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Abfindungsvereinbarung per Email möglich?


LAG Köln

Az: 14 Sa 571/06

Urteil vom 11.09.2006

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 31.03.2006 – 2 Ca 2932/05 – abgeändert:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 9.803,28 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 01.04.2005 zu zahlen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darum, ob zwischen ihnen eine verbindliche Vereinbarung über die Zahlung einer Abfindung zustande gekommen ist.

Der Beklagte war seit dem 15.09.2000 bei der Beklagten beschäftigt. Mit Schreiben vom 14.02.2005 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers zum 31.03.2005 aus betriebsbedingten Gründen (Kündigungsschreiben Blatt 9 d. A.).

Das Kündigungsschreiben wurde dem Kläger vom Geschäftsführer der Beklagten am 14.02.2005 persönlich ausgehändigt. Bei dieser Gelegenheit machte der Kläger deutlich, dass er überlege, eine Kündigungsschutzklage zu erheben.

Nach diesem Gespräch übersandte der Kläger dem Geschäftsführer der Beklagten eine E-Mail, in der es unter anderem hieß (Bl. 10 d. A.):

„Auch die zugesagte Mail bezüglich Abfindung steht noch aus. Ich hatte am 14.02. ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich die dreiwöchige Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage fast komplett mit meinem Urlaub überschneidet. Daraufhin hatten wir vereinbart, dass du mir bis heute per Mail eine Abfindung anbietest. Ich würde es sehr bedauern, wenn wir dies gerichtlich klären müssten, sehe mich aber gezwungen, dir eine letzte Frist zum 17.02.2004 zu setzen. Sollte mir bis dahin keine schriftliche Nachricht vorliegen, sehe ich mich aus oben genannten Gründen gezwungen, eine Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht einzureichen.“

Darauf antwortete der Geschäftsführer der Beklagten mit E-Mail vom 17.02.2005 (Bl. 10 d. A.):

„Hallo Rainer,

damit Du deinen Urlaub beruhig antreten kannst. In Bezug auf deine Abfindung ergibt sich folgende Situation: Berechnung Olpen für die Jahre 2001 bis 2004 (= 4 Jahre): monatlich 4.901,63 EUR x 0,5 = 2.450,82 EUR pro Jahr, 2.450,82 EUR x 4 = 9.803,28 EUR für 4 Jahre.

Mit freundlichen Grüßen

Stefan“

Nachdem der Kläger mit einer weiteren E-Mail um die Überweisung des Abfindungsbetrages in Höhe von 9.803,28 EUR bat, antwortete der Geschäftsführer der Beklagten mit E-Mail vom 08.04.2005 (Bl. 37 d. A.):

„Hallo Rainer,

es gibt zwei Gründe, die dagegen sprechen. 1. Wir haben im Moment nicht genügend Geld. 2. Ich hatte in der Zwischenzeit die Gelegenheit, mit unserem Anwalt zu sprechen. Wir müssen uns also noch mal zusammensetzen, um die Dinge zu besprechen.

Grüße

Stefan“

Mit der Klage hat der Kläger die Zahlung des Abfindungsbetrages in Höhe von 9.803,28 EUR nebst Zinsen begehrt.

Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 31.03.2006 die Klage abgewiesen, weil eine Abfindungsvereinbarung nicht zustande gekommen sei.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers.

Der Kläger trägt vor, er habe bereits in dem Gespräch am 14.02.2005 darauf hingewiesen, dass er eine Kündigungsschutzklage erheben werde, wenn man sich nicht auf eine Abfindung verständige. Aus dem E-Mail-Verkehr der Parteien folge, dass eine wirksame Abfindungsvereinbarung zustande gekommen sei.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Köln vom 31.03.2006 – 2 Ca 3932/05 – die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 9.803,28 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 01.04.2005 zu zahlen.

Die Beklagtenseite beantragt,

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, es sei bereits ein Entgegenkommen gewesen, dass man dem Kläger nicht fristlos, sondern fristgerecht gekündigt habe. Noch mehr Entgegenkommen als eine fristgerechte Kündigung habe die Beklagte nicht zeigen können und auch nicht angeboten. Aus dem E-Mail-Verkehr der Parteien lasse sich keine verbindliche Vereinbarung ableiten, es handele sich vielmehr um ein unverbindliches Berechnungsbeispiel für den Fall des Klägers.

Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung war auch in der Sache erfolgreich. Der Kläger hat einen Anspruch auf Zahlung der geltend gemachten Abfindung aus der Vereinbarung vom 17.02.2005.

I. Die Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft gemäß § 64 ArbGG und form- und fristgerecht begründet worden.

Das Verfahren ist auch nicht durch das zwischenzeitlich am 15.05.2006 (Bl. 65 d. A.) eingeleitete Insolvenzeröffnungsverfahren auf Beklagtenseite unterbrochen worden. Denn da dem Schuldner kein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt wurde und nur ein sogenannter schwacher vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt wurde, findet keine Unterbrechung gemäß § 240 ZPO statt (siehe BAG Urteil vom 25.04.2001 – 5 AZR 360/99 -, NJW 2002, Seite 533; Andres/Leithaus,Kommentar zur Insolvenzordnung § 22 InsO, Rn. 5, 15).

