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Verkehrsunfall – unfallbedingte HWS-Beschleunigungsverletzung

OLG Frankfurt – Az.: 10 U 79/15 – Urteil vom 20.02.2017

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 26.3.2015, Az.: 2-14 O 72/12, teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ein Schmerzensgeld von 600 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus ab dem 15.5.2012 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits einschließlich des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des jeweiligen Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Verkehrsunfall - unfallbedingte HWS-Beschleunigungsverletzung
(Symbolfoto: Von Monkey Business Images/Shutterstock.com)

I. Der Kläger begehrt von der beklagten Versicherung Schadensersatz und Schmerzensgeld wegen eines Verkehrsunfalls.

Der Kläger betreibt als Selbstständiger einen Limousinen-Service.

Am XX.XX.2010, gegen 13.45 Uhr, ereignete sich im Kreisverkehr in der Straße1 in Stadt1 ein Verkehrsunfall. Der Kläger befuhr mit seinem Pkw Marke1 den vorfahrtsberechtigten Kreisverkehr, als dass der Fahrer des bei der Beklagten krafthaftpflichtversicherten Fahrzeugs in dem Kreisverkehr einfuhr und mit dem Fahrzeug des Klägers kollidierte.

An der rechten Seite des Pkw Marke1 entstand ein Streifschaden (vgl. die Lichtbilder vom Schaden, Anlage B 1, Bl. 59 ff.). Der Sachschaden am Pkw in Höhe von 18.635,36 € wurde von der Beklagten reguliert. Die vollumfängliche Einstandspflicht der Beklagten ist zwischen den Parteien unstreitig. Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger bei dem Unfall verletzt wurde.

Am XX.XX.2010 begab sich der Kläger in die Allgemeinarztpraxis A/X.

Dort wurde eine HWS-Distorsion (Steilstellung) sowie ein Kniegelenkserguss, eine Außenmeniskusläsion und eine vordere Kreuzbandläsion, jeweils das linke Kniegelenk betreffend, diagnostiziert. Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Bericht der Ärzte A/X vom 25.2.2011 (Anlage K 1, Bl. 7 f.).

Die Ärzte bescheinigten dem Kläger unter dem XX.XX.2010 eine vollumfängliche Arbeitsunfähigkeit im Zeitraum vom XX.XX.2010 bis zum XX.XX.2010 (vgl. Anlage K 3, Bl. 10).

Am 15.10.2010 suchte der Kläger den Orthopäden B auf. B röntge die Halswirbelsäule und diagnostizierte im Bericht vom 17.10.2010 eine HWS-Distorsion bei deutlicher Steilstellung der Halswirbelsäule und einen eingeklemmten Innen- und Außenmeniskus (vgl. Anlage K 2, Bl. 9).

Wegen des Verdachts auf eine Innen- und Außenmeniskusläsion ließ der Kläger in der radiologischen Praxis des C eine MRT des linken Knies durchführen. Der Befund ergab degenerative Veränderungen und eine deutliche laterale Gonarthrose. C stellte eine ausgeprägte Schädigung des Hinterhornes und von Teilen der Pars Intermedia des Außenmeniskus, einen kleinen Knochen-Knorpel-Defekt und einen leichten Kniegelenkserguss fest. Er führte in seinem Bericht vom 27.10.2010 aus, dass wegen des fehlenden Weichteilödems eine sichere Differenzierung zwischen alten und frischen Schädigungen nicht möglich sei. Ferner gab C degenerative Knorpelschäden retropatellar sowie im femuralen Gleitlager an. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bericht des C vom 27.10.2010 (vgl. Anlage B 2, Bl. 70) Bezug genommen.

Der Kläger hat behauptet, bei dem Unfall habe sich sein linker Fuß unter dem Gaspedal verklemmt und er habe sich das linke Knie verdreht. Hierdurch habe er sich die im Bericht der Ärzte A/X vom 25.2.2011 angeführte Knieverletzung und eine HWS-Distorsion zugezogen.

Der Kläger hat behauptet, er habe nicht am Unfalltag, einem Freitag, einen Notarzt aufgesucht, sondern die Zähne zusammengebissen und seinen Geschäftsbetrieb weiter aufrechterhalten, um den Schaden gering zu halten. Als die Beschwerden übers Wochenende nicht besser geworden seien, habe er sich für den XX.XX.2010 einen ärztlichen Untersuchungstermin geben lassen.

Der Kläger hat behauptet, er sei im Rahmen seines Unternehmens, das für große ortsansässige Firmen Fahraufträge erledige, auch selbst täglich als Fahrer auf Fahrten unterwegs gewesen.

Er hat behauptet, aufgrund dessen, dass er mit dem verletzten Bein plötzlich keine Fahrten mehr selber habe durchführen können, sei ihm ein Verdienstausfallschaden in Höhe eines Nettoverdiensts von 1.203,37 € täglich und für die 40 Tage seiner Arbeitsunfähigkeit in Höhe von insgesamt 48.134,80 € entstanden.

Die Firma Tanriverdi habe Fahrten ihn übernommen und ihm dafür insgesamt Kosten von 22.627,97 € in Rechnung gestellt. Eine Umorganisation des Betriebes sei ihm nicht möglich gewesen.

