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Reisemangel – Hautreaktion nach Henna-Tätowierung

LG Frankfurt – Az.: 2-24 O 238/16 – Urteil vom 12.07.2018

Die Beklagte wird verurteilt,

a. an den Kläger zu 4.) 3.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 12.12.2015 zu zahlen.

b. an die Klägerin zu 3.) 2.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 12.12.2015 zu zahlen.

c. an die Kläger zu 1. und zu 2. als Gesamtgläubiger 110,60 € sowie weitere 571,44 € jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 12.12.2015 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin zu 3) und dem Kläger zu 4) sämtliche materiellen und immateriellen Schäden, die aus dem Vorfall vom 28.10.2015 künftig entstehen, zu ersetzen, soweit sie nicht auf Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergehen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger zu 2. buchte für sich, seine Ehefrau, die Klägerin zu 1., und für seine beiden Kinder, die Kläger zu 3. und 4., bei der Beklagten eine Reise in der Zeit vom 19.10.2015 bis 29.10.2015 nach Hurghada/Ägypten in das Hotel … in Marsa Alam.

Die Beklagte bestätigte die Reise mit Schreiben vom 30.10.2014 (Bl. 34 d.A.).

Wegen der Prospektbeschreibung der Beklagten über das Hotel wird auf Bl. 35 d.A. verwiesen.

In der Hotelanlage befindet sich ein Beauty Salon. In diesen begaben sich am Anfang der Urlaubszeit die Kläger zu 3. und zu 4., um sich eine Henna-Tätowierung auf die Haut aufbringen zu lassen. Bei einer solchen Tätowierung wird ein Farbstoff auf die Haut aufgebracht. Die Klägerin zu 3. erhielt eine Henna-Tätowierung auf ihren rechten Unterarm. Der Kläger zu 4. erhielt eine großflächige Tätowierung auf seiner rechten Schulter in Form eines Drachens.

Im Bereich der Tätowierungen zeigten sich in der Folgezeit leichte Rötungen, die sich jedoch zurückbildeten, beim Kläger zu 4. am folgenden Tag.

Am 28.10.2015 wurden die Henna-Tätowierungen bei den Klägern zu 3. und zu 4. nachgezeichnet. Danach nahmen die Rötungen der Haut zu. Bei dem Kläger zu 4. bildeten sich Ekzeme, die einen Juckreiz hervorriefen. Die nässenden Ekzeme platzten zum Teil auf. Wegen des Erscheinungsbildes der jeweiligen Rötungen und Hautveränderungen wird auf die Lichtbilder (Bl. 12 – 14 d.A.) verwiesen.

Auch bei der Klägerin zu 3. entstanden eine Rötung und ein Juckreiz. Wegen der Hautveränderung bei der Klägerin zu 3. wird auf das Lichtbild (Bl. 15 d.A.) verwiesen.

Reisemangel - Hautreaktion nach Henna-Tätowierung
(Symbolfoto: Von ForGaby/Shutterstock.com)

Nach ihrer Rückkehr begaben sich die Kläger zu 3. und 4. in ärztliche Behandlung. Sie erhielten eine Kortisonsalbe zum Auftragen auf die Haut. Der Kläger zu 4. musste im Kalenderjahr 2016 ein UV-Schutzshirt tragen, um die Haut nicht mit einer UV-Strahlung zu belasten. Wegen des ärztlichen Attestes des den Kläger zu 4. behandelnden Arztes wird auf Bl. 16 d.A. verwiesen.

Mit E-Mail vom 31.10.2015 teilte die Klägerin zu 1. der Beklagten die Vorkommnisse während des Aufenthalts der Kläger mit. Wegen des Wortlauts der Mail wird auf Bl. 47 – 48 d.A. verwiesen.

Auf die Mail der Klägerin zu 1. antwortete die Hotelmanagerin … mit E-Mail vom 1.11.2015 (Bl. 17 d.A.).

Mit anwaltlichem Schreiben vom 27.11.2015 forderten die Kläger die Zahlung von 9.500 € bis 11.12.2015 (Bl. 19 – 21 d.A.).