II. Die Berufung hatte auch in der Sache Erfolg.

Zwischen den Parteien ist eine rechtswirksame Abfindungsvereinbarung zustande gekommen.

Dabei teilt das Landesarbeitsgericht im Ausgangspunkt den Ansatz des Arbeitsgerichts, dass allein die Berechnung des Abfindungsbetrages noch keine wirksame Abfindungsvereinbarung darstellt. Denn die Berechnung des Betrages lässt allein noch nicht auf einen entsprechenden Rechtsbindungswillen schließen.

Dieser Rechtsbindungswille der Parteien, insbesondere der Beklagtenseite, ergibt sich aber aus den zusätzlichen Umständen, die sich aus dem E-Mail-Verkehr der Parteien ergeben und den zusätzlichen Umständen, die in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht am 11.09.2006 unstreitig geworden sind.

In seiner E-Mail hatte der Kläger unmissverständlich deutlich gemacht, dass er eine Kündigungsschutzklage erheben werde, wenn ein Abfindungsangebot nicht unterbreitet würde. Er hatte dazu in dieser E-Mail eine konkrete Frist gesetzt und zugleich deutlich gemacht, dass die Angelegenheit vor Beginn seines Urlaubs geklärt sein müsse. Wenn vor diesem Hintergrund der Geschäftsführer der Beklagten mit dem Satz antwortete:

„Damit du deinen Urlaub beruhigt antreten kannst.“

, so ließ sich das ausgehend vom Empfängerhorizont nur so verstehen, dass die Beklagte auf die Forderung des Klägers eingehen wollte.

Dies wird unterstrichen durch die Ausführungen des Geschäftsführers der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht am 11.09.2006, in der er ausgesagt hat, es sei ihm auch darum gegangen, eine Kündigungsschutzklage des Klägers zu vermeiden.

In diesem Zusammenhang ist auch unstreitig geworden, dass bereits anlässlich des Gesprächs am 14.02.2005 der Kläger ein Abfindungsangebot verlangt hatte und andernfalls mit Kündigungsschutzklage gedroht hatte und man deshalb, weil der Geschäftsführer der Beklagten hinsichtlich dieser Forderung unvorbereitet war, verabredet hatte, dies in den nachfolgenden Tagen zu klären.

Angesichts dessen musste der Kläger die Äußerung, er könne beruhigt seinen Urlaub antreten, verbunden mit einer konkreten Berechnung der Abfindung so verstehen, dass der Geschäftsführer der Beklagten hiermit ein Abfindungsangebot unterbreiten und die Kündigungsschutzklage des Klägers vermeiden wollte.

Letzte Klarheit bringt insoweit E-Mail des Geschäftsführers der Beklagten vom 08.04.2005. Diesbezüglich hat der Geschäftsführer der Beklagtenseite in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar erklärt, er sei anlässlich der E-Mail vom 08.04.2005 nicht mehr bereit gewesen, dem Kläger eine Abfindung zu zahlen. Daraus folgt, dass diese Bereitschaft zuvor am 17.02.2005 durchaus bestanden hat. Dies wird auch anhand des Textes der E-Mail vom 08.04.2005 deutlich. Denn dort wird als Grund der Nichtzahlung nicht etwa angegeben, dass man gar keine Vereinbarung getroffen hätte, was nahe liegen würde, wenn wirklich kein Rechtsbindungswille bestanden hätte. Vielmehr wird als Begründung für die Nichtzahlung angegeben, dass die Beklagte nicht genügend Geld habe, und dass zwischenzeitliche eine Beratung beim Anwalt stattgefunden hat.

Diese Gründe machen deutlich, dass zum Zeitpunkt des Abfindungsangebotes am 17.02.2005 ein Rechtsbindungswille bestand und Gründe, die Anlass gaben, hiervon wieder abrücken zu wollen, erst nachträglich entstanden sind.

Der Kläger hat dieses Abfindungsangebot auch angenommen, wie sich nicht nur daran zeigt, dass er keine Kündigungsschutzklage erhoben hat, sondern beruhigt in den Urlaub gefahren ist, sondern auch daran, dass er mit einer weiteren E-Mail die Zahlung der Abfindung auf sein Konto verlangt hat.

Die zwischen den Parteien erzielte Abfindungsvereinbarung scheitert nicht an § 11 des Arbeitsvertrages, in dem für Nebenabreden und Änderungen des Arbeitsvertrages die Schriftform verabredet ist. Denn bei der vorliegenden Abfindungsvereinbarung handelt es sich nicht um Nebenabreden zu einem fortbestehenden Arbeitsverhältnis, auch nicht um Änderungen des Arbeitsvertrages, sondern um eine Vereinbarung, die nach einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Kündigung vom 14.02.2005 getroffen wurde.

III. Aus den dargestellten Gründen hatte die Berufung des Klägers Erfolg. Dem Kläger war der Abfindungsbetrag entsprechend der getroffenen Vereinbarung nebst Zinsen (§§ 286, 288 BGB) zuzusprechen.

Die Kosten hatte die unterlegene Beklagte gemäß § 91 Abs. 1 ZPO zu tragen.

Da keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung der Sache vorlag, konnte die Revision nicht zugelassen werden.

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