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Zurückstellung Bauvorbescheid – Amtspflichtverletzung Entschädigungsanspruch

LG Paderborn – Az.: 3 O 314/15 – Urteil vom 07.04.2016

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Der Streitwert wird auf 144.500 EUR festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt wegen nach ihrer Auffassung gegebenen amtspflichtwidrigen Verhaltens im Zusammenhang mit der Zurückstellung eines von ihr beantragten Bauvorbescheids von den Beklagten Schadensersatz bzw. Entschädigung.

Der Beklagte zu 1) ist ein Kreis in Nordrhein Westfalen, dem u.a. die Beklagte zu 2) als sonstige kreisangehörige Stadt zugeordnet ist.

Die Klägerin ist Eigentümerin eines im Stadtgebiet der Beklagten zu 2) gelegenen Grundstücks, auf welchem sie u.a. im Jahr 2012 die Errichtung und Vermietung eines Gebäudes zum Betrieb eines Drogeriemarktes mit einer Verkaufsfläche von ca. 790 qm plante. Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplanes 2 „Q“, welcher seinerzeit an fraglicher Stelle ein allgemeines Gewerbegebiet auswies. Benachbart befand sich bereits eine Verkaufseinrichtung des Einzelhandels.

Die Klägerin beantragte am 26.10.2012 gegenüber der Beklagten zu 2) die Erteilung eines Bauvorbescheides, um die planungsrechtliche Zulässigkeit des beabsichtigten Bauvorhabens zu sichern. Der Antrag wurde an den insoweit zuständigen Beklagten zu 1) weitergeleitet, wo er spätestens am 13.11.2012 einging. Zuständig für die im Zusammenhang mit dem Antrag zu treffenden Entscheidungen war bei dem Beklagten zu 1) die in dessen Bauamt tätige Mitarbeiterin T als Sachbearbeiterin.

Die Beklagte zu 2) wollte das Bauprojekt der Klägerin nicht zur Ausführung gelangen lassen und fasste am 11.12.2012 einen Aufstellungsbeschluss zur 5. Änderung des Bebauungsplans „Q“ und zur 33. Änderung des lokalen Flächennutzungsplans. Unter anderem sollte es auf dem Grundstück der Klägerin künftig nicht mehr möglich sein, Verkaufsstätten mit innenstadt- und nahversorgungsrelevanten Sortimenten zu betreiben; für den bestehenden Verbrauchermarkt sollte ein Sondergebiet festgesetzt werden. Diesen Änderungsbeschluss machte die Beklagte zu 2) in der Weise bekannt, dass ihr Bürgermeister den Bekanntmachungstext unterzeichnete und der Aufstellungsbeschluss in zwei lokalen Tageszeitungen am 08.01.2013 und am 09.01.2013 bekannt gemacht wurde. Eine Bekanntmachung des Beschlusses entsprechend den Vorgaben der Bekanntmachungsverordnung NRW erfolgte nicht.

Zudem versagte die Beklagte zu 2) dem Antrag der Klägerin auf Erlass des Bauvorbescheids das gemeindliche Einvernehmen und beantragte ihrerseits unter dem 09.01.2013 beim Beklagten zu 1), die Entscheidung über den Antrag der Klägerin zurückzustellen. Mit Bescheid vom 13.02.2013 stellte der Beklagte zu 1) den Antrag der Klägerin auf Erteilung eines Bauvorbescheides zunächst bis 31.05.2013 zurück. Die Klägerin nahm diese Zurückstellung hin.

Mit Beschluss vom 08.02.2013, Az.: 10 B 1239/12, änderte das Oberverwaltungsgericht Münster seine Rechtsprechung bezüglich der Anforderungen an eine ordnungsgemäße Bekanntmachung bauplanungsrechtlicher Entschlüsse. Hatte es zuletzt in einer Entscheidung vom 23.04.1996 (Az.: 10 A 620/91) ausdrücklich verneint, dass die Bekanntmachungsverordnung NRW auch für Planaufstellungsbeschlüsse gelte, so erklärte es deren Anwendung nunmehr auch für solche als obligatorisch. Es machte sich damit eine Rechtsansicht zu eigen, die bereits 2012 von dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen vertreten worden war.

Am 27.05.2013 stellte die Baubehörde des Beklagten zu 1) – nach vorangegangenem Antrag der Beklagten zu 2) vom 21.05.2013 – den Antrag der Klägerin auf Erteilung eines Bauvorbescheides erneut und bis zum 10.02.2014 zurück. Hiergegen erhob die Klägerin am 18.06.2013 Anfechtungsklage bei dem Verwaltungsgericht Minden. Am 14.01.2014 beantragte sie dort überdies, einstweilig die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage wiederherzustellen sowie den Beklagten zu 1) zu verpflichten, den begehrten Bauvorbescheid zu erteilen.

In der Zwischenzeit hatte die Beklagte zu 2) das Verfahren zur Änderung des Bebauungs- und des Flächennutzungsplanes vorangetrieben. Im Oktober 2013 wurde durch den 1. Beigeordneten eine Bekanntmachungsanordnung hinsichtlich der 5. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 2 „Q“ unterzeichnet; darin enthalten war u.a. der Hinweis, dass der Entwurf „mit Begründung und Umweltbericht als Umweltinformation gem. § 3 Abs. 2 BauGB“ ausgelegt werde. Der Rat der Beklagten zu 2) stellte am 03.12.2013 die 33. Änderung des Flächennutzungsplanes fest und beschloss die 5. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 2 „Q“ als Satzung. Am 11.12.2013 beantragte die Beklagte zu 2) die Genehmigung des Flächennutzungsplans bei der Bezirksregierung Detmold. Nachdem zwischenzeitlich bei der Beklagten zu 2) Bedenken im Hinblick auf die Wirksamkeit der stattgehabten Bekanntmachungen zur öffentlichen Auslegung der Bauleitplanverfahren aufgekommen waren, beschloss der Rat der Beklagten zu 2) am 28.01.2014 sowohl die erneute Aufstellung der 5. Änderung des Bebauungsplans „Q“ als auch der 33. Änderung des Flächennutzungsplans. Dieser Aufstellungsbeschluss wurde ebenso wie die am selben Tag beschlossene Satzung über eine Veränderungssperre für das Plangebiet am 01.02.2014 bekannt gemacht. Am 07.02.2014 lehnte der Beklagten zu 1) den Antrag der Klägerin unter Bezugnahme auf diese Veränderungssperre ab.

Die Klägerin griff diese Ablehnung ihres Antrags bei dem zuständigen Verwaltungsgericht an und stellte parallel bei dem Oberverwaltungsgericht Münster einen Normenkontrollantrag sowie einen Eilantrag gemäß § 47 VwGO bezüglich der Satzung über die Veränderungssperre. Am 23.06.2014 wies das Oberverwaltungsgericht Münster den Eilantrag der Klägerin zurück (Az.: 2 B 418/14 NE – vgl. Anlage E1 zur Klageerwiderung vom 05.10.2015).

Soweit die Klägerin gegen den zweiten Zurückstellungsbescheid vom 27.05.2013 Anfechtungsklage beim Verwaltungsgericht Minden (Az.: 1 K 2123/13) erhoben hatte, urteilte dieses am 23.04.2015 – nach Erledigung des angefochtenen Verwaltungsaktes wegen Zeitablaufs im Wege der Fortsetzungsfeststellungsklage -, dass der Bescheid vom 27.05.2013 rechtswidrig ergingen. Wegen der Einzelheiten wird auf die in Kopie zur Akte gereichte Entscheidung verwiesen (Anlage K6). Weitere Entscheidungen der Verwaltungsgerichte stehen noch aus.

Mit Schreiben vom 15.07.2014 (Anlage K2) forderte die Klägerin von der Beklagten zu 2) Schadenersatz in Höhe von 100.000,00 EUR, was diese unter Bezugnahme auf ein Schreiben ihres Kommunalversicherers zurückwies. Auch auf ein zweites Aufforderungsschreiben vom 07.11.2014 (Anlage K3) und ein weiteres vom 05.12.2014 (Anlage K4), welches an den Beklagten zu 1) gerichtet war, erfolgten keine Zahlungen.

Die Klägerin behauptet, dass ihr dadurch, dass sie das geplante Gebäude nicht habe errichten und vermieten können, ein Schaden von über 1 Million EUR entstanden sei. Sie meint, im vorliegenden Rechtsstreit einen Teilbetrag von 144.500,00 EUR aufgrund eines Schadensersatzanspruchs nach §§ 839 Abs. 1, 840 BGB i.V.m. Art. 34 GG, eines Anspruchs aus dem Instituts des enteignungsgleichen Eingriffs bzw. gemäß §§ 39 ff. OBG NRW als entgangenen Gewinn geltend machen zu können. Denn das Verhalten der Bediensteten der Beklagten im Zusammenhang mit dem von ihr beantragten Bauvorbescheid sei amtspflichtwidrig gewesen; bei ordnungsgemäßem Vorgehen der Beklagten hätte ihr dieser erteilt werden müssen.

Insbesondere die zweite Zurückstellungsentscheidung vom 27.05.2013 sei rechtswidrig erfolgt, da den Mitarbeitern der Beklagten unter Berücksichtigung der geänderten oberverwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung die fehlerhafte Bekanntmachung des Aufstellungsbeschlusses vom 11.12.2012 hätte bekannt sein müssen. Demzufolge hätte jedenfalls zu diesem Zeitpunkt, da die Voraussetzungen für eine Zurückstellungsentscheidung gemäß § 15 BauGB mangels wirksamer Bekanntmachung des Planaufstellungsbeschlusses nicht vorgelegen hätten, der Bauvorbescheid durch den Beklagten zu 1) erteilt werden müssen. Insoweit sei davon auszugehen, dass spätestens zum 01.06.2013 dieser zu erteilen gewesen sei, da regelmäßig innerhalb von drei Monaten ab Antragseingang über einen Bauvorbescheid bzw. Bauantrag zu entscheiden sei. Dieser Prüfzeitraum sei im Mai 2013 bereits längst abgelaufen gewesen, so dass eine Erteilung zwingend hätte erfolgen müssen. Fortlaufend amtspflichtwidrig hätten sich die Mitarbeiter des Beklagten zu 1) verhalten, als sie es in der Folgezeit unterlassen hätten, den beantragten Vorbescheid zu erlassen.

Soweit der Antrag auf Erlass eines Bauvorbescheids durch den Beklagten zu 1) am 07.04.2014 abgelehnt worden sei, sei dies gleichfalls eine Amtspflichtverletzung: Die von der Beklagten zu 2) beschlossene Veränderungssperre sei nämlich ebenfalls rechtswidrig.

Die Beklagte zu 2) hafte ihr gegenüber aber gleichfalls, da sie den Beklagten zu 1) zu dem rechtswidrigen Zurückstellen ihres Antrags bestimmt habe. Da der Schaden auf einem Zusammenwirken der Beklagten beruhe, hafteten ihr diese als Gesamtschuldner.

Hinsichtlich der Höhe des ihr entstandenen Schadens behauptet die Klägerin, dass sie die geplanten Verkaufsflächen bereits am 03.02./13.03.2014 (vgl. Anlage K1) an eine Drogeriekette langfristig vermietet habe, wobei eine Nettomonatsmiete von 8.500,00 EUR vereinbart worden sei. Einen solchen Mietvertrag hätte sie bereits ab April 2012 jederzeit abschließen können.

Sie sei für die Errichtung des Gebäudes nicht auf eine Fremdfinanzierung angewiesen gewesen. Der Bau hätte ab Erteilung der Baugenehmigung fünf Monate in Anspruch genommen. Insofern seien ihr im Zeitraum 01.11.2013 bis 31.03.2015 insgesamt 17 Monatsmieten à 8.500,00 EUR entgangen.

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Die Klägerin beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 144.500,00 EUR nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten meinen, dass keine Amtspflichtverletzungen ihrer jeweils tätigen Bediensteten vorlägen.

Insbesondere hätten Mitarbeiter der Beklagten zu 2) nicht unzulässig auf die Bediensteten des Beklagten zu 1) – insbesondere die im Bauamt eingesetzten – eingewirkt.

Die Bediensteten des Beklagten zu 1) seien nicht zur vertieften Prüfung der formellen und materiellen Rechtmäßigkeit des Planaufstellungsbeschlusses der Beklagten zu 2) aus Dezember 2012 verpflichtet gewesen. Von der geänderten Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Münster hätten sie erst nach der zweiten Zurückstellungsentscheidung durch das Mai-Heft 2013 der Fachpublikationen „Baurecht“ Kenntnis erlangt. Zudem sei der Planaufstellungsbeschluss der Beklagten zu 2) vom 11.12.2012 in einer Weise bekannt gemacht worden, die der bis dahin maßgeblichen oberverwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung entsprochen habe.

Ein etwaiger Anspruch der Klägerin sei zudem gemäß § 839 Abs. 3 BGB ausgeschlossen, da sie die erste Zurückstellungsentscheidung nicht angegriffen und überdies erst einige Monate nach Einlegung der Anfechtungsklage Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung derselben gestellt und die Verpflichtung zum Erlass des Bauvorbescheides begehrt habe. Auch eine Untätigkeitsklage gemäß § 75 VwGO habe die Klägerin nicht erwogen.

Etwaigen Ansprüchen sei auch der Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens entgegenzuhalten, so dass eventuelle Fehler im Verwaltungshandeln nicht kausal für die behauptete Schadensentstehung gewesen seien. Wäre der Beklagten zu 2) bewusst gewesen bzw. im Verlauf des streitgegenständlichen Zeitraums bewusst geworden, in welcher Form der Aufstellungsbeschluss rechtskonform bekannt zu machen gewesen wäre, so würde sie diese Anforderungen auch durch entsprechende nachholende Handlungen noch erfüllt haben. Dies zeige sich bereits an dem rechtskonform durchgeführten späteren Planänderungsverfahren. Auch komme es als Rechtgrundlage der Zurückstellungsentscheidung lediglich auf die ordnungsgemäße Fassung eines Planaufstellungsentschlusses an, so dass andere formelle Fehler im weiteren Planänderungsverfahren vorbehaltlich von Heilungsmöglichkeiten ebenfalls nicht kausal seien.

Auf Grundlage des OBG NRW könne lediglich eine Entschädigung, aber kein Schadenersatz verlangt werden. Die Anwendbarkeit der §§ 39 ff. OBG NRW schlössen zudem einen Entschädigungsanspruch aus dem Rechtsinstitut des enteignungsgleichen Eingriffs als lex specialis aus. Durchgreifend sei dieser Anspruch aber gleichfalls nicht, da auch insoweit der Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens entgegengehalten werden könne.

Zudem sei letztlich zur geltend gemachten Anspruchshöhe unschlüssig vorgetragen, da es an einer ordnungsgemäßen Schadensberechnung unter Berücksichtigung einer Differenzbetrachtung zur Entwicklung des Gesamtvermögens der Klägerin fehle.

Hinsichtlich des weiteren Parteivortrages wird ergänzend auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Klägerin steht gegenüber den Beklagten der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung von entgangenem Gewinn i.H.v. 144.500,00 EUR unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.

1.

Die Klägerin hat weder gegen den Beklagten zu 1) noch gegen die Beklagte zu 2) einen Anspruch auf Schadensersatz gemäß §§ 839 Abs. 1, 840 BGB i.V.m. Art 34 GG im Hinblick auf die Zurückstellung der Entscheidung über ihren Antrag auf Erteilung eines Bauvorbescheids vom 26.10.2012.

Eine zum Schadensersatz führende Amtspflichtverletzung ist im Grundsatz dann gegeben, wenn ein Beamter im haftungsrechtlichen Sinn vorsätzlich oder fahrlässig eine ihm obliegende Amtspflicht, welche zumindest auch den Schutz Dritter bezweckt, verletzt; es haftet die öffentlich-rechtliche Körperschaft, die ihn angestellt hat. Amtspflicht ist insbesondere die Verpflichtung zu gesetzestreuem Verhalten. Neben diesen allgemeinen Pflichten gibt es besondere Regelungen in Beamtengesetzen; Amtspflichten können sich aber auch aus der Art und Natur der wahrzunehmenden Aufgabe ergeben (Staudinger/Wurm [2007], § 839 Rn. 117 – 119). Allgemein trifft alle Beamten die Amtspflicht, sich bei ihrer amtlichen Tätigkeit innerhalb der Grenzen von Recht und Gesetz zu halten (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 27.07.2011 – 4 U 78/08, Tz. 86, zitiert nach juris, m.w.N.).

Den jeweils für die Beklagten vorliegend tätig geworden Mitarbeitern ist indes entgegen der Auffassung der Klägerin keine schuldhafte Amtspflichtverletzung vorzuwerfen.

a)

Hinsichtlich des gegenüber der Beklagten zu 2) geltend gemachten Schadensersatzanspruchs kommen nach dem gesamten Vorbringen der Klägerin mehrere schadensauslösende Verhaltensweisen in Betracht. Einmal kann darauf abgestellt werden, dass der Rat der Beklagten zu 2) im Nachgang des Antrags auf Erteilung eines Bauvorbescheids am 11.12.2012 einen Änderungsbeschluss im Hinblick auf den bestehenden Flächennutzungs- und Bebauungsplan fasste (aa)), diesen nicht in einer der Bekanntmachungsverordnung NRW entsprechenden Weise bekannt machte (bb)) und – nach dem Vorbringen der Klägerin – unrechtmäßig auf die zur Entscheidung über den Antrag der Klägerin berufenen Amtswalter des Beklagten zu 1) einwirkte (cc)). Schließlich sieht die Klägerin offenbar auch die am 28.01.2014 vom Rat der Beklagten zu 2) beschlossene Veränderungssperre als rechtswidrig und damit ggf. als amtspflichtwidrig an (dd)). Hinsichtlich keiner der vorgenannten Verhaltensweisen lässt sich eine Amtspflichtverletzung feststellen.

aa)

Es ist zulässig, dass die Beklagte zu 2) den Bauvorbescheidsantrag der Klägerin zum Anlass nahm, zügig planändernde Instrumente, deren Zweck es war, das Ansinnen der Klägerin nicht zur Ausführung gelangen zu lassen, in Angriff zu nehmen. Ein solches Verhalten der planenden Gemeinde ist von der Klägerin hinzunehmen. (vgl. BGH, Beschluss vom 21.01.1992 – III ZR 191/90; BGH, Urteil vom 12.07.2001 – III ZR 282/00, Tz. 11, zitiert nach juris)

bb)

Die – jedenfalls auf Basis der im Februar 2013 offenbar gewordenen Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts NRW – fehlerhafte Bekanntmachung des Aufstellungsbeschlusses vom 11.12.2012 stellt keine schuldhafte Amtspflichtverletzung der Hansestadt X dar.

Steht nämlich ein Fehler in der Rechtsanwendung in Rede, ist eine objektiv unrichtige Gesetzesauslegung oder Rechtsanwendung nur dann vorwerfbar, wenn sie gegen den klaren, bestimmten und eindeutigen Wortlaut einer Vorschrift verstößt oder wenn die Zweifelsfrage durch höchstrichterliche Rechtsprechung geklärt ist. Dagegen fehlt es am Verschulden in der Regel, wenn die objektiv unrichtige Rechtsanwendung eine Vorschrift betrifft, deren Inhalt – bezogen auf den zur Entscheidung stehenden Einzelfall – zweifelhaft sein kann, noch nicht durch eine höchstrichterliche Rechtsprechung klargestellt ist und die Auslegung dieser Vorschrift noch vertretbar erscheint (BGH, Beschluss vom 24.11.1988 – III ZR 86/88, Tz. 6, zitiert nach juris).

Unter Berücksichtigung dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung durften sich die Beklagte zu 2) bzw. die seinerzeit für sie tätigen Amtswalter bezüglich der Modalitäten der Bekanntmachung an die zu diesem Zeitpunkt noch gültige Rechtsansicht des Oberverwaltungsgerichts Münster anlehnen, welches mit Urteil vom 23.04.1996, Az.: 10 A 620/91, noch explizit die Anwendbarkeit der Bekanntmachungsverordnung auf die öffentliche Bekanntmachung von Aufstellungsbeschlüssen verneinte. Anders als in der vom Bundesgerichtshof angesprochenen Situation war die Rechtslage nicht nur ungewiss, sondern sogar durch die oberverwaltungsgerichtliche Rechtsprechung jedenfalls noch im Dezember 2012 in der Form geklärt, als dass das Vorgehen der Beklagten zu 2) deren Vorgaben entsprach. Demgegenüber musste die Beklagte zu 2) nicht die Instanzrechtsprechung des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen beachten, weil es zulässig war, dem sichersten Weg der oberverwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung zu folgen. Erst mit der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Münster vom 08.02.2013 war die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung in dieser Frage wieder einheitlich.

cc)

Auch ist nicht feststellbar, dass es seitens der Beklagten zu 2) eine etwaige unzulässige Einflussnahme auf die Entscheidung der Amtsträger des Beklagten zu 1) gegeben hat.

Es ist bereits nicht substantiiert vorgetragen oder sonst erkennbar, in welcher Form Mitarbeiter der Beklagten zu 2) rechtswidrig auf die Mitarbeiter im Bauamt des Beklagten zu 1) eingewirkt haben sollten. Die Klägerin belässt es insoweit letztlich bei dem Vorbringen, erstere hätten letztere zu der rechtswidrigen Zurückstellungsentscheidung angestiftet bzw. bestimmt. Eine Beweisaufnahme durch Vernehmung der von beiden Seiten benannten Zeugin T war demgemäß unter Beachtung des Verbots der Sachverhaltsausforschung nicht geboten. Die letztlich im Rahmen der gemeindlichen Anhörung im Bauvorbescheidsverfahren unstreitig vorgetragene Bitte der Beklagten zu 2) um Zurückstellung der Bescheidung vor dem Hintergrund der beabsichtigten Planänderung stellt demgegenüber keine rechtswidrige oder sonst unzulässige Beeinflussung des Beklagten zu 1) dar.

dd)

Schließlich lässt sich dem Vorbringen der Klägerin nicht entnehmen, dass und weshalb die vom Rat der Beklagten zu 2) am 28.01.2014 beschlossene Veränderungssperre rechtswidrig sein soll. Der Vortrag der Klägerin erschöpft sich darin, ihre Rechtsmeinung mitzuteilen, ohne nähere Gründe dazu anzugeben, so dass dies einer Prüfung durch die Kammer nicht zugänglich war. Da einerseits die Unzulänglichkeit des Vortrags zur Darlegung einer eigenständigen Amtspflichtverletzung offensichtlich ist, andererseits die Klägerin nach ihren eigenen Bekundungen ihren Schadensersatzanspruch grundsätzlich allein an den zweiten Zurückstellungsbescheid des Beklagten zu 1) vom 27.05.2013 und das „Mitwirken“ der Beklagten zu 2) daran knüpft, war ein gesonderter Hinweis darauf obsolet.

