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Verkehrsunfall: Darlegungs- und Beweislast des gegnerischen Kfz-Haftpflichtversicherers

AG Wolfsburg, Az.: 10 C 370/16, Urteil vom 25.01.2018

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.278,75 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12.11.2016 sowie an den Sachverständigen … 561,92 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12.11.2016 auf dessen Konto bei der … zu zahlen.

2. Die Beklagte wird weiter verurteilt, den Kläger von den vorgerichtlichen Anwaltskosten seiner Prozessbevollmächtigten in Höhe von 255,85 € freizustellen.

3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten Schadensersatz aus einem zwischen den Parteien streitigen Verkehrsunfall.

Verkehrsunfall: Darlegungs- und Beweislast des gegnerischen Kfz-Haftpflichtversicherers
Symbolfoto: FreedomTumZ/Bigstock

Die Beklagte ist Haftpflichtversicherer der … . Der Kläger ließ sein Fahrzeug nach dem zwischen den Parteien streitigen Verkehrsunfall durch den Sachverständigen … begutachten. Dieser stellte seine Begutachtung dem Klägerin mit Rechnung vom 15.09.2016 in Höhe von 561,92 € in Rechnung. Das Gutachten des Sachverständigen … vom 15.09.2016 weist einen Wiederbeschaffungsaufwand in Höhe von 1.253,75 € auf. Dieser, sowie die Kosten für den Sachverständigen und eine Auslagenpauschale macht der Kläger in der Hauptsache geltend.

Der Kläger forderte die Beklagte letztmalig mit rechtsanwaltlichem Schreiben vom 01.11.2016 und einer Frist bis zum 11.01.2016 erfolglos zur Zahlung auf.

Der Kläger behauptet, er sei am 09.09.2016 gegen 21:25 Uhr auf dem … auf der linken der zweispurigen Linksabbiegerspur gefahren. Neben ihm auf der rechten Linksabbiegerspur sei Frau … mit dem bei der Beklagten versicherten Fahrzeug mit dem Kennzeichen … gefahren und plötzlich beim Abbiegevorgang auf die Fahrspur des Kläger gefahren und mit dem Fahrzeug des Klägers zusammengestoßen. Er sei nach dem Unfall mit Frau … zur Polizei gefahren. Die Polizei habe den Unfall jedoch nicht aufgenommen, weil sie Sache eindeutig gewesen sei. Die geltend gemachten Schadenspositionen seien unfallbedingt.

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.278,75 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12.11.2016 sowie an den Sachverständigen … 561,92 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12.11.2016 auf dessen Konto bei der … zu zahlen,

2. den Kläger von den vorgerichtlichen Anwaltskosten seiner Prozessbevollmächtigten in Höhe von 255,85 € freizustellen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, ein Verkehrsunfall habe nicht stattgefunden. Das streitgegenständliche Beklagtenfahrzeug habe zwar einen Streifschaden an der linken Seite aufgewiesen, dessen Ursprung der Beklagten jedoch unbekannt sei.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

1.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Schadensersatz gemäß §§ 7, 17 StVG, §§ 823, 249 BGB, § 115 VVG in Höhe von 1.278,75 €.

a) Das Fahrzeug des Klägers wurde bei Betrieb des bei der Beklagten versicherten Fahrzeugs gemäß § 7 Abs. 1 StVG beschädigt. Das Gericht sieht es als unstreitig an, dass der Beklagte am 09.09.2016 gegen 21:25 Uhr auf dem … in einen Verkehrsunfall verwickelt war, in welchem die Fahrerin des bei der Beklagten versicherten Fahrzeugs Frau … unter Verstoß gegen § 7 Abs. 5 StVO in das Fahrzeug des Klägers fuhr indem sie plötzlich von der rechten Linksabbiegerspur auf die linke Linksabbiegerspur wechselte, auf der der Kläger mit seinem Fahrzeug fuhr. Das Bestreiten der Beklagten war nicht hinreichend substantiiert, da die Beklagte ihrer subjektiven Darlegungslast nicht ausreichend nachgekommen ist. Die Darlegungslast folgt grundsätzlich der Beweislastregelung, wobei der Gegner der darlegungspflichtigen Partei sich nicht auf ein einfaches Bestreiten beschränken darf, wenn die darlegungspflichtige Partei außerhalb des von ihr dazulegenden Geschehensablaufs steht und keine nähere Kenntnis von der maßgebenden Tatsachen besitzt, während er Prozessgegner sie hat und ihm nähere Angaben zumutbar sind (vgl. hierzu Greger, in: Zöller, Kommentar zur ZPO, 31. Auflage 2016, § 138, Rn. 8b). Vorliegend hat der Kläger als darlegungsbelastete Partei den Geschehensablauf des Verkehrsunfalls detailliert und unter Angabe des Namens der mitwirkenden Mieterin des bei der Beklagten versicherten Fahrzeugs angegeben. Dem Kläger war der Antritt eines Zeugenbeweises durch Vernehmung der mitwirkenden Mieterin Frau … nur deshalb nicht möglich, weil sie bei der Verkehrsunfallaufnahme keine Wohnadresse angegeben hat, sondern die Adresse eines Hotels. Das bloße Bestreiten des Verkehrsunfallgeschehens durch die Beklagte genügte in diesem Zusammenhang nicht mehr. Dies vor allem, wenn die Beklagte selbst vorträgt, dass das Mietfahrzeug einen Streifschaden an der linken Seite aufgewiesen habe, dessen Ursprung unbekannt sei. Der Beklagten wäre es vorliegend möglich gewesen, über ihren Versicherungsnehmer, der …, nähere Umstände zu dem streitgegenständlichen Beklagtenfahrzeug zu erfragen und dessen Mieterin zu erfragen. Ein solches Vorgehen wäre der Beklagten auch zumutbar gewesen.

