LG Paderborn – Az.: 4 OH 24/18 – Beschluss vom 18.02.2019
Der Antrag des Antragstellers vom 10.12.2018 auf Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Der Streitwert wird auf 30.100,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller ist Eigentümer eines PKW Mercedes-Benz E 200 CDI Blue Efficiency L und hat die Befürchtung, dass die Schadstoffimmissionen seines Fahrzeugs nicht denen entsprechen würden, die ausweislich der besonderen Euro 5 Typengenehmigung erforderlich seien. Weiterhin bestehe der Verdacht, dass eine unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne der Art. 5 Abs. 2 Satz 1 und Art. 3 Nr. 10 VO EG Nr. 715/2007 verbaut sei.
Vor diesem Hintergrund beantragt der Antragsteller die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens zu folgenden Fragen:
1.
Welche Emissionen an
a) Kohlenstoffmonoxid (CO),
b) Stickstoffoxiden (NOx),
c) Kohlenwasserstoffen insgesamt und Stickstoffoxide summiert und
d) Partikeln
weist das Fahrzeug Mercedes-Benz E 200 CDI Blue Efficiency L mit der Fahrzeugidentifikationsnummer (…) im NEFZ-Prüfzyklus auf, jeweils gemessen in Masse pro Fahrtstrecke (mg/km)?
2.
Welche Emissionen an
a) Kohlenstoffmonoxid (CO),
b) Stickstoffoxiden (NOx),
c) Kohlenwasserstoffen insgesamt und Stickstoffoxide summiert und
d) Partikeln
weist das unter 1. genannte Fahrzeug in der Worldwide Harmonized Light-Duty Vehicles Test Procedure (WLTP-Prüfzyklus) auf, jeweils gemessen in Masse pro Fahrtstrecke (mg/km)?
3.
Welche Emissionen an
a) Kohlenstoffmonoxid (CO),
b) Stickstoffoxiden (NOx),
c) Kohlenwasserstoffen insgesamt und Stickstoffoxide summiert und
d) Partikeln
weist das unter 1. genannte Fahrzeug im tatsächlichen Fahrbetrieb auf, jeweils gemessen in Masse pro Fahrtstrecke (mg/km)?
4.
Wodurch kommt die Abweichung zwischen den Emissionswerten im NEFZ-Prüfzyklus, dem WLTP-Prüfzyklus und dem tatsächlichen Fahrbetrieb bei dem unter 1. genannten Fahrzeug zustande? Entspricht dabei insbesondere die Abweichung der Emissionswerte zwischen NEFZ- und WLTP-Prüfzyklus der durchschnittlichen Emissionsabweichung zwischen den beiden Zyklen?
5.
Ist auszuschließen, dass die Abweichung durch ein Konstruktionsteil verursacht wird, dass die Temperatur, die Fahrzeuggeschwindigkeit, die Motordrehzahl, den eingelegten Getriebegang, den Unterdruck im Einlasskrümmer oder sonstige Parameter ermittelt, um die Funktion eines beliebigen Teils des Emissionskontrollsystems zu aktivieren, zu verändern, zu verzögern oder zu deaktivieren, wodurch die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems im tatsächlichen Fahrbetrieb gegenüber dem Betrieb im Prüfzyklus verringert wird?
6.
Hält das Fahrzeug damit im
a) NEFZ-Prüfstand,
b) WLTP-Prüfstand
c) tatsächlichen Fahrbetrieb
die Emmissionsgrenzwerte des Anhang 1, Tabelle 1 (Euro-5-Emmissionsgrenzwerte, als Anlage 1 beigefügt), Fahrzeugklasse M / Selbstanzündungsmotor (CI) ein?
Die Antragsgegnerin beantragt, den Antrag auf Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens zurückzuweisen und weist mit weiterer Begründung darauf hin, dass der Antragsteller kein rechtliches Interesse an der Beweiserhebung habe. So liefe die Beweiserhebung auf eine unzulässige Ausforschung hinaus.
Sie verweist zudem darauf, dass die WLTP-Prüfung nicht für Bestandsfahrzeuge, wie das streitgegenständliche gelte. Daneben seien festgestellte Messwerte im Realbetrieb irrelevant, da allein die Messwerte auf dem Prüfstand in dem Typengenehmigungsverfahren von Bedeutung seien.
II.
Der Antrag des Antragstellers auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens ist unbegründet, da der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht hat, dass ihm an der Durchführung des selbstständigen Beweisverfahrens ein rechtliches Interesse zusteht, § 485 Abs. 2 ZPO. Ferner hat die Antragsgegnerin einem selbstständigen Beweisverfahren nicht zugestimmt. Auch ist nicht zu besorgen, dass ein Beweismittel verloren geht oder seine Benutzung erschwert wird, § 485 Abs. 1 ZPO.
Für die Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens ist notwendige Voraussetzung ein rechtliches Interesse des Antragstellers, was in der Regel fehlt, wenn kein Rechtsverhältnis, kein möglicher Prozessgegner oder kein Anspruch ersichtlich ist (Herget/Zöller-ZPO, 31. Aufl. § 485 Rn. 7a m.w.N). Entsprechendes gilt, wenn sein Rechtsschutzbegehren offensichtlich aussichtslos (Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 08. Januar 2008 – 5 W 61/07, juris Rn. 7) und die Beweiserhebung deshalb nutzlos ist (BeckOK-ZPO/Kratz, Stand 01.12.2018, § 485 Rn. 31).
Soweit der Antragsteller im Ergebnis festgestellt wissen will, ob sein Fahrzeug mit einem Motor ausgestattet ist, der über eine unzulässige sogenannte Abschalteinrichtung verfügt, hat er nicht glaubhaft gemacht, dass tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, aus denen sich möglicherweise der Verdacht ergeben könnte, auch der in seinem Mercedes-Benz E 200 CDI Blue Efficiency L eingebaute Dieselmotor sei derart beschaffen. Zum jetzigen Zeitpunkt läuft seine Befürchtung auf eine Behauptung ins Blaue und damit insgesamt auf einen unzulässigen Ausforschungsbeweis hinaus.
Hinzu kommt, dass sich im Hinblick auf die Fragen, welche Emissionen sein Fahrzeug im WLTP-Prüfzyklus bzw. im tatsächlichen Fahrbetrieb aufweise, ohnehin ein rechtliches Interesse an der Feststellung dieser Umstände nicht erkennen lässt.
Der neue WLTC/WLTP ist erst für die Typgenehmigung neuer Pkw-Modelle seit 1. September 2017 und für die Erstzulassung neuer Pkw ab 1. September 2018 verbindlich festgeschrieben (vgl. Verordnung (EU) 2017/1151). Das Fahrzeug des Klägers ist jedoch bereits im Juli 2014 erstzugelassen worden.
Die Frage, ob gesetzlich vorgeschriebene Abgasgrenzwerte im tatsächlichen Fahrbetrieb eingehalten werden, lässt sich zudem in der Allgemeinheit weder durch einen Sachverständigen klären noch kommt es darauf unter rechtlichen Gesichtspunkten an. Insoweit ist bereits nicht präzise erkennbar, was der Antragsteller unter einem Realbetrieb, der abhängig vom jeweiligen Fahrer, der Fahrstrecke, vom Fahrverhalten sowie weiteren Faktoren ist, verstanden wissen will. Darüber hinaus kommt es im Rahmen der Typengenehmigung bislang allein auf die im Rahmen der auf dem Prüfstand festgestellten Emissionswerte an.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.