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Soldatenversorgungsgesetz – Pfändbarkeit Übergangsbeihilfe, Sterbegeld, Unfallentschädigung

LG Offenburg – Az.: 1 T 9/23 – Beschluss vom 03.02.2023

Auf die sofortige Beschwerde der Gläubigerin wird der Beschluss des Amtsgerichts Lahr vom 11.01.2023, Az. 2 M 1457/22, aufgehoben und die Sache zum Erlass des beantragten Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses hinsichtlich der Ansprüche des Schuldners auf Auszahlung laufender und künftiger Übergangsgebührnisse an das Amtsgericht Lahr zurückverwiesen.

Gründe

I.

Mit Antrag vom 27.12.2022 beantragte die Gläubigerin beim Amtsgericht Lahr – Vollstreckungsgericht – wegen eines Vollstreckungsbescheids des Amtsgerichts Wedding vom 30.11.2021, Az. 21-1047388-0-6, den Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses hinsichtlich der Forderungen des Schuldners gegen die Sparkasse R. sowie hinsichtlich der Ansprüche des Schuldners auf Auszahlung laufender und künftiger Übergangsgebührnisse gegen die Bundesrepublik Deutschland, diese vertreten durch das Bundesverwaltungsamt Außenstelle Strausberg.

Am 11.01.2023 erließ das Amtsgericht Lahr, Az. 2 M 1457/22, den beantragten Pfändungs- und Überweisungsbeschluss hinsichtlich der Forderungen des Schuldners gegen die Sparkasse R. Mit weiterem Beschluss vom 11.01.2023 wies das Amtsgericht den Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses hinsichtlich der Ansprüche des Schuldners auf Auszahlung laufender und künftiger Übergangsgebührnisse unter Hinweis auf die Regelung in § 48 Abs. 2 Satz 2 SVG zurück.

Soldatenversorgungsgesetz – Pfändbarkeit Übergangsbeihilfe, Sterbegeld, Unfallentschädigung
(Symbolfoto: Bumble Dee/Shutterstock.com)

Gegen den der Gläubigerin am 19.01.2023 zugestellten Teilzurückweisungsbeschluss legte diese mit Schriftsatz vom 20.01.2023, eingegangen beim Amtsgericht am selben Tag, sofortige Beschwerde ein. Zur Begründung der Beschwerde wurde ausgeführt, dass § 48 Abs. 2 Satz 2 SVG im Unterschied zur Regelung in § 48 Abs. 2 Satz 1 SVG lediglich die Abtretung und Verpfändung untersage. Die Pfändung werde durch § 48 Abs. 2 Satz 2 SVG nicht ausgeschlossen.

Das Amtsgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 24.01.2023 nicht abgeholfen und die Sache dem Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet und führt zur Aufhebung des Teilzurückweisungsbeschlusses vom 11.01.2023 und zur Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht.

1. Gemäß § 48 Abs. 2 Satz 1 SVG können Ansprüche auf Übergangsbeihilfe, Sterbegeld, einmalige Unfallentschädigung, einmalige Entschädigung und auf Schadensausgleich in besonderen Fällen weder gepfändet noch abgetreten noch verpfändet werden.

Ansprüche auf einen Ausbildungszuschuss, auf Übergangsgebührnisse und auf Grund einer Bewilligung einer Unterstützung nach § 42 SVG können nach § 48 Abs. 2 Satz 2 SVG weder abgetreten noch verpfändet werden. Die Pfändung solcher Ansprüche ist im Gegensatz zu den in § 48 Abs. 2 S. 1 SVG bezeichneten Ansprüchen zulässig, wie sich aus dem Unterschied im Gesetzeswortlaut von § 48 Abs. 2 Satz 1 SVG und § 48 Abs. 2 Satz 2 SVG ergibt.

In der Gesetzesbegründung zum Siebenten Gesetz zur Änderung des Soldatenversorgungsgesetzes vom 07.07.1980 (BGBl. I S. 851), mit dem die Regelung in § 48 Abs. 2 SVG um den nunmehrigen Satz 2 ergänzt wurde, wird dementsprechend ausgeführt: „Die bisherige Praxis hat gezeigt, daß Soldaten auf Zeit häufig während ihrer Dienstzeit ihre zukünftigen Ansprüche auf Ausbildungszuschuß, Übergangsgebührnisse und Übergangsbeihilfe im Zusammenhang mit einer Kreditaufnahme durch Abtretung oder Verpfändung verfügen. Die Versorgungsleistungen werden in diesen Fällen ihrer Zweckbestimmung entzogen und die Wiedereingliederung der ehemaligen Soldaten auf Zeit in das zivile Berufsleben erschwert. In nicht wenigen Fällen geraten die ehemaligen Soldaten auf Zeit in eine wirtschaftliche Notlage. Die Gesetzesänderung soll die zweckbestimmte Verwendung der von der Änderung betroffenen Leistungen sichern.“ (BT-Drucks. 8/3750, S. 15).

Dies macht deutlich, dass hinsichtlich der in § 48 Abs. 2 Satz 2 SVG bezeichneten Ansprüche lediglich die Abtretung und die Verpfändung ausgeschlossen sind, die Pfändung hingegen möglich bleibt. Zumal eine solche – um in der Argumentation der Gesetzesbegründung zu bleiben – im Unterschied zur Abtretung und Verpfändung regelmäßig nicht in Zusammenhang mit der Kreditaufnahme erfolgt, sondern erst im Fall eines etwaigen späteren Kreditausfalls stattfindet.

Dementsprechend sind Ansprüche auf Übergangsgebührnisse (§ 11 SVG) nach § 48 Abs. 2 Satz 2 SVG wie Arbeitseinkommen pfändbar (vgl. OLG Zweibrücken, Urteil vom 23.03.1999 – 5 UF 82/97, juris Rn. 37; Stöber/Rellermeyer, Forderungspfändung, 17. Aufl. 2020, Rn. C.45).

2. Der Pfändbarkeit der Ansprüche des Schuldners auf Übergangsgebührnisse steht auch § 851 Abs. 1 ZPO nicht entgegen.

Nach § 851 Abs. 1 ZPO ist eine Forderung in Ermangelung besonderer Vorschriften der Pfändung nur insoweit unterworfen, als sie übertragbar ist.

Zwar wird durch § 48 Abs. 2 Satz 2 SVG die Abtretung von Ansprüchen auf Übergangsgebührnisse ausgeschlossen. Gleichwohl steht dies gemäß § 851 Abs. 1 ZPO der Pfändung solcher Ansprüche nicht entgegen. Denn die Regelung in § 48 Abs. 2 Satz 2 SVG, die im Unterschied zu § 48 Abs. 2 Satz 1 SVG bewusst die Pfändung nicht ausschließt, ist insoweit als besondere (abweichende) Vorschrift im Sinn des § 851 Abs. 1 ZPO zu verstehen.

3. Die Gläubigerin hat folglich einen Anspruch auf Erlass des beantragten Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses auch hinsichtlich der Ansprüche des Schuldners auf Auszahlung laufender und künftiger Übergangsgebührnisse, wobei insoweit die für die Pfändung von Arbeitseinkommen geltenden Schuldnerschutzvorschriften gemäß §§ 850 ff. ZPO zu beachten sind. Denn Übergangsgebührnisse gemäß § 11 SVG sind als laufendes Einkommen für eine Übergangszeit aus einem früheren Dienstverhältnis anzusehen (BGH, Urteil vom 03.10.1979 – IV ZR 103/78, juris Rn. 19; OLG Zweibrücken, Urteil vom 23.03.1999 – 5 UF 82/97, juris Rn. 37).

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