Skip to content

Radfahrkollision bei abknickender Vorfahrt

Fahrradunfall an Abknickender Vorfahrt: Wer trägt die Schuld?

In einem komplexen Fall, der die Rechtsprechung im Verkehrsrecht tangiert, ging es um eine Kollision zwischen zwei Radfahrern an einer abknickenden Vorfahrtstraße. Der Kläger war der Ansicht, dass der Beklagte, ein 11-jähriges Kind, den Unfall verschuldet habe, da dieser vom Gehweg auf die Straße gefahren sei. Der Kern des rechtlichen Dilemmas lag in der Frage, wer die Haftung für den Unfall und mögliche Folgeschäden trägt. Dabei spielten sowohl die Verkehrsregeln gemäß der Straßenverkehrsordnung (StVO) als auch die Einschätzung eines Sachverständigen eine Rolle.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 44 O 3499/19 >>>

Rechtliche Grundlagen und Feststellungsantrag

Radfahrkollision bei abknickender Vorfahrt
Fahrradunfall an Vorfahrtstraße: Sorgfaltspflicht und kein klares Schuldurteil. (Symbolfoto: Big Shot Theory /Shutterstock.com)

Der Kläger argumentierte, dass er ordnungsgemäß auf seiner Fahrspur gefahren sei und nicht mit einem verkehrswidrigen Verhalten des Beklagten hätte rechnen müssen. Er stellte einen Feststellungsantrag, da die Unfallfolgen und deren zukünftige Entwicklung für ihn noch nicht absehbar seien. Dieser Antrag war zulässig und begründet im Sinne von § 256 ZPO, da der Kläger von Folgeschäden ausging und eine Gesamtbezifferung des Schadens noch nicht möglich war.

Sachverständigenbewertung und Sichtverhältnisse

Ein Sachverständiger wurde hinzugezogen, der keine Zweifel an der Richtigkeit seiner Feststellungen ließ. Er stellte fest, dass der Kläger den Unfall hätte vermeiden können, wenn er seinen seitlichen Abstand zur Bordsteinkante und seine Geschwindigkeit angepasst hätte. Zudem gab es laut dem Sachverständigen keine unfallkausalen Sichteinschränkungen, die den Kläger daran gehindert hätten, den Beklagten rechtzeitig zu erkennen.

Verpflichtungen nach der StVO

Der Kläger hätte gemäß §§ 8 und 9 StVO besondere Sorgfaltspflichten beachten müssen, insbesondere da er in eine Vorfahrtstraße einbiegen wollte. Er hätte einen größeren Seitenabstand zum Fahrbahnrand einhalten müssen, um den Unfall zu vermeiden. Der Beklagte hingegen konnte keinen Vorwurf gemacht werden, da er nach Ansicht des Sachverständigen alles getan hatte, um den Kläger zu erkennen.

Schlussbetrachtung: Keine eindeutige Schuldzuweisung

Das Gericht folgte der Einschätzung des Sachverständigen und kam zu dem Schluss, dass der Kläger den Unfall hätte vermeiden können, wenn er die Verkehrsregeln und die örtlichen Gegebenheiten besser beachtet hätte. Der Beklagte wurde nicht für den Unfall verantwortlich gemacht, da er nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt hatte. Damit stellt dieser Fall ein interessantes Beispiel für die Komplexität der Haftungsfragen im Verkehrsrecht dar.

Haftungsfragen bei Radfahrkollision: Wer trägt die Verantwortung?

Der Fall einer Radfahrkollision bei abknickender Vorfahrt wirft zahlreiche Fragen auf: Wer ist haftbar? Wie wird der Schadensersatz geregelt? Wenn Sie in einer ähnlichen Situation sind und sich durch den Dschungel der Paragrafen kämpfen, können wir Ihnen helfen. Unsere Kanzlei bietet eine fundierte Ersteinschätzung Ihrer Situation und berät Sie anschließend umfassend zu Ihren rechtlichen Möglichkeiten. Lassen Sie sich nicht allein mit der Unsicherheit, wer im Recht ist. Nehmen Sie Kontakt mit uns auf und klären Sie Ihre Ansprüche professionell ab.

➨ jetzt anfragen!