b) Aus dem für das Gericht unstreitigen Verkehrsunfallgeschehen ergibt sich darüber hinaus, dass der Verkehrsunfall durch das bei der Beklagten versicherte Fahrzeug im Rahmen von § 17 StVG allein verursacht wurde, da die Mieterin des bei der Beklagten versicherten Fahrzeugs unter Verstoß gegen § 7 Abs. 5 StVO für den Kläger plötzlich und unvermittelt den Fahrstreifen von der rechten auf die linke Linksabbiegerspur wechselte, sodass selbst die Betriebsgefahr des Klägerfahrzeugs dahinter zurück tritt.

c) Das Gericht sieht es weiter als unstreitig an, dass das Fahrzeug des Klägers durch den Verkehrsunfall an der rechten Seite beschädigt wurde, sodass einen Totalschaden erlitt. Auch hier ist die Beklagte ihrer sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen. Der Kläger hat als darlegungsbelastete Partei seinen unfallbedingten Schaden vereinzelt unter Vorlage eines Sachverständigengutachtens vom 15.09.2016 vorgetragen. Das Sachverständigengutachten datiert auf einen Zeitpunkt von weniger als einer Woche nach dem vom Kläger vorgetragenen Verkehrsunfall. In diesem Gutachten sind insgesamt Schäden beschrieben, die durch das von dem Kläger vorgetragene Verkehrsunfallgeschehen entstanden sein können. Der Sachverständige … beschreibt Schäden am Kotflügel vorne rechts, am Stoßfänger vorne, am Scheinwerfer rechts an der Tür hinten rechts sowie am Seitenteil rechts. Das bloße Bestreiten der Ursächlichkeit der Schäden durch die Beklagte genügte in diesem Zusammenhang nicht mehr. Der Beklagten wäre es vorliegend möglich und zumutbar gewesen sich substantiiert mit dem von dem Kläger behaupteten Streifschaden auseinander zu setzen. Ihr wäre es möglich und zumutbar gewesen konkrete Auskünfte über den Streifschaden an dem bei der Beklagten versicherten Fahrzeug einzuholen und gegebenenfalls anhand dieses Streifschadens vorzutragen, weshalb die Schäden nicht deckungsgleich sein können. Die Höhe des Wiederbeschaffungsaufwandes ist zwischen den Parteien unstreitig.

2.

Der Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Freistellung von den Sachverständigenkosten ergibt sich ebenfalls aus §§ 7, 17 StVG, §§ 823, 249 BGB, 115 VVG. Die Höhe der Sachverständigenkosten ist von der Beklagten nicht angegriffen worden.

3.

Der Anspruch auf Freistellung von den außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten, welcher in dem Schadensersatzanspruch auf Zahlung enthalten ist, ergibt sich aus §§ 7, 17 StVG, §§ 823, 249 BGB, § 115 VVG.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286, 288 Abs. 1 BGB. Die Beklagte befindet sich seit dem 12.11.2016 gemäß § 286 BGB in Verzug nachdem sie von dem Kläger mit dem rechtsanwaltlichem Schreiben vom 01.11.2016 erfolglos zur Zahlung bis zum 11.11.2016 aufgefordert wurde.

4.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.

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