Der Kläger hat behauptet, seine Verletzungen seien langwierig, erheblich und extrem schmerzhaft gewesen. Seiner Ansicht nach sei, auch wegen des Regulierungsverhaltens der Beklagten, ein Schmerzensgeld in einer Größenordnung von rund 3.000 € berechtigt.

Der Kläger hat die Zahlung eines Schmerzensgeldes, die Zahlung eines Verdienstausfallschadens in Höhe von 48.134,80 €, die Erstattung von Einkommensteuer, die er nach Erhalt des Verdienstausfallschadens abzuführen habe sowie die Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten von 1.006,50 € von der Beklagten begehrt.

Wegen des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien einschließlich der gestellten Anträge wird auf den Tatbestand der angefochtenen landgerichtlichen Entscheidung (dort Seite 2-4, Bl. 387-389) Bezug genommen.

Das Landgericht hat Beweis erhoben zur Unfallbedingtheit der behaupteten Verletzungen durch Einholung eines schriftlichen medizinischen Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf das Gutachten des Sachverständigen D vom 19.8.2013 (Bl. 291 ff.).

Nach Erteilung von Hinweisen hat diverser Hinweise hat das Landgericht die Klage durch Urteil vom 26.3.2015 abgewiesen.

Begründet hat das Landgericht seine Entscheidung damit, dass dem Kläger gegen die Beklagte keine Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche zustehen würden. Der Kläger habe nicht nachweisen können, dass er bei dem streitgegenständlichen Unfall eine HWS-Distorsion und eine Verletzung des Kniegelenks mit Läsionen des Außenmeniskus und des Kreuzbandes, jeweils links, erlitten habe.

Nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen sei eine traumatische Meniskusschädigung nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit anzunehmen. Auch sei nicht überwiegend wahrscheinlich, dass die krankhaften Veränderungen des linken Kniegelenks des Klägers auf das Unfallereignis zurückzuführen seien. Vielmehr sei der Kläger mit einer Vorschädigung des Kniegelenkes in das Unfallereignis hineingegangen. Er habe Verletzungen in Form einer deutlich lateralen Gonarthrose aufgewiesen. Nach den Ausführungen des Sachverständigen sei eine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit des Klägers bis zum XX.XX.2010 nicht begründbar.

Auch eine unfallbedingte HWS-Distorsion sei nicht nachgewiesen. Der Sachverständige habe dies lediglich als möglich erachtet. Selbst wenn der Kläger aber, wie von den Ärzten A und B diagnostiziert, unfallbedingt eine leichtgradige HWS-Beschleunigungsverletzung erlitten hätte, sei diese – so die überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen – kurzfristig und ohne spezifische Therapie wieder ausgeheilt gewesen. Auch die Ärztin Frau A habe die Arbeitsunfähigkeit des Klägers ausschließlich auf die Verletzungen des linken Knies gestützt.

Selbst unterstellt, der Kläger hätte eine geringgradige HWS-Beschleunigungsverletzung erlitten, sei ihm kein Schmerzensgeld zuzusprechen. Ein Anspruch auf Schmerzensgeld setze voraus, dass die Rechtsgüter des Verletzten mehr als nur unwesentlich beeinträchtigt worden seien. Dies sei bei einem leichten Wirbelsäulen-Trauma, wie dem streitgegenständlichen, nicht der Fall, zumal ärztliches Tätigwerden über die Diagnostik hinaus nicht ersichtlich sei.

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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils (dort Seite 4 ff., Bl. 389 ff. d.A.) Bezug genommen.

Mit seiner Berufung wendet sich der Kläger gegen das erstinstanzliche Urteil und verfolgt seine erstinstanzlich gestellten Anträge vollumfänglich weiter.

Der Kläger rügt, dass das Landgericht zwar einerseits das Sachverständigengutachten für schlüssig und überzeugend gehalten habe, andererseits der Empfehlung des Sachverständigen, ein technisches Gutachtens zur Frage der Ursächlichkeit des Unfalls für die HWS-Verletzung einzuholen, nicht nachgekommen sei. Das Landgericht habe auch nicht dargelegt, weshalb die HWS-Verletzung, selbst wenn sie ohne spezifische Therapie wieder ausgeheilt sei, für die Arbeitsunfähigkeit nicht mitkausal gewesen sei.

Der Sachverständige habe seine Ausführungen zudem auf Mutmaßungen zur Aufprallwucht gestützt, die er aus von der Versicherungswirtschaft bezahlten Studien unreflektiert übernommen habe.

Die Beweiswürdigung des Landgerichts sei zudem unvollständig. Es habe zu Unrecht nicht berücksichtigt, dass für das Vorliegen einer HWS-Verletzung spreche, dass er sich wenige Tage nach dem Unfall in ärztliche Behandlung begeben habe und dass eine Steilstellung der Halswirbelsäule festgestellt worden sei.

Auch nicht überzeugend sei, dass das Landgericht in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen angenommen habe, dass er (der Kläger) den Nachweis unfallbedingter Knieverletzungen nicht erbracht habe. Die Knieverletzungen seien von den erstbehandelnden Ärzten diagnostiziert worden. Der Sachverständige habe sich aber nur mit seinen Vorerkrankungen beschäftigt.

