OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF
Az.: 5 Ss (OWi) 149/95 – (OWi) 79/95
BESCHLUSS vom 26.05.1995
In der Bußgeldsache wegen Verstoßes gegen das Landesimmissionsschutzgesetz hat der 1. Senat für Bußgeldsachen am 26. Mai 1995 auf den Antrag des Betroffenen, die Rechtsbeschwerde gegen das Urteil des Amtsgerichts Krefeld vom 8. März 1995 zuzulassen, nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft einstimmig beschlossen:
Der Antrag wird als unbegründet auf Kosten des Betroffenen verworfen.
Gründe:
Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen einer fahrlässigen Ordnungswidrigkeit gemäß §§ 7 Abs. 1, 9 Abs. 1, 17 Abs. 1 Buchst, c) und d) LlmschG (Landes-Immissionsschutzgesetz) zu einer Geldbuße von 200,- DM verurteilt. Hiergegen wendet sich der Betroffene mit seinem Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde. Er rügt die Verletzung materiellen Rechts. Der Antrag hat keinen Erfolg.
Bei einer Geldbuße von mehr als fünfundsiebzig bis zu zweihundert Deutsche Mark ist die Rechtsbeschwerde nach § 80 Abs. 1 OWiG zuzulassen, wenn es geboten ist, die Nachprüfung der Entscheidung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen oder das Urteil wegen Versagung des rechtlichen Gehörs aufzuheben. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.
Das Amtsgericht hat festgestellt:
Der Betroffene richtete an dem warmen Sommerabend des 21. Juli 1994 im Garten des Mehrfamilienhauses P in K in dem er eine Wohnung bewohnt, eine Grillparty mit sieben Gästen aus. Das Haus liegt im Stadtkern von Krefeld in einem geschlossenem Häuserblock mit mehrgeschossigen Mietshäusern, die die rückwärtig gelegenen Gärten umschließen.
Ab etwa 19.00 Uhr betrieb der Betroffene einen Gartengrill, auf dem Fleischwaren gegrillt wurden. Wegen der bestehenden Windstille füllte der durch die verglühende Holzkohle entstandene Qualm zunächst den Garten und drang dann durch offenstehende Fenster in Wohnungen von Nachbarn, insbesondere in die der Zeugen Z und B. Obwohl der Zeuge Z sich bereits gegen 20.00 Uhr durch Zuruf an den Betroffenen über die Qualmentwicklung beklagte, wurde der Grill noch bis 21.30 Uhr weiterbetrieben.
Der größte Teil der Gäste des Betroffenen blieb bis 2.30 Uhr am 22. Juli 1994. Bis zu diesem Zeitpunkt war der Geräuschpegel durch laute Unterhaftungen und Lachen so hoch, daß die Nachtruhe der Anwohner, insbesondere der Zeugen Z, B und G gestört wurde und diese trotz geschlossener Fenster nicht schlafen konnten. Bis 2.00 Uhr wurde der Betroffene durch laute Zurufe des Zeugen Z, Hund dessen Ehefrau sowie einer weiteren Anwohnerin auf die Ruhestörung hingewiesen, ohne daß er für eine Geräuschreduzierung sorgte. In einem Schreiben vom 28. Juli 1994 räumte der Betroffene ein, daß „diese Veranstaltung“ zu laut gewesen sei.
Die allein erhobene Sachrüge führt nicht zur Zulassung der Rechtsbeschwerde.
Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Amtsgerichts tragen den Schuldspruch wegen einer Zuwiderhandlung gegen §§ 7 Abs. 1, 9 Abs. 1, 17 Abs. 1 Buchstaben c) und d) LlmschG zur äußeren Tatseite rechtsbedenkenfrei.
a)
Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 LImSchG ist das Verbrennen sowie das Abbrennen von Gegenständen zum Zwecke der Rückgewinnung einzelner Bestandteile oder zu anderen Zwecken im Freien untersagt, soweit die Nachbarschaft oder die Allgemeinheit hierdurch gefährdet oder erheblich belästigt werden können. Das ^ Grillen im Freien wird durch diese Vorschrift jedenfalls dann erfaßt, wenn die dadurch verursachten Geruchsemissionen – wie hier – konzentriert in die Wohn- oder Schlafräume von Nachbarn dringen (vgl. Boisseree/Oels/Hausmann, Immissionsschutzrecht, 3. Aufl., Stand: März 1995, § 7 LlmschG Erl. 2).
