LG Aachen – Az.: 5 S 220/10 – Beschluss vom 12.01.2011
In dem Rechtsstreit beabsichtigt die Kammer, die Berufung gemäß § 522 II ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen. Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg.
Zu Recht hat das Amtsgericht die von der Klägerin erhobene Klage abgewiesen. Auf die zutreffenden und durch das Berufungsvorbringen nicht entkräfteten Gründe der angefochtenen Entscheidung kann zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen werden. Das Berufungsvorbringen gibt lediglich zu folgenden Ergänzungen Anlass:
Entgegen der mit der Berufungsbegründung geäußerten Ansicht der Klägerin hat das Amtsgericht den Begriff „durch den Gebrauch des Fahrzeuges“ im Sinne des § 10 AKB keineswegs zu eng und damit fehlerhaft ausgelegt. Wie bereits mit dem angefochtenen Urteil unter Hinweis auf die diesbezügliche Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. statt vieler nur: BGH, NJW 1980, 2525) zutreffend ausgeführt, ist für die Fälle, in denen – wie vorliegend der Fall – die Gefahr nicht unmittelbar vom Fahrzeug ausgeht, sondern von einer Person, die mit dem Fahrzeug in Zusammenhang steht, schon deshalb eine enge Auslegung des Begriffs „durch den Gebrauch“ geboten, weil andernfalls das Haftungsrisiko des Versicherers schwer zu kalkulieren wäre. Eine wesentliche Ausweitung des Versicherungsschutzes nach § 10 AKB über die unmittelbar vom Fahrzeug körperlich ausgehende Gefahr hinaus würde den Zweck der Bestimmung überschreiten.
Daraus folgt der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (a.a.O.) zufolge, dass in den Fällen, in denen – wie hier – nur ein Gebrauch des Fahrzeuges durch den Fahrer als solchen in Frage steht, auf die typische Tätigkeit und die vom Gesetz vorgeschriebenen Pflichten des Fahrers eines Kraftfahrzeuges entscheidend abzustellen ist. Wenn seine Handlungen der vom Gebrauch des Fahrzeuges ausgehenden Gefahr hinzugerechnet werden sollen, so müssen dies typische Fahrerhandlungen sein. Der Begriff des Fahrers ist in diesem Zusammenhang wiederum dahin definiert, dass der Kraftfahrer eine nach der Verkehrsauffassung in seinen Aufgabenkreis hineinfallende Tätigkeit in Zusammenhang mit einer von ihm als Lenker des Fahrzeuges durchzuführenden oder durchgeführten Fahrt vornimmt. Eine typische Fahrerhandlung liegt danach nur vor, wenn sie in den gesetzlichen oder durch die Verkehrsauffassung bestimmten Aufgabenkreis eines Kraftfahrers fällt und in Zusammenhang mit einer bestimmten Fahrt geschieht (BGH, NJW 1980, 2325).
Gemessen an diesen Grundsätzen handelte es sich bei dem Umsetzen des bei der Klägerin haftpflichtversicherten Rettungswagens nicht um eine typische Fahrerhandlung des bei der Beklagten haftpflichtversicherten Kraftfahrzeuges, so dass diese Handlung dem von dem bei der Beklagten versicherten Rettungswagens ausgehenden Gefahrenkreis nicht hinzuzurechnen war. Vielmehr waren die Gefahren aus dem Umsetzen des Fahrzeugs einzig dem Gefahrenkreis des von der Klägerin versicherten Rettungswagens hinzuzurechnen. Nach der Verkehrsauffassung nämlich hat Herr … vorliegend, indem er als Lenker des bei der Klägerin haftpflichtversicherten Kraftfahrzeuges dieses mit den zu diesem Zweck im Zündschloss belassenen Zündschlüsseln gestartet und es unter Einsatz seiner Motorkraft fortbewegt hat, eine eigene (neue) Fahrt mit diesem Fahrzeug durchgeführt. Die Aufnahme dieser Fahrt, mag sie der Ausräumung eines Hindernisses für die Fortsetzung des bei der Beklagten versicherten Rettungswagens gedient haben, machte Herrn … zum Lenker des bei der Klägerin haftpflichtversicherten Kraftfahrzeuges, begründete damit eine selbständige typische Fahrerhandlung betreffend das bei der Klägerin haftpflichtversicherten Fahrzeug und damit eine unmittelbar von diesem Kraftfahrzeug körperlich ausgehende Gefahr, die sich sodann auch tatsächlich verwirklicht hat. Dadurch, dass der Wagen – wie angesichts der zu diesem Zweck im Zündschloss belassenen Zündschlüsseln von den Fahrern des bei der Klägerin versicherten Rettungswagens bezweckt – von Herrn … als dessen Lenker fortgefahren wurde, unterscheidet sich der vorliegende Einzelfall ganz wesentlich von den von der Klägerin zur Begründung ihrer Berufung herangezogenen Fällen, in denen die jeweils die Fahrt behindernden Fahrzeuge beiseite geschafft wurden, ohne diese Fahrzeuge zu starten und durch einen Lenker im vorgenannten Sinn fortzubewegen. Es macht nach Auffassung der Kammer sehr wohl einen Unterschied, ob ein Fahrzeug in Betrieb genommen und von seinem neuen Lenker – entsprechend dem Willen des ursprünglichen Lenkers – geführt wird oder von dem Lenker eines anderen Fahrzeuges durch Einwirkung von außen beiseite geschafft wird.
Die Zulassung der Revision kommt schließlich nicht in Betracht, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Rechtsfortbildung oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht erforderlich ist. Die Entscheidung berührt einen Einzelfall und bewegt sich in den durch die Rechtsprechung vorgezeichneten Bahnen.
Es wird Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 3 Wochen ab Zugang gegeben. Gleichzeitig wird angefragt, ob die Berufung aus Kostengründen zurückgenommen wird.