LG Koblenz – Az.: 5 U 362/11 – Urteil vom 14.07.2011
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 10. März 2011 geändert und die Klage abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Klägerin kaufte am 12.06.2009 in dem von der Beklagten betriebenen Blumenmarkt ein. Auf dem Weg zur Kasse stürzte sie und fiel zu Boden.
Mit der Behauptung, sie sei auf einem Pflanzenblatt ausgerutscht, das in dem Gang zur Kasse auf dem Boden gelegen habe, hat sie Klage erhoben mit den Anträgen
1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 858,47 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 527,81 € seit Rechtshängigkeit, aus 18,28 € seit dem 17.11.2009, aus 18,28 € seit dem 24.11.2009, aus 29,41 € seit dem 2.11.2009, aus 29,41 € seit dem 9.11.2009, aus 29,41 € seit dem 16.11.2009, aus 29,41 € seit dem 23.11.2009, aus 29,41 € seit dem 30.11.2009, aus 29,41 € seit dem 7.12.2009, aus 29,41 € seit dem 14.12.2009, aus 29,41 € seit dem 21.12. 2009, aus 29,41 € seit dem 28.12.2009, aus 29,41 € seit dem 4.01.2010 sowie Rechtsanwaltskosten für die außergerichtliche Tätigkeit in Höhe von 603,93 € zu zahlen,
2. die Beklagten zu verurteilen, an sie ein Schmerzensgeld in angemessener Höhe nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr alle materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die ihr aus dem Unfall vom 12.06.2009 noch entstehen werden, soweit der Anspruch auf einen Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergangen ist.

Die Beklagte ist dem entgegengetreten.
Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht bejaht, die Beklagte unter Berücksichtigung eines Mitverschuldens der Klägerin von 50 % zu materiellem Schadensersatz sowie einem Schmerzensgeld (3.000,00 €) verurteilt und darüber hinaus festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, 50 % der materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die der Klägerin künftig noch entstehen werden.
Wegen der Einzelheiten wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Mit der Berufung wendet die Beklagte ein, sie habe ihre Verkehrssicherungspflicht nicht verletzt und beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
Die Klägerin begehrt die Zurückweisung der Berufung.
II.
Die zulässige Berufung hat Erfolg, sie führt zur vollständigen Abweisung der Klage
Die Beklagte haftet weder aus Vertrag noch aus unerlaubter Handlung, denn sie hat die ihr obliegende Pflicht zur Verkehrssicherung nicht verletzt. Sie ist daher nicht verpflichtet, der Klägerin die Schäden zu ersetzen, die dieser durch den Sturz in dem Blumenladen am 12.06.2009 entstanden sind.
Der von der Klägerin bei der Anhörung durch das Landgericht am 22.04.2010 geschilderte Unfallhergang (§ 141 ZPO) kann zu ihren Gunsten als wahr unterstellt werden. Danach ist davon auszugehen, dass in dem Bereich, in dem die Klägerin stürzte, nur ein einziges Blatt von einer Länge von 4 cm lag. Es gab es keine Feuchtigkeit auf dem Fußboden. In der näheren Umgebung waren Pflanzen aufgebaut; Mitarbeiter der Beklagten räumten dort um.
Das Landgericht hat im Ausgangspunkt zu Recht darauf hingewiesen, dass der Verkehrssicherungspflichtige nicht für alle denkbaren, entfernten Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge treffen muss. Es genügen diejenigen Vorkehrungen, die nach den konkreten Umständen zur Beseitigung der Gefahr erforderlich und zumutbar sind.
In einem Blumengeschäft kann der Fußboden nicht in jedem denkbaren Augenblick frei von Verunreinigungen sein. Dass ein einzelnes kleines Blatt auf einem trockenen Boden eine Kundin zu Fall bringt, ist ein Geschehensablauf, der durch noch so häufiges und sorgfältiges Kehren schlechterdings nicht zu vermeiden ist (OLG Hamburg, VersR 1972, 650). Somit ist schon nicht festgestellt, dass überhaupt eine objektive Verletzung der Pflicht zur Verkehrssicherung ursächlich für den Sturz geworden ist.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats aber auch fest, dass die Mitarbeiter der Beklagten vor, während und nach dem Umräumen der Blumen gekehrt haben. Dass dies mit der gebotenen Sorgfalt geschehen ist, wird schon dadurch belegt, dass der Boden trocken war und nur ein Blatt dort gelegen hatte. Eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht unterstellt, wäre diese jedenfalls nicht schuldhaft gewesen.
Die Berufung hat nach alledem Erfolg, die Klage ist insgesamt abzuweisen.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis 4.000,00 € festgesetzt (3.000,00 € Schmerzensgeld; 500,00 € für den Feststellung von 50 %, 429,24 € materielle Schäden).
Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.