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Voraussetzungen für die Umbettung von Verstorbenen

VG München, Az.: M 12 K 16.1874, Urteil vom 29.09.2016

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Ablehnung der Erlaubnis zur Umbettung und Überführung der Leiche seiner am …. August 2013 verstorbenen Mutter, Frau …. Der Leichnam wurde am …. August 2013 auf dem Friedhof der Gemeinde N… im Rahmen einer Erdbestattung beigesetzt. Bei der Grabstätte handelt es sich um ein dreistelliges Wahlgrab, welches Platz für sechs Erdbestattungen bietet. Die zehn Jahre währende Ruhefrist für die Totenruhe begann am …. August 2013.

Am …. März 2016 suchten der Kläger und der Ehemann der Verstorbenen den zuständigen Sachbearbeiter der Beklagten, auf, um sich über eine mögliche Umbettung von Frau … zu informieren. Als Begründung wurde der bevorstehende Umzug aus der Gemeinde B… (Landkreis München) nach N… (Sachsen-Anhalt) angegeben. Dadurch betrage die Entfernung zum Grab über 500 km und eine angemessene Grabpflege sei so unmöglich. Der Kläger wurde durch den Sachbearbeiter der Beklagten darüber informiert, dass einer Ausgrabung rechtliche Bedenken entgegenstehen könnten. Nach Rücksprache mit dem stellv. Abteilungsleiter des Ordnungsamts der Beklagten teilte der zuständige Sachbearbeiter dem Kläger telefonisch mit, dass die Beklagte auf Grund entgegenstehender rechtlicher Erwägungen einem Antrag auf Umbettung nicht stattgeben werde.

In einem Telefonat am 7. März 2016 gegen 17:30 Uhr bestätigte der stellv. Abteilungsleiter des Ordnungsamts der Beklagten dem Kläger nochmals, dass die Voraussetzungen einer Umbettung nicht gegeben seien. Daran ändere auch eine nachträgliche Einäscherung der Verstorbenen nichts.

Am …. März 2016 stellte die Prozessbevollmächtigte des Klägers einen schriftlichen Antrag auf Umbettung. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass auf Grund des Umzuges der gesamten Familie der Verstorbenen das Grab in Zukunft völlig verwaist wäre, kein Kontakt zwischen der Familie und der Verstorbenen gehalten werden könne und eine regelmäßige persönliche Grabpflege nicht mehr möglich wäre. Die räumliche Entfernung zwischen der neuen Heimat der Familie in N… in Sachsen-Anhalt und dem Grab in N… betrage 510 km. Sowohl der Verstorbenen als auch der Familie sei es äußerst wichtig, auch über den Tod hinaus in Kontakt und in räumlicher Nähe zu bleiben. Der wöchentliche Gang zum Grab, zum Gespräch und zur Pflege des Kontaktes sei für alle beteiligten Familienmitglieder so wichtig, dass diese die erheblichen Kosten der Umbettung gerne trügen. Die Genehmigung des Landratsamts liege bereits beim Bestattungsunternehmen vor.