Das Landgericht habe die Ausführungen des Sachverständigen unkritisch übernommen, ohne sich mit seinen Einwendungen gegen das Gutachten auseinanderzusetzen.

Nach Ansicht des Klägers hätte der Sachverständige die Behandlungsakte des mittlerweile verstorbenen Orthopäden B besorgen müssen.

Der Kläger meint, der Sachverständige habe den zivilprozessualen Kausalitätsbegriff verkannt. Selbst bei einer Vorschädigung des Knies würde für die Annahme einer Haftung der Beklagten eine Mitkausalität des Unfalls für die krankhaften Veränderungen ausreichen.

Ferner sei das Landgericht seinen Beweisangeboten in den erstinstanzlichen Schriftsätzen vom 12.9.2014 und vom 16.10.2013 nicht nachgegangen.

Der Kläger beantragt, unter Abänderung des am 26.3.2015 verkündeten Urteils des Landgerichts Frankfurt, Az.: 2-14 O 72/12 –

1. die Beklagte zu verurteilen, ihm ein angemessenes Schmerzensgeld nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB ab dem 15.1.2011 zu zahlen;

2. die Beklagte zu verurteilen, ihm 48.134,80 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB ab dem 18.11.2011 zu zahlen;

3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm sämtliche Steuern zu erstatten, die er aufgrund des nach dem Antrag zu 2) zu ersetzenden Verdienstausfallschaden an das Finanzamt als Einkommensteuer abzuführen hat;

4. die Beklagte zu verurteilen, ihm vorprozessuale Rechtsanwaltskosten in Höhe von netto 1.006,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB ab Rechtshängigkeit zu ersetzen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung, Vertiefung und Ergänzung ihres erstinstanzlichen Vortrags.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags der Parteien wird auf die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Der Kläger wurde im Termin am 14.2.2017 zu den behaupteten HWS-Beschwerden nach dem Unfall informatorisch angehört. Wegen des Ergebnisses der Anhörung wird auf das Protokoll der öffentlichen Sitzung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 14.2.2017 (vgl. Bl. 454 ff.) Bezug genommen.

II.

Die Berufung des Klägers ist zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgerecht angebracht und begründet worden (vgl. §§ 511, 517, 519 f. ZPO).

Die Berufung des Klägers hat in der Sache nur in geringem Umfang von 600 € Erfolg.

Zwar ist die Klage insgesamt zulässig.

Dies gilt auch in Bezug auf den Antrag zu Ziffer 3). Zwar ging der Wortlaut des ursprünglichen Antrags dahin, die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger sämtliche Steuern zu erstatten, die er aufgrund des nach dem Antrag zu 2) zu ersetzenden Verdienstausfallschadens an das Finanzamt als Einkommensteuer abzuführen hat. Dieser, auf unbezifferte Zahlung gerichtete Antrag wäre dem reinen Wortlaut nach unzulässig gewesen. Ein stattgebendes Urteil würde keinen vollstreckungsfähigen Inhalt aufweisen, weil die Leistung der Höhe nach vom Vollstreckungsorgan nicht bestimmt werden könnte (vgl. BGH NJW 1994, 586). Der Kläger hat aber nach entsprechendem Hinweis im Termin am 14.2.2017 klargestellt, dass der Antrag zu Ziffer 3) als Feststellungsantrag gedacht war.

Der Antrag auf Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zur Erstattung der abzuführenden Steuer ist ohne weiteres zulässig. Die Höhe der Einkommenssteuer ist derzeit noch nicht bezifferbar, so dass ein Feststellungsinteresse des Klägers im Sinne von § 256 ZPO ohne weiteres zu bejahen ist.

Die Klage ist aber nur begründet in Höhe eines Schmerzensgelds von 600 €. Die weitergehende Klage und die weitergehende Berufung des Klägers ist unbegründet.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte wegen der erlittenen HWS-Beschleunigungsverletzung aus dem streitgegenständlichen Verkehrsunfall vom XX.XX.2010, für dessen Folgen die Beklagte vollumfänglich einzustehen hat, lediglich ein Schmerzensgeld in Höhe von 600 € gemäß §§ 7, 11 Satz 2 StVG, § 115 Abs. 1 VVG zu.

Nach Würdigung aller Umstände und nach erfolgter, informatorischer Anhörung des Klägers steht zur Überzeugung des Gerichts im Sinne von § 286 ZPO fest, dass der Kläger unfallbedingt eine leichtgradige HWS-Distorsion als Primärverletzung erlitten hat.

Der Kläger hat insoweit vorgetragen, dass er eine HWS-Verletzung erlitten und diese Schwindelbeschwerden und Kopfschmerzen hervorgerufen habe.

Die Überzeugung von einer unfallbedingten HWS-Distorsion findet ihre erste Grundlage in dem Bericht der Allgemeinarztpraxis A/Bt vom 25.2.2011. Unter „Objektive Befunde“ ist angekreuzt, dass der Kläger unter Benommenheit und Schwindel leide. Ferner ist eine beidseitige pathologische Muskelverspannung und, bei der Frage nach der HWS-Beweglichkeit, eine „Steilstellung“ notiert. Unter „Subjektive Beschwerden“ wurde u.a. Schwindel und Kopfschmerzen vermerkt.