b)

Auch gegenüber dem Beklagten zu 1) dringt die Klägerin mit dem Vorwurf der Amtspflichtverletzung nicht durch: Weder der Erlass des Zurückstellungsbescheids vom 27.05.2013 (aa)), noch der vom 13.02.2013 (bb)) und auch nicht die Ablehnung des Antrags auf Erteilung eines Bauvorbescheids am 07.02.2014 (cc)) sind als schuldhafte Verletzungen von Amtspflichten der beim Beklagten zu 1) tätigen Personen einzuordnen.

aa)

Zuzugeben ist der Klägerin, dass der zweite Zurückstellungsbescheid vom 27.05.2013 rechtswidrig ergangen ist; die diesbezügliche Einordnung im rechtskräftigen Urteil des Verwaltungsgerichts Minden vom 23.04.2015 (Az.: 1 K 2123/13 – Anlage K6) bindet die Kammer (vgl. BGH, Urteil vom 15.11.1990 – III ZR 302/89, Tz. 12 zitiert nach juris).

Auch wenn nahe liegt, dass mit dem Erlass einer rechtswidrigen Entscheidung zugleich die Amtspflicht zum rechtmäßigen Verhalten verletzt ist, ist aus Sicht der Kammer zu erwägen, ob vorliegend tatsächlich eine zum Pflichtenkanon der fraglichen Sachbearbeiterin beim Beklagten zu 1) gehörende Amtspflicht verletzt wurde. Soweit diese über die beantragte Zurückstellung nach § 15 BauGB entschieden hat, hatte sie im Rahmen der ihr obliegenden Pflicht zum rechtmäßigen Handeln die Voraussetzungen dieser Norm zu prüfen. Die Zurückstellung einer Entscheidung über ein Baugesuch setzt letztlich voraus, dass die Voraussetzungen für eine Veränderungssperre im Sinne von § 14 BauGB gegeben sind, ohne dass eine solche in Kraft ist; eine solche setzt ihrerseits voraus, dass ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gegeben ist. Für die Zurückstellung ist desweiteren erforderlich, dass zu befürchten ist, dass das in Rede stehende Bauvorhaben die Durchführung der Planung unmöglich machen oder wesentlich erschweren würde. Ein Aufstellungsbeschluss liegt im Rechtssinne dann nicht vor, wenn er zwar durch das zuständige Organ gefasst, aber entgegen § 2 Abs. 1 Satz 2 BauGB noch nicht ortsüblich bekannt gemacht wurde (BGH, Urteil vom 12.07.2001 – III ZR 282/00, Tz. 14, zitiert nach juris).

Vorliegend war ein Aufstellungsbeschluss im Sinne von § 14 BauGB gefasst und am 11.12.2012 bekannt gemacht worden; dass das Bauvorhaben der Klägerin der beabsichtigten Planänderung diametral entgegenstand, ist zwischen den Parteien nicht im Streit. Freilich erfolgte die Bekanntmachung des Aufstellungsbeschlusses in objektiv unzureichender Art und Weise. Es erscheint aber übersetzt, der Sachbearbeiterin im Bauamt des Beklagten zu 1) neben der Prüfung, ob eine solcher Aufstellungsbeschluss überhaupt gegeben und bekannt gemacht worden ist, auch noch die Prüfung abzuverlangen, ob die Beklagte zu 2) diesen Beschluss auch in der richtigen Art und Weise bekannt gemacht hat.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist es jedenfalls zweifelhaft, ob die Mitarbeiter eines für die Erteilung einer Baugenehmigung zuständigen Landkreises eine Prüfungspflicht hinsichtlich der Wirksamkeit der nicht von diesem Landkreis selbst, sondern von einer dazu gehörenden Gemeinde in Ausübung der gemeindlichen Planungshoheit aufgestellten Veränderungssperre hatten. Bei Bebauungsplänen hat der Bundesgerichtshof in vergleichbarer Fallgestaltung bereits entschieden, dass die Baugenehmigungsbehörde grundsätzlich nicht rechtswidrig, zumindest nicht schuldhaft handelt, wenn sie mangels entgegengesetzter Anhaltspunkte von der Wirksamkeit des Plans ausgeht (BGH, Urteil vom 25.03.2004 – III ZR 227/02, Tz. 8, zitiert nach juris, unter Verweis auf BGH, Urteil vom 18.06.1998 – III ZR 100/97). Anknüpfend daran hat das Oberlandesgericht München ausgeführt, dass einer Baugenehmigungsbehörde hinsichtlich der formellen Wirksamkeit einer Veränderungssperre keine Prüfpflicht obliegt und diese folglich, wenn die Gemeinde eine Veränderungssperre erlassen hat, jedenfalls dann, wenn deren Mangel eher verborgen und zudem diskussionsfähig ist, nicht schuldhaft im Sinne von § 839 BGB handelt, wenn sie der Veränderungssperre Rechnung trägt (OLG München, Urteil vom 28.05.2009 – 1 U 5121/08, Tz. 48, zitiert nach juris).

Unter Berücksichtigung dieser Erwägungen bewertet die Kammer die von der Klägerin letztlich verlangte tiefgreifende formell- und materiell-rechtliche Rechtmäßigkeitsprüfung hinsichtlich des Planaufstellungsbeschlusses einer kreisangehörigen Stadt als Überspannung der Anforderungen an den Pflichtenkreis der Sachbearbeiter des Bauamtes des für Baugenehmigungen zuständigen Kreises. Die hier für den Zurückstellungsbescheid zuständige Mitarbeiterin des Beklagten zu 1) durfte jedenfalls bei Fehlen eines evidenten Planungs- oder Bekanntmachungsmangels von einem rechtmäßigen Verwaltungshandeln der Beklagten zu 2) ausgehen. Bei dem Bekanntmachungsfehler handelte es sich nach Wertung der Kammer nicht um einen offenkundigen Verstoß, so dass dessen Verkennung demnach nicht als amtspflichtwidriges Verhalten zu werten ist.