Mit Bescheid vom 23. März 2016 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Ausgrabung der Leiche seiner Mutter Frau …, verstorben am …. August 2013 ab. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Umbettung einer Leiche bedürfe nach § 12 der Friedhofs- und Bestattungssatzung der Gemeinde N… der vorherigen Erlaubnis der Gemeinde. Diese Erlaubnis dürfe nur erteilt werden, wenn ein wichtiger Grund für die Störung der Totenruhe vorliege. Gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 der Satzung bedürfe es neben der vorherigen Zustimmung der Genehmigung der Kreisverwaltungsbehörde auch der der Gemeinde. Eine Genehmigung durch die Gemeinde sei zu keiner Zeit vorab erteilt worden. Insofern sei das Vorliegen einer Genehmigung durch die Kreisbehörde ohne Bedeutung. Der Antrag nenne ausschließlich private Gründe. Ein öffentliches Interesse an der Ausgrabung liege nicht vor, vielmehr sei die Wahrung der Totenruhe von öffentlichem Belang. Verstorbene sollten nach der Rechtsprechung nicht mehr in der Ruhe gestört werden. Dies entspreche der Würde der verstorbenen Person, dem sittlichen Empfinden der Allgemeinheit und dem Wesen des Friedhofs als Stätte der Totenruhe und Totenehrung. Eine Durchbrechung der Totenruhe sei nur dann gerechtfertigt, wenn ein wichtiger Grund vorliege. Bei der Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs „wichtiger Grund“ und der Entscheidung, ob ein solcher vorliege, komme es auf die Besonderheiten der Interessenlage an, insbesondere darauf, ob der geltend gemachte Anspruch unter Berücksichtigung der gesamten Sachlage der herrschenden sittlichen Auffassung entspreche, dem Kläger erhebliche Umstände zu Seite stünden und seinen Belangen nicht auf andere Weise Rechnung getragen werden könne. Die vom Kläger geschilderten Umstände seien als Ursache für das Bedürfnis der Ausgrabung gegenüber dem Gebot der Totenruhe abzuwägen. Der Gesichtspunkt der besseren Betreuung nach einem Umzug stelle keinen gewichtigen Grund nach allgemeinem Sittlichkeits- und Pietätsempfinden sowie der einschlägigen Rechtsprechung dar. Es sei dem Kläger zumutbar bei der Grabpflege auf Dritte zurückzugreifen. Auch der Wunsch trotz veränderter Lebensumstände das Grab der Mutter weiterhin besuchen zu können, stelle keinen wichtigen Grund im Einzelfall dar. Sich verändernde Lebensumstände seien kein Einzelfall und absehbar. Ein etwaiger Wunsch der Verstorbenen bei einem Umzug ihrer Familie erneut in einem Grab der Familie beigesetzt zu werden, sei für das Vorliegen eines wichtigen Grundes nicht entscheidend, da nur der Wunsch des Verstorbenen zum Zeitpunkt des Ablebens hinsichtlich Ort und Art der Bestattung zu berücksichtigen sei. Eine Berücksichtigung ausdrücklich geäußerter Umbettungswünsche würde dazu führen, dass der Schutz der Totenruhe angesichts der älter und mobiler werdenden Bevölkerung weitgehend leer laufen würde und dies wäre mit dem Ausnahmecharakter der Ausgrabung nicht vereinbar. Sei der Wille des Verstorbenen nicht aufklärbar, stehe die Achtung der Totenruhe dem Verlangen auf Umbettung in der Regel entgegen. Anhand der dargelegten Umstände müsse vom Wunsch der Verstorbenen, in N… beerdigt zu werden, ausgegangen werden.

Mit Schreiben vom …. April 2016, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München am gleichen Tag eingegangen, ließ der Kläger durch seine Prozessbevollmächtigte Klage erheben und beantragen, dass

I. der Bescheid der Gemeinde N…, Az.: SG … vom 23. März 2016 aufgehoben wird.

II. die Beklagte verpflichtet wird, dem Kläger die am 8. März 2016 beantragte Erlaubnis gem. § 12 Abs. 1 Satz 1 Friedhofs- und Bestattungssatzung zu erteilen.

(…)

IV. die Hinzuziehung der Prozessbevollmächtigten des Klägers für notwendig zu erklären.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen, die Familie weise seit Eheschließung der Verstorbenen mit ihrem Ehemann und seit Geburt des Sohnes einen ausgesprochen starken und ungewöhnlich engen Familienzusammenhalt auf, sie sei zu Lebzeiten der Verstorbenen nie länger als nur wenige Tage getrennt gewesen und während der Krankheit der Verstorbenen habe die Familie fest zusammengehalten. Im Krankenhaus hätten sich die Familienmitglieder versprochen, den anderen nicht alleine und nicht im Stich zu lassen. Dabei hätten vor allem auch der Ehemann und der Kläger der Verstorbenen versprochen, sie auch nicht nach dem Tod im Stich zu lassen. Die Familie fahre nahezu täglich zum Grab. Ende 2015 hätte sich unerwartet herausgestellt, dass die komplette Familie aufgrund einer neuen beruflichen Herausforderung nach N… (Saale) ziehen müsse. Es bleibe kein Familienmitglied in der Nähe der Verstorbenen. Der Kläger habe alle Vorbereitungen dafür getroffen, die Verstorbene umbetten zu lassen. Die Totenruhe sei ein hohes Gut, in das nicht ohne besonderen Grund eingegriffen werde, vorliegend sei aber ein Ausnahmefall gegeben, da eine Familie mit besonders engem Familienzusammenhalt vollständig ihren Wohnsitz aufgebe und einen neuen, mehr als 500 km entfernten Wohnsitz errichte. Es gehe nicht bloß um Grabpflege, sondern um den Kontakt, das Gespräch und die Nähe zur Verstorbenen. Die Umbettung sei eine besondere Ehrerbietung und die Einhaltung des auf dem Krankenbett gegebenen Versprechens. Der Schutz der Ehe und Familie aus Art. 6 GG ende nicht mit dem Tod. Aufgrund des Versprechens, die Verstorbene auf keinen Fall zurückzulassen, seien auch die in der Historie gründenden Prinzipien, die eigenen Toten nicht im fremden Land zurückzulassen, zu berücksichtigen. Die Verstorbene habe zu Lebzeiten klar geäußert, auch als Verstorbene bei der Familie sein zu wollen. Angesichts der Kosten werde auch deutlich, dass es sich um eine ehrliche, schützenswerte und wichtige Verpflichtung einer Familie handele, ihre verstorbene Angehörige vereinbarungsgemäß zu sich zu holen.