Das vorliegende Urteil

LG Landshut – Az.: 44 O 3499/19 – Endurteil vom 07.08.2020

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

4. Der Streitwert wird auf 10.000,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten im Rahmen einer Feststellungsklage über die Haftungsverteilung aufgrund eines Verkehrsunfalles.

Am 17.04.2018 kam es zwischen dem Kläger und dem Beklagten gegen ca. 20.09 Uhr in – … an der Kreuzung …straße/…straße zu einem Verkehrsunfall, deren Hergang im Einzelnen streitig ist. Beide Beteiligte waren als Radfahrer unterwegs.

In Folge des Unfallereignisses zog sich der Kläger erhebliche Verletzungen zu, insbesondere eine ACG-Sprengung vom Typ Tossy III in der rechten Schulter. Zur Therapie waren eine Augmentation des AC-Gelenkes mit Vicrylband sowie eine Rekonstruktion des Kapselbandapparats und Sicherung der ACG-Stellung durch zwei Drähte notwendig. Hierzu befand sich der Kläger vom 24.04.2018 bis 25.04.2018 in stationärer Behandlung im Klinikum …. Der Kläger musste wegen dieser Unfallfolgen operiert werden und 8 Wochen nach der Operation musste der Kläger immer noch einen Gilchristverband tragen und hatte immer noch ziehende Schmerzen. Die eingebrachten beiden Kirschnerdrähte konnten erst am 17.07.2018 entfernt werden.

Die Haftpflichtversicherung des Beklagten weigerte sich außergerichtlich, eine Erklärung bezüglich der Eintrittspflicht abzugeben. Sie vertrat die Ansicht, dass ein Verschulden des Beklagten nicht vorliegen würde.

Der Kläger behauptet, er sei zum Unfallzeitpunkt mit seinem Fahrrad auf der …straße in … gefahren und habe nach links in die …straße abbiegen wollen. Beim Abbiegevorgang sei der Kläger ganz rechts auf der Fahrbahn auf seiner Fahrspur gefahren. Kurz nach der Einmündung in die …straße nach etwa 10 Metern sei der Kläger mit dem damals 11 Jahre altem Beklagten, der zum Unfallzeitpunkt mit seinem Fahrrad auf dem Bürgersteig gefahren sei und auf Höhe der …straße die …straße habe überqueren wollen, zusammengestoßen. Der Beklagte sei dabei mit dem Vorderrad seines Fahrrades bereits vom Gehsteig abgefahren, dieses habe sich bereits auf der Fahrbahn befunden. Der Kläger habe dem Vorderrad des Fahrrades des Beklagten nicht mehr ausweichen können und sei in Folge der Kollision mit diesem Fahrrad mit der rechten Körperseite auf die Straße gestürzt.

Der Unfall habe sich auf Höhe des Gullydeckels ereignet, den der Kläger in dem als Anlage beigefügten Lichtbild gekennzeichnet hat. Der Beklagte sei mit seinem Fahrrad auf die Fahrbahn gefahren und habe sich nicht am Ende des Gehweges befunden. Der Gully würde sich auf Höhe eines Elektrokastens auf dem Gehweg befinden. An dieser Stelle sei der Gehweg nur 1,35 m breit. Für die Jugendlichen mit dem Fahrrad sei dies zu schmal, um nebeneinander auf dem Gehweg gehen bzw. fahren zu können, deshalb sei der Beklagte mitsamt dem Fahrrad komplett auf die Fahrbahn in Gegenrichtung ausgewichen. Wäre der Beklagte mit dem Fahrrad am Ende des Gehweges gewesen, hätte der Kläger bremsen und ausweichen können. So aber sei der Beklagte mit seinem Fahrrad wegen des engen Kurvenradius für den Kläger nicht zu sehen gewesen, und deshalb habe der Kläger den Unfall auch nicht vermeiden können.

Nach Erinnerung des Klägers sei auch nicht nur das Vorderrad vollständig auf der Straße gewesen, sondern der Beklagte schon mit dem gesamten Fahrrad auf der Straße, als sich der Unfall ereignete. Der Kläger sei dabei sehr wohl auf Sicht gefahren, und habe auch einen ausreichenden Sicherheitsabstand zum rechten Rand eingehalten. Der Kläger habe einen Abstand von mindestens 1 m von der Straßenbegrenzung eingehalten, der Kurvenradius dort sei sehr stark und auf der Fahrbahn des Klägers würde sich auch noch ein Verkehrsschild mit Standfuß befinden. Um diesen Standfuß nicht zu streifen, habe der Kläger einen entsprechenden Abstand von der Straßenbegrenzung einhalten müssen. Auch die Geschwindigkeit des Klägers sei angepasst und keineswegs überhöht gewesen. Entgegen der Behauptung des Beklagten habe der Beklagte nicht gestanden, sondern sei nach Erinnerung des Klägers in Bewegung gewesen.

