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Vorzeitige Mietvertragsbeendigung über Kaffeevollautomaten

LG Osnabrück – Az.: 1 S 132/18 – Beschluss vom 25.09.2018

Die Kammer beabsichtigt, die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Osnabrück vom 20.03.2018 (33 C 2877/17) gemäß § 522 II 1 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen, weil das Rechtsmittel keine Aussicht auf Erfolg verspricht.

Gründe

I.

Die Parteien streiten um Ansprüche aus einer Nutzungsvereinbarung für einen von der Klägerin vertriebenen Kaffeevollautomaten.

Die Klägerin schloss ehemals firmierend als K. GmbH mit der Beklagten eine Benutzervereinbarung vom 13.11.2014 über ein Kaffee-Frischbrüh-Gerät aus der Baureihe „M.“, insoweit wird auf den Inhalt der betreffenden Vereinbarung vom 13.11.2014 verwiesen, Bl. 5 ff. d.A.. Die Aufstellung des Geräts erfolgte am 25.11.2014 im ehemals von der Beklagten betriebenen Hotelrestaurant „Z.“ in D.. Die Beklagte verpflichtete sich, an die Klägerin ein fixes monatliches Entgelt in Höhe von 160,- € netto, mithin 191,40 € brutto, zu zahlen. Als Laufzeit sah der Vertrag 66 Monate vor. Unter Ziffer 15 der einbezogenen Geschäftsbedingungen der Klägerin (Bl. 7 ff. d.A.) haben die Parteien eine Gerichtsstandsvereinbarung für das angerufene Gericht getroffen.

Zunächst zahlte die Beklagte vertragsgerecht.

Ab September 2015 erfolgten hingegen keine Zahlungen mehr. Die Beklagte stellte den Betrieb des Hotelrestaurants „Z.“ ein und kündigte die Benutzervereinbarung. Auf Wunsch der Beklagten holte die Klägerin das Gerät im Oktober 2015 ab. Die Beklagte ist bis dato Inhaberin des Hotels „H.“ in D..

Für den Zeitraum vom September 2015 bis Februar 2016 hat die Klägerin bereits vor dem Amtsgericht Osnabrück zum Aktenzeichen 15 C 843/16 ein zu ihren Gunsten ergangenes rechtskräftiges Urteil erstritten.

Nunmehr verlangt sie das restliche Nutzungsentgelt für die vertraglich vorgesehene Restlaufzeit.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, der Beklagten habe kein Recht zu vorzeitigen Kündigung der Nutzungsvereinbarung zugestanden. Zudem hat sie behauptet, das Gerät sei nach der Abholung eingelagert worden. Schließlich ist sie der Ansicht gewesen, dass keine Verpflichtung bestanden habe, das Gerät anderweitig zu vermieten oder wirtschaftlich zu verwerten.

Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 3.617,60 € nebst Zinsen in Höhe von jeweils 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 190,40 € seit dem 01.04., 01.05., 01.06., 01.07., 01.08., 01.09., 01.10., 01.11. und 01.12.2016 sowie 01.01., 01.02., 01.03.,1.04., 01.05., 01.06., 01.07., 01.08., 01.09., 01.10.2017 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat behauptet, die wirtschaftlichen Verhältnisse hätten sie zur Einstellung des Hotelbetriebs genötigt. Sie hat zudem behauptet, die Klägerin habe das betreffende Gerät tatsächlich ab spätestens März 2016 anderweitig gegen Entgelt vermietet und hierfür ein Nutzungsentgelt in Höhe der mit der Klage geltend gemachten Beträge vereinbart und auch erhalten. Schließlich hat die Beklagte behauptet, sie habe den Wunsch an die Klägerin herangetragen, das Gerät in einem anderen Betrieb zu nutzen, die Klägerin habe hierauf indessen nicht reagiert.

Mit dem am 20.03.2018 verkündeten und der Beklagten am 04.04.2018 zugestellten Urteil hat das Amtsgericht Osnabrück der Klage stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, die Kündigung sei unwirksam. Die womöglich schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse würden keinen Einfluss auf die Pflichten aus dem geschlossenen Vertrag haben, insbesondere keinen Wegfall der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB herbeiführen. Soweit die Beklagte die anderweitige Nutzung anführt, sei dies ersichtlich ins Blaue hinein und nicht substantiiert erfolgt. Da die Klägerin die Erfüllung des Vertrages verlangt, bestehe auch keine anderweitige Verwertungspflicht.