Auch der weitere Bericht des Orthopäden B vom 17.10.2010 enthält deutliche Hinweise auf eine erlittene HWS-Distorsion. Nach Röntgen der Halswirbelsäule in zwei Ebenen konnte B – bei im Übrigen unauffälligen Befund – eine deutliche Steilstellung der Halswirbelsäule feststellen. Als Befund notierte er in Bezug auf die Halswirbelsäule eine endgradige Einschränkung der Beweglichkeit der Halswirbelsäule, ohne Anhalt für eine akute Wurzelreizsymptomatik sowie deutliche Myalgien der Schulter-Nackenmuskulatur mit multiplen Block. Als Diagnose hielt B in Bezug auf die HWS-Beschwerden eine „HWS-Distorsion mit mult. Block“ schriftlich fest.

Zwar mag sich – wie die Beklagte in der Berufungserwiderung einwendet – eine steilgestellte Halswirbelsäule in Röntgenbildern nach den beklagtenseits angeführten Studien von Helliwell / Matsumoto auch bei 42 % der Normalbevölkerung und bei 45 % der chronischen/akuten Nackenschmerzpatienten finden, was – so der Vortrag der Beklagten – möglicherweise dem röntgentechnischen Vorgehen zwecks Vermeidung von Überlagerungseffekten im Bereich der unteren Halswirbelsäule durch die Schulterpartien und der bei der Röntgenaufnahme vom Patienten eingenommenen, möglichst gestreckten und lotrecht aufgerichteten Körperhaltung geschuldet sein mag (vgl. zum Auftreten von HWS-Steilstellungen bei der Normalbevölkerung auch KG in NZV 2004, 252). Eine Steilstellung der Halswirbelsäule alleine lässt keinen sicheren Rückschluss auf das Vorliegen einer HWS-Verletzung zu. Steht die Steilstellung aber, wie vorliegend der Fall, in Übereinstimmung mit den allgemein- und fachärztlich festgestellten Befunden einer endgradigen Einschränkung der HWS-Beweglichkeit und mit der vom Kläger gegenüber den erstbehandelnden Ärzten geschilderten, typischen Symptomatik einer HWS-Beschleunigungsverletzung, wie Schwindel, Kopfschmerzen und, wie vom Kläger im Termin am 14.2.2017 angegeben, einem Steifheitsgefühl im Halsbereich, bildet der Röntgenbefund, wie auch die weiteren Angaben im ärztlichen Befund, bietet sie ein weiteres Indiz für den Eintritt eines HWS-Verletzungserfolgs. Hinzu kommt, dass die Allgemeinärzte A/X dem Kläger ausweislich des Befundberichts vom 25.2.2011 das Schmerzmittel Z verordneten, was ebenfalls einen Hinweis darauf darstellt, dass der Kläger tatsächlich auch an Schmerzen litt.

Für das Vorliegen einer HWS-Beschleunigungsverletzung sprach weiter, dass sich der Kläger zeitnah, nämlich 5 Tage nach dem Unfall am Mittwoch, den XX.XX.2010 in allgemeinmedizinische Behandlung begab und schon zwei Tage später, am 15.10.2010, zur Abklärung der HWS-Beschwerden einen Orthopäden aufsuchte, der die Halswirbelsäule röntgte. Zwar nahm der Kläger ärztliche Hilfe nicht bereits am Unfalltag, dem XX.XX.2010, in Anspruch, sondern einige Tage später.

Die erforderliche zeitliche Nähe ist aber noch gewährt, denn schließlich ereignete sich der Unfall kurz vor dem Beginn des Wochenendes an einem Freitagmittag, gegen 13.45 Uhr, also zu einem Zeitpunkt, zu dem ein regulärer Arzttermin im Allgemein schwer zu bekommen gewesen sein dürfte. Dass sich der Kläger auch weder am Wochenende als Notfall behandeln ließ, noch an den darauf folgenden Wochentagen Montag und Dienstag auf ärztliche Untersuchung/Behandlung drängte, hat der Kläger plausibel damit erklärt, dass ihm als Selbständiger und Betreiber eines Limousinen-Services daran gelegen war, den Geschäftsbetrieb weiter aufrecht zu erhalten.

Gleichzeitig deutet das Zuwarten des Klägers aber – worauf im Nachfolgenden im Rahmen der Höhe des Schmerzensgeldes noch einzugehen sein wird – zumindest indiziell darauf hin, dass die Beschwerden des Klägers in Bezug auf die HWS-Verletzung nicht allzu massiv waren, da es andernfalls nahe gelegen hätte, die Arbeit umgehend niederzulegen.

Im Termin am 14.2.2017 hat der informatorisch befragte Kläger zudem glaubhaft angegeben, jedenfalls am Abend des Unfalls Kopfschmerzen und ein Steifgefühl im Hals verspürt und sich allgemein unwohl gefühlt zu haben, wobei es ihm allerdings nach ca. 1 Woche besser gegangen sei. Dabei hat der Kläger seine HWS-Beschwerden nicht ausgeschmückt und dramatisiert, sondern ohne offenkundige Aggravationen geschildert und überzeugend eingeräumt – was für die Glaubhaftigkeit seiner Angaben spricht – sich heute – nach sieben Jahren – nicht mehr daran zu erinnern, ob ihm auch übel gewesen sei; erbrochen habe er sich, so der Kläger, jedenfalls aber nicht.

