgeschosswohnung (ohne Garten) von – angegebenen – 100 qm (Grund-)Fläche im Haus seiner Eltern unstreitig waren weder ein Um- oder gar Neubau noch ein Umzug geplant (s.o.). Bzgl. irgendeiner seinerzeitigen (oder auch heutigen) Familienplanung ist nichts dargetan. Seine Ausbildung zum CNC-Fräser hatte er abgeschlossen und befand sich noch in der Probezeit. Dass der Kläger in seinem Ein-Personen-Haushalt bis zum Unfall tatsächlich überhaupt irgendwelche Haushaltstätigkeiten selbst ausführte, ist nicht dargetan oder gar unter tauglichen Beweis gestellt, erst Recht kein konkreter Umfang solcher Tätigkeiten.

Unstreitig war dem unfallbedingt auf die Benutzung eines Rollstuhls angewiesenen Kläger nach dem Unfall ein weiteres Bewohnen der vorgenannten Dachgeschosswohnung nicht mehr möglich, weswegen er auch stattdessen eine ebenerdige, nach den sachverständigen Feststellungen des gerichtlichen medizinischen Sachverständigen im Vorprozess, Prof. Dr. K., Chefarzt der Rehabilitationsmedizin, Uni Tübingen, welche sich Landgericht und auch der Senat im Vorprozess ausdrücklich zu Eigen gemacht haben, bis auf behebbare, kleinere Punkte auch behindertengerechte, den Wohnbedarf des Klägers angemessen und unter Aufrechterhaltung seines früheren Wohnungsstandards deckende Mietwohnung bezog und über 6 Jahre bewohnte und für welche die Beklagte auch die Mietzahlungen von 600 EUR unstreitig übernommen hatte (vgl. Senatsurteil im Vorprozess vom 12.08.2013, dort S. 60). Die späteren Dispositionen des Klägers, namentlich der Kauf eines Grundstücks und die Errichtung eines Neubaus hierauf veränderten den Lebenszuschnitt des Klägers grundlegend. Nicht nur die Begründung eigenen Immobiliareigentums als solches, sondern speziell dessen Lage und vor allem auch die Dimensionierung von Grundstück und Gebäude, weichen vom Lebenszuschnitt des Klägers vor dem Unfall überdeutlich ab und übertreffen den vorherigen Rahmen bei weitem. Konkret:

Der Kläger hat Jahre nach dem Unfall, während des Vorprozesses, ein – nach eigenen Angaben – 890 qm großes (Hang-)Grundstück (vgl. die Architektenpläne, Anl. K 3 und 4 sowie die vom Kläger zur Gerichtsakte gereichten Lichtbilder, namentlich die mit den Aufnahmen des Außenbereichs, vgl. AH Kl. II, Anl. K 12) gekauft. Er hat – wiewohl nach wie vor alleine wohnend – hierauf zunächst durch den Architekten W. ein mehrgeschossiges Einfamilienhaus mit Einliegerwohnung für eine Pflegekraft planen lassen. Diese Planung entsprach – wie vom medizinischen Sachverständigen Prof. K. im Vorprozess und diesem folgend auch von den Gerichten im Vorprozess, konkret bereits im Jahre 2012 von Landgericht und nachfolgend 2013 auch vom Senat, explizit festgestellt – zwar einer „Idealausstattung für einen Tetraplegiker“, war indessen für den funktionell – zum Glück – deutlich weniger eingeschränkten Kläger deutlich überdimensioniert (vgl. Senatsurteil im Vorprozess vom 12.08.2013, dort S. 60). Landgericht und Senat haben deshalb die hierfür kalkulierten Kosten auch ausdrücklich als nicht erstattungsfähig bewertet und die diese betreffenden Klageanträge sämtlich zurückgewiesen.

Gleichwohl hat der Kläger – wie gesehen – noch in 2013 (vgl. Anl. K 4) durch die Architekten N. die vorgenannten Pläne – marginal – überarbeiten, namentlich etwa die ursprüngliche Planung eines Bewegungsbads/Therapieraum herausnehmen und stattdessen ein „Holzlager“ einplanen, den Eingangsbereich geringfügig modifizieren und den Balkon erweitern lassen. Ansonsten hat er die Planung indessen im Kern belassen, namentlich die Grundkonzeption des mehrgeschossigen Wohnhauses inhaltlich beibehalten und die Wohn-/Nutzfläche nicht reduziert (s.o.). Nach diesen Plänen wurde das Bauvorhaben alsdann auch realisiert und von ihm im Oktober 2015 alleine bezogen. Wie die Vor-Ort-Vermessungen der gerichtlichen Sachverständigen ergaben, weist das errichtete Gebäude eine Wohn-/Nutzfläche von nunmehr sogar mehr als 446 qm aus.

