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Verkehrssicherungspflicht in Parkhaus

OLG Köln – Az.: I-16 U 174/20 – Beschluss vom 22.02.2021

Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom 07.10.2020 – 4 O 404/19 – durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses.

Gründe

I.

Die Klägerin verlangt, gestützt auf die angebliche Verletzung von Verkehrssicherungspflichten, von der Beklagten Schadensersatz und Schmerzensgeld aus Anlass einer Sturzverletzung, die sie sich am 29.04.2019 in der von der Beklagten betriebenen Tiefgarage zugezogen haben will.

Das Landgericht hat die Klage durch Urteil vom 07.10.2020 (4 O 404/19) abgewiesen.

Gegen dieses Urteil hat die Klägerin form- und fristgerecht Berufung eingelegt, mit welcher sie ihr abgewiesenes Klagebegehren weiterverfolgt.

II.

Verkehrssicherungspflicht in Parkhaus
(Symbolfoto: chaoss/Shutterstock.com)

Die zulässige Berufung hat in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung aufweist, eine Entscheidung des Senats durch Urteil auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich und eine mündliche Verhandlung nicht geboten erscheint, beabsichtigt der Senat, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.

Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Zahlung von Schmerzensgeld und auf Feststellung der Schadensersatzpflicht nach den §§ 823, 249 ff., 253 Abs. 2 BGB aus Anlass der von ihr vorgetragenen Verletzung vom 29.04.2019 zu.

Ein dahingehender Schadensersatzanspruch setzt eine sicherungsbedürftige Gefahrenstelle voraus, bei der das Unterbleiben der gebotenen Sicherung auf die Verletzung einer Schutz- bzw. Verkehrssicherungspflicht durch die Beklagte schließen ließe.

Eine haftungsbegründende Verletzung der Verkehrssicherungspflicht kommt erst in Betracht, wenn sich die nahe liegende Gefahr ergibt, dass Rechtsgüter anderer verletzt werden und nach der Verkehrsauffassung weitere Maßnahmen zur Gefahrvermeidung durch den Verkehrssicherungspflichtigen verlangt werden (BGH NJW 2004, 1449 m.w.N.; BGH VersR 2006, 233; Palandt/Sprau, BGB, 80. Aufl., § 823 Rn. 46). Zur Erfüllung der Verkehrssicherungspflicht gehören diejenigen Vorkehrungen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Angehöriger der betreffenden Verkehrskreise für notwendig und ausreichend halten darf, um andere Personen vor Schaden zu bewahren (BGH NJW 2006, 2326). Dabei ist auch von Bedeutung, dass die „anderen Personen“ regelmäßig nur vor solchen Gefahren zu schützen sind, die sie selbst, ausgehend von der sich ihnen konkret darbietenden Situation bei Anwendung der von ihnen in dieser Situation zu erwartenden Sorgfalt, erfahrungsgemäß nicht oder nicht rechtzeitig erkennen und vermeiden können (vgl. OLG Hamm VersR 2003, 605; NJW-RR 2006, 1100).

Eine Verletzung der ihr obliegenden Verkehrssicherungspflicht kann der Beklagten hinsichtlich des Zustands der Wegeführung im Parkhaus und deren Abgrenzung zum Laufweg nicht angelastet werden.

Dies hat das Landgericht im Einzelnen zutreffend ausgeführt. Der Senat nimmt hierauf Bezug.

Die Beklagte hat diejenigen Vorkehrungen getroffen, die nach den Sicherheitserwartungen des jeweiligen Verkehrs im Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren geeignet waren und sind, Gefahren von Dritten abzuwenden, die bei bestimmungsgemäßer oder nicht ganz fernliegender bestimmungswidriger Nutzung drohen.

Fußgänger in einem Parkhaus können grundsätzlich nicht davon ausgehen, dass der Fußboden nicht an allen Seiten auf ein- und derselben Ebene liegt. Vielmehr müssen sie damit rechnen, dass – zur besseren Kanalisierung des Autoverkehrs wie auch zu ihrem Schutz Absätze und Kanten im Seitenbereich des Parkhauses vorhanden sind (vgl. OLG Celle, Urt. vom 28.08.2002 – 9 U 98/02, BeckRS 2002, 12465; LG Kiel, Urt. vom 21.10.2004 – 1 S 128/04, BeckRS 2007, 02272 = VersR 2005, 1699 Leitsatz; Hager, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2009, § 823 E 166; Haag, in: Geigel, Der Haftpflichtprozess, 28. Aufl. 2020, Kap. 14, § 823 Abs. 1 BGB, Rn 122). Auch davon ist das Landgericht zutreffend ausgegangen.

Diese Absätze und Kanten müssen allerdings angesichts unterschiedlicher und häufig auch unzureichender Beleuchtungsverhältnisse so markiert sein, dass ein Benutzer des Parkhauses sie bei Anwendung der verkehrsüblichen Sorgfalt erkennen kann (OLG Celle und LG Kiel, jeweils a.a.O.; ferner: Hager und Haag, jeweils a.a.O.).

Diesen Anforderungen ist die Beklagte im Streitfall gerecht geworden.

