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Rechtsschutzversicherung – Deckungszusage trotz Verdachts vorsätzlicher Straftatbegehung

OLG Zweibrücken – Az.: 1 U 138/18 – Urteil vom 13.11.2019

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 18.10.2018, Az. 3 O 68/18, wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

Gründe

I.

Die Klägerin unterhält bei der Beklagten eine Rechtsschutzversicherung gemäß Versicherungsschein vom 10.09.2010 (Vers-Nr. … gem. Anlage K 1, Bl. 7 ff d.A.). Danach ist gemäß Ziff. 4.2 der dem Versicherungsvertrag zugrundeliegenden ARB-MPM 2009 auch Arbeitsrechtschutz vom Versicherungsumfang erfasst. Der Lebensgefährte der Klägerin, …, ist mitversicherte Person.

Ziffern 5.4 und 5.5 lauten wie folgt:

„5.4 Rechtsschutz besteht nicht für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen

5.5. soweit in den Fällen der Ziff. 4.1 bis 4.8 ein ursächlicher Zusammenhang mit einer von Ihnen vorsätzlich begangenen Straftat besteht. Stellt sich ein solcher Zusammenhang im Nachhinein heraus, sind Sie zur Rückzahlung der Leistungen verpflichtet, die wir für Sie erbracht haben.“

Die Klägerin begehrt die Gewährung von Deckungsschutz für die mitversicherte Person zur Verteidigung gegen ein Schadensersatzverlangen seines früheren Arbeitgebers, der …, über ursprünglich 2.234.695,20 € in dem vor dem … unter dem Az. … geführten Rechtsstreit. In diesem Rechtsstreit wurde dem dortigen Beklagten zur Rechtsverteidigung Prozesskostenhilfe bewilligt durch Beschlüsse vom 15.05.2018 (Bl. 42 f d.A.) und vom 10.07.2018 (Bl. 186 f d.A.).

Gegen den Lebensgefährten der Klägerin wird durch die … unter dem … ermittelt wegen des Verdachts eines mittäterschaftlich vielfach begangenen Computerbetruges zu Lasten der … in besonders schweren Fall und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr sowie weiterer Vorsatztaten durch den Einkauf bzw. die Abzeichnung externer Dienstleistungen, die tatsächlich nicht erbracht, aber als Scheinleistungen vergütet wurden.

Die … hatte zudem gegen die versicherte Person in dem Verfahren vor dem …, …, einen dinglichen Arrest beantragt, der in erster Instanz erlassen wurde. In zweiter Instanz wurde der Arrest aufgehoben und der Arrestantrag wegen fehlenden Arrestgrundes zurückgewiesen.

Die Beklagte hat durch Schreiben vom 04.05.2018 den beantragten Deckungsschutz abgelehnt.

Sie beruft sich auf den Ausschlusstatbestand der Ziff. 5.5 ARB-MPM 2009.

Die Klägerin hat erstinstanzlich vorgetragen, die mitversicherte Person habe sich keiner strafbaren Handlung schuldig gemacht und sei nicht in die Betrugshandlungen zu Lasten seines damaligen Arbeitgebers involviert gewesen.

Sie hat beantragt, festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, Herrn …, Rechtschutz für die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen aus Arbeitsverhältnissen zur Verteidigung gegen die Klage der … mit dem ursprünglichen Klageantrag vor dem …, …, aus dem Vertrag …, Versicherungsschein-Nr. … zu gewähren.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren seien zutreffend. Dass die mitversicherte Person die Bezahlung der Scheinleistungen in Unkenntnis der Tatsache, dass diese nicht erbracht worden seien, abgezeichnet habe, sei eine reine Schutzbehauptung. Darüber hinaus habe die Rechtsverteidigung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg gem. Ziff. 23.1.1 ARB-MPM 2009.

Das Landgericht hat die Ermittlungsakte der … sowie die Akte des … beigezogen, zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht durch das am 18.10.2018 verkündete Urteil festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, …, …, …, Deckungsschutz für die Wahrnehmung seiner rechtlichen Interessen zur Verteidigung gegen den ursprünglichen Klageantrag der … vor dem …, …, aus dem Vertrag …, Versicherungsschein Nr. …, zu gewähren unter dem Vorbehalt der Rückforderung im Falle eines ursächlichen Zusammenhangs der gegen … geltend gemachten Forderung mit einer vorsätzlich begangenen Straftat.

Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte müsse, solange der Verdacht der Straftat bzw. ihr ursächlicher Zusammenhang nicht bewiesen sei und die Rechtsverteidigung im Hauptprozess hinreichend erfolgversprechend sei, vorläufige Deckung leisten. Diese stehe unter dem Vorbehalt der Rückforderung, sollte sich erweisen, dass die mitversicherte Person die ihr im Zusammenhang mit dem Arbeitsgerichtsprozess vorgeworfenen Vorsatztaten begangen habe. Diese Frage sei nicht im Deckungsprozess zu klären. Wegen der Einzelheiten der rechtlichen Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt.

Sie ist der Auffassung, es bestehe kein Grund für eine vorläufige Deckung. Die Beklagte laufe Gefahr, einen sich später ergebenden Rückforderungsanspruch nicht mehr realisieren zu können. Daher sei die Frage, ob der Ausschlusstatbestand des Ziff. 5.5 ARB-MPM 2009 vorliege und die versicherte Person eine vorsätzliche Straftat begangen habe, im vorliegenden Deckungsprozess zu klären.

Die Beklagte beantragt, unter Abänderung des am 18.10.2018 verkündeten Urteils des Landgerichts Frankenthal (Pfalz),Az. 3 O 68/18, die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und wiederholt und vertieft im Wesentlichen ihren erstinstanzlichen Vortrag.

Das Verfahren vor dem …, …, ist inzwischen durch Beschluss vom 16.10.2018 gem. § 149 ZPO bis zum Abschluss des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens gegen … ausgesetzt.

Der Senat hat einen entsprechenden Aussetzungsantrag der Beklagten im vorliegenden Rechtsstreit abgelehnt. Auf den Beschluss vom 04.09.2019 (Bl. 321 ff d.A.) wird Bezug genommen.

Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens in erster und zweiter Instanz wird ergänzend auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.

Zu Recht hat das Landgericht angenommen, dass die Klägerin gegen die Beklagte aus dem zwischen den Parteien bestehenden Versicherungsvertrag …, Versicherungsschein-Nr. .., in den ihr Lebensgefährte … als mitversicherte Person einbezogen ist, einen Anspruch hat auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zur Verteidigung gegen die Schadensersatzklage der … in dem Rechtsstreit vor dem … am Rhein, …, in Höhe von 2.234.695,20 € nebst Zinsen.

Die … als früherer Arbeitgeber der mitversicherten Person stützt den Schadensersatzanspruch im Wesentlichen auf einen mittäterschaftlich begangenen vielfachen Abrechnungsbetrug zu ihren Lasten und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr durch den Einkauf bzw. die Abzeichnung externer Dienstleistungen, die tatsächlich nicht erbracht, aber als Scheinleistungen vergütet wurden. Der Lebensgefährte der Klägerin … bestreitet diesen Vorwurf substantiiert in einer Weise, dass seine Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg verspricht, indem er sich darauf beruft, auf Weisung seines Vorgesetzten gehandelt zu haben, selbst aber keine Kenntnis gehabt zu haben von dem Abrechnungsbetrug. Der geständige Vorgesetzte habe dies ausweislich des Ermittlungsprotokolls des internen Ermittlungsdienstes der … vom 19.02.2018 und bei seiner kriminalpolizeilichen Vernehmung auch bestätigt. Der mitversicherten Person wurde in dem Rechtsstreit … zur Rechtsverteidigung Prozesskostenhilfe bewilligt durch Beschluss des … vom 15.05.2018 (vgl. Bl. 42 f d.A.). Daraus ergibt sich bereits eine hinreichende Erfolgsaussicht, da Prozesskostenhilfe nur unter der Voraussetzung bewilligt wird, dass hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

Die Beklagte kann sich demgegenüber nicht mit Erfolg darauf berufen, dass sie bei bestehenden Anhaltspunkten für ein strafbares Verhalten der mitversicherten Person bis zur Klärung der Vorsatzfrage im Deckungsschutzprozess jede Leistung verweigern kann. Eine solche Lesart ergibt sich aus der hier vereinbarten Ausschlussklausel Ziff. 5.5. ARB-MPM 2009 nicht zwingend.

Versicherungsbedingungen sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher um Verständnis bemühter Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen kann. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit – auch – auf seine Interessen an (vgl. z.B. BGHZ 123, 83, 85 = r+s 1993, 351; st. Rspr.). Dieses Interesse geht bei Risikoausschlussklauseln in der Regel dahin, dass der Versicherungsschutz nicht weiter verkürzt wird, als der erkennbare Zweck einer Klausel es gebietet. Der durchschnittliche Versicherte braucht nicht mit Lücken im Versicherungsschutz zu rechnen, ohne dass die Klausel dies hinreichend verdeutlicht. Deshalb sind Risikoausschlussklauseln eng und nicht weiter auszulegen, als es ihr Sinn unter Beachtung ihres wirtschaftlichen Zwecks und der gewählten Ausdrucksweise erfordert. (BGH VersR 2011, 1253; r+s 2013, 382 = VersR 2013, 853 = Juris, Rn. 40 und 41; so auch Senat, Urt. V. 19.03.2014, 1 U 87/13, r + s 2014, 412). Zweifel bei der Auslegung allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen nach § 305 c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders. Außer Betracht bleiben dabei nur solche Verständnismöglichkeiten, die zwar theoretisch denkbar, praktisch aber fernliegend und nicht ernstlich in Betracht zu ziehen sind (st. Rspr. d. BGH, vgl. zum Ganzen BGH, Urt. V. 07.12.2010 – XI ZR 3/10, juris, Rn. 29 mwN).