Weiter behauptet der Kläger, er habe sich nach Entfernung der Kirschnerdrähte anschließend in ambulanter Rehabilitation befunden und sei aufgrund der Unfallfolgen bis 08.10.2018 arbeitsunfähig gewesen. Der Kläger würde noch heute an den Unfallfolgen leiden. Es liege eine Bewegungseinschränkung der Rotation und Beweglichkeit der Schulter vor, er könne maximal 8 kg haben und habe starke Schmerzen bei Zug- und Druckkräften.

Der Kläger ist der Auffassung, dass der Beklagte das Unfallereignis nach § 823 Abs. 1 BGB verschuldet hat. Der Beklagte sei zum Unfallzeitpunkt 11 Jahre alt gewesen, er hätte also bereits das 10. Lebensjahr vollendet gehabt und deshalb mit seinem Fahrrad den Gehweg nach § 2 Abs. 5 Satz 1 StVO nicht mehr benutzen dürfen. Außerdem hätte der Beklagte vor dem Überqueren der Fahrbahn absteigen müssen, stattdessen sei er vom Gehweg abgefahren. Hierdurch habe der Beklagte das Unfallereignis alleine verursacht und verschuldet. Der Kläger sei ordnungsgemäß mit dem Fahrrad auf der rechten Fahrbahnseite gefahren, er habe nicht mit einem verkehrswidrigem Verhalten des Beklagten rechnen müssen.

Der Feststellungsantrag sei zulässig und begründet, da die Unfallfolgen und deren Entwicklung in der Zukunft für den Kläger noch nicht vollumfänglich absehbar seien und der Beklagte daher ein rechtliches Interesse an der Feststellung der Haftung des Beklagten im Sinne von § 256 ZPO habe. Der Kläger habe bislang von einer Bezifferung des Schadens abgesehen, weil von Folgeschäden auszugehen sei. Dass der Schaden teilweise bereits bezifferbar ist, stünde einer insgesamt erhobenen Feststellungsklage nicht entgegen, dies insbesondere dann, wenn der Schaden – wie vorliegend – noch in der Fortentwicklung begriffen sei und eine Gesamtbezifferung noch nicht möglich sei.

Die geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten habe der Beklagte zu erstatten. Diese würden sich aus einem vorläufigen Gegenstandswert von 10.000 € mit einer 1,3-Geschäftsgebühr zuzüglich Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer in Höhe von 887,03 € errechnen.

Der Kläger beantragt,

1. festzustellen, dass der Beklagte im Umfang von 100% zum Ausgleich aller künftigen materiellen und immateriellen Schadensersatzansprüche des Klägers aus dem Verkehrsunfall vom 17.04.2018 um ca. 20.09 Uhr in – …, …straße/…straße, verpflichtet ist, soweit diese Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind bzw. übergehen werden.

Sie benötigen eine rechtliche Beratung? Rufen Sie uns an: 02732 791079 und vereinbaren einen Beratungstermin oder fordern Sie unverbindlich unsere Ersteinschätzung online an.

2. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 887,03 € zu bezahlen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte behauptet, dass er mit seinem Fahrrad auf dem linken Gehsteig der …straße gefahren sei. Dort, wo der Gehsteig endet, habe er die …straße überqueren wollen. Dem Beklagten sei nicht mehr erinnerlich, ob er auf dem Fahrrad sitzend mit dem Vorderrad vom Gehsteig herunter gefahren sei oder er abgestiegen und mit dem Vorderrad vom Gehsteig herunter gefahren sei. Da durch den Anstoß des Klägers das Fahrrad des Beklagten umgefallen und der Beklagte auf dem Fahrrad gelandet sei, sei davon auszugehen, dass der Beklagte zuvor abgestiegen gewesen sei. Beim Verlassen des Gehsteigs mit dem Vorderrad sei der Kläger als herannahender Radfahrer noch nicht zu sehen gewesen. Unstreitig habe sich das Vorderrad des Fahrrades des Beklagten stehend auf der Fahrbahn befunden. Wie auf Bild 3 der amtlichen Ermittlungsakte ersichtlich sei, habe der Zusammenstoß ungefähr auf Höhe des Kanaldeckels und zwar noch in der …straße stattgefunden. Der Beklagte bestreitet, dass der Kläger nach links, von der …straße kommend, abbiegen wollte. Dann sei überhaupt nicht erklärlich, dass er die Spitze nach rechts ausfährt, um nach links einzuschwenken. Auch sei nicht zutreffend, dass sich der Unfall kurz nach der Einmündung in die …straße nach etwa 10 m ereignet hat. Der Unfall habe sich vielmehr noch ereignet, bevor der Kläger die …straße verlassen und in die …straße eingefahren ist.

(43) Nachdem es sich um das Vorderrad eines Kinderrades gehandelt habe, habe dieses, zumal es schräg gestellt gewesen sei, keinen Meter in die Straße geragt haben können. Der Beklagte habe an dieser Stelle die Fahrbahn überqueren dürfen. Beim Einfahren/Einschieben des Vorderrades in die Straße sei der Kläger noch nicht erkennbar gewesen. Der Umstand, dass der Beklagte zuvor den Gehweg mit dem Fahrrad befahren hat, habe sich nicht unfallkausal ausgewirkt. Der Unfall habe sich nicht während des Fahrens des Beklagten auf dem Gehweg ereignet, sondern als sein Vorderrad im Bereich des Kanaldeckels gestanden sei. Gleichermaßen hätte dort ein Fußgänger bzw. ein Fußgänger mit Kinderwagen dort stehen können.

Der Unfall habe sich nach Auffassung des Beklagten allein deshalb ereignet, weil der Kläger nicht auf Sicht gefahren sei. Hätte er das Verkehrsgeschehen vor sich beobachtet, hätte er zwingend dort den Beklagten mit dem Vorderrad auf der Straße bemerken können und müssen. Außerdem habe sich der Unfall auch deshalb ereignet, weil der Kläger keinen ausreichenden Sicherheitsabstand zum rechten Rand eingehalten habe. Wie auf den Bildern der polizeilichen bzw. staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakte, Az. … Js …/- erkennbar sei, würde dort der Bürgersteig im Bereich der Kurve enden. Ein aus der …straße sich nähernder Fahrzeugführer müsse daher damit rechnen, dass Personen am Ende des Bürgersteiges auf die Straße treten. Nachdem die Kurve auch unübersichtlich sei, müsse diesen Umständen dadurch Rechnung getragen werden, dass ein erheblicher Seitenabstand zu wählen sei. Wegen der erheblichen Breite des Einfahrttrichters der …straße nach rechts in die …straße und nach links weiterführend in die …straße sei dies möglich und zumutbar. Hätte der Kläger sein Fahrverhalten auf die örtlichen Gegebenheiten und die Sichtweite eingestellt, hätte er mit seinem Rennrad langsamer fahren und einen erheblichen Abstand zum rechten Fahrbahnrand einhalten müssen von zumindest 1,5 m. Dann hätte sich der Unfall nicht ereignet. Der Beklagte habe sein Vorderrad vom Gehsteig hinunter fahren/schieben dürfen, nachdem der herannahende Kläger noch nicht erkennbar gewesen sei. Anschließend sei er gestanden. Der Kläger sei ohne erforderlichen Seitenabstand mit hoher Geschwindigkeit daher gekommen und habe sich nur nach links orientiert. Das Alleinverschulden am Zustandekommen des Zusammenstoßes des Klägers mit dem Vorderrad des Beklagten liege daher beim Kläger.

Zudem habe der Kläger auch gegen § 3 Abs. 2 a StVO verstoßen. Der Kläger habe mit seinem Fahrrad ein Fahrzeug geführt. Bei Herannahen mit der erforderlichen mäßigen Geschwindigkeit hätte der Kläger erkennen können und müssen, dass sich am Ende des Gehsteigs 3 Kinder befinden und die Straße überqueren wollen. Der Kläger hätte sich gemäß § 3 Abs. 2 a StVO durch Verminderung der Fahrgeschwindigkeit und durch Bremsgeschwindigkeit so verhalten müssen, dass eine Gefährdung der Kinder ausgeschlossen war. Dies habe der Kläger nicht getan. Zudem sei der Beklagte zum Unfallzeitpunkt noch keine 11 Jahre alt gewesen.