Die Abschlusskante des gegenüber der Fahrbahn der Tiefgarage erhöhten Gehwegbereichs war im Zeitpunkt der von der Klägerin vorgetragenen Sturzes ausreichend markiert gewesen. Die dahingehenden Feststellungen des Landgerichts sind in rechtlich nicht zu beanstandender Weise getroffen worden. Sie werden durch das Berufungsvorbringen nicht erschüttert:

Dem Landgericht ist kein Verfahrensfehler mit Rücksicht darauf vorzuhalten, dass es die Örtlichkeiten nicht selbst nicht in Augenschein genommen hat.

Eine solche Inaugenscheinnahme mehr als ein Jahr nach dem Unfallereignis wäre nur dann von Bedeutung gewesen, wenn sich die örtlichen Verhältnisse gegenüber dem Unfallzeitpunkt nicht geändert hätten. Hier macht die Klägerin jedoch geltend, die Beklagte habe die „Markierungsstreifen zwischenzeitlich aufgefrischt und zusätzlich eine weiße Fahrbahnmarkierung angelegt“ (Klageschrift Seite 4 – GA 4).

Die örtliche Situation ist auf dem vom Landgericht verwerteten Lichtbild Anlage B 1 (GA 20) einwandfrei zu erkennen.

Das Lichtbild ist von der Beklagten vorgelegt worden, war ihr jedoch – nach deren unwidersprochenem Vorbringen – von der Klägerin zur Verfügung gestellt worden. Das Foto zeigt den Bereich des – offenen – Treppenhausausgangs bzw. -eingangs und des davorliegenden Bereichs, nämlich des – nach dem Vorbringen der Klägerin – ca. 1,5 m breiten Parkhaus-Gehwegs und der sich anschließenden Fahrbahn. Es zeigt weiter die hellgraue Beschichtung (Anstrich) des Parkhausbodens – Fahrbahn nebst Gehweg – und die schwarz-gelbe Markierung des Gehwegabsatzes zur Fahrbahn. Letztere lässt zwar Alterungserscheinungen erkennen; ein „Verblassen“ derselben – wie die Klägerin dies geltend macht – ist jedoch nicht eingetreten. Die schwarz-gelbe Kennzeichnung ist zwar teilweise abgeblättert, gleichwohl weiterhin deutlich zu erkennen.

Soweit die Klägerin auf die – von ihr mit 1,5 m angegebene – Breite des Gehwegbereichs zwischen dem Treppenhauseingang und der Fahrbahn hinweist, ist das kein Umstand, der eine Erkennbarkeit des markierten Bordsteinabsatzes verhindert haben könnte. Die fragliche Kante war für einen Fußgänger bzw. Benutzer eines Parkhauses, der darauf achtet, wohin er tritt, so deutlich zu erkennen, dass sie keine überraschende „Stolperfalle“ als haftungsbegründende Gefahrenquelle darstellte. Das gilt umso mehr, als die Klägerin – wie das Landgericht weiter festgestellt hat – die Markierung beim Verlassen des Parkhauses wahrgenommen hatte und ihr deren Vorhandensein und die dadurch gekennzeichnete Örtlichkeit bekannt war. Bei Beachtung der für einen Parkhausnutzer erforderlichen und zu erwartenden Sorgfalt hätte die Klägerin den markierten Absatz des Gehwegs zur Fahrbahn erkennen können und müssen.

Eine Vernehmung der von der Klägerin benannten Zeugen zur Örtlichkeit war vom Landgericht und ist auch vom Senat angesichts der aus dem erörterten Lichtbild erkennbaren örtlichen Situation nicht durchzuführen (vgl. dazu Senat Beschl. v. 7.2.2018 – 16 U 157/17, BeckRS 2018, 5258 m.w.N.). Sie liefe zudem angesichts fehlender Benennung der Zeitpunkte, zu welchem die Zeugen Wahrnehmungen zu den örtlichen Verhältnissen gemacht haben sollen, auf eine – prozessual unzulässige – Ausforschung des Sachverhalts hinaus.

Auf den von ihr in erster Instanz geltend gemachten Verstoß gegen die Technischen Regeln für Arbeitsstätten ist die Berufung nicht mehr zurückgekommen. Das Vorbringen hätte bereits deshalb keinen Erfolg, weil das Parkhaus keine Arbeitsstätte im Sinne der Arbeitsstättenverordnung darstellt. Zu Arbeitsstätten gehören nur solche Orte, an denen unmittelbar gearbeitet wird oder die arbeitsbedingt von Beschäftigten betreten werden müssen (§ 2 Abs. 1 ArbStättV); das ist bei einem Parkhaus nicht der Fall.

Kommt sonach eine Haftung der Beklagten dem Grunde nach nicht in Betracht, bedarf die Höhe der Klageforderung keiner Entscheidung.

Auch besteht kein Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten.

III.

Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb von drei Wochen seit Zugang dieses Beschlusses. Die Frist kann nach § 224 Abs. 2 ZPO nur verlängert werden, wenn der Gegner zustimmt oder erhebliche Gründe glaubhaft gemacht werden. Auf die Möglichkeit einer kostengünstigeren Zurücknahme des Rechtsmittels wird hingewiesen (Nr. 1222 Kostenverzeichnis zu § 3 Abs. 2 GKG).

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