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Schlagloch in Fahrbahn – Schadensersatz

Schlagloch verursacht Schaden: Stadt zur Zahlung verurteilt

Ein scheinbar alltäglicher Vorfall hat weitreichende juristische Folgen: Ein Schlagloch in der Fahrbahn wird zur Stolperfalle für die Stadtverwaltung. Es geht um ein Schlagloch auf der A-Straße, das während der Durchführung von Baustellenarbeiten durch Drittfirmen entstanden ist und unzureichend verfüllt wurde. Der Kläger erlitt durch dieses Schlagloch einen Schaden und forderte Schadensersatz von der Stadt, die für die Instandhaltung der Straße verantwortlich ist. Was sich zunächst nach einem einfachen Fall anhört, entwickelt sich zu einer kniffligen juristischen Herausforderung, in der sich der Kläger letztendlich durchsetzen konnte.

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Stadt verantwortlich für Verkehrssicherheit

Die Beklagte, in diesem Fall die Stadt, ist gemäß §§ 2, 9, 9a, 47 StrWG NRW für die Straßenbaulast zuständig. Das bedeutet, sie hat die Pflicht, Straßen in ihrem Stadtgebiet instand zu halten und Verkehrssicherheit zu gewährleisten. In diesem Kontext beinhaltet die Verkehrssicherungspflicht auch die Kontrolle und Überwachung von Baustellen auf kommunalen Straßen. Hierin liegt das Kernproblem: Die Stadt hat die Pflicht verletzt, die von Drittfirmen durchgeführten Baustellenabsicherungsarbeiten zu kontrollieren.

Das Schlagloch und seine Folgen

Unbestritten ist, dass sich zum Unfallzeitpunkt ein unzureichend verfülltes Schlagloch auf der Fahrbahn der A-Straße befand. Dieses entstand im Zuge von Gasleitungsverlegungsarbeiten, die von der B Netz GmbH (BNETZ) angezeigt und durchgeführt wurden. Ein solcher „Aufbruch“ der Fahrbahn, der nicht adäquat abgesichert wird, stellt eine erhebliche Gefahrenstelle dar, die kontrolliert und überwacht werden muss. Doch genau das hat die Stadt versäumt.

Die rechtlichen Konsequenzen

Aufgrund dieser Pflichtverletzung hat der Kläger gegen die beklagte Stadt einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz aus § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG sowie §§ 2, 9, 9a, 47 StrWG NRW. Die Stadt wurde daher verurteilt, dem Kläger einen bestimmten Betrag nebst Zinsen sowie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten zu zahlen. Zusätzlich zu diesen finanziellen Aspekten hat der Fall auch eine grundsätzliche Bedeutung für die Praxis der Straßenbaulast und der Verkehrssicherungspflicht.


Das vorliegende Urteil

OLG Hamm – Az.: I-11 U 143/21 – Urteil vom 06.04.2022

Auf die Berufung des Klägers wird das am 25.05.2021 verkündete Urteil der 25. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund teilweise abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.430,14 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.12.2020 sowie 334,75 EUR an außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten zu zahlen.

Im Übrigen bleibt die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz tragen der Kläger zu 25 % und die Beklagte zu 75 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

A.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen.

B.

Die gem. § 511, 517 ff. ZPO statthafte und in zulässigerweise Weise rechtzeitig eingelegte und begründete Berufung hat in der Sache in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

Schlagloch in Fahrbahn - Schadensersatz
(Symbolfoto: Bernd Leitner Photography/Shutterstock.com)

I. Der Kläger hat gegen die beklagte Stadt einen Anspruch auf Zahlung von 2.430,14 EUR aus § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG i.V.m. §§ 2, 9, 9a, 47 StrWG NRW.