Auch der Sachverständige D hat in seinem schriftlichen Sachverständigengutachten, Seite 18 ff. unter Bezugnahme auf den Befundbericht des B den Eintritt einer leichtgradigen HWS-Verletzung überzeugend für möglich gehalten. Allerdings hat er eine solche Verletzung für nicht pathognomisch gehalten, weil es sich vorliegend um eine streifende, seitliche Kollision gehandelt habe und damit um keinen typischen Mechanismus, bei dem typischerweise HWS-Beschleunigungsverletzungen auftreten können, womit der Sachverständige ersichtlich auf die üblichen Heckkollisionen abgestellt hat.

Allerdings hat der Sachverständige plausibel und nachvollziehbar angemerkt, dass HWS-Beschleunigungsverletzungen prinzipiell auch bei Frontal-, Seit- oder Mischkollisionen möglich seien.

Hierfür spricht im vorliegenden Fall, dass es sich um einen vergleichsweise heftigen Seitenaufprall gehandelt hat, was sich aus dem Schadensbild (s. Lichtbilder) ergibt und wovon der hohe Sachschaden von über 18.000 € zeugt.

Soweit der Sachverständige in Bezug auf HWS-Distorsionen in seinem Gutachten auf Seiten 18 ff. Ausführungen zur Wahrscheinlichkeit von HWS-Verletzungen in Abhängigkeit von der Höhe der kollisionsbedingten Geschwindigkeitsänderung getätigt hat, waren diese Ausführungen nur allgemeiner Art. Der Sachverständige hat zusammenfassend dargelegt, dass Berechnungen und Festlegungen von Grenzwerten als problematisch anzusehen seien – und wiederum zutreffend – darauf hingewiesen, dass der Bundesgerichtshof alleine der Umstand einer geringen kollisionsbedingten Geschwindigkeitsänderung (sog. Harmlosigkeitsgrenze) die tatrichterliche Überzeugungsbildung von der Ursächlichkeit des Unfalls für eine HWS-Verletzung nicht ausschließe.

Der Sachverständige hat im Hinblick auf den Bericht des Orthopäden B den unfallbedingten Eintritt einer leichtgradigen HWS-Beschleunigungsverletzung aus sachverständiger Sicht nachvollziehbar als „möglich“ erachtet, sofern – so der Sachverständige – ein technischer Unfallsachverständiger überhaupt eine Relevanz des Unfallereignisses annehmen würde. Für den Fall, dass eine Verletzungsrelevanz des Unfallereignisses vorliege, hat der Sachverständige allerdings aus medizinischer Sicht nur eine leichtgradige HWS-Beschleunigungsverletzung bejaht, da diese, auch nach den Angaben des Klägers bei der gutachterlichen Untersuchung, recht kurzfristig wieder ausgeheilt sei und auch keine weiterführende Diagnostik oder spezifische Therapie erfolgt sei. Diese Annahme des Sachverständigen entspricht den im Gutachten dokumentierten Äußerungen des Klägers gegenüber dem Sachverständigen, die der Kläger nicht angegriffen hat. Nach den Ausführungen im Gutachten, Seite 3, hat der Kläger auf mehrfache Nachfrage zur aktenkundigen HWS-Distorsion berichtet, dass er wohl auch ein „leichtes HWS-Schleudertrauma“ davongetragen haben; diesbezüglich sei aber keine weitere Diagnostik erfolgt und auch keine Therapie.

Die Angaben des Klägers gegenüber dem Sachverständigen decken sich im Übrigen weitgehend mit seinen Angaben anlässlich seiner informatorischen Anhörung im Termin am 14.2.2017. Allerdings hatte der Kläger im Termin, wie oben ausgeführt, noch nähere Angaben zu seinen Beschwerden (Kopfschmerzen, Steifgefühl im Hals) gemacht und erstmals darauf hingewiesen, dass ihm – was sich aus den in der Akte befindlichen Arztberichten allerdings nicht ergibt – auch eine Halskrause verordnet worden sei und er diese etwa eine Woche getragen habe.

Der Einholung eines oder weiterer Sachverständigengutachten, insbesondere zur kollisionsbedingten Geschwindigkeitsänderung, bedurfte es im vorliegenden Fall nicht, da das Gericht bereits aufgrund der oben angeführten Umstände davon überzeugt ist, dass sich der Kläger durch den Unfall eine leichtgradige HWS-Beschleunigungsverletzung zugezogen hat.

Dass sich der Kläger, wie er behauptet, durch den Unfall darüber hinaus auch eine Verletzung des Kniegelenkes sowie eine Außenmeniskusläsion und eine Kreuzbandläsion, jeweils links, zugezogen hat, steht nach durchgeführter Beweisaufnahme nicht mit der zur vollen Überzeugungsbildung des Gerichts erforderlichen Gewissheit im Sinne von § 286 ZPO fest.