Da eine Haftung des Beklagten nicht gegeben sei, würde auch keine Eintrittspflicht für das Unfallereignis durch den zum Zeitpunkt des Unfalles etwas mehr als 10 1/2-jährigen Beklagten bestehen. Aus diesem Grund habe der Kläger auch keinen Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten.

Der Beklagte bestreitet mit Nichtwissen, dass sich der Kläger nach Entfernung der Kirschnerdrähte in ambulanter Rehabilitation befand und aufgrund der Unfallfolgen bis 08.10.2018 arbeitsunfähig war. Der Beklagte bestreitet ebenfalls mit Nichtwissen, dass der Kläger auch heute noch an den Unfallfolgen leidet. Außerdem wäre der Feststellungsantrag unzulässig. Bereits eingetretene Unfallfolgen seien dem Kläger bekannt und bezifferbar. Zukünftige Unfallfolgen bestreitet der Beklagte.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einvernahme der Zeugen N.N. sowie N.N.. Zudem wurden sowohl der Kläger als auch der Beklagte zum Unfallhergang informatorisch angehört. Außerdem hat der Sachverständige D. Ing. N.N. in der mündlichen Verhandlung ein mündliches Gutachten erstattet. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom -.-…. (Bl. 42/50 d.A.) Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom -.-…. sowie die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

A. Die Klage ist zwar zulässig.

Dem Kläger steht auch das gemäß § 256 I ZPO für Feststellungsklagen erforderliche Feststellungsinteresse zu. Dies besteht immer dann, wenn wie vorliegend, der Beklagte die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche ernstlich bestreitet und das Urteil geeignet ist, die dadurch entstandene Unsicherheit zu beseitigen. Dem steht auch nicht der Umstand entgegen, dass der Kläger bereits einzelne Positionen seines Schadensersatzanspruches beziffern könnte. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass sich ein Kläger bei einer noch nicht abgeschlossenen Ermittlung der Schadenshöhe oder einer noch andauernden Schadensentwicklung grundsätzlich auf einen Feststellungsanspruch beschränken darf. Er muss die bereits feststehenden Einzelansprüche nicht nach und nach beziffern und mit Leistungsanträgen geltend machen. Dies folgt schon aus prozessökonomischen Gründen, weil eine sukzessive Einführung einzelner Schadenspositionen und eine fortwährende Antragsumstellung dem Beklagten ständig neue Angriffspunkte liefern würde. Dies könnte zu einer unangemessenen Verfahrensverzögerung führen, vgl. auch BGH NJW-RR 2016, 759; Zöller, Zivilprozessordnung, 33. Auflage 2020, § 256 Rn. 7 a.

B. Die Klage ist jedoch unbegründet.

I. Nach Durchführung der Beweisaufnahme steht fest, dass der Kläger den Unfall allein verschuldet hat. Ein Verschulden des Beklagten ist nicht nachgewiesen.

1. Der Kläger konnte schon seine Unfallversion nicht beweisen.

a) Der Kläger hat nämlich in der mündlichen Verhandlung vom … ausgesagt, dass er von der untergeordneten Straße kam und nach rechts in die …straße eingebogen sei. Von links sei keiner gekommen. Von rechts sei auch niemand gekommen. Er sei dann an der weißen Markierung gewesen, die man auf den Lichtbildern erkennen kann. Als er dann eingebogen sei, sei das Rad des Beklagten auf der Straße gestanden. Er sei dann in das Rad des Beklagten gefahren. Dieses habe sich komplett auf der Fahrbahn befunden. Er habe sich schon rechts gehalten. Allerdings hätte er auch etwa ca. 1 m Abstand vom Straßenrand eingehalten. Er habe schon noch versucht zu bremsen, habe aber sehr stark gebremst. Er sei dann vorn übers Rad. Dabei könne er nicht mehr so schnell gewesen sein. Dort, wo auf dem übergebenen Lichtbild das Kreuz eingezeichnet ist, habe sich die Kollision ereignet. Den Beklagten habe er erst nach dem Abbiegen gesehen. An der weißen Markierung habe er nicht angehalten, habe aber vorher geschaut. Es sei nichts gekommen, dann sei er abgebogen. Er sei ziemlich mittig auf der rechten Straße auf der rechten Fahrbahn zum Liegen gekommen. Den Beklagten als Radfahrer habe er erst nach der Kurve gesehen, kurz vor der Kollision hinter dem weißen Block.