Zu den Besuchen bei den behandelnden Ärzten wurden die Kläger zu 3. und 4. von der Klägerin gefahren. Die Entfernung zwischen dem Wohnort der Kläger und den behandelnden Ärzten betrug jeweils rd. 10 km.

Für Medikamente bezahlten die Kläger zu 1. und 2. 45,25 €. Wegen der Quittungen wird auf Bl. 18 d.A. verwiesen.

Mit ihrer Klage verlangen die Kläger zu 3. und 4. ein angemessenes Schmerzensgeld und die Feststellung der Ersatzfähigkeit zukünftiger Schäden. Die Kläger zu 1. und 2. begehren die Erstattung von Fahrtkosten in Höhe von 66 €, der Kosten für Medikamente und eine Unkostenpauschale von 30 € sowie die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten.

Die Kläger behaupten, im Farbstoff der Henna-Tätowierungen der Kläger zu 3. und zu 4. sei der Zusatzstoff Phenylendiamin (PPD) enthalten gewesen. Die Hautreaktionen der Kläger zu 3. und zu 4. hätten auf diesem Zusatzstoff beruht.

Die Kläger zu 3. und zu 4. würden auch in Zukunft auf diesen Zusatzstoff allergisch reagieren.

Durch die Hautverletzungen sei der Kläger zu 4. traumatisiert worden. Er habe schlecht geschlafen und Angst gehabt, dass die durch die Hautverletzungen verursachten Narben verbleiben könnten.

Die Kläger beantragen,

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin zu 3) und an den Kläger zu 4) jeweils ein angemessenes Schmerzensgeld nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12.12.2015 zu zahlen, wobei der genaue Betrag des Schmerzensgeldes in das Ermessen des Gerichts gestellt wird und hierbei von einem Betrag nicht unter 4000 € zu die Klägerin zu 3) und nicht unter 5000 € für den Kläger zu 4) ausgegangen werden soll.

2. die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger zu 1) und 2) als Gesamtgläubiger einen Betrag in Höhe von 141,25 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin zu 3) und dem Kläger zu 4) sämtliche materiellen und immateriellen Schäden, die aus dem Vorfall vom 28.10.2015 künftig entstehen, zu ersetzen, soweit sie nicht auf Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergehen.

4. die Beklagte zu verurteilen, die den Klägern zu 1) und 2) als Gesamtgläubiger vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.484,64 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12.12.2015 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, der Beauty Salon in der Hotelanlage werde extern betrieben. Er sei nicht von ihr zugesagt worden.

Bis auf die Kläger zu 3. und 4. habe es bisher keine Beschwerden über Behandlungen des Beauty Salons gegeben.

Das Gericht hat durch Beschluss vom 31.8.2017 Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens.

Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Sachverständigen Dr. … vom 21.3.2018 (Bl. 109 – 119 d.A.) Bezug genommen.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist überwiegend begründet.

Die Kläger zu 3. und 4. können von der Beklagten die Zahlung eines Schmerzensgeldes verlangen (§ 651 f Abs. 1, 253 Abs. 2 BGB).

Die Verletzungen der Kläger zu 3. und 4. sind auf einen Mangel der Reise i.S.d. § 651 c Abs. 1 BGB zurückzuführen. Die Beklagte hat die ihr obliegende Verkehrssicherungspflicht verletzt.

Ein Reisemangel liegt immer dann vor, wenn die vom Reiseveranstalter erbrachte Reiseleistung von der im Vertrag vorgesehenen Beschaffenheit so weit abweicht, dass hierdurch der vertraglich festgesetzte Zweck und Nutzen der Reise wesentlich beeinträchtigt wird. Soweit der Reisevertrag keine besonderen Angaben zur Beschaffenheit einer Reiseleistung enthält, kann auch eine Abweichung von der nach allgemeiner Verkehrsauffassung gewöhnlichen objektiven Beschaffenheit der Reiseleistung einen Fehler begründen. Der Umfang und die Beschaffenheit der von der Beklagten als Reiseveranstalterin geschuldeten Leistung werden darüber hinaus durch Obhutspflichten und Fürsorgepflichten der Beklagten gegenüber dem Reiseteilnehmer ergänzt. Da der Reiseveranstalter dem Reisenden aufgrund seiner Obhuts- und Fürsorgepflichten Abwehrmaßnahmen gegen solche mit den Reiseleistungen verbundenen Gefahren schuldet, mit denen der Reisende nicht zu rechnen braucht und die er deshalb nicht willentlich in Kauf nimmt, fallen jedenfalls auch Beeinträchtigungen infolge von Sicherheitsdefiziten im Verantwortungsbereich des Reiseveranstalters, d.h. infolge einer Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht, für deren Einhaltung er einzustehen hat, unter den Mangelbegriff (BGH RRa 07, 215 ; OLG Celle RRa 04, 156 ).