Dies hat das Landgericht unter Zugrundelegung der Feststellungen des Sachverständigen D ausgeführt. Dass Landgericht hat im Einzelnen dargelegt, dass und weshalb es – insbesondere aufgrund der als plausibel erachteten Feststellungen des Sachverständigen – nicht die zur Überzeugungsbildung erforderliche Gewissheit von einer unfallbedingten Knieverletzung hat gewinnen können, sondern dass die im Röntgenbefund und im MRT-Befund festgestellten krankhaften Veränderungen des linken Kniegelenks auf unfallfremde Ursachen, insbesondere auf degenerative Veränderungen, zurückzuführen sind. Auf die Ausführungen des Landgerichts in der Entscheidungsbegründung wird vollumfänglich Bezug genommen.

Soweit der Kläger moniert, dass sich das Landgericht hinsichtlich der Knieverletzungen nicht mit den Diagnosen der erstbehandelnden Ärzte auseinandergesetzt habe, führt dies nicht zum Erfolg der Berufung. Der Sachverständige D hat, wie die Ausführungen im Gutachten, Seite 4, zeigen, die vorhandenen Befunde der erstbehandelnden Ärzte und auch die Berichte der Allgemeinärzte A/X und des Orthopäden B durchaus zur Kenntnis genommen, wie auch die von den Ärzten gestellten Diagnosen und Befunde (A/X: Kniegelenkerguss, Außenmeniskusläsion und vordere Kreuzbandläsion, jeweils links mit Schwellung des Kniegelenks; B: eingeklemmter Innen- und Außenmeniskus mit deutlicher Schwellneigung im Bereich des linken Kniegelenks sowie ein Überbeuge- und Überstreck-, Kantungs- und Rotationsschmerz und ein Druckschmerz im Bereich des Innen- und Außenmeniskus). Daraus ergaben sich – so der Sachverständige – vor dem Hintergrund der vom Kläger eingeräumten, indes aber nicht spezifizierten Vorschädigung des bereits arthroskopierten linken Kniegelenks, aber keine ausreichend aussagekräftigen unfallspezifischen Befunde. Auch die zeitnah nach dem Unfall bereits am 27.10.2010 durchgeführte MRT-Untersuchung des linken Kniegelenks ergab – so auch die Ausführungen des Sachverständigen im Gutachten, Seite 4 f. – eine deutliche laterale Gonarthrose und ausgeprägte Schädigung des Hinterhorns und von Teilen der Pars intermedia des Außenmeniskus sowie einen kleinen – nach Ansicht des Sachverständigen älteren – Knochen-Knorpeldefekt. Soweit Schädigungen des lateralen Kollateralbandes und des vorderen Kreuzbandes festgestellt wurden, konnte aufgrund des fehlenden Weichteilödems eine sichere Differenzierung zwischen alten und frischen Schädigungen bereits vom Radiologen C nicht getroffen werden, wohingegen allerdings bereits damals degenerative Knorpelschädigungen retropatellar sowie im femuralen Gleitlager feststellbar waren und von C schriftlich festgehalten wurden.

Der Sachverständige hat nachvollziehbar dargelegt, dass maßgeblich für eine unfallbedingte Schädigung vor allem die Art der Rissbildung im Meniskus, das Vorhandensein oder Fehlen weiterer Schäden und die histologische Beurteilung des Resektates wichtig seien und dass es vorliegend an aussagekräftigen Befunden, insbesondere auch zur vorhandenen Vorschädigung des linken Kniegelenks, fehlt.

Insoweit war es Sache des Klägers, etwaige weitere aussagekräftige Unterlagen – sollten sie denn vorhanden sein – die seine Behauptung zur unfallbedingt eingetretenen Knieschädigung bestätigen, beizubringen. Auch fehlen jedwede Unterlagen zur unstreitig vorhandenen Vorschädigung des – so die Angaben des Klägers gegenüber dem Sachverständigen – angeblich in den Jahren 2001 bis 2003 arthroskopierten linken Kniegelenks. Der Kläger wurde im Übrigen von Seiten des Landgerichts unter Beifügung der vom Sachverständigen schriftlich angeforderten Unterlagen mit Schreiben vom 21.6.2013 zur Beibringung weiterer Unterlagen aufgefordert. Dieser Aufforderung ist der Kläger nicht vollständig nachgekommen. Er konnte sich nicht darauf beschränken, eine Schweigepflichtentbindung zu erteilen und die Beschaffung der Arztberichte dem Sachverständigen zu überlassen. Dem Sachverständigen war eine Beschaffung weiterer Unterlagen, insbesondere des Erstbefundes der Behandlung im St. Vincenz Krankenhaus nach dem Unfallereignis nicht möglich (vgl. Gutachten, Seite 30).

Nicht weiterführend war insoweit die vom Kläger nach Eingang des Sachverständigengutachtens noch nachträglich vorgelegte Karteikarte der Allgemeinarztpraxis A/X. Diese erstreckte sich erst auf den Zeitraum nach dem Unfall ab dem XX.XX.2010 und weist die von den Allgemeinmedizinern gestellten und bereits bekannten Diagnosen auf. Über Art und Schwere der Vorschädigungen vor dem Unfall und etwaigen, deswegen bestehenden Beschwerden verhält sich die Karteikarte nicht.