Die Beklagte wendet sich mit ihrer Berufung gegen die eigene Verurteilung und rügt die Verletzung materiellen Rechts.

Mit dem am 02.05.2018 eingegangenem Schriftsatz hat die Beklagte unter Beifügung einer Urteilsabschrift Berufung eingelegt und diese nach antragsgemäßer Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 04.07.2018 mit Schriftsatz vom 22.06.2018 (eingegangen am selben Tag) begründet. Die Beklagte wiederholt weitgehend ihren erstinstanzlichen Vortrag samt den hierzu vertretenen Ansichten. Die Klägerin treffe eine Treue- sowie Schadensminderungspflicht und habe das Gerät daher anderweitig zu nutzen gehabt, wozu sie auch ohne weiteres in der Lage gewesen sei.

Hingegen akzeptiert die Beklagte die Ausführungen zur Wirksamkeit der Kündigung und hält sich nunmehr im Grundsatz ebenso für die vertragliche vorgesehene Dauer gebunden.

Das Amtsgericht hätte aber den Ehemann der Beklagte als Zeugen zu der Behauptung vernehmen müssen, die Klägerin habe die Überschreibung auf einen anderen Betrieb abgelehnt. Schließlich sei auch die Beweiserhebung in Form der Einholung eines Sachverständigengutachtens geboten gewesen hinsichtlich der Behauptung, der Klägerin sei die anderweitige Erzielung des vereinbarten Entgelts ohne weiteres möglich gewesen.

Die Beklagte beantragt, das am 20.03.2018 verkündete Urteil des Amtsgerichts Osnabrück, Az. 31 C 2877/17, aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die Entscheidung des Amtsgerichts. Die Beklagte sei an die Vereinbarung gebunden und daher zur Zahlung verpflichtet. Weder sei sie gefragt worden, das Gerät zu überschreiben noch habe sie ein solches Ansinnen abgelehnt.

II.

Die Berufung ist zulässig (insbesondere fristgerecht eingelegt und begründet) indes aber offensichtlich unbegründet.

Die angefochtene Entscheidung des Amtsgerichts beruht nicht auf einer Rechtsverletzung. Das Amtsgericht hat aus den von ihm fehlerfrei getroffenen Feststellungen zutreffende Folgerungen gezogen, die auch durch das Vorbringen in der Berufungsbegründungsschrift nicht erschüttert werden. Hierbei hat das Amtsgericht auch nicht etwa eine gebotene Beweiserhebung rechtsfehlerhaft unterlassen.

1.

Vorzeitige Mietvertragsbeendigung über Kaffeevollautomaten
(Symbolfoto: Von topseller/Shutterstock.com)

Die Beklagte schuldet die Zahlung des restlichen Entgelts in Höhe von 3.617,60 € aus dem geschlossenen Vertrag für die vereinbarte Laufzeit gemäß § 535 II BGB. Unstreitig ist zwischenzeitig, dass der Beklagten kein Kündigungsrecht nach den §§ 542, 543 BGB zustand, weil die Betriebsaufgabe infolge von Unwirtschaftlichkeit allein in die Risikosphäre der Beklagten fällt und nicht etwa die Bindung an die vertraglichen Pflichten entfallen lassen kann. Gleiches gilt, wie das Amtsgericht zutreffend ausführt, im Grundsatz auch für einen Wegfall bzw. eine Störung der Geschäftsgrundlage, vgl. BGH in NJW 2010, Bl. 1874 ff.; Lorenz in Bamberger/Roth/Hau/Poseck, BGB, 46. Edition, § 313, Rdnr. 25 m.w.N..

2.

Es war zudem weder festzustellen, dass die Klägerin das Gerät tatsächlich anderweitig vermietet hat, noch dass eine entsprechende Verpflichtung bestand.

a)

Soweit die Beklagte die konkrete weitere Vermietung ab „spätestens März“ anführt, war ihr Vortrag unerheblich, da unsubstantiiert. Die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte hätte zumindest weiter dazu vortragen müssen, ab wann und durch wen das betreffende Gerät konkret genutzt worden sein soll. Demgegenüber hat die Beklagte es bei der schlichten, pauschalen Behauptung belassen, die als offensichtlicher Vortrag ins Blaue unbeachtlich ist.

b)

Schließlich bestand auch keine Verpflichtung der Klägerin, das Gerät anderweitig zu vermieten. Es ist schon nicht ersichtlich, woraus sich eine solche Pflicht ergeben sollte.