Die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht liegt in diesem Fall darin begründet, dass die Beklagte durch entsprechende Überwachungsmaßnahmen nicht sicher gestellt hat, dass der in dem Beauty Salon verwendete Farbstoff nicht mit einer Überdosis p-Phenylendiamin (PPD) belastet ist. Jedenfalls hätte die Beklagte ihre Reisekunden darauf hinweisen müssen, dass das Aufbringen einer Henna-Tätowierung mit Gesundheitsgefahren verbunden sein können, weil in dem für solche Tätowierungen verwendeten Farbstoff PPD in einer größeren Dosierung enthalten sein kann.

Grundsätzlich übernimmt der Reiseveranstalter gemäß seinem Angebot die Planung und Durchführung der Reise, haftet insoweit für deren Erfolg und trägt grundsätzlich die Gefahr des Nichtgelingens. Deshalb darf der Reisende darauf vertrauen, dass der Veranstalter alles zur erfolgreichen Durchführung der Reise Erforderliche unternimmt. Dazu gehört nicht nur die sorgfältige Auswahl der Leistungsträger, insbesondere der Vertragshotels, sondern der Reiseveranstalter muss diese auch überwachen. Somit ist er für die Sicherheit der Hotels selbst mitverantwortlich, mag auch die Verkehrssicherungspflicht in erster Linie den Betreiber treffen. Nimmt ein Reiseveranstalter ein Hotel unter Vertrag, so muss er sich zuvor vergewissern, dass es einen ausreichenden Sicherheitsstandard bietet. Ist das Vertragshotel einmal für in Ordnung befunden worden, so befreit dies den Veranstalter nicht von der Pflicht, es regelmäßig durch einen sachkundigen und pflichtbewussten Beauftragten daraufhin überprüfen zu lassen, ob der ursprüngliche Zustand und Sicherheitsstandard noch gewahrt ist (BGHZ 103, 298, 305 f.; BGH, Urteil vom 18. Juli 2006 – X ZR 142/05 -, Rn. 21, juris).

Unerheblich ist, ob die Beklagte in ihren Prospektangaben auf einen solchen Beauty Salon hingewiesen hat.

Die Verkehrssicherungspflicht des Reiseveranstalters besteht nicht nur für solche Einrichtungen, die der Reiseveranstalter in seiner Prospektbeschreibung aufgeführt hat. Die Verkehrssicherungspflicht des Reiseveranstalters ist nicht auf diejenigen Hoteleinrichtungen beschränkt, deren Vorhandensein er schuldet, sondern erstreckt sich grundsätzlich auf die ganze Hotelanlage mitsamt allen tatsächlich vorhandenen dazugehörigen Einrichtungen. Dies ergibt sich aus dem Grundgedanken der Verkehrssicherungspflicht, dass derjenige, der eine Gefahrenlage für Dritte schafft, grundsätzlich verpflichtet ist, eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern, indem er in seinem Verantwortungsbereich die zumutbaren Maßnahmen zur Gefahrenabwehr trifft (BGH, Urt. v. 15.07.2003 – VI ZR 155/02, NJW-RR 2003, 1459). Der Reiseveranstalter hat seine Kunden in das Vertragshotel hineingeführt und ist somit dafür verantwortlich, dass sie sich, wie es das Recht jedes Hotelgastes ist, in der ganzen Anlage frei bewegen und alle ihnen zusagenden Einrichtungen benutzen. Deshalb ist der Reiseveranstalter für die Sicherheit sämtlicher den Reisenden zur Verfügung stehender Hoteleinrichtungen verantwortlich (BGH, Urteil vom 18. Juli 2006 – X ZR 142/05 -, Rn. 23, juris).