1. Die Beklagte, die die Straßenbaulast für die in ihrem Stadtgebiet liegende A-Straße gem. §§ 2, 9, 9a, 47 StrWG NRW trägt, hat die gegenüber dem Kläger bestehende Amtspflicht i.S.v. § 839 BGB verletzt, die von Drittfirmen durchgeführten Baustellenabsicherungsarbeiten auf der Fahrbahn auf der Höhe der Hausnummer ## zu kontrollieren.

a) Es ist nunmehr in zweiter Instanz zwischen den Parteien unstreitig, dass sich zum Unfallzeitpunkt am Abend des 00.00.2020 ein unzureichend verfülltes, rechteckiges, durch Ausfräsung der Fahrbahnoberfläche scharfkantiges Bauloch auf der Fahrbahn der A-Straße auf der Höhe der Hausnummer ## befand, welches zur Ausführung von der Beklagten bereits mit Schreiben vom 11.08.2020 durch die B Netz GmbH (BNETZ) angezeigten Gasleitungsverlegungsarbeiten entstanden ist. Dieser Aufbruch der Fahrbahn wurde unstreitig bereits am 05.10.2020 von der Fa. C Rohrleitungsbau D GmbH & Co.KG im Auftrag der BNETZ vorgenommen.

b) Die beklagte Stadt war im Rahmen der ihr obliegenden allgemeinen Verkehrssicherungspflicht verpflichtet, eine Absicherung von Baustellen auf kommunalen Straßen im Hinblick auf abhilfebedürftige Gefahrenstellen zu kontrollieren und zu überwachen (vgl. OLG Karlsruhe, Urt. v. 26.01.2005 – 7 U 161/03, Juris Tz. 5 ff.).

aa) Bei einer Baustelle im Bereich des öffentlichen Verkehrsraums ist neben und unabhängig von dem ebenso verkehrssicherungspflichtigen Bauunternehmer, der die Baustelle deutlich erkennbar zu machen und abzusichern hat, der Träger der Straßenbaulast aus § 839 Abs. 1 BGB verkehrssicherungspflichtig (vgl. OLG Karlsruhe, Urt. v. 26.01.2005 – 7 U 161/03, Juris Tz. 9 ff.). Bei dem Straßenbaulastträger verbleibt selbst dann eine Kontroll- und Überwachungspflicht betreffend die durch den Privatunternehmer zu treffenden Maßnahmen, wenn dieser bei der Vergabe von Aufträgen an Privatunternehmer im Rahmen des § 45 Abs. 6 StVO für den Baustellenbereich auch die Verpflichtung zur Verkehrssicherung an den Bauunternehmer überträgt. Wenn der Träger der Straßenbaulast während der Kontrolle erkennt oder hätte erkennen können und müssen, dass die Privatfirma einer erhöhten Gefahrenlage nicht ausreichend Rechnung trägt, bleibt er zu einem Eingreifen unabhängig von der Fachkunde der Privatfirma verpflichtet (OLG Karlsruhe, Urt. v. 26.01.2005 – 7 U 161/03, Juris Tz. 34; OLG Hamm, Urt. v. 09.06.1998 – 9 U 129/97, Juris Tz. 21).

bb) Nach diesen Maßstäben wäre die Beklagte selbst dann, wenn sie – wie sie meint – die Verkehrssicherungspflicht auf das beauftragte Unternehmen übertragen hätte, zu einer Kontrolle verpflichtet gewesen. Zudem hat die Beklagte ihre Behauptung, die Verkehrssicherungspflicht sei von ihr vollständig auf die BNETZ bzw. dann von dieser auf die Fa. Rohrleitungsbau D GmbH & Co. KG übertragen worden, bereits nicht schlüssig darzulegen vermocht. Der Verweis auf die im Senatstermin am 09.03.2022 überreichten „Handlungsanweisungen für die DEW21/BNETZ – Projektleiter und beauftragte Baufirmen im Verhältnis zur Stadt B – Tiefbauamt“ vom 01.03.2017 beinhaltet bereits keine Übertragung der Verkehrssicherungspflicht.

c) Ihre Überwachungspflicht hat die Beklagte verletzt.

aa) Der Senat muss nicht entscheiden, wie die Kontrollpflichten für sich auf Fahrbahnen kommunaler Straßen erstreckende Baustellenabsicherungen im Einzelnen auszugestalten sind. Jedenfalls verletzt eine Gemeinde die ihr obliegende Pflicht, eine Baustellenabsicherung zu kontrollieren, wenn sie über einen Zeitraum von annähernd drei Wochen nach Einrichtung der Baustelle keinerlei Kontrollen vorgesehen und durchgeführt hat. So im vorliegenden Fall: Nach dem Straßenaufbruch am 05.10.2020 und vor dem Unfallgeschehen am 00.00.2020 haben keine Kontrollen der Beklagten stattgefunden und waren in Bezug auf die Absicherung der Baustelle auch nicht vorgesehen.