Teilt man diese Einschätzung der Kammer nicht und erachtet die Zurückstellungsentscheidung als amtspflichtwidrig, so ist jedenfalls kein Verschulden der Mitarbeiterin im Bauamt des Beklagten zu 1) feststellbar.

Ein vorsätzliches Handeln wird insoweit weder vorgetragen, noch wäre es sonst ersichtlich. Zwar wird bei einer Amtspflichtverletzung das erforderliche Verschulden in Form von Fahrlässigkeit im Sinne von § 276 BGB nach dem insoweit anzuwendenden objektivierten Sorgfaltsmaßstab, der sich nach den Fähigkeiten und Kenntnissen eines zuverlässigen Durchschnittsbeamten bemisst (vgl. nur Palandt/Sprau, BGB, 75. Auflage, Rz. 52 zu § 839 BGB m.w.N.) regelmäßig vermutet. Dabei wird davon ausgegangen, dass jeder staatliche Amtsträger die zur Führung seines Amtes notwendigen Rechts- und Verwaltungskenntnisse besitzen oder sich verschaffen muss (ständige Rechtsprechung; vgl. nur die Zusammenstellung bei Staudinger/Wöstmann, Neubearbeitung 2013, Rz. 198 zu § 839 BGB).

Vorliegend entsprach die Form der Bekanntmachung des Aufstellungsbeschlusses im Dezember 2012 der langjährigen Übung, die durch die Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Münster bis zur oben angesprochenen Entscheidung aus Februar 2013 gedeckt war. Das entsprechende Urteil wurde erst in der Mai-Ausgabe der Fachzeitschrift Baurecht veröffentlicht. Dass die darin enthaltenen Rechtsausführungen der zuständigen Sachbearbeiterin im Bauamt des Beklagten zu 1) im Zeitpunkt der getroffenen Entscheidung vom 27.05.2013 über die Zurückstellung noch nicht bekannt waren bzw. nicht auf den zu entscheidenden Fall bezogen wurden, begründet aus Sicht der Kammer – auch unter Berücksichtigung der vorgenannten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs und des Oberlandesgerichts München – jedenfalls keinen Verschuldensvorwurf.

bb)

Soweit nach Auffassung der Klägerin auch der erste Zurückstellungsbescheid aus Februar 2013 rechtswidrig war – wenngleich sie ausdrücklich die geltend gemachten Schadensersatz- bzw. Entschädigungsansprüche nicht auf diesen Umstand stützt – ist klarzustellen, dass aus den gleichen Erwägungen wie vorstehend ausgeführt jedenfalls eine schuldhafte Amtspflichtverletzung nicht festzustellen ist.

cc)

Soweit die Klägerin auch geltend macht, dass die Ablehnung ihres Antrags am 07.02.2014 durch den Beklagten zu 1) amtspflichtwidrig erfolgt sei, kann die Kammer Entsprechendes nicht feststellen. Aus dem eigenen Vorbringen der Klägerin ergibt sich, dass das Bauvorhaben der Klägerin zwar nach der bei Antragstellung im Oktober 2012 gegebenen Bauleitplanung zulässig gewesen wäre, jedoch mit der – beabsichtigten – Änderung der Bauleitplanung nicht mehr genehmigungsfähig war. Soweit die ändernden Bauleitplanungsentscheidungen der Beklagten zu 2) am 28.01.2014 erneut aufgestellt wurden und zugleich eine Veränderungssperre gem. § 14 BauGB beschlossen wurde, war infolge letzterer jedenfalls zum Zeitpunkt der Entscheidung des Beklagten zu 1) eine Grundlage für die erfolgte Ablehnung des Bauvorbescheids gegeben. Soweit die Klägerin darauf abstellt, dass die Veränderungssperre nicht wirksam beschlossen worden sei, gilt das oben zu 1 a) dd) Ausgeführte: Dem Vorbringen der Klägerin ist nicht zu entnehmen, dass und weshalb die vom Rat der Beklagten zu 2) am 28.01.2014 beschlossene Veränderungssperre rechtswidrig sein soll. Der Vortrag der Klägerin erschöpft sich darin, ihre Rechtsmeinung mitzuteilen, ohne nähere Gründe dazu anzugeben, so dass dies einer Prüfung durch die Kammer nicht zugänglich war

c)

Sieht man entgegen der vorstehend dargestellten Wertung der Kammer eine schuldhafte Amtspflichtverletzung der für die Zurückstellungsentscheidung zuständigen Mitarbeiterin des Beklagten zu 1) als gegeben an, so scheitert indes jeglicher Anspruch der Klägerin an der fehlenden Kausalität dieser Pflichtverletzung für den geltend gemachten Schaden, weil vorliegend die Grundsätze des rechtmäßigen Alternativverhaltens greifen.

aa)

Zur Beantwortung der Frage, ob die Verletzung einer Amtspflicht den geltend gemachten Schaden verursacht hat, ist nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung zu prüfen, welchen Verlauf die Dinge bei pflichtgemäßem Verhalten des Amtsträgers genommen hätten und wie sich in diesem Fall die Vermögenslage des Betroffenen darstellen würde (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 16.09.1998 – 11 U 92/97, Tz. 5 m.w.N. zitiert nach juris). Dem darlegungs- und beweisbelasteten Geschädigten kommen in diesem Zusammenhang die Beweiserleichterungen des § 287 ZPO zu Gute, die auch die Anforderungen an seine Darlegung verringern (BGH, Urteil vom 06.04.1995 – Az. III ZR 183/94, Tz. 20 m.w.N. zitiert nach juris).