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Dabei spielt es auch keine Rolle, ob die Hoteleinrichtung kostenlos oder nur gegen Bezahlung in Anspruch genommen werden kann. Dass ein Benutzungsgeld für kostenträchtige Einrichtungen erhoben wird, hat nichts mit der Frage zu tun, ob die betreffende Einrichtung zur Hotelanlage und damit zu dem der Verkehrssicherungspflicht des Veranstalters unterliegenden Bereich gehört (BGH, Urteil vom 18. Juli 2006 – X ZR 142/05 -, Rn. 26, juris).

Der Beauty Salon war eine Einrichtung innerhalb der Hotelanlage. In der mündlichen Verhandlung am 13.6.2017 hat sich die Klägerin zu 1. zu der Lage des Beauty Salons innerhalb der Hotelanlage geäußert und hierzu Lichtbilder vorgelegt, die auf eine solche Lage hindeuten. Die Beklagte hat sich zu diesen Lichtbildern nicht mehr geäußert.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist ferner davon auszugehen, dass der für die Tätowierungen verwendete Farbstoff mit PPD in einer Konzentration versetzt war, die bei den Klägern zu 3. und 4. zu einer allergischen Hautreaktion geführt hat. Der Sachverständige Dr. … hat in seinem Gutachten festgestellt, dass angesichts der Reaktionen der Kläger zu 3. und zu 4. auf den Farbstoff von einer erhöhten Konzentration von PPD auszugehen sei. Dass durch die Verwendung von PPD in dem Farbstoff eine Sensibilisierung der Klägerin zu 3. hervorgerufen wurde, ist durch den Epikutantest bestätigt worden, der bei der Klägerin zu 3. durchgeführt wurde. Die Sensibilisierung des Klägers zu 4. ergibt sich nach den Feststellungen des Sachverständigen aus der allergischen Reaktion, die bei dem Kläger zu 4. eingetreten sind. Juckreiz, Rötung, Bläschenbildung und Blasenbildungen seien ein typisches Bild eines allergischen Kontaktekzems, wie er durch Kontakt mit PPD hervorgerufen wird.

Dass die Kläger zu 3. und 4. zuvor noch nicht auf PPD sensibilisiert waren, folgt nach den Feststellungen des Sachverständigen aus dem Umstand, dass bei der ersten Auftragung des Farbstoffs zu Beginn der Urlaubszeit noch keine Reaktion entstanden sei. Die Rötung durch das erste Bemalen der Haut sei am Folgetag wieder zurückgegangen. Wären die Kläger zu 3. und zu 4. bereits zu diesem Zeitpunkt sensibilisiert gewesen, hätte sich die allergische Reaktion schon zu diesem Zeitpunkt zeigen müssen. Bei den Klägern zu 3. und zu 4. trat die allergische Reaktion aber erst beim zweiten Bemalen am Ende der Urlaubszeit ein. Daraus schließt der Sachverständige in einer nachvollziehbaren Weise, dass zuvor noch keine Sensibilisierung auf PPD vorgelegen hat.

Die Verletzungen der Kläger zu 3. und zu 4. beruhen auf der Verletzung der Verkehrssicherungspflicht durch die Beklagte. Hätte die Beklagte ihrer Überwachungspflicht genügt, hätte sie erkennen können, dass in dem Beauty Salon in der Hotelanlage auch Henna-Tätowierungen angeboten werden. Angesichts des Umstandes, dass bereits seit 2001 bekannt war, dass durch eine erhöhte PPD-Konzentration Kontaktallergien verursacht werden können und sich solche Vorfälle insbesondere auf Urlaubsreisen ereignen, hatte die Beklagte Anlass, den Beauty Salon in der Hotelanlage zu überwachen oder ihre Reisekunden auf die Gefahren bei Henna Tätowierungen hinzuweisen. Dass es Probleme mit dem Farbstoff bei Henna-Tätowierungen gibt, hätte die Beklagte der Fachpresse entnehmen können, wie sich aus dem von dem Sachverständigen vorgelegten Bericht des Deutschen Ärzteblattes ergibt.

Angesichts dieser Umstände ist die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht auch schuldhaft. Fehlendes Verschulden wäre von der Beklagten darzulegen und nachzuweisen. Aus dem Vortrag der Beklagten folgt nicht, dass sie die Gefahren, die von dem Farbstoff der Henna-Tätowierungen und der darin enthaltenen PPD-Konzentration ausgehen, nicht hätte erkennen können.

Das von der Beklagten gemäß § 253 Abs. 2 BGB geschuldete Schmerzensgeld bemisst sich im Falle des Klägers zu 4. auf 3.000 € und im Falle der Klägerin zu 3. auf 2.000 €.

Eine Körperverletzung im Falle beider Kläger liegt vor. Infolge der erhöhten PPD-Konzentration entstand eine allergische Hautreaktion.

Diese stellte sich im Falle des Klägers zu 4. als gravierend heraus. Bei ihm bildeten sich Ekzeme, die einen Juckreiz hervorriefen. Die nässenden Ekzeme platzten zum Teil auf. Die Hautreaktionen des Klägers zu 4. werden belegt durch die vorgelegten Lichtbilder. Die von den Klägern vorgetragenen psychischen Beeinträchtigungen des damals 9-jährigen Klägers zu 4. erscheinen nachvollziehbar und plausibel. Es dürfte für ein 9-jähriges Kind eine außergewöhnliche Situation dargestellt haben, dass aus einer eher harmlosen Hautbemalung solche körperlichen Beeinträchtigungen hervorgehen, deren Folgen nicht absehbar waren. Auch wenn die Hautreaktionen nach ca. einem Monat wieder abgeklungen waren, was daraus folgt, dass nach dem 24.11.2015 keine ärztlichen Behandlungen mehr erfolgten, ist bei der Bemessung des Schmerzensgeldes zu berücksichtigen, dass eine dauerhafte Sensibilisierung für PPD besteht und der Kläger zu 4. in Zukunft darauf achten muss, mit diesem Stoff nicht in Berührung zu geraten.

Da aber die Ekzeme zeitnahe abgeheilt sind und dem Kläger zu 4. in Bezug auf Gefahren des Lebens auch ein Eigenschutz obliegt, ist die Bemessung eines Schmerzensgeldes von 3.000 € angemessen, aber auch ausreichend.

Das Schmerzensgeld für die Klägerin zu 3. ist mit 2.000 € zu bemessen, weil ihre Beeinträchtigungen durch die Bemalung ihres Unterarmes nicht so gravierend waren, wie bei dem Kläger zu 4. Das vorgelegte Lichtbild zeigt zwar Rötungen, aber keine gravierenden Ekzeme. Auch die Behandlung der Klägerin zu 3. war ca. ein Monat nach dem schädigenden Ereignis abgeklungen. Allerdings besteht auch bei der Klägerin zu 3. eine lebenslange Sensibilisierung für PPD und auch die Klägerin zu 3. muss in Zukunft darauf achten, mit diesem Stoff nicht in Berührung zu geraten. Auf dieser Grundlage erscheint ein Schmerzensgeld von 2.000 € für die Klägerin zu 3. angemessen, aber auch ausreichend.

Der Klageantrag zu 3. auf Feststellung der Ersatzpflicht für Zukunftsschäden ist zulässig und begründet.

Das Feststellungsinteresse gemäß § 256 Abs. 1 ZPO folgt aus dem Umstand, dass bei den Klägern zu 3. und zu 4. eine lebenslange Sensibilität für PPD besteht und es nicht ausgeschlossen ist, dass infolge der Verletzung der Verkehrssicherungspflicht zukünftig noch Schäden entstehen können.

Wegen der Verantwortlichkeit der Beklagten für die Entstehung der Sensibilisierung für PPD ist der Klageantrag zu 3. auch begründet. Eine Haftung dem Grunde nach besteht. Insoweit wird auf die Ausführungen zum Klageantrag zu 1. verwiesen.

Die Kläger zu 1. und zu 2. können wegen der Verletzung der Verkehrssicherungspflicht von der Beklagten den Ersatz ihrer Schäden verlangen (§ 651 f Abs. 1 BGB; Klageantrag zu 2.). Insofern haben sie durch die Vorlage der Belege nachgewiesen, dass sie für Medikamente und Verbandsmaterial 44,60 € bezahlt haben. Nicht erstattungsfähig sind die Kosten für Traubenzucker.

Da die Hautreaktionen der Kläger zu 3. und 4. ärztliche Behandlungen erforderlich machten, sind auch die Fahrkosten zu den behandelnden Ärzten i.H.v. 66 € erstattungsfähig. In ihrer Klageschrift haben die Kläger dargelegt, an welchen Tagen Arztbesuche stattgefunden haben. Die Zahl der Arztbesuche scheint angesichts der Verletzungen der Kläger zu 3. und 4. nicht außer Verhältnis zu stehen. Die angegebenen Entfernungen zu den Praxen der Ärzte stimmen mit den örtlichen Verhältnissen überein. Der durch die Fahrtkosten entstandene Schaden kann gemäß § 287 ZPO auf 66 € geschätzt werden.

Eine allgemeine Unkostenpauschale steht den Klägern nicht zu. Die Berechnung pauschaler Unkosten ist dem Reiserecht fremd. Entstandene Schäden sind konkret zu berechnen. Es ist nicht ersichtlich, für welche konkreten Maßnahmen „Telefonate, Porto und Papier“ aufgewendet wurden.

Die Kläger zu 1. und zu 2. können als Auftraggeber der Rechtsanwälte, auch soweit es um die Ansprüche ihrer Kinder geht, die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten verlangen (§ 651 f Abs. 1 BGB; Klageantrag zu 4.). Die Kläger durften sich zur Durchsetzung ihrer Rechte aus dem Reisevertrag anwaltlicher Hilfe bedienen. Die für die vorgerichtliche Tätigkeit der Rechtsanwälte entstandenen Kosten sind adäquat-kausale Folge aus der Mangelhaftigkeit der Reise.

Allerdings ist die Erstattungspflicht der Beklagten beschränkt auf die Gebühren, die sich nach dem berechtigten Gegenstandswert berechnen. Auszugehen ist mithin von einem Streitwert von 5.110,60 €, da in der vorgerichtlichen Korrespondenz, soweit diese vorgelegte wurde, nur Zahlungsansprüche geltend gemacht werden. Der erstattungsfähige Gebührenanspruch beschränkt sich auf die Mittelgebühr der Gebührenziffer 2.300 nach Anlage 1 zum RVG, da die Angelegenheit einen mittleren Schwierigkeitsgrad aufweist. Eine Erhöhung der Gebühr wegen mehrerer Auftraggeber kommt nicht in Betracht, da sich der Gegenstandswert bereits aus der Addition der einzelnen Forderungen der Kläger ergibt. Erstattungsfähig ist insofern einschließlich der Telekommunikationspauschale und der Umsatzsteuer ein Betrag in Höhe von insgesamt 571,44 €.

Der Zinsanspruch beruht auf §§ 280 Abs. 1, 2, 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB. Die Beklagte befand sich nach Ablauf der im Schreiben vom 27.11.2015 gesetzten Frist in Verzug.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte als unterlegene Partei zu tragen. Die Zivilforderung der Kläger zu 1. und 2. ist verhältnismäßig gering (§ 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Insbesondere werden keine erhöhten Kosten verursacht. Der Klageantrag zu 4. bleibt als Nebenforderung bei der Bemessung des Streitwertes unberücksichtigt (§ 43 Abs. 1 GKG). Soweit die Kläger zu 3. und zu 4. ein höheres Schmerzensgeld beziffert haben, bleibt dieser Umstand wegen § 92 Abs. 2 Nr. 2 ZPO außer Ansatz. Die Beklagte haftet dem Grunde nach in vollem Umfang.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.

 

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