bb) Nach dem Straßenaufbruch lag mit dem scharfkantigen ca. 10 cm tiefen Bauloch eine abhilfebedürftige Gefahrenstelle vor. Bei einem derartigen Loch inmitten der Fahrbahn mit scharfer Asphaltkante ist es naheliegend, dass durch ein Durchfahren Reifen und Felgen eines Fahrzeugs beschädigt werden können. Dieser naheliegenden und für den betroffenen Verkehrsteilnehmer schadensträchtigen Gefahr hätte durch eine Absperrung des betroffenen Teils der Fahrbahn mit dem Aufstellen geeigneter Warnschilder oder durch ein Verschließen des Loches, so dass die Stelle vom Fahrzeugverkehr schadensfrei überfahren werden konnte, begegnet werden können und müssen, was offenbar bis zum Zeitpunkt des Unfalls nicht geschehen ist. Eine Absperrung und Beschilderung waren nicht vorhanden, ein zuvor fachgerechtes Verschließen des Loches ebenfalls nicht, wie die vom Kläger angefertigten Bilder von der Unfallstelle zeigen. Es ist auch nicht ersichtlich und insbesondere von der Beklagten nicht dargetan, dass es nach Beginn der Bauarbeiten Anfang Oktober 2020 zunächst eine ausreichende Absperrung und Beschilderung der Baustelle und später nach einem Ende der eigentlichen Arbeiten auf der Fahrbahn ein fachgerechtes Verschließen des Loches überhaupt gegeben hat. Die demnach bestehende Gefahrenstelle hätte die Beklagte, hätte sie die Baustelle kontrolliert, auch feststellen und auf Maßnahmen zur Gefahrenabwehr bestehen können und müssen.

cc) Die Beklagte kann sich nicht damit entlasten, dass sie die allgemeinen, turnusmäßig durchzuführenden Straßenkontrollen hat durchführen lassen. Diese beziehen sich zum einen lediglich auf den Zustand der Straßen und erstrecken sich nicht auf die Frage, ob beauftragte Firmen ihrer Pflicht zur Absicherung von Baustellen nachgekommen sind. Zum anderen sind diese Kontrollen bereits in zeitlicher Hinsicht nicht auf Baustellen ausgelegt. So ist die letzte turnusgemäße Straßenkontrolle der A-Straße im vorliegenden Fall zeitlich vor dem Straßenaufbruch am 05.10.2020 erfolgt und hat die nächste Kontrolle erst wieder nach dem streitgegenständlichen Unfallgeschehen stattgefunden.

2. Die Amtspflicht hat die Beklagte jedenfalls fahrlässig verletzt.

Die Beklagte kann sich nicht mit Verweis auf eine Vielzahl von in ihrem Stadtgebiet befindlichen Baustellen im öffentlichen Verkehrsraum und die Behauptung, dass aufgrund der Vielzahl der Baustellen nicht genügend Personal für Kontrollen vorgehalten werden könne, entlasten. Insofern liegt ein Organisationsmangel vor. Die Beklagte muss ihren Personalbestand grundsätzlich so planen und unterhalten, dass sie ihren gesetzlichen Pflichten nachkommen kann. Bei der in Frage stehenden Kontrolle von Baustellen ist im vorliegenden Fall insbesondere zu berücksichtigen, dass es sich um eine Baustelle handelte, die bereits am 05.10.2020 mit dem Aufbruch der Fahrbahn begonnen hatte und erst am 25.11.2020 beendet sein sollte. Hier war zu erwarten, dass die Beklagte die Absicherung einer sich auf die Fahrbahn erstreckenden Baustelle, die über einen derart langen Zeitraum betrieben werden sollte, in der Anfangszeit zumindest mit geeigneten Stichproben kontrolliert.

Die Beklagte kann sich auch nicht damit entlasten, dass sie mit der BNETZ eine sach- und fachkundige Firma eingeschaltet habe, die in der Vergangenheit stets zuverlässig gearbeitet habe. Wie bereits dargestellt, verbleibt bei der Beklagten eine Kontroll- und Überwachungspflicht in Bezug auf die Absicherung der Baustelle durch die vom privaten Unternehmen getroffenen Maßnahmen. Wenn die Beklagte insoweit hätte erkennen können und müssen, dass das Unternehmen der Gefahrenlage nicht ausreichend Rechnung trägt, bleibt sie zu einem Eingreifen unabhängig von der Fachkunde des Unternehmens verpflichtet.

3. Die Amtspflichtverletzung war auch kausal für die Eigentumsbeeinträchtigung des Klägers.

a) Der Senat kann aufgrund der glaubhaften und nachvollziehbaren Schilderung des Klägers in dessen Anhörung nach § 141 ZPO feststellen, dass er mit dem unstreitig in seinem Eigentum stehenden Audi S6 am Abend des Unfalltages durch das vom ihm mit Lichtbildern dokumentierte Loch gefahren ist und dabei die Felgen und Reifen der rechten Fahrzeugseite beschädigt worden sind.

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Der Kläger hat angegeben, dass er am Abend des 00.00.2020, nachdem er mit seiner Familie aus dem Urlaub zurückgekehrt sei, für das Abendessen der Familie mit dem Auto Pizzen abgeholt habe und auf dem Rückweg mit dem Fahrzeug durch das Loch auf der A-Straße auf der Höhe der Hausnummer ## gefahren sei. Er habe einen lauten Knall vernommen und das Fahrzeug unmittelbar angehalten, um zu überprüfen, was passiert sei. Dabei habe er festgestellt, dass er mit dem Fahrzeug durch ein Baustellenloch gefahren sei und die Felgen und Reifen der rechten Fahrzeugseite durch die scharfkantige Asphaltdecke beschädigt worden seien.

Die Angaben des Klägers werden gestützt durch den Umstand, dass er die Polizei gerufen, diese den Unfall aufgenommen und die Schilderung des Klägers – wie sich dem Unfallbericht vom 00.00.2020 entnehmen lässt – für plausibel gehalten und die beklagte Stadt noch am Abend des 00.00.2020 über das Loch telefonisch in Kenntnis gesetzt hat.

Für den Umstand, dass der Kläger die Beschädigungen an den Felgen und Reifen infolge des Durchfahrens des Baustellenloches erlitten hat, spricht zudem der Beweis des ersten Anscheins. Denn der Unfall war Folge der Realisierung derjenigen Gefahr, zu deren Abwendung die Kontrollpflichten der Beklagten dienten (vgl. Papier/Shirvani, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Aufl. 2020, § 839, Rn. 333). Auch lässt sich das Schadenbild, wie es in dem Privatgutachten des zur Schadenermittlung beauftragten Sachverständigen E niedergelegt ist, typischen Streifschäden, wie sie an scharfkantigen Abbruchkanten an Asphaltdecken entstehen, zuordnen.

b) Das Fehlen der durch die Beklagten gebotenen Überwachung und Kontrolle war für den Unfall ursächlich. Weil – wie oben dargelegt – die Gefahrenstelle seit der Einrichtung der Baustelle bestand, waren die von der Beklagten unterlassenen und nicht einmal vorgesehenen Kontrollen auch der Grund dafür, dass von ihrer Seite nichts zur ausreichenden Baustellenabsicherung veranlasst wurde.

4. Die Haftung der Beklagten ist nicht gem. § 839 Abs. 1 S. 2 BGB ausgeschlossen. Eine Verweisung an das ausführende Bauunternehmen, welches seinerseits nach § 823 Abs. 1 BGB haften könnte, erfolgt nicht. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gilt das Verweisungsprivileg des § 839 Abs. 1 S. 2 BGB im Bereich der Verletzung der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht nicht (vgl. BGH, Urt. v. 12.07.1979 – III ZR 102/78, Juris Tz. 25 ff.; Dörr, in: Beck-Online Grosskommentar, Stand: 01.02.2022, § 839 BGB, Rn. 619 m.w.N.; OLG Karlsruhe, Urt. v. 26.01.2005 – 7 U 161/03, Juris Tz. 10 ff.).

5. Ein Ausschluss des Anspruchs wegen Versäumung eines gegen die Amtspflichtverletzung einzulegenden Rechtsmittels nach § 839 Abs. 3 BGB ist nicht ersichtlich.

6. Der Kläger muss sich indes anspruchskürzend gem. § 254 BGB i.V.m. § 7 Abs. 1 StVG die Betriebsgefahr seines Audi in Höhe von 25 % anrechnen lassen.

a) Der Unfall war für den Kläger nicht unvermeidbar. Das Loch war auch in der Dunkelheit für einen umsichtigen Fahrer aufgrund der Scheinwerfer des Fahrzeugs erkennbar. Ein sog. Idealfahrer, der in der vorliegenden Verkehrssituation aufgrund einer über den gewöhnlichen Fahrerdurchschnitt hinausgehenden Aufmerksamkeit alle möglichen und naheliegenden Gefahrenmomente berücksichtigt (vgl. Walter, in: Beck-Online Grosskommentar, Stand: 01.09.2019, § 17 StVG, Rn. 15), hätte die Geschwindigkeit nach Erkennen entsprechend reduziert und versucht, dass bis in die Fahrbahnmitte hereinragende Loch zu umfahren. Dadurch hätte der Unfall vermieden werden können.

b) Die nach § 254 BGB vorzunehmende Abwägung, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist, ergibt, dass sich der Kläger die Betriebsgefahr des eigenen Fahrzeugs in Höhe von 25 % anrechnen lassen muss.

Die Betriebsgefahr tritt nicht hinter dem Verschulden der Beklagten zurück. Das Zurücktreten der Betriebsgefahr wird nur dann angenommen, wenn diese nicht erheblich ins Gewicht fällt und ein grobes Verschulden auf der anderen Seite vorliegt (vgl. Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 42. Aufl., StVG, § 17, Rn. 16). Ein derartiger grober Verschuldensvorwurf zulasten der Beklagten kann allein in der unterlassenen Kontrolle der erforderlichen Sicherungs- und Warnmaßnahmen nicht gesehen werden.

7. Der Kläger kann gem. § 249 BGB die Reparaturkosten in Höhe von netto 2.628,52 EUR, die Kosten für das eingeholte Gutachten zur Schadenfeststellung in Höhe von 586,67 EUR sowie die Kostenpauschale in Höhe von 25,00 EUR unter Berücksichtigung des Mitverschuldensanteils in Höhe von 25 %, also einen Gesamtbetrag von 2.430,14 EUR beanspruchen.

a) Der Senat schätzt den Schaden für den eingetretenen Reparaturkostenaufwand gem. § 287 ZPO (vgl. Papier/Shirvani, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Aufl. 2020, § 839, Rn. 482) auf der Grundlage des von dem Kläger eingeholten Schadensfeststellungsgutachtens des Sachverständigen E vom 18.11.2020, gegen das von Beklagtenseite keine substantiierten Einwendungen erhoben worden sind, auf netto 2.628,52 EUR.

Der Privatsachverständige E hat in seinem Schadengutachten vom 18.11.2020 Kratzschäden an den beiden rechten Felgen und Reifen sowie eine Deformation an der Felge vorne rechts dokumentiert (Lichtbilddokumentation Bl. 27-30 d.A.). Hinsichtlich der ermittelten Schadenshöhe ist das Privatgutachten plausibel. Insbesondere hat der Privatsachverständige auf Seite 9 seines Gutachtens (Bl. 21 d.A.) ausgeführt, dass hinsichtlich der zu ersetzenden Felgen, die jeweils einen Kostenaufwand von 1.100,- EUR netto erfordern, einen Abzug neu für alt von 10 % und hinsichtlich der zu ersetzenden 4 Reifen, die jeweils einen Kostenaufwand von 119,- EUR netto erfordern, ein Abzug neu für alt in Höhe von 50 % zu berücksichtigen sei. Dies ist für den Senat im Rahmen der vorzunehmenden Schadensschätzung angesichts des Umstands, dass das Fahrzeug am 24.06.2019 erstzugelassen worden ist, ausreichend bemessen. Auch die in dem Gutachten ausgeführten Lohnkosten sind nachvollziehbar, so dass der Senat auch diese im Wege der Schadensschätzung berücksichtigt.

b) Auch die Gutachterkosten in Höhe von 586,67 EUR sind gem. § 249 BGB nach der Haftungsquote zu ersetzen (BGH, Urt. v. 07.02.2012 – VI ZR 43/11, Juris Tz. 10 ff.).

Die Erstellung eines Schadensgutachtens war erforderlich und zweckmäßig, um den Schaden bei der Beklagten durchsetzen zu können. Aus diesem Grund zählen sie zum zu ersetzenden Herstellungsaufwand (vgl. BGH, Urt. v. 28.02.2017 – VI ZR 76/16, Juris Tz. 13).

Der Kläger ist, nachdem er auf die Erörterungen im Senatstermin vom 09.03.2022 die Urkunde vom 28.12.2020 über die Rückabtretung der am 10.11.2020 erfolgten Abtretung des die Gutachterkosten betreffenden Schadensersatzanspruches an den Sachverständigen vorgelegt hat, aktivlegitimiert. Zudem hat er im Senatstermin das Original des mit Schriftsatz vom 08.03.2022 als Kopie überreichten Überweisungsbeleges vorgelegt, so dass der Senat auch die Zahlung des Betrages an den Sachverständigen feststellen kann.

c) Die Kostenpauschale ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats in Höhe von 25,- EUR ersatzfähig.

d) Schließlich kann der Kläger von der Beklagten die Erstattung der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten aus § 839 BGB i.V.m. Art. 34 BGB verlangen. Diese kann er jedoch nur in Höhe von 334,75 EUR beanspruchen, da der Berechnung der Gebühren nach dem bis zum 31.12.2020 geltenden Gebührenrecht lediglich ein Gebührenstreitwert von 2.430,14 EUR zu Grunde gelegt werden kann.

Auf die Frage, ob diese Gebühren tatsächlich gezahlt worden sind, kommt es nicht an. Der bei nicht feststellbarer Erfüllung der Forderung auf Freistellung gerichtete Anspruch ist wegen der Anspruchszurückweisung durch die Beklagte nach dem Rechtsgedanken des § 250 S. 2 BGB nunmehr auf Zahlung gerichtet (OLG Hamm, Urt. v. 09.03.2018 – 9 U 19/17, Juris Tz. 39).

II. Ein Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen für die Hauptforderung ergibt sich aus §§ 280 Abs. 1, 2, 286 BGB ab dem 01.12.2020.

III. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Gründe, die die Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO rechtfertigen würden, sind nicht gegeben. Mit Rücksicht darauf, dass die Entscheidung einen Einzelfall betrifft, ohne von der höchst- oder obergerichtlichen Rechtsprechung abzuweichen, kommt der Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung zu noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 3.240,19 EUR festgesetzt.


Die folgenden rechtlichen Bereiche sind u.a. in diesem Urteil relevant:

  1. Straßen- und Wegerecht (StrWG NRW): Das Straßen- und Wegerecht ist ein Teil des öffentlichen Rechts, das die Nutzung, den Bau und die Unterhaltung von Straßen und Wegen regelt. Im vorliegenden Fall wird auf die §§ 2, 9, 9a, 47 des Straßen- und Wegegesetzes für Nordrhein-Westfalen (StrWG NRW) verwiesen. Diese Vorschriften betreffen die Trägerschaft der Straßenbaulast (hier: die beklagte Stadt) und die damit verbundene Pflicht zur Sicherstellung der Verkehrssicherheit auf den betreffenden Straßen.
  2. Amtshaftungsrecht (§ 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG): Das Amtshaftungsrecht regelt die Haftung für Schäden, die durch rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten von Amtsträgern entstehen. Im vorliegenden Fall hat das Gericht einen Anspruch des Klägers auf Zahlung von 2.430,14 EUR aus § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG bejaht. Der Anspruch besteht, da die Stadt ihre Pflicht zur Kontrolle der Baustellenabsicherungsarbeiten auf der betreffenden Straße (Amtspflicht) verletzt hat.
  3. Verkehrsrecht (§ 45 StVO): Das Verkehrsrecht regelt die Teilnahme am Straßenverkehr und damit auch die Sicherung von Baustellen. Im Urteil wird auf § 45 StVO Bezug genommen, der Regelungen zu Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen beinhaltet. Unter diesen Bestimmungen fällt auch die Absicherung von Baustellen im Straßenbereich.
  4. Zivilprozessrecht (§§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1, 511, 517 ff. ZPO): Das Zivilprozessrecht regelt den Ablauf von Gerichtsverfahren in zivilrechtlichen Streitigkeiten. Die zitierten Vorschriften betreffen unter anderem die Darstellung des Tatbestandes im Urteil (§§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 ZPO) und die Voraussetzungen und Wirkungen der Berufung als Rechtsmittel (§§ 511, 517 ff. ZPO). Das Gericht hat hier darauf hingewiesen, dass die Berufung des Klägers insoweit erfolgreich war, als dass das erstinstanzliche Urteil abgeändert wurde.

