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Bindungswirkung einer klageabweisenden Entscheidung in Vorprozess

OLG München: Verjährte Schadensersatzansprüche im Dieselskandal – Die Rolle von Sammelklagen und Verjährungsfristen“

In einem Rechtsstreit um Schadensersatzansprüche aufgrund des Kaufs eines Dieselfahrzeugs mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung wurde die Berufung der Klägerin vom OLG München zurückgewiesen. Das Gericht bestätigte das Urteil des Landgerichts Landshut, welches die Klage bereits wegen Verjährung der Ansprüche abgewiesen hatte. Die Klägerin hatte zu spät Klage erhoben, nachdem sie vom Dieselskandal betroffen war. Zudem wurde die Hemmung der Verjährung durch eine Sammelklage oder das Musterfeststellungsverfahren nicht anerkannt, da die Klägerin ihre Teilnahme nicht nachweisen konnte und die Abtretung der Ansprüche an einen Inkassodienstleister vom Gericht als unwirksam angesehen wurde.

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✔ Das Wichtigste in Kürze

  • Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Landshut wurde abgewiesen.
  • Die Klage betraf Schadensersatzansprüche wegen eines mit unzulässiger Abschalteinrichtung gekauften Dieselfahrzeugs.
  • Das Gericht sah die Ansprüche als verjährt an, da die Klägerin zu spät klagte.
  • Die Hemmung der Verjährung durch eine Sammelklage oder das Musterfeststellungsverfahren wurde nicht anerkannt.
  • Eine Abtretung der Ansprüche an einen Inkassodienstleister wurde als unwirksam angesehen.

Wenn es um rechtliche Streitigkeiten geht, kann ein früherer Prozess Auswirkungen auf spätere Verfahren haben. Dieses Phänomen ist als Bindungswirkung einer klageabweisenden Entscheidung bekannt. Doch was bedeutet das genau? Ganz einfach gesagt, bezieht sich die Bindungswirkung darauf, dass eine gerichtliche Entscheidung, die in einem früheren Verfahren ergangen ist, Auswirkungen auf spätere Entscheidungen hat. Wenn ein Gericht beispielsweise eine Klage abweist, kann diese Entscheidung in einem späteren Verfahren bindend sein. In diesem Artikel werden wir uns genauer mit diesem Konzept beschäftigen und erklären, wie es funktioniert.

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Abschalteinrichtung: Klage abgewiesen: Bindungswirkung im Vorprozess
Verbindliche Rechtskraft: Bindungswirkung einer klageabweisenden Entscheidung im Vorprozess beachten (Symbolfoto: North Monaco /Shutterstock.com)

Im Zentrum eines aufsehenerregenden Rechtsstreits am Oberlandesgericht München stand die Klage einer Partei, die Schadensersatzansprüche aufgrund des Kaufs eines Dieselfahrzeugs geltend machte. Dieses Fahrzeug, ein Audi A1 Sportback Attraction 1.6 TDI, erworben am 20. Juni 2014, war mit dem berüchtigten Dieselmotor EA 189 ausgestