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Sittenwidriger Darlehensvertrag – ungerechtfertigte Bereicherung

OLG Frankfurt, Az.: 5 U 150/14, Beschluss vom 12.11.2014

Die Berufung des Beklagten gegen das am 18. Juni 2014 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Wiesbaden wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Dieser Beschluss und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Dem Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils gegen ihn vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils von ihm zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf die Gebührenstufe bis 250.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil (Bl. 87 – 94 d. A.) wird ebenso Bezug genommen wie – für die Darstellung des Sach- und Streitstandes erster Instanz, das Vorbringen der Parteien in zweiter Instanz sowie der zweitinstanzlich von ihnen angekündigten Anträge – auf das Schreiben des Senats vom 8. Oktober 2014 (Bl. 137 – 144 d. A., im Folgenden kurz: Senatsschreiben), § 522 Abs. 2 Satz 4 ZPO.

II.

Sittenwidriger Darlehensvertrag - ungerechtfertigte Bereicherung
Symbolfoto: Von fizkes /Shutterstock.com

Die Berufung des Beklagten ist zulässig und in der Sache durch einstimmigen Senatsbeschluss als unbegründet zurückzuweisen (§ 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO), denn das Rechtsmittel hat in der Sache keine Aussicht auf Erfolg, weder ist eine Entscheidung durch Urteil wegen grundsätzlicher Bedeutung oder zur Rechtsfortbildung bzw. Rechtsvereinheitlichung noch, weil sie nach Überzeugung des Senats nicht zu weitergehenden Erkenntnissen des Senats zu den Erfolgsaussichten der Berufung führen würde, eine mündliche Verhandlung geboten.

In der Sache verweist der Senat zur Begründung zunächst ebenfalls auf den Inhalt des Senatsschreibens, das durch die Stellungnahme des Beklagten mit Schriftsatz vom 3. November 2014 (Bl. 146 bis 152 d. A.) nicht erheblich in Frage gestellt wird und lediglich zu nachfolgenden Bemerkungen Anlass gibt.

Der Senat bleibt dabei, dass die Kondiktionensperre des § 817 Satz 2 BGB vorliegend nicht eingreift.

Auch der Beklagte geht davon aus, dass die … die geleisteten Beträge in Höhe von insgesamt unstreitig 1,5 Mio. Euro durch Leistung der A erlangt hat und die Rückführung nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB schuldete, weil sie die Leistung rechtsgrundlos erlangt hat.

Der diesbezüglich geschlossene Darlehensvertrag ist als Scheingeschäft (§ 117 BGB) nichtig, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat.

Denn es hat mit Bindungswirkung in den Entscheidungsgründen als unstreitig festgestellt (§ 314 Satz 1 ZPO), dass der Darlehensvertrag zwischen A und … lediglich aus formalen Gründen abgeschlossen worden, seine Abwicklung entsprechend der fixierten Abreden jedoch von Anfang an nicht beabsichtigt gewesen war, weil die Gelder der privaten Lebensführung von B und C zu dienen bestimmt waren, weshalb die Geldzuwendungen zur Verschleierung in formale Darlehensverhältnisse gekleidet wurden (D).

Hiernach ist einverständlich nur der äußere Schein des Rechtsgeschäfts hervorgerufen worden, während die Parteien ebenso einvernehmlich den rechtlichen Erfolg nicht eintreten lassen wollten.

Rechtsgrundlos ist die Leistung als zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens dann, wenn der mit der Leistung verfolgte Zweck nicht eingetreten ist.

Für die Bestimmung des mit der Leistung verfolgten Zweckes kann vorliegend, weil nur zum Schein abgeschlossen, auf das Vereinbarungsdarlehen nicht abgestellt werden. Vielmehr ist zu fragen, ob das verdeckte Geschäft den Rechtsgrund für das Behaltendürfen in sich trägt.

Dies ist nicht der Fall.

Denn die Verabredung, dass der Täter einer gewerbsmäßigen Untreuehandlung (B) dem Gehilfen (C) und mittelbar auch sich selbst, weil die … im Wesentlichen die Kosten der privaten Lebensführung beider Herren übernommen hatte und C das von der … zu errichtende repräsentative Anwesen sollte privat beziehen dürfen, dadurch belohnend einen Anteil aus den gemeinsam veruntreuten Mittel gewährt bzw. diese Mittel für den Täter verwendet werden sollen, ist, weil sittenwidrig (§ 138 Abs. 1 BGB), nichtig.

Denn mit dieser Verabredung sollten die Früchte einer strafbaren Handlung den Handelnden erhalten werden, womit sowohl gegen die die Belange der Allgemeinheit, deren Interesse die Wahrung, nicht die Verletzung der Rechtsordnung ist, wie auch die der unmittelbar Geschädigten, der E-Gesellschaften verstoßen werden sollte.

Für die Kenntnis der maßgeblichen Hintergründe ist auf das Wissen der die beiden Insolvenzschuldnerinnen jeweils letztlich beherrschenden Personen (B für die A und C für die … ) entsprechend § 166 Abs. 2 BGB abzustellen, nicht auf das Wissen der Geschäftsführerin F der A und des anfänglichen Geschäftsführers B1 der … , weil diese Weisungen der jeweils herrschenden Gesellschafter bzw. im Fall der … des Treugebers C befolgten.

Ist der verfolgte Zweck sittenwidrig und nichtig, vermag er die Vermögensverschiebung auch nicht zu rechtfertigen, weshalb das Erlangte heraus zu geben ist.

Bei dieser Sachlage erfährt der Grundsatz, dass der Gesetzgeber durch die Regelung des § 817 Satz 2 BGB den Gedanken eines gerechten Ausgleichs zwischen Leistendem und Leistungsempfänger bewusst zurückgestellt und sich dafür entschieden hat, es ohne Rücksicht auf die Grundsätze der materiellen Gerechtigkeit bei der tatsächlichen Lage, wie sie durch das verwerfliche Handeln des Leistenden geschaffen worden ist, zu belassen, indem er bewusst die gerichtliche Durchsetzbarkeit der Rückabwicklungsansprüche in derartigen Fällen verschlossen hat (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juli 1993 – XII ZR 262-91, Juris-Rz. 15) eine Einschränkung.

Der Grund und der Schutzzweck der Nichtigkeitssanktion (§ 138 Abs. 1 BGB) in Verbindung mit dem Grundsatz von Treu und Glauben sprechen hier – ausnahmsweise – gegen eine Kondiktionssperre gemäß § 817 Satz 2 BGB (vgl. BGH, Urteil vom 10. November 2005 – III ZR 72/05, Juris-Rz. 11).

Denn die Nichtigkeitssanktion des Unwerturteils (§ 138 Abs. 1 BGB) wie auch der Zweck der Strafvorschrift des § 261 Abs. 2 StGB, die staatliche Rechtspflege mit ihrer Aufgabe, die Wirkungen von Straftaten zu beseitigen, zu schützen (vgl. Schönke/Schröder/Stree/Hecker, StGB, 29. Aufl. 2014, § 261, Rz. 2), würden letztlich unterlaufen, wenn die … als Finanzierungvehikel des Täters und seines Gehilfen die unrechtmäßig erlangten Gelder behalten dürfte, weil dies zum „Weitermachen“ geradezu einladen würde (Vgl. BGH, aaO, Juris- Rz. 12 und BGH, Urteil vom 13.03.2008 -III ZR 282-07, Juris-Rz. 10).

Das weitere Argument, die Kondiktionensperre müsse greifen, anderenfalls die Gläubiger der „Beklagten“ im Ergebnis besser geschützt seien als die der „Klägerin“, der Senat deutet dies dahin, dass der Beklagte sagen, will, bei Verneinung der Kondiktionensperre würden die Gläubiger der A ungerechtfertigt besser gestellt als die der … , greift nicht durch.

Dass die nunmehr erstmals behauptete Forderungsanmeldung zur Insolvenztabelle der … der E1 GmbH und der E2 … GmbH & Co. KG, sowie der G … GmbH & Co KG (Bl. 151 d. A.) zu einer entsprechenden Feststellung geführt habe, die Anmelder also bei Obsiegen des Beklagten also letztlich von der Insolvenzquote profitieren werden, behauptet der Beklagte schon nicht.

Dessen ungeachtet kann davon ausgegangen werden, dass die genannten Unternehmen Gläubiger beider Insolvenzschuldnerinnen sind, weil insoweit eine gesamtschuldnerische Haftung der Insolvenzschuldnerinnen auf deliktischer Grundlage bestehen mag.

Die etwaige Besserstellung der Gläubiger der A aufgrund Verneinung der Kondiktionensperre ist aber gerechtfertigt, weil die Rechtsordnung es nicht billigt, dass dem Empfänger ( …) ein ungerechtfertigter und in sittenwidriger Weise erlangter Vorteil auf Kosten der Geschädigten verbleibt. Das wäre hier letztlich auch der Fall, weil die Geschädigten mit anderen Gläubigern der … und nicht nur mit solchen der A konkurrieren müssten.

Dem Nachrang unterliegt der Bereicherungsanspruch nicht, es trifft nicht zu, dass der Kondiktionsanspruch im Streitfall kapitalersetzenden Charakter hat.

Zwar ist vorliegend, weil die Insolvenzverfahren vor dem 1. November 2008 eröffnet wurden, noch § 32a GmbHG a. F. anzuwenden (vgl. BGH, Urteil vom 26.01.2009 – II ZR 260/07 [Gut Buschow], Juris-Rz. 14, 15), während § 135 Abs. 2 InsO in zeitlicher Hinsicht noch nicht anzuwenden ist (Artikel 103d Satz 1 EGInsO in der Fassung von Art. 10 MoMiG).

Aber auch die Voraussetzungen des in § 32aAbs. 1, 3 Satz 1 GmbHG a.F. sind nicht erfüllt.

Die durchgängige insolvenzrechtliche Überschuldung der … und die diesbezügliche Kenntnis der Herren B und C kann unterstellt werden. Die in die … geleiteten Gelder sind gleichwohl nicht in Eigenkapitalersatz umqualifiziert worden.

Die Beträge sind weder als Darlehen gewährt worden, noch stellt sich die Nichtgeltendmachung des Kondiktionsanspruchs als von einer beachtlichen Finanzierungsentscheidung des/der Gesellschafter/s getragenes „Stehenlassen“ dar. Die Gelder sind in der … lediglich „versteckt“ worden.

Unbeschadet dessen stehen für die Eigenkapitalersatzregeln u.a. mit einem Gesellschafter verbundene Unternehmen einem Gesellschafter gleich, wofür es genügt, dass der betreffende Gesellschafter an der kreditgebenden Gesellschaft „maßgeblich beteiligt“ ist, hierfür reicht grundsätzlich eine Mehrheitsbeteiligung – 51 %, wenn der Gesellschaftsvertrag keine andere Regelung vorsieht, was hier nicht ersichtlich ist – aus, aufgrund derer der Gesellschafter beherrschenden Einfluss auf das kreditgebende Unternehmen ausüben, also dessen Geschäftspolitik bestimmen und Weisungen an dessen Geschäftsführer – etwa zur Vergabe des Kredits – durch entsprechenden Gesellschafterbeschluss (§ 46 Nr. 6 GmbHG) durchsetzen kann (vgl. BGH, Urteil vom 21.06.1999 – II ZR 70-98, Juris-Rz. 6).

Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor.

Die A war nicht an der … beteiligt. Der Gründungsalleingesellschafter und – nach dem Vortrag des Beklagten verdeckter Treuhänder für C – B1 war nicht an der A beteiligt und hatte insoweit keinen maßgeblichen Einfluss auf den „Drahtzieher“, seinen Lebenspartner B.

C, der ab 4.10.2006 auch formal in die Alleingesellschafterstellung einrückte, war bei der A nur zu 25% beteiligt und hatte keinen beherrschenden Einfluss auf diese.

Die Nebenentscheidungen und die Festsetzung des Streitwerts (Umrechnung der festzustellenden Forderung im Insolvenzverfahren der … unter Berücksichtigung der Insolvenzquote) folgen aus §§ 97Abs. 1, 708 Nr. 10,711 ZPO, 63 Abs. 2 GKG, 3 ZPO.

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