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Leistungspflicht einer privaten Krankenversicherung

OBERLANDESGERICHT KOBLENZ

Az.: 10 U 116/99

Verkündet am 18. Mai 2001

Vorinstanz: LG Trier – Az.: 6 O 245/98


URTEIL

– abgekürzt gemäß § 543 Abs. 1 ZPO –

In dem Rechtsstreit hat der 1O. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz auf die mündliche Verhandlung vom 16. März 2001 für Recht erkannt:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Trier vom 24. Juni 1999 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich derjenigen der Nebenintervention hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist nicht begründet.

Die Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger im Rahmen der bestehenden privaten Krankenversicherung über die – erstatteten – Kosten für privatärztliche Leistungen und stationäre Behandlung in den S………. Kliniken der Nebenintervenientin hinaus auch die Kosten der eingesetzten Aortenbifurkationsprothese zu erstatten.

Der Senat neigt allerdings dazu, die von der Berufungsbegründung im Einzelnen dargelegten Bedenken der Beklagten dagegen zu teilen, dass die betreffenden Kosten im Vertragsverhältnis zwischen den Parteien (nach MB/KK 94, den Tarifbedingungen und dem Tarif SM 6 der Beklagten) als erstattungsfähig versichert sind. Die Kosten der betreffenden Prothese, deren Verwendung eine neue Operationsmethode darstellt, dürften mangels entsprechender Berücksichtigung im Entgeltkatalog für Fallpauschalen und Sonderentgelte nicht über die allgemeinen Krankenhausleistungen hinaus gesondert berechenbar sein und auch nicht als. Auslagenersatz nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 GOÄ im Rahmen der gesonderten Berechnung ärztlicher Wahlleistungen angesetzt werden können.

Die Beklagte ist unabhängig hiervon gleichwohl vertraglich verpflichtet, dem Kläger den auf die Rechnung des Chefarztes Prof. Dr. S…… (Bl. 24 d.A. mit Anschreiben B1. 23 d.A.) gezahlten Betrag von 14.766 DM für die Prothese zu ersetzen. Sie ist diesbezüglich aufgrund des gewohnheitsrechtlichen Rechtsinstituts der versicherungsvertraglichen Erfüllungshaftung einstandspflichtig (vgl. Prölss/Martin, WG, 26. Aufl. Rdnr. 29 ff. zu § 43; Römer/Langheid, VVG, Rdnr. 18 f. zu 43).

Dem Kläger sind die betreffenden Kosten mit der Begleichung der Rechnung entstanden. Er durfte nach Treu und Glauben davon ausgehen, hierfür Versicherungsschutz zu haben.

Nach dem Ergebnis der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme (vgl. B1. 278 ff. d.A.) hatte der Kläger dem Agenten Sch… der Beklagten vor der Durchführung der Operation telefonisch die beabsichtigte Maßnahme im Einzelnen geschildert. Auch wenn ihm selbst die schriftliche Information des Prof. Dr. S…… vom 11. November 1997 (Bl. 21 d.A.) damals noch nicht vorlag, war er doch nach seiner – für den Senat uneingeschränkt glaubhaften – diesbezüglichen Bekundung im Termin am 16. März 2001 von Prof. Dr. S…… bereits zuvor bei der ersten Untersuchung in gleicher Weise mündlich unterrichtet worden. Entsprechend hat auch der Zeuge Sch…. bekundet, dass der Kläger ihn auf den medizinischen Befund hingewiesen und weiter erläutert habe, wie diese Beschwerden durch den Spezialisten in F…….. durch Operation beseitigt werden sollten, wobei er auch erklärt habe, dass es sich um eine neue Operationsmethode handele.

Wenn, wie von dem Zeugen Sch…. bestätigt, dieser dann auf die ausdrückliche Frage des Klägers, „ob er da hingehen könne“, mit „Ja“ und der Erklärung antwortete, „der Versicherungsschutz gebe das her“, entstand damit ein der Beklagten zuzurechnender Vertrauenstatbestand für den Kläger; der den Voraussetzungen der versicherungsvertraglichen Erfüllungshaftung genügt.

Nach diesem Rechtsinstitut begründen vom Versicherungsnehmer als verbindlich zu verstehende Auskünfte des Agenten zum Inhalt des Versicherungsvertrags, insbesondere zum Ausmaß des Versicherungsschutzes, dann, wenn sie vom tatsächlichen Vertragsinhalt abweichen, eine selbständige Erfüllungsverpflichtung des Versicherers. Dies gilt nach Auffassung des Senats gleichermaßen für Agentenerklärungen bei der Anbahnung eines Versicherungsvertrags wie für entsprechende, auf den Vertragsinhalt bezogene Erklärungen im Rahmen eines bestehenden Versicherungsverhältnisses, soweit diese, wie beim vorliegenden Fall einer Deckungsanfrage, Vertrauensgrundlage für ein bestimmtes Verhalten des Versicherungsnehmers sind (vgl. Prölss/Martin, a.a.O. Rdnr. 29; OLG Köln, RuS 199O, S. 325, OLG Karlsruhe, RuS 1993, S. 331).

Im vorliegenden Fall konnte der Kläger nach diesen Maßstäben auf das Bestehen von Versicherungsschutz vertrauen. Er konnte davon ausgehen, den Agenten über die wesentlichen Punkte der beabsichtigten Maßnahme umfassend unterrichtet zu haben, auch wenn – wozu der Zeuge Sch…. sich nicht mehr festlegen konnte – möglicherweise der Begriff „Budget“ nicht ausdrücklich angesprochen worden war. Nicht von Erheblichkeit ist entsprechend, ob für den Agenten aufgrund der erhaltenen Information erkennbar war, dass es sich um ein im Entgeltkatalog noch nicht vorgesehenes neues Operationsverfahren handelte. Das im Zusammenhang mit dieser Frage stehende Risiko einer möglicherweise tatsächlich bestehenden Deckungslücke darf nicht zu Lasten des Versicherungsnehmers gehen; vielmehr muss diesbezüglich der – grundsätzlich auch über einen erheblichen „Wissensvorsprung“ verfügende – Versicherer gegebenenfalls entsprechende Vorsicht bei Deckungszusage walten lassen.

Die Einstandspflicht der Beklagten entfällt auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines erheblichen Eigenverschuldens des Klägers (vgl. Prölss/Martin, a.a. O. Rdnr. 31). Ein Eigenverschulden kann nicht festgestellt werden.

Die Berufung ist mithin zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, § 1O1 Abs. 1 ZPO.

Die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf 7O8 Nr. 1O ZPO. Von Vollstreckungsschutzanordnungen wird gemäß § 713 ZPO abgesehen.

Der Wert des Streitgegenstands für den Berufungsrechtszug und die Höhe der Beschwer der Beklagten werden jeweils auf 14.766 DM festgesetzt.

Der Senat sieht keine Veranlassung zur Zulassung der Revision. Die Entscheidung beruht weder auf Divergenz noch auf der Beantwortung einer als grundsätzlich anzusehenden Rechtsfrage.

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