Davon, dass ein verständiger Geschädigter in der besonderen Lage des Klägers als Paraplegiker diese Investitionen getätigt und damit – ausgehend von seinem ursprünglichen Lebenszuschnitt – nicht nur erstmals ein derart großes und überdies Hang-Grundstück erworben und hierauf einen mehrgeschossigen Neubau mit einer die zuvor mit 100qm (nur Grund-)Fläche bewohnte (Dachgeschoss-)Wohnung um mehr als das 4-Fache übertreffenden Wohn-/Nutzfläche hätte errichten lassen, ist der Senat nicht überzeugt, sondern im Gegenteil davon, dass ein solcher Geschädigter sich, wenn überhaupt Immobiliareigentum, so doch jedenfalls in Form einer weniger „pflegebedürftigen“, d.h. Haushaltstätigkeiten i.w.S. nach sich ziehenden, insbesondere auch ebenerdigen Wohnstatt gesucht haben würde. Das wird nachdrücklich nicht zuletzt auch dadurch gestützt, dass der Kläger – wie er selbst im vorliegenden Verfahren geltend machen lässt – von der gesamten Wohn-/Nutzfläche des Hauses (bestrittenermaßen) angeblich doch nur eine Wohnfläche von 157,5 qm bewohnen will. Für die darüber hinaus in seinem Auftrag geplante und errichtete quasi „Puffer“-Fläche zu freier zukünftiger Verwendung fehlt hingegen jede plausible sachliche Begründung und damit erst Recht eine Rechtfertigung, die Beklagte für die damit zusammenhängenden Errichtungs- (s.o.), v.a. aber auch unbefristet laufenden Folgekosten haften zu lassen.

Da auch ohne den Unfall Kosten unbekannter Höhe für Strom etc. wie auch die geltend gemachten Haushalts-(nahen)Tätigkeiten angefallen wären, ist dem Senat mangels hinreichenden Vortrags zum Vergleichsmaßstab (sei es bzgl. der elterlichen Dachgeschosswohnung oder einer anderen, seinem Lebensstandard vor dem Unfall entsprechenden Wohnung des Klägers) auch keine Differenzberechnung möglich, ob und ggfs. in welcher Höhe dem Kläger unfallbedingt nunmehr die geltend gemachten und/oder entsprechende Mehrkosten entstehen oder entstanden wären.

Schon dem Grunde nach nicht ersatzfähig sind in diesem Zusammenhang ohnehin die Kosten für die Wartung des Aufzugs. Denn – wie bereits im Urteil des Senats vom 12.08.2013 explizit ausgeführt, woran mangels vorgetragener, abweichender Anhaltspunkte festgehalten wird – die (trotz dieser gerichtlichen Feststellungen/Entscheidungen erfolgte) Errichtung eines mehrgeschossigen Wohnhauses durch den Kläger war medizinisch nicht begründbar, unverhältnismäßig und entsprach sonach ersichtlich nicht der Disposition eines verständigen Geschädigten. Entsprechende Folgekosten gehen daher ebenfalls alleine mit ihm heim (§ 254 Abs. 2 BGB).

Entsprechendes gilt hinsichtlich der Kosten für die Gartenpflege, denn bis zum Unfall verfügte der Kläger über keinen Garten. Der Erwerb von Grundstückseigentum ist schadensrechtlich von der Beklagten nicht geschuldet. Überdies hätte entsprechend vorstehenden Erwägungen ein verständiger Geschädigter in der besonderen Lage des Klägers als Paraplegiker und mit dessen Lebenszuschnitt bis zum Unfall, kein Anwesen mit eine Pflege erfordernden Garten erworben, erst Recht kein solches in Hanglage und in o.g. Größe. Soweit der Kläger dies dennoch tat, gehen auch die diesbezüglichen Folgekosten zu seinen Lasten (§ 254 Abs. 2 BGB).

Demgemäß sind namentlich die in zweiter Instanz vom Kläger – infolge zwischenzeitlich fertiggestellter Gartenanlage – ergänzend geltend gemachten, weitergehenden, aber auch die schon erstinstanzlich insoweit angeführten Kosten nicht erstattungsfähig.

Der – in der Berufung modifizierte – Klageantrag Ziff. 2 ist nach alledem unbegründet und – auf die Berufung der Beklagten – abzuweisen.

Selbst wenn man im Übrigen – was der Antragstellung des Klägers freilich nicht zu entnehmen ist – sein entsprechendes Begehren als Abänderungsantrag gemäß § 323 ZPO verstehen wollte, wäre derselbe jedenfalls aus den zutreffenden, o.g. Gründen des landgerichtlichen Teil-Urteils des Vorprozesses vom 22.06.2012 – 1 U 115/04 – unbegründet.

3.3 Mangels entsprechenden Hauptsacheanspruchs kann der Kläger von der Beklagten auch nicht Freistellung von diesbezüglich angefallenen außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten und/oder die Zahlung von Zinsen verlangen.

III.

1. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 101 Abs. 1 1. HS, 97 ZPO.

2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, 709 S. 1 und 2, 711 ZPO.

3. Gründe, die für den vorliegenden Einzelfall gemäß § 543 Abs. 2 ZPO die Zulassung der Revision rechtfertigten oder gar geböten, sind weder dargetan noch sonst ersichtlich.

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