b) Demgegenüber hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom … ausgesagt, dass er zunächst mit seinem Fahrrad auf dem Gehsteig unterwegs gewesen sei. Sie seien vorher aus dem Hof gekommen, nämlich dort, wo auf Bild 8 der Lichtbildanlage des Sachverständigen N.N. der gelbe Strauch erkennbar ist. Sie seien dann vor gefahren. Er habe die …straße geradeaus überqueren wollen. Auf Höhe des Gullydeckels vorn beim Gehsteig, der auf Bild 8 am rechten Rand erkennbar ist, sei er mit seinem Rad runter von der Straße. Dabei sei er langsam gefahren. Das Vorderrad sei dann schon auf der Straße gewesen. Das Hinterrad noch auf dem Gehsteig. Erst kurz vor der Kollision habe er den anderen Radfahrer gesehen. Vorher habe er diesen nicht sehen können, weil noch ein Gebüsch da gewesen sei, sodass er die …straße nicht habe einsehen können. Sie seien deswegen auf dem Gehsteig gefahren, weil sie gerade aus dem Hof raus gekommen seien. Die Kollision habe sich dort ereignet, wo auf Bild 10 der Lichtbilder des Sachverständigen N.N. der Gully erkennbar ist. Die Kollision habe sich nicht auf Höhe des Stromkastens ereignet. Er habe zunächst die …straße überqueren und dann nach links in Richtung Heimatmuseum fahren wollen.

c) Der Zeuge N.N. konnte nur angeben, dass sich der Beklagte am Ende des Gehsteigs befunden habe, als beide auf der Straße lagen. Der Kläger habe sich davor im Kreuzungsbereich befunden. Die genaue Stelle könne er aber nicht angeben.

d) Dagegen konnte der Zeuge N.N. die Unfallversion des Beklagten bestätigen. Sie seien zuerst auf dem Gehsteig unterwegs gewesen. Am Ende des Bürgersteigs sei der Beklagte mit dem Vorderrad nach unten auf die Straße gefahren. Er wisse nicht mehr, ob das Vorderrad schon ganz auf der Straße war oder nicht. Das Hinterrad sei jedoch noch auf dem Gehweg gewesen. Dann sei alles richtig schnell gegangen. Der Kläger sei gekommen und in den Beklagten reingefahren. Auf Vorlage von Bild 8 der Lichtbildanlage des Sachverständigen N.N. bestätigte der Zeuge, dass sie aus der Einfahrt beim gelben Busch auf den Gehsteig gefahren seien. Bei Bild 9 der Lichtbildanlage des Sachverständigen N.N. erklärte der Zeuge, dass sich der Unfall am Rande des Gehsteigs im Bereich links und rechts neben diesem Gully ereignet habe. Den Kläger habe er vor der Kollision nicht gesehen. Er habe auch nicht gesehen, wo dieser herkam. Vor der Kollision seien sie schon noch gefahren, aber eher langsamer. Sie hätten die über die …straße rüber fahren und dann nach links fahren wollen.

e) Danach konnte der Kläger schon nicht beweisen, dass sich der Unfall so zugetragen hat, wie ihn der Kläger geschildert hat. Insbesondere konnte der Kläger den von ihm geschilderten Kollisionsort nicht beweisen. Der Beklagte wollte nicht die …straße überqueren, sondern am Ende des Gehsteigs auf der linken Seite der …straße die …straße überqueren, wie dies auch der Zeuge N.N. bestätigt hat. Weitere objektive Beweismittel stehen nicht zur Verfügung. Von einem Unfallhergang, wie ihn der Kläger geschildert hat, konnte sich das Gericht keine Überzeugung bilden.