Soweit die Beklagte auf eine vermeintliche Schadensminderungspflicht nach § 254 BGB hinweist, ist diese Regelung schon deswegen nicht anwendbar, weil die Klägerin die Erfüllung der vertraglichen Pflichten begehrt. Die Zahlung der vereinbarten Miete bzw. des Nutzungsentgelts als Hauptleistungspflicht stellt keine Schadensersatzpflicht dar. Die Klägerin war auch nicht etwa aus einer vertraglichen Treuepflicht nach § 242 BGB gehalten, das Gerät (ohne konkreten Anlass) anderweitig zu nutzen. Dem steht die Regelung des § 537 BGB entgegen, wonach der Mieter auch bei persönlicher Verhinderung der Nutzung die Miete voll zu entrichten hat.

Selbst wenn die Beklagte eigenhändig einen anderen Vertragspartner gesucht und diesen der Klägerin statt ihrer vorgeschlagen hätte, wäre die Klägerin nicht gehalten gewesen, eine Vereinbarung mit diesem Dritten zu schließen. Grundsätzlich kann der Mieter vom Vermieter nämlich nicht die Aufhebung des Mietverhältnisses verlangen (vgl. OLG Rostock in MDR 2012, 1045 ff.; Bieber in MünchKommBGB, 7. Auflage, § 537, Rdnr. 12) auch dann nicht, wenn er einen adäquaten Nachmieter stellt, vgl. BGH in NJW 2003, 1246 ff.. Lediglich ausnahmsweise bei langfristigen Wohnraum-mietverhältnissen (bei denen beispielsweise vereinbart wurde, auf die Kündigung jahrelang zu verzichten) kann der Vermieter nach den Grundsätzen von Treu und Glauben verpflichtet sein, der Aufhebung des Mietvertrages zuzustimmen, vgl. OLG München in ZMR 1995, 579 ff.. Dies setzt indessen voraus, dass der Mieter ein berechtigtes Interesse hat, welches das Interesse des Vermieters am Erhalt des Vertrags überwiegt, und der Ersatzmieter geeignet sowie zumutbar ist, vgl. BGH in NJW 2003, 1246 ff.. Auch wenn man diese engen Ausnahmen aus dem Wohnraummietrecht überhaupt übertragen wollte, fehlt es gleich an mehreren der notwendigen Voraussetzungen.

Daher hat das Amtsgericht auch berechtigterweise auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur abstrakten Nutzbarkeit verzichtet. Daneben wäre die Notwendigkeit hierzu auch gar nicht gegeben. Dass es einen Markt für die Vermietung von Kaffeevollautomaten gibt und die Entgelte sich im Rahmen des streitgegenständlichen Vertrages bewegen, ergibt sich schon aus der fortlaufenden Geschäftstätigkeit der Klägerin, die dies auch nie bestritten hat (wenn auch fraglich ist, ob für generalüberholte oder Gebrauchtgeräte derselbe Mietpreis zu erzielen ist wie für gänzlich neue Automaten).

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c)

Soweit die Beklagte behauptet, sie habe die Übertragung des Geräts auf einen anderen Betrieb erbeten, ist ihr Vortrag unsubstantiiert und zudem (in der Berufungsinstanz) widersprüchlich. Erstinstanzlich hat die Beklagte behauptet, es habe keine Reaktion der Klägerin gegeben, nunmehr führt sie aus, die Klägerin habe ihr Ansinnen abgelehnt. Wann (vor Abholung, während des ersten Prozesses, hiernach?) diese Bitte an die Klägerin herangetragen worden sein soll, durch wen sowie in welcher Form und auf welchen Betrieb die Übertragung erfolgen sollte, hätte die Beklagte nämlich spätestens nach dem Bestreiten der Klägerin näher darlegen müssen.

Ist der Vortrag aber nicht hinreichend substantiiert, verbietet sich die Vernehmung des zugehörigen Zeugen. Dessen Bekundungen dürfen und können keinen notwendigen Vortrag ersetzen.

Im Übrigen ist auch nicht nachvollziehbar, warum die aus dem Vertrag persönlich verpflichtete Klägerin das Gerät nicht einfach in dem von ihr angedachten, anderen Betrieb aufgestellt hat und das Entgelt weitergezahlt hat.

III.

Die Rechtssache hat ferner keine grundsätzliche Bedeutung, weder ist eine Entscheidung durch Urteil zur Fortbildung des Rechts oder Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung noch eine mündliche Verhandlung geboten.

Der Beklagten wird Gelegenheit gegeben, binnen 2 Wochen ab Zugang dieses Beschlusses Stellung zu nehmen.

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