Klar ist jedenfalls, dass das Kniegelenk den eigenen Angaben des Klägers gegenüber dem Sachverständigen zufolge (vgl. Gutachten, Seite 17, Seite 30) bereits zuvor arthroskopiert wurde und dass der Kläger mit dieser Vorschädigung und einer sicher festgestellten lateralen Gonarthrose / lateral betonten Pangonarthrose, die sich auch in der aktuellen Röntgendiagnostik des Sachverständigen gezeigt hat, in das Unfallereignis hineingegangen ist. Auch zeigten sich – so die überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen – bis auf die festgestellte, lateral betonte Gonarthrose / Pangonarthrose aktuell keine Hinweise auf Meniskusschäden und keine weiteren Zeichen eine Knieinstabilität, so dass der Sachverständige, auch mit Rücksicht darauf, dass insoweit keine ausreichenden Befunde vorlagen, die vom Kläger behaupteten Knieverletzungen nicht bestätigen konnte.

Ergänzend ist noch anzuführen, dass auch der Umstand, dass der Kläger seinem eigenen Vortrag zufolge vor dem ersten Arzttermin am XX.XX.2010, zur Meidung von wirtschaftlichen Schäden „die Zähne zusammengebissen“ und noch zwei Tage weiter gearbeitet hat und offensichtlich, wenngleich mit Schmerzen, weiter arbeiten konnte, angesichts dessen, dass der Sachverständige im Falle einer abrupt eingetretenen Meniskusschädigung das typische Beschwerdemaximum im unfallnahen Zeitraum verortet hat (vgl. Sachverständigengutachten, Seite 28) und eine sofortige Arbeitsniederlegung die typische Verhaltensweise eines entsprechend verletzten Versicherten gewesen wäre, indiziell gegen die behauptete Verletzungsfolge spricht.

Der Vorwurf des Klägers, der Sachverständige habe den zivilprozessualen Kausalitätsbegriff verkannt, geht ins Leere. Richtig ist zwar, dass maßgeblich für die Überzeugung von der Richtigkeit oder Unrichtigkeit einer Behauptung nicht die Überzeugung des Sachverständigen, sondern die des Gerichts ist, das sich zur Beurteilung von medizinischen Fragestellungen der Sachkunde von Gutachtern bedient. Das Gericht hat dann zu beurteilen, ob es die volle Überzeugung vom Vorliegen einer unfallbedingten Primärverletzung des Kniegelenks gewinnen kann oder nicht. Der Sachverständige, an dessen Fachkunde und Kompetenz im Übrigen keine Zweifel bestehen, hat eine unfallbedingte Meniskusverletzung und die behaupteten Rupturen nach ausführlicher Befragung und Exploration des Klägers und nach Auswertung der vorhandenen Arztberichte nachvollziehbar und überzeugend nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit feststellen können.

Auf dieser Basis war die notwendige, volle Überzeugung des Gerichts vom Eintritt einer unfallbedingten Knieverletzung schwerlich zu gewinnen und wurde deswegen vom Landgericht auch folgerichtig zutreffend verneint. Da die behaupteten Knieverletzungen des Klägers nicht nachgewiesen sind, kam es auf die Frage einer etwaigen Mitursächlichkeit des Unfalls für die (nicht feststehenden) Verletzungen nicht an.

Weiteren Beweisangeboten war nicht nachzugehen. Insbesondere war auf den Antrag des Klägers hin kein Obergutachten einzuholen. Das Gutachten des Sachverständigen D ist vielmehr nachvollziehbar und überzeugend. Auf die obigen Ausführungen und die Ausführungen des Landgerichts im angefochtenen Urteil wird vollumfänglich Bezug genommen.

Für die Bemessung des Schmerzensgeldes waren daher allein die als erwiesen anzusehende HWS-Distorsion und die darauf zurückzuführenden Beschwerden maßgeblich.

Zum Ausgleich der unfallursächlichen HWS-Verletzung war dem Kläger gemäß § 11 Satz 2 StVG ein Schmerzensgeld in Höhe von 600 € zuzusprechen.

Bei der Bemessung der Höhe wurde die Doppelfunktion des Schmerzensgeldes beachtet. Es soll dem Verletzten einerseits einen Ausgleich für erlittene Schmerzen und Leiden gewähren und ihm andererseits Genugtuung für das Verhalten des Schädigers verschaffen (vgl. BGH NJW 1995, 781). Im vorliegenden Fall wurde insbesondere berücksichtigt, dass der Kläger nach dem Unfall an typischen HWS-Beschwerden in Form von Kopfschmerzen, Schwindel und Steifheitsgefühl im Hals und an allgemeinem Unwohlsein litt und dass die Beklagte für die Unfallfolgen vollumfänglich einzustehen hat, ohne dass den Kläger eine Mithaftung traf. Mindernd wirkte sich indes aus, dass sich die Beschwerden binnen kurzer Zeit besserten und keine weitere Therapie oder Behandlung erforderten. Mit dem Sachverständigen ist davon auszugehen, dass es sich lediglich um eine leichtgradige HWS-Verletzung handelte, die zeitnah vollständig ausheilte.

Allerdings konnte nicht zugrunde gelegt werden, dass die HWS-Verletzung auch zur zeitweiligen Arbeitsunfähigkeit des Klägers führte.