2. Jedenfalls wäre der Unfall für den Kläger in jeder Unfallversion auch vermeidbar gewesen.

a) Wenn sich der Unfall so abgespielt hätte, wie ihn der Kläger geschildert hat, hätte der Kläger den Unfall auf jeden Fall vermeiden können. Der Sachverständige N.N. hat hierzu nämlich in der mündlichen Verhandlung vom … nachvollziehbar und überzeugend ausgeführt, dass unfallkausale Sichteinschränkungen nach links und nach rechts in Fahrtrichtung des Klägers nicht gegeben waren. Insbesondere, wenn man davon ausgeht, wie von dem Kläger angegeben, dass er an der Haltelinie nach links und rechts geblickt habe und es nach seinen Angaben auf Höhe des Stromkastens rechts in seiner Fahrtrichtung zum Kollisionskontakt gekommen sei. Dann müsste man schon rein aufgrund der örtlichen Gegebenheiten zwingend davon ausgehen, dass jedenfalls bei Einfahrt in die Straße der von rechts herannahende, wenn auch links orientiert, fahrende Beklagte zu sehen gewesen sei. Der Unfall wäre dann für den Kläger vermeidbar gewesen, wenn er nicht in die …straße eingefahren wäre. Zwar hat der Sachverständige N.N. auch angegeben, dass der Unfall für den Beklagten dann vermeidbar gewesen wäre, wenn der Beklagte auf der Straße rechts gefahren wäre. Dies ist jedoch unerheblich. Zum einen ist der Beklagte schon nicht auf der Straße gefahren, auch nicht links. Vielmehr ist der Beklagte auf dem Gehsteig gefahren. Zum anderen konnte der Kläger eine entsprechende Unfallversion auch nicht beweisen.

Das Gericht hat keine Zweifel an der Richtigkeit der Feststellungen des Sachverständigen N.N.. Der Sachverständige ist dem Gericht aus einer Vielzahl von Verfahren als zuverlässiger und kompetenter Sachverständiger bekannt. Zudem konnte sich das Gericht in der mündlichen Verhandlung ebenfalls von der Sachkunde des Sachverständigen N.N. noch einmal selbst überzeugen.

b) Aber auch wenn sich der Unfall so abgespielt hat, wie ihn der Beklagte geschildert hat, hätte der Kläger den Unfall vermeiden können. Der Sachverständige N.N. hat hierzu nämlich ebenfalls verständlich ausgeführt, dass der Kläger bei der Unfallversion des Beklagten einen seitlichen Abstand nach rechts zur Bordsteinkante im Bereich von 25 bis 50 cm gehabt habe. Wenn man rechtlich davon ausgehen würde, dass der Kläger bereits mit bevorrechtigtem Verkehr rechnen musste zu dem Zeitpunkt, zu dem er in die Verlängerung des Gehweges, von wo sich der Beklagte nach Beklagtenvortrag angenähert hat, und in diesen Bereich nicht einfahren durfte, sondern davor anhalten muss und ggf. querenden Verkehr auf dem Gehweg prüfen muss und mit diesem rechnen muss, würde sich auch in dieser Unfallversion für den Kläger die Vermeidbarkeit ergeben.

c) Für den Beklagten dagegen wäre nach den Ausführungen des Sachverständigen N.N. eine Reaktion auf den erkennbaren Kläger von der …straße kommend als Halt bei normal üblicher Fahrt aufgrund erforderlicher Reaktionszeiten nicht möglich gewesen. Dies wäre nur dann der Fall, wenn man vom Beklagten rechtlich einfordern würde, dass er noch ohne erkennbare Gefahr am Ende des Gehweges anhält und überprüft, ob aus der …straße Verkehr kommt oder nicht. Eine Einsicht in die …straße zielführender Art sei nur am Ende des Gehweges möglich gewesen. Zuvor liege eine Sichteinschränkung vor. So sei der Bewuchs zum Unfallzeitpunkt stärker gewesen. 5 bis 10 m vor Ende des Gehweges würde also kein Sichtkontakt bestehen. Vielmehr müsse man an das Ende des Gehweges fahren und dann schon gezielt nach schräg links vorne blicken, unter Umständen sogar mit Nach-Vorne-Beugen der Person.