Mit Schreiben vom 19. Mai 2016 legte die Beklagte die Behördenakte vor und beantragt, die Klage abzuweisen.

Bzgl. der Begründung könne im Wesentlichen auf die Begründung für die Ablehnung des Antrags verwiesen werden. Die Beklagte führte darüber hinaus aus, dass historische Aspekte, die Toten nicht in einem fremden Land zurückzulassen, unangebracht seien, da die Familie des Klägers nicht auswandere, sondern bloß in ein anderes Bundesland umziehe. Ein der Bestattung entgegenstehender Wunsch der Verstorbenen liege nicht vor, vielmehr sei es der Verstorbenen besonders wichtig gewesen, in der Nähe des Wohnortes der Familie bestattet zu werden. Die Interessen der Angehörigen, die Verstorbene in ihrer Nähe begraben zu wissen und ihr Grab zur Pflege jederzeit aufsuchen zu können, seien der Störung der Totenruhe hinten anzustellen. Dies müsse auch für die bereits vorab und ohne Einbindung der Beklagten erledigten Vorbereitungshandlungen gelten. Zu keinem Zeitpunkt sei signalisiert worden, den Antrag des Klägers positiv zu bescheiden.

Mit Schreiben vom …. August 2016 führte die Klägerbevollmächtigte aus, dass ein wichtiger Grund gegeben sei, da die Familienangehörigen sich auch zu Lebzeiten der Verstorbenen nicht weit voneinander entfernt hätten. Sie hätten in benachbarten Häusern gelebt und seien symbiotisch füreinander da gewesen. Der betreuende Arzt des Klägers habe zwischenzeitlich eine schwere Depression des Klägers diagnostiziert. Es sei in der medizinischen Wissenschaft und der Psychologie erwiesen, dass Depressionen, die durch den Tod eines nahen Angehörigen entstanden seien, durch intensive Trauerarbeit am Grab der Verstorbenen langsam abgebaut werden könnten. Nehme man den Angehörigen diese Möglichkeit, so verstärke sich die Depression und es könne keine Heilung mehr erfolgen. Die schwere Depression könne nur durch eine Umbettung behoben werden. Bei einer Abwägung des Grundrechts der verstorbenen und der lebenden Person sei die Abwägung zugunsten der Gesundheit der noch lebenden Person zu treffen. Dem Schreiben liegt ein Attest des Internisten Dr. … vom …. Juli 2016 bei. Laut diesem leidet der Kläger an einer schweren Depression nach dem Tod seiner Mutter. Eine Umsetzung seiner Mutter sei aus medizinischen Gründen für den Heilverlauf erforderlich.