Zu berücksichtigen ist im Zusammenhang mit der Kausalität auch der Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, dass es bei diesem nicht um einen bloßen Teilaspekt der – sei es auch nur hypothetischen – Kausalität handelt, sondern um die der Bejahung des Kausalzusammenhangs nachfolgende Frage, inwieweit einem Schadensverursacher die Folgen seines pflichtwidrigen Verhaltens bei wertender Betrachtung billigerweise zugerechnet werden können. Greift der Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens, so fehlt es am Kausalzusammenhang (vgl. BGH, Urteil vom 24. Oktober 1985 – IX ZR 91/84, Tz 56, zitiert nach juris; BGH, Urteil vom 06. Juli 1995 – III ZR 145/94, Tz. 18, zitiert nach juris). Darüber, ob und inwieweit der Einwand im Einzelfall erheblich ist, entscheidet der Schutzzweck der jeweils verletzten Norm. Im Amtshaftungsrecht kann dieser Einwand insbesondere dann erheblich werden, wenn – wie im Streitfall – die Rechtswidrigkeit der schädigenden Amtshandlung darauf beruht, dass Verfahrensfehler gegeben sind. In solchen Fällen kann sich die Behörde regelmäßig darauf berufen, dass auch bei ordnungsgemäßem Verfahren eine gleichlautende behördliche Entscheidung hätte ergehen müssen (vgl. BGH, a.a.O.)

bb)

Ausgehend von diesen Grundsätzen kann nicht festgestellt werden, dass der Klägerin – wie von ihr angegeben – bei einem amtspflichtgemäßem Verhalten der Mitarbeiterin des Beklagten zu 1) im Mai 2013 der begehrte Bauvorbescheid erteilt worden wäre.

Zwar kann zunächst der Ansatz der Klägerin nachvollzogen werden, dass die für die Bescheidung des zweiten Zurückstellungsantrag der Beklagten zu 2) vom 21.05.2013 zuständige Mitarbeiterin des Beklagten zu 1) bei pflichtgemäßem Vorgehen – insoweit wird im Rahmen der hier gegebenen Ausführungen unterstellt, dass deren tatsächliches Verhalten entgegen der Auffassung der Kammer amtspflichtwidrig war – hätte erkennen können, dass die Voraussetzungen für eine Zurückstellung nach § 15 BauGB nicht vorlagen, weil der Aufstellungsbeschluss der Beklagten zu 2) aus Dezember 2012 nicht ordnungsgemäß bekannt gemacht worden war.

Die sich daran anschließende Folgerung der Klägerin, dass ausgehend davon zwingend und unmittelbar der beantragte Bauvorbescheid hätte erteilt werden müssen, teilt die Kammer nicht. Die Kammer verkennt nicht, dass grundsätzlich die Bauaufsichtsbehörde – hier der Beklagte zu 1) – Anträge auf Erteilung einer Baugenehmigung oder eines Bauvorbescheids rechtzeitig und ordnungsgemäß zu bescheiden hat. Aus dem Charakter des Vorbescheids als Ausschnitt aus dem feststellenden Teil der Baugenehmigung ergibt sich, dass ein Antragsteller einen Anspruch auf einen positiven Vorbescheid hat, wenn das Vorhaben in dem Umfang dem öffentlichen Baurecht entspricht, in dem es zur Prüfung gestellt worden ist (vgl. BGH, Urteil vom 12.07.2001 – III ZR 282/00, Tz. 9, zitiert nach juris). Selbst wenn man mit der Klägerin davon ausgeht, dass die angemessene Bearbeitungszeit für den hier in Rede stehenden Bauvorbescheid längstens 3 Monate ab Antragstellung beträgt, folgt allein aus dem Umstand, dass der Antrag der Klägerin im Mai 2013 schon länger als 6 Monate gestellt war, gleichwohl nicht, dass der Bauvorbescheid zu erteilen gewesen wäre.

Denn die Klägerin verkennt insoweit, dass bei pflichtgemäßer Sachbehandlung die Beklagte zu 2) durch den Beklagten zu 1) auf die Unwirksamkeit des Aufstellungsbeschlusses wegen fehlerhafter Bekanntmachung hinzuweisen gewesen wäre, um ihr die Möglichkeit zur Reaktion zu geben. Andernfalls wäre durch schlichte Erteilung des Bauvorbescheids das offenbar gewordene Planungsvorhaben der Beklagten zu 2) schlicht unmöglich gemacht worden (vgl. zu einer ähnlichen Konstellation – formal unwirksame Veränderungssperre – BGH, Urteil vom 25.03.2004 – III ZR 227/02, Tz. 11 + 12, zitiert nach juris unter Berufung auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu unwirksamen Bebauungsplänen). Soll ein solches Vorgehen nicht leerlaufen, so wäre der Beklagten zu 2) ein angemessener Reaktionszeitraum einzuräumen, der sicherlich den bisherigen Verlaufs des Genehmigungsverfahrens berücksichtigen muss, andererseits aber auch nicht faktisch eine Reaktion unmöglich macht. Stellt man hier in Rechnung, dass die Beklagte zu 2) gut sechs Wochen von der Antragstellung durch die Klägerin bis zu ihrem – unwirksam bekannt gemachten – Planaufstellungsbeschluss gebraucht hat, also deutlich innerhalb der Spanne agiert hat, die die Klägerin als noch angemessene Bearbeitungszeit veranschlagt, so erscheint es geboten, der Beklagten zu 2) zumindest einige Wochen zuzugestehen, um den formalen Fehler zu korrigieren.