d) Entscheidend ist jedoch, dass der Kläger auf keinen Fall auf Sicht gefahren sein kann, da er dann den Beklagten rechtzeitig hätte erkennen müssen. Trotz Schildes, welches die abknickende Vorfahrt anzeigt, hat der Kläger weder darauf geachtet, ob am Ende des Gehsteigs nun ein Radfahrer, wie der Beklagte, abfährt oder ein Fußgänger dort entlangläuft, obgleich er gemäß § 8 StVO dazu verpflichtet gewesen wäre. Auch wollte der Kläger nach rechts in eine Vorfahrtstraße einbiegen und hatte darum auch gemäß § 9 StVO besondere Sorgfaltspflichten. Der Zusammenstoß im Bereich des Gullys belegt nochmals, dass sich der Unfall nicht so zugetragen hat, wie ihn der Kläger geschildert hat. Zum anderen belegt er aber auch, dass der Kläger entweder nicht ausreichend vor dem Abbiegen nach rechts geschaut hat oder seine Geschwindigkeit nicht entsprechend angepasst hat. Zumindest hätte er dann vor der Einbiegung einen entsprechend größeren Seitenabstand vom Fahrbahnrand einhalten müssen, wenn er nicht überblicken kann, ob von rechts etwas kommt. Dem Beklagten hingegen kann kann Vorwurf gemacht werden, da der Sachverständige gerade bestätigt hat, dass der Beklagte zum Unfallzeitpunkt bis ans Ende des Gehweges hätte fahren und gezielt nach schräg links vorne hätte blicken müssen, unter Umständen sogar mit Nach-Vorne-Beugen der Person, um den Kläger überhaupt erblicken zu können. Es ist auch nachvollziehbar, dass der Beklagte mit seinen Freunden diesen Weg gewählt hat. Andernfalls hätte der Beklagte zunächst die …straße überqueren müssen und dann in einer abknickenden Vorfahrtstraße im Kreuzungsbereich nochmals die …straße überqueren müssen, um dann links weiterfahren zu können. Dies wäre für die Kinder ein ziemlich gefährliches Fahrmanöver gewesen, wobei sich der vom Beklagten gewählte Weg als weniger gefährlich darstellt. Unerklärlich bleibt am Ende, warum der Kläger den Beklagten beim Abbiegen nicht gesehen hat und er so dicht am rechten Fahrbahnrand fährt, dass er direkt neben dem Gehsteig auf dem Gullydeckel mit dem Beklagten kollidiert. Ein Verschulden des Beklagten deswegen ist nicht ersichtlich, schon gar kein alleiniges Verschulden. Im Übrigen handelt es sich beim Beklagtenfahrzeug um ein Kindermountainbike, für das gemäß § 24 I 2 StVO die Vorschriften über den Fußgängerverkehr entsprechend gelten, sodass der Beklagte gemäß § 25 StVO auch den Gehweg benutzen durfte.

II. Mangels Hauptanspruchs hat der Kläger gegen den Beklagten auch keinen Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten.

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 I 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1 und 2 ZPO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 48 I, 63 II GKG iVm 3 ZPO.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Soforthilfe vom Anwalt!

Jetzt Hilfe vom Anwalt!

Rufen Sie uns an um einen Beratungstermin zu vereinbaren oder nutzen Sie unser Kontaktformular für eine unverbindliche Beratungsanfrage bzw. Ersteinschätzung.

Ratgeber und hilfreiche Tipps unserer Experten.

Lesen Sie weitere interessante Urteile.

Unsere Kontaktinformationen.

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Hier finden Sie uns!

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

zum Kontaktformular

Ersteinschätzungen nur auf schriftliche Anfrage per Anfrageformular.

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Über uns

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!

Das sagen Kunden über uns
Unsere Social Media Kanäle

 

Termin vereinbaren

02732 791079

Bürozeiten:
Mo-Fr: 08:00 – 18:00 Uhr

Kundenbewertungen & Erfahrungen zu Rechtsanwälte Kotz. Mehr Infos anzeigen.

Ersteinschätzung

Wir analysieren für Sie Ihre aktuelle rechtliche Situation und individuellen Bedürfnisse. Dabei zeigen wir Ihnen auf, wie in Ihren Fall sinnvoll, effizient und möglichst kostengünstig vorzugehen ist.

Fragen Sie jetzt unverbindlich nach unsere Ersteinschätzung und erhalten Sie vorab eine Abschätzung der voraussichtlichen Kosten einer ausführlichen Beratung oder rechtssichere Auskunft.

Aktuelles Jobangebot

Juristische Mitarbeiter (M/W/D)
als Minijob, Midi-Job oder in Vollzeit.

mehr Infos