Bezüglich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der Einzelheiten im Übrigen wird auf die Gerichts- und Behördenakten sowie auf die Sitzungsniederschrift der mündlichen Verhandlung vom 29. September 2016 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Erteilung einer Erlaubnis zur Ausgrabung der sterblichen Überreste seiner Mutter zum Zwecke der Umbettung, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Der Bescheid der Beklagten vom 23. März 2016 hinsichtlich der Ablehnung des Antrags auf Umbettung der Leiche von Frau … ist vielmehr rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

Soll ein Verstorbener zum Zweck der Umbettung ausgegraben werden, ist für die Erteilung der Genehmigung gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 BestV die Gemeinde zuständig. Neben dieser Genehmigung ist für die Ausgrabung auch noch eine Erlaubnis des Friedhofträgers von Nöten, im Falle eines von der Gemeinde getragenen Friedhofs mithin auch der Gemeinde. Der Unterschied zwischen beiden Gestattungen liegt darin, dass der Genehmigungsvorbehalt der Bestattungsverordnung die öffentliche Gesundheit, der Erlaubnisvorbehalt des Friedhofträgers die Totenruhe schützen soll (vgl. Klingshirn/Drescher/Thimet, a.a.O., RdNr. 5 zu Erl. X). Die Gemeinde kann bei Ausgrabungen aus privaten Gründen auf gemeindlichen Friedhöfen beide Belange in einem Bescheid würdigen.

Die Ausgrabung und Umbettung einer einmal beigesetzten Leiche kann nur aus ganz besonderen – wichtigen – Gründen verlangt werden (vgl. BayVGH B.v. 27.7.2005 – 4 ZB 04.2986; BayVGH B.v. 8.6.2011 – 4 ZB 11.566; VG Regensburg U.v. 16.2.2011 – RN 3 K 09.2499). Bei der Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs „wichtiger Grund“ und der Entscheidung des Friedhofsträgers über die Frage, ob ein solcher vorliegt, kommt es auf die Besonderheiten der Interessenlage, insbesondere darauf an, ob der geltend gemachte Anspruch unter Berücksichtigung der gesamten Sachlage der herrschenden sittlichen Auffassung entspricht, dem Antragsteller erhebliche Umstände zur Seite stehen und seinen Belangen nicht auf andere Weise Rechnung getragen werden kann. Durch Abwägung der jeweiligen Umstände ist ein gerechter Ausgleich zwischen dem Gebot der Totenruhe und dem Bedürfnis eines Antragstellers zu suchen (vgl. VG Regensburg U.v. 16.2.2011 – RN 3 K 09.2499). Auszugehen ist dabei davon, dass der den Schutz der Totenruhe gewährleistende Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG) aufgrund Art. 79 Abs. 3 GG einen besonderen Rang hat und zu den „tragenden Konstitutionsprinzipien“ gehört (BVerfG U.v. 16.1.1957 – 1 BvR 253/56 – BVerfGE 6, 32). Deshalb geht die Wahrung der Totenruhe grundsätzlich anderen Gesichtspunkten vor und eine Ausgrabung zum Zweck der Umbettung darf nur ausnahmsweise vorgenommen werden, wenn der angestrebte Erfolg nicht anders zu erreichen ist und wirklich zwingende Gründe die Maßnahme bedingen.

Dementsprechend kann sich nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen aus dem Verfügungsrecht der Angehörigen die Befugnis ergeben, eine Ausgrabung zu verlangen. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass die Wahrung der Totenruhe gegebenenfalls zurücktritt, wenn der Tote entgegen seinem klaren bekundeten Willen beigesetzt wurde (vgl. VG Augsburg U.v. 17.2.2005 – Au 8 K 04.1225). Das bedeutet, dass grundsätzlich zuerst der Wille des Verstorbenen hinsichtlich der Bestattungsart und des Bestattungsortes zu ermitteln ist. Liegt dieser klar zutage, kommt es grundsätzlich auf ihn an. Ist der Wille des Verstorbenen nicht aufklärbar, steht die Achtung der Totenruhe dem Verlangen auf Umbettung in der Regel entgegen (vgl. VG Regensburg U.v. 16.2.2011 – RN 3 K 09.2499.).

Ein Grund, der von solchem Gewicht ist, dass auch nach allgemeinem Sittlichkeits- und Pietätsempfinden die Wahrung der Totenruhe zurücktritt (vgl. VG Augsburg U.v. 17.2.2005 – Au 8 K 04.1225) besteht hier nicht. Der derzeitige Bestattungsort entspricht nach der Überzeugung des Gerichts, die es aufgrund der vorliegenden Unterlagen und den Ausführungen in der mündlichen Verhandlung gewonnen hat, dem Willen der Verstorbenen.