Soweit die Klägerin aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 12.07.2001 (III ZR 282/00) ableitet, dass auch in der hier gegebenen Konstellation, in der es objektiv an den Voraussetzungen einer Zurückstellungsentscheidung nach § 15 BauGB fehlte, ohne Zuwarten über ihren Antrag zu entscheiden sei, teilt die Kammer diese Einschätzung nicht. In der bezeichneten Entscheidung hatte die planende Gemeinde nämlich die zulässige Prüfzeit zugewartet und nicht rechtzeitig bauplanungsrechtliche Maßnahmen ergriffen. Dieses Zögern durfte ihr nicht im Wege der Annahme eines rechtmäßigen Alternativverhaltens zum Vorteil gereichen. Hier hat die Beklagte zu 2) jedoch – s.o. – grundsätzlich rechtzeitig gehandelt, indes aufgrund einer zum Zeitpunkt der Bekanntmachung vertretbaren – s.o. – Rechtsauffassung einen rechtswirksamen Planaufstellungsbeschluss nicht erreicht. Die Beklagte zu 2) hat indes deutlich gemacht, dass sie das ihr verfügbare bauplanungsrechtliche Instrumentarium – Aufstellungsbeschluss, Antrag auf Zurückstellung – jedenfalls insoweit zu nutzen gewillt war, als dass es das Vorhaben der Klägerin wirksam hinderte. Dies ist nicht gleichzusetzen mit dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall, in dem die dort agierende Gemeinde den gefassten Planaufstellungsbeschluss nicht einmal bekannt gemacht hatte, mit anderen Worten nicht einmal nach ihrem eigenen Verhalten die Voraussetzungen einer Zurückstellung geschaffen hatte.

Vorliegend hat die Beklagte zu 2) aus Sicht der Kammer nachvollziehbar vorgetragen, dass sie bei Kenntnis des Bekanntmachungsmangels denselben mittels Neubekanntmachung behoben hätte, so dass eine Zurückstellungsentscheidung des Kreises dann auf einem ordnungsgemäß bekannt gemachten Planaufstellungsbeschluss gefußt hätte; die Frage der Erteilung des beantragten Bauvorbescheids hätte sich insofern nicht gestellt. Die Kammer ist unter Berücksichtigung der konkreten Einzelheiten dieses Falles auch davon überzeugt (§ 286 ZPO), dass die Gemeinde bei rechtzeitiger Kenntnis des Formfehlers noch innerhalb der zulässigen Prüffrist den Bauvorbescheidsantrag betreffend eine derartige Fehlerkorrektur angestrebt hätte.

Dass die Beklagte zu 2) stetig das Ziel verfolgte, ihre Planungsentscheidung aus Dezember 2012 umzusetzen und umgekehrt das Bauvorhaben der Klägerin zu verhindern, zeigt sich durchgehend durch die Zurückstellungsanträge über die Planungsmaßnahmen im Jahr 2013 bis zur Wiederholung derselben im Januar/Februar 2014.

Dass es der Beklagten zu 2) auch gelungen wäre, einen ordnungsgemäß bekannt gemachten Aufstellungsbeschluss – und nur auf diesen kommt es als Grundlage einer Zurückstellungsentscheidung an – zu fassen, ergibt sich ohne weiteres aus nachfolgenden Umständen: Der Planaufstellungsbeschluss aus Dezember 2012 wurde vergleichsweise rasch nach der Antragstellung der Klägerin gefasst und „nur“ im Januar fehlerhaft bekannt gemacht. Anzeichen dafür, dass es der Beklagten zu 2) nach einem entsprechenden Hinweis auf diesen Fehler nicht gelungen wäre, entweder den Aufstellungsbeschluss neu und richtig bekannt zu machen bzw. in einer kurzfristig anzuberaumenden Ratssitzung neu zu fassen und ordnungsgemäß bekannt zu machen, sind nicht ersichtlich. Dies zeigt sich insoweit, als dass es der Beklagten zu 2) auch möglich war, den am 28.01.2014 erneut aufgestellten Planänderungsbeschluss innerhalb weniger Tage ordnungsgemäß bekannt zu machen.

Soweit die Klägerin darauf abstellt, dass es im Planaufstellungsverfahren im Jahr 2013 Probleme im Zusammenhang mit der ordnungsgemäßen Bekanntmachung der Auslegung der Pläne gegeben habe, kann dies dahingestellt bleiben – für die hier allein interessierende Frage, ob die fehlerhafte Bekanntmachung des Planaufstellungsbeschlusses auf entsprechenden Hinweis hätte korrigiert werden können, ist dies belanglos.

Damit kann auch bei pflichtgemäßem Verhalten der Mitarbeiterin des Beklagten zu 1) zumindest unter Berücksichtigung des Einwandes des rechtmäßigen Alternativverhaltens – erfolgreiche Korrektur der fehlerhaften Bekanntmachung des Aufstellungsbeschlusses durch die Beklagte zu 2) – nicht angenommen werden, dass der Klägerin der Bauvorbescheid erteilt worden wäre, so dass eine Kausalität für den geltend gemachten Schaden ausscheidet.

2.

Der geltend gemachte Anspruch steht der Klägerin auch nicht in Form einer Entschädigung gemäß §§ 39 ff. OBG NRW bzw. über das Rechtsinstitut des enteignungsgleichen Eingriffs zu, weil – unabhängig von der Frage der Höhe einer billigen Entschädigung in Geld – jedenfalls der fehlende Kausalzusammenhang unter Berücksichtigung des Einwands des rechtmäßigen Alternativverhaltens derartige Ansprüche ausschließt.

3.

Die Zinsforderung teilt das Schicksal der Hauptforderung, wobei diese mangels Vorliegens einer Entgeltforderung im Sinne von § 288 Abs. 2 BGB ohnehin nur bis zu einer Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.09.2015 begründet sein konnte.

4.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Rechtsgrundlage in § 709 S. 1, 2 ZPO.

 

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