Nach § 9 Abs. 1 LImSchG sind von 22 Uhr bis 6 Uhr Betätigungen verboten, welche die Nachtruhe zu stören geeignet sind.
aa)
Zu einer Betätigung im Sinne dieser Vorschrift zählt unter anderem das ruhestörende Verhalten von Personen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 25. Januar 1991 – 5 Ss (OWij 411/90 – (OWi) 181/90 l – m NStZ 1991. 445 (LS) – JMBI.NW 1991, 154 = ZMR 1991, 226 – NJW 1991, 1625 = MDR 1991, 891 – OLGSt § 9 LImSchG Nr. 2 = GA 1991, 553 (LS)‘ und vom 15. Januar 1990 – 5 Ss (OWi) 475/89- (OWi) 197/89 l – in JMBI.NW 1990, 154 = ZMR 1990, 183 = NJW 1990, 1676 = MDR 1990, 849 (LS) = OLGSt § 9 LimmschG Nr. 1 = wistra 1990, 164 = DWW 1990, 1218 = VersR 1991, 794 ; Boisseree/Oels/Hausmann, a.a.O., § 9. LImSchG Erl. 1.2 ; Wiethaup, Lärmbekämpfung in der Bundesrepublik Deutschland, 2. Aufl., S. 158). Der Betroffene war als Veranstalter des Festes und Mieter der Wohnung nebst zugehörigem Garten dafür verantwortlich, daß von der von ihm veranstalteten Feier kein Lärm ausging, der die Nachtruhe zu stören geeignet war (vgl. Senatsbeschluß vom 15. Januar 1990-5 Ss (OWi) 475/89 -(OWi) 197/89 l – a.a.O.) ; es kommt nicht darauf an, ob der Lärm (auch) von ihm persönlich oder nur von seinen Gästen verursacht wurde.
bb)
Die Feststellungen tragen in ausreichendem Maß die Annahme von Lärm, der die Nachtruhe zwischen 22 Uhr und 6 Uhr zu stören geeignet war. Wann eine Störung der Nachtruhe vorliegt, richtet sich nach der Intensität des Lärms und nach dem Gebietscharakter (Industriegebiet, Gewerbegebiet, gemischte Nutzung, reines Wohngebiet), in dem sich der Lärm auswirkt (vgl. Senatsbeschlüsse vom 25 – Januar 1991 – 5 Ss (OWi) 411/90 – (OWi) 181/90 l – a.a.O.; vom 11. Juni 1990-5 Ss (OWi) 26/90 – (OWi) 85/90 l – in NJW 1990, 3159 = NVvvZ 1991, 207 (LS) = ZMR 1990, 423 = DWW 1990, 271 = NStE, § 9 LImSchG Nr. 2 ; vom 15. Januar 1990-5 Ss (OWi) 475/89 – (OWi) 197/89 I – a.a.O. ; Boisseree/Oels/Hausmann,. a.a.O., § 9 LImSchG Erl. 1.3 m.w.N.). Hier hat das Amtsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt, daß die Lärmbelästigungen, die sich innerhalb eines reinen Wohngebietes auswirkten, störend im Sinne von § 9 Abs. 1 LImSchG waren, da insbesondere die Zeugen Z-QfffJQ B^Bfcjnd GQDB auch nach dem Schließen ihrer Schlafzimmerfenster wegen des von der Feier ausgehenden Lärms nicht schlafen konnten. Zur Feststellung der Lärmbelästigung war die – im übrigen wohl auch nicht mögliche – bezifferte Angabe“ des Maßes des von dem Betroffenen bzw. seinen Gästen verursachten Geräuschpegels nicht erforderlich. Vielmehr kann eine Lärmbelästigung im Sinne von § 9 Abs. 1 LImSchG mit jedem zulässigen Beweismittel, insbesondere – wie hier – auch durch Vernehmung der betroffenen Anwohner nachgewiesen werden (vgl. Senatsbeschlüsse vom 15. Januar 1990 – 5 Ss (OWi) 475/89 – (OWi) 197/89 l – a.a.O. und vom 25 Januar 1991 – 5 Ss (OWi) 389/90 – (OWi) 167/90 l – m ZMR 1991, 269 = NVwZ 1991. 815 = DWW 1991,
304). Anhaltspunkte für eine übersteigerte Lärmempfindlichkeit der betroffener Anwohner scheiden nach den Feststellungen aus.
cc)
Eine die Nachtruhe im Sinne von § 9 Abs. 1 LImSchG zwischen 22 Uhr und 6 Uhr störende Betätigung ist auch nicht Ausnahmsweise zu gelegentlichen persönlichen, beruflichen oder familiären Feiern zulässig (vgl. Senatsbeschluß vom 15. Januar 1990 – 5 Ss (OWi) 475/89 – (OWi) 197/89 l – a.a.O.).
2.
Zwar ist das Amtsgericht rechtsfehlerhaft von einer fahrlässigen Begehungsweise ausgegangen. Die Feststellungen belegen nämlich, daß der Betroffene vorsätzlich handelte, nachdem er wiederholt auf den von der Feier ausgehenden ruhestörenden Lärm und die Belästigung durch die starke Rauchentwicklung aufmerksam gemacht worden war. Dieser Rechtsfehler rechtfertigt jedoch nicht Zulassung der Rechtsbeschwerde, da er nicht auf Wiederholung angelegt ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 46 Abs. 1 OWiG, 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.