Häufig gestellte Fragen

1. Wer haftet für Schäden, die durch ein Schlagloch entstanden sind?

Die Haftung für Schäden, die durch ein Schlagloch entstanden sind, kann auf verschiedene Parteien fallen, abhängig von den spezifischen Umständen des Falles. In der Regel ist der Träger der Straßenbaulast, also die Gemeinde, Stadt oder das Bundesland, für die Instandhaltung der Straßen und somit auch für die Beseitigung von Schlaglöchern verantwortlich. In bestimmten Fällen können jedoch auch private Unternehmen haftbar gemacht werden, wenn beispielsweise aufgrund von Bauarbeiten ein Schlagloch entstanden ist und nicht ordnungsgemäß gesichert oder beseitigt wurde.

2. Was ist die Verkehrssicherungspflicht und wer ist dafür verantwortlich?

Die Verkehrssicherungspflicht ist die Pflicht, dafür zu sorgen, dass von einem Grundstück oder einer Einrichtung keine Gefahr für Dritte ausgeht. Im Kontext von Straßen und Wegen umfasst dies die Pflicht, diese in einem sicheren Zustand zu halten und Verkehrsteilnehmer vor Gefahren zu schützen. Die Verkehrssicherungspflicht liegt in der Regel beim Träger der Straßenbaulast, das heißt bei der zuständigen kommunalen oder staatlichen Einrichtung. In bestimmten Fällen kann diese Pflicht jedoch auch auf private Unternehmen übertragen werden, etwa bei Bauarbeiten.

3. Kann ich Schadensersatz verlangen, wenn mein Fahrzeug durch ein Schlagloch beschädigt wurde?

Ja, wenn Ihr Fahrzeug durch ein Schlagloch beschädigt wurde, können Sie grundsätzlich Schadensersatz verlangen. Voraussetzung ist, dass der Träger der Straßenbaulast oder ein anderes verantwortliches Unternehmen seine Pflichten verletzt hat, beispielsweise die Pflicht, die Straße in einem sicheren Zustand zu halten oder ein entstandenes Schlagloch ordnungsgemäß zu sichern oder zu beseitigen. Es muss jedoch nachgewiesen werden, dass der Schaden tatsächlich durch das Schlagloch verursacht wurde und dass die Verkehrssicherungspflicht verletzt wurde.

4. Was bedeutet Amtshaftung?

Die Amtshaftung bezieht sich auf die Haftung von Amtsträgern und der Körperschaft, für die sie tätig sind, für Schäden, die sie in Ausübung ihrer amtlichen Tätigkeit verursachen. Wenn beispielsweise eine Stadt oder Gemeinde ihre Pflicht zur Instandhaltung der Straßen vernachlässigt und dadurch ein Schaden entsteht, kann sie nach den Regeln der Amtshaftung haftbar gemacht werden.

5. Wie kann ich meinen Schadensersatzanspruch durchsetzen?

Um einen Schadensersatzanspruch durchzusetzen, sollten Sie in der Regel zuerst die Partei kontaktieren, die Sie für den Schaden verantwortlich halten, z. B. die Gemeinde oder das Unternehmen, das die Straße unterhält. Sollten sie Ihren Anspruch ablehnen, können Sie gerichtliche Schritte einleiten. Dabei kann es hilfreich sein, einen Anwalt zu beauftragen, der Erfahrung in diesem Bereich des Rechts hat. Sie sollten jedoch beachten, dass Gerichtsverfahren kosten- und zeitintensiv sein können und der Ausgang ungewiss ist.

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