Dabei hatte der Kläger die behauptete Arbeitsunfähigkeit in der Klageschrift im Übrigen nicht auf die angeblichen HWS-Beschwerden gestützt. Der Kläger hat vielmehr vorgetragen (vgl. Klageschrift, Seite 5), dass er arbeitsunfähig geworden sei, weil er „mit dem verletzten Bein“ plötzlich keinerlei Fahrten mehr selbst habe durchführen können. Von einer, durch die HWS-Verletzung, bei der überdies zu berücksichtigen war, dass diese, wie bereits oben ausgeführt, lediglich leichtgradiger Art war und dem Kläger das Wochenende zur Erholung blieb, verursachten Arbeitsunfähigkeit war nicht die Rede.

Auch in der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung der Allgemeinmediziner A/X vom XX..2010 wird als Grund der Arbeitsunfähigkeit im Zeitraum vom XX.XX.2010 bis XX.XX.2010 nicht die HWS-Verletzung, sondern die behauptete Innen-/Außenmeniskusläsion links und der Verdacht einer Kreuzbandläsion links angeführt.

Auch der Sachverständige hat angesichts der seiner Ansicht nach allenfalls anzunehmenden, nur leichtgradigen HWS-Beschleunigungsverletzung, den Eintritt einer hierauf basierenden Arbeitsunfähigkeit überzeugend für nicht begründbar gehalten.

Unter Berücksichtigung aller Umstände und angesichts der nur verhältnismäßig geringfügigen HWS-Verletzung und der nur kurzzeitig andauernden Beschwerden, die dennoch aber durchaus Krankheitswert hatten und keine bloße Bagatelle darstellen, erscheint ein Schmerzensgeld im unteren Rahmen von 600 € als angemessen, aber auch ausreichend, um den eingetretenen immateriellen Schaden des Klägers abzugelten.

Auf die begründete Schmerzensgeldforderung von 600 € schuldet die Beklagte dem Kläger Verzugszinsen in gesetzlicher Höhe gemäß §§ 288, 286 BGB. Dies allerdings erst ab Rechtshängigkeit, da weder vorgetragen noch sonst ersichtlich ist, dass die Beklagte vorgerichtlich zur Zahlung von Schmerzensgeld aufgefordert wurde. Das vorgerichtliche, anwaltliche Schreiben des Klägers vom 2.11.2011 bezog sich lediglich auf den behaupteten Verdienstausfallschaden.

Mangels Verzugseintritts hat die Beklagte dem Kläger auch nicht anteilige, auf die begründete Forderung von 600 € entfallende vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten zu erstatten.

Die über den zugesprochenen Betrag hinausgehenden Forderungen des Klägers sind unbegründet.

Da der Kläger den Nachweis einer unfallbedingt eingetretenen Arbeitsunfähigkeit nicht erbracht hat, steht dem Kläger auch kein Anspruch auf Ersatz des behaupteten Verdienstausfallschadens zu. Da der Verdienstausfallschaden nicht zu erstatten ist, ist die Beklagte auch nicht verpflichtet, dem Kläger die hierauf entfallende Einkommenssteuer zu erstatten.

Nur am Rande sei erwähnt, dass der eingeklagte Verdienstausfallschaden nicht nachvollziehbar ist. Hierauf hat das Gericht den Kläger im Termin am 14.2.2017 hingewiesen. Zwar lässt sich der auf Zahlung von 48.134,80 € gerichtete Klageantrag zu Ziffer 3) rein rechnerisch nachvollziehen. Der Kläger hat insoweit einen Verdienstausfall von 1.203,37 € / Tag für 40 Tage der behaupteten Arbeitsunfähigkeit im Zeitraum vom XX.XX.2010 bis XX.XX.2010 geltend gemacht. Aus der vorgelegten Bescheinigung des Steuerberaters vom 24.10.2011 ergibt sich für die Monate … bis … 2010 ein durchschnittlicher monatlicher Nettoverdienst (nicht: Verdienstausfall) pro Tag von 1.203,37 €. Der Kläger hat Vorsteuerabrechnungen vorgelegt, aus denen sich monatliche Umsätze zwischen rund 44.000 € und rund 52.000 € für die Monate … bis … 2010 ergeben sollen. Inwiefern der behauptete, tatsächlich erzielte Nettoverdienst von 1.203,37 € / Tag einen Schaden des Klägers begründen soll, erschließt sich dem Gericht nicht. Als Schaden nachvollziehbar sind lediglich die vom Kläger behaupteten Kosten für Fremdfahrten durch die E von 22.627,07 €.

Auf die Schlüssigkeit der Schadenshöhe kam es vorliegend aber nicht an, da ein Verdienstausfallschaden bereits dem Grunde nach nicht gegeben ist.

Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich des Berufungsverfahrens waren dem Kläger nach §§ 92 Abs. 2 Ziffer 1, 97 ZPO vollumfänglich aufzuerlegen, da die Beklagte nur in verhältnismäßig geringfügigen Umfang unterlegen war und die begründete Forderung des Klägers keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht nach § 543 ZPO zuzulassen, da der Rechtsstreit keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung des Rechtes oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Revisionsgerichtes in dieser Sache fordern.

 

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