Voraussetzungen für die Umbettung von Verstorbenen
Symbolfoto: wittayayut/Bigstock

Im Gegensatz zur Einschätzung der Klägerseite kommt es nicht darauf an, ob die Verstorbene vor ihrem Tod, insbesondere im Rahmen von Gesprächen mit dem Kläger geäußert hat, dass sie bei einem Umzug der Familie erneut in ein Grab der Familie beigesetzt werden wolle. Eine solche Äußerung kann als wahr unterstellt werden, ohne dass dies zu einer anderen rechtlichen Beurteilung durch das Gericht führt. Entscheidend für das Vorliegen eines wichtigen Grundes ist nämlich nicht, ob ein Wille der Verstorbenen bestand, aufgrund eines bestimmten Umstandes nach ihrem Tod nach einer gewissen Zeit umgebettet zu werden, sondern dass die Verstorbene – wie oben dargestellt – im Zeitpunkt des Versterbens den Willen hatte, in N… beerdigt zu werden. Abzustellen ist nicht auf den Umbettungswunsch eines Verstorbenen, sondern auf den zum Zeitpunkt des Ablebens gewünschten Bestattungsort. Die Berücksichtigung eines ausdrücklichen oder mutmaßlichen Umbettungswunsches würde nämlich dazu führen, dass der Schutz der Totenruhe insbesondere angesichts einer älter und mobiler werdenden Bevölkerung weitgehend ins Leere laufen würde. Das ist jedoch mit dem Ausnahmecharakter einer Ausgrabung nicht vereinbar. Hinzu kommt, dass der Schutz der Totenruhe von Art. 1 Abs. 1 GG gewährleistet wird. Es handelt sich bei dem Schutz der Menschenwürde um ein tragendes Konstitutionsprinzip der Verfassung. Die Menschenwürde entfaltet auch unmittelbare Schutzwirkung gegenüber Dritten (vgl. Maunz/Dürig/Herzog/Herdegen, GG, Art. 1, Rdnr. 74). Hierauf kann selbst die Betroffene nicht verzichten.

Im Hinblick auf die vorstehend aufgeführten Grundsätze hinsichtlich des Vorliegens eines wichtigen Grundes kann auch der Umstand, dass die Grabpflege nicht mehr durch die Familie übernommen werden kann und aufgrund der Distanz kein wöchentlicher Grabbesuch möglich ist, zu keinem anderen Ergebnis führen. Die zusätzlichen Schwierigkeiten die hiermit verbunden sind, können eine Durchbrechung der Totenruhe nicht rechtfertigen. Auch die diagnostizierte schwere Depression des Klägers und die durch die Distanz erschwerte Möglichkeit, diese durch Trauerarbeit am Grab abzubauen, führen zu keinem anderen Ergebnis. Es entspricht der Lebenserfahrung und zählt somit zum allgemeinen Lebensrisiko, dass es infolge des Todes von Angehörigen zu Depressionen kommen kann. Die Verschlechterung des Gesundheitszustandes fällt somit allein in den Risikobereich des Überlebenden. Zudem handelt es sich bei dem einzig vorgelegten Attest vom …. Juli 2016 um die Bescheinigung eines Internisten, es wird darin nicht näher ausgeführt, inwiefern sich eine Umbettung auf die diagnostizierte Erkrankung einer „schweren Depression“ auswirke, insbesondere zur „aus medizinischen Gründen für den Heilverlauf erforderlich sei“, und ob die attestierte Depression nicht allein durch den tragischen Tod der Mutter ausgelöst worden sein könnte, mithin der Ort der Bestattung auf das Krankheitsbild keinen Einfluss habe. Darüber hinaus kann eine psychische Erkrankung nicht auf Kosten der Totenruhe der Verstorbenen behandelt werden. Dazu kommt, dass die Familie aus wirtschaftlichen Gründen umzieht (vgl. Ausführungen in der mündlichen Verhandlung). Die Familie hätte vor dieser Entscheidung abwägen können, ob ihr die Nähe zum Familiengrab wichtiger ist als die genannten wirtschaftlichen Gründe. Gegenüber diesen ist die grundrechtlich geschützte Totenruhe (Art. 1 GG) vorrangig.

Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

Beschluss: Der Streitwert wird auf EUR 5000 festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz -GKG-).

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