Nach diesen Grundsätzen führt die Auslegung des hier in Rede stehenden Ausschlusstatbestandes in Ziff. 5.5 ARB-MPM 2009 zu keinem eindeutigen Ergebnis.

Denkbar ist, dass sich der Rechtsschutzversicherer nicht nur bei feststehenden Vorsatztaten auf den Ausschlusstatbestand berufen kann, sondern auch dann, wenn im Zeitpunkt der Entscheidung über die Deckungszusage eine Vorsatztat nur im Raum steht, etwa weil im Hauptsacheverfahren der gegen den Versicherungsnehmer geltend gemachte Schadensersatzanspruch auf die Begehung von Vorsatztaten gestützt wird, der Versicherungsnehmer diese indessen bestreitet, und eine Klärung des Vorwurfs vorsätzlichen Handelns im Deckungsschutzprozess zu erfolgen hat.

Eine solche Auslegung ist aber nicht zwingend.

Dem Wortlaut nach spricht demgegenüber einiges dafür, den Ausschlusstatbestand so zu lesen, dass der Versicherer die Deckungszusage nur ablehnen kann, wenn ein ursächlicher Zusammenhang mit einer vorsätzlich begangenen Straftat besteht, d.h. feststeht und bis zur Klärung des Vorliegens einer vorsätzlichen Straftat von einer vorläufigen Eintrittspflicht des Versicherers auszugehen ist. Hierfür sprechen sowohl die gewählten Formulierungen „besteht“ und „begangen“ sowie die in Satz 2 vorgesehene Möglichkeit der Rückforderung erbrachter Leistungen, sollte sich der geforderte ursächliche Zusammenhang mit einer vorsätzlich begangenen Straftat nachträglich erweisen.

Für ein derartiges Verständnis der Ausschlussklausel der Ziff. 5.5 spricht auch ein Vergleich mit der in Abschnitt 4.9 der Versicherungsbedingungen getroffenen eigenständigen differenzierten Regelung für den Strafrechtsschutz. Hier wird unterschieden zwischen verkehrsrechtlichen Vergehen und sonstigen Vergehen. Für sonstige Vergehen ist klar geregelt, dass es zunächst auf den erhobenen Vorwurf ankommt. Kommt es in der Folge nicht zu einer rechtskräftigen Feststellung eines vorsätzlichen Handelns, besteht rückwirkend Versicherungsschutz (Ziff. 4.9.2), wenn ein fahrlässiges Begehen als Straftat in Betracht kommt. Wird dagegen ein Tatvorwurf erhoben, der nur bei vorsätzlicher Begehung strafbar ist, ist auch ein nachträglicher Versicherungsschutz ausgeschlossen (Ziff. 4.9.3). Eine vergleichbar differenzierte Regelung sieht der Ausschlusstatbestand der Ziff. 5.5 aber gerade nicht vor.

Sind danach zwei Auslegungsmöglichkeiten rechtlich vertretbar, kommt die Unklarheitenregelung des § 305 c Abs. 2 BGB zur Anwendung. Demgemäß gehen Zweifel, ob Deckungsschutz bereits versagt werden kann bei nicht feststehendem Verdacht auf eine vorsätzlich begangene Straftat, die dann im Deckungsschutzprozess nachzuweisen wäre oder ob in derartigen Fällen der Rechtsschutzversicherer zunächst vorläufig eintrittspflichtig bleibt und bei – nachträglicher – Klärung des Vorwurfs vorsätzlichen Handelns rückforderungsberechtigt ist, zu Lasten der Beklagten als Verwenderin der Klausel. Für die Klägerin als Versicherungsnehmerin bzw. für ihren mitversicherten Lebensgefährten … ist ein Verständnis der Klausel im letztgenannten Sinne günstiger.

Wollte man der Beklagten unter diesen Umständen das Recht einräumen, jegliche Leistung bis zur Klärung des strafrechtlichen Vorwurfs durch eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung zu verweigern, die sich über mehrere Instanzen erstrecken und längere Zeit hinziehen kann, müsste die Klägerin bzw. hier die mitversicherte Person den Arbeitsgerichtsprozess selbst finanzieren, auch wenn sich schließlich herausstellen würde, dass der Rechtsschutzversicherer leistungspflichtig wäre, weil strafbares Handeln der mitversicherten Person nicht beweisbar oder gar widerlegt wäre.

Insoweit weist das Landgericht unter Berufung auf ein Urteil des OLG Frankfurt/M. vom 21.06.1993, Az. 23 U 200/91, juris zu Recht darauf hin, dass dies im Ergebnis bedeuten würde, dass die Beklagte in den Fällen, in denen – wie hier- Voraussetzungsidentität besteht, bereits aufgrund von bloßen Verdachtsmomenten für das Vorliegen eines Risikoausschlusses das gesamte Kostenrisiko eines Rechtsstreits, durch den mittelbar auch diese Verdachtsmomente geklärt werden, voll auf den Versicherungsnehmer abwälzen würde. Dies widerspricht aber – wie das Landgericht unter Bezugnahme auf die zitierte Entscheidung des OLG Frankfurt a.M. zutreffend angenommen hat – dem Wesen und Zweck einer Rechtsschutzversicherung, die dem Versicherten gerade die Möglichkeit einräumen will, ohne eigenen finanziellen Aufwand streitige Ansprüche, für deren Durchsetzung es eine hinreichende Aussicht auf Erfolg gibt, auch durch mehrere Instanzen zu verfolgen, zumal es insoweit allein um Nachweise geht, die nicht der Versicherte, sondern der Versicherer zu erbringen hat. Dieser Interessenkonflikt der Parteien ist durch eine Deckungszusage unter dem Vorbehalt der Rückforderung für den Fall, dass sich die vorsätzliche Herbeiführung des Versicherungsfalls erweisen sollte, zu lösen. Der damit erzielbare Interessenausgleich trägt sowohl den vertraglichen Ansprüchen des Versicherten, als auch den Interessen des Versicherers Rechnung. Während der Versicherte in den Stand versetzt wird, den Rechtsstreit, für den er Rechtsschutz verlangt, zu führen, bleibt dem Versicherer bei Bestätigung seiner Verdachtsmomente die Möglichkeit erhalten, die Deckung endgültig zu versagen und unter Vorbehalt geleistete Zahlungen zurückzufordern (vgl. zum Ganzen OLG Frankfurt a.A., Urteil vom 21.07.1993, 23 U 200/91, juris, Rn. 4; Harbauer, Rechtsschutzversicherung, ARB, 9.Aufl. 2018, § 3 ARB 2010, Rn. 229; Langheid/Wandt, Münchener Kommentar zum VVG, 2. Aufl. 2017, Stichwort Rechtsschutzversicherung, Rn. 238; Prölss/Martin/Armbrüster, 30. Aufl. 2018, ARB 2010 § 3 Rn. 110, der die Zusage einer Deckung unter Vorbehalt jedenfalls „empfiehlt“).

Soweit der Versicherer infolge vorläufiger Leistung hierbei der Gefahr der Insolvenz des Versicherungsnehmers ausgesetzt ist, handelt es sich um kein außergewöhnliches, sondern um das typische für alle Schuldverhältnisse geltende Vertragsrisiko (vgl. Harbauer, aaO; OLG Düsseldorf r + s 1989, 88 f; LG Berlin r + s 1990, 19 ff).

Das OLG Frankfurt/M. verweist auch zutreffend darauf, dass ein ähnliches Problem auch die Haftpflichtversicherung kennt, wenn die streitige Anspruchsgrundlage für den gegen den Haftpflichtversicherungsnehmer erhobenen Schadensersatzanspruch gleichzeitig die Haftpflichtdeckung ausschließt, falls sie sich als richtig erweist. Auch hier wird der Haftpflichtversicherer für verpflichtet gehalten, seinem Versicherungsnehmer im Haftpflichtprozess zumindest vorläufig Rechtsschutz-Deckung zu gewähren und entsprechende Vorschüsse zu leisten unter Vorbehalt der Rückforderung, falls der Ausschlusstatbestand bewiesen werden sollte (vgl. Harbauer a.a.O. unter Hinweis auf OLG Celle VersR 1978, 25 u.a.).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Ziff. 10 S. 2 ZPO, § 711 ZPO.

IV.

Die Revision war gem. § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO zuzulassen. Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt von der Auslegung der streitigen Ausschlussklausel in den maßgeblichen Allgemeinen Versicherungsbedingungen ab. Die Auslegung der maßgeblichen Klausel, die in einer Vielzahl von Fällen in den Versicherungsbedingungen verwendet wird (vgl. etwa § 3 Abs. 5 ARB 2010), wirft Verständnisfragen auf, deren Klärung über den konkreten Rechtsstreit hinaus klärungsbedürftig (vgl. zum Streitstand etwa Armbrüster in Prölss/Martin, VVG, 30. Aufl., § 3 ARB 2010 Rdnr. 110) und höchstrichterlich noch nicht entschieden sind, so dass das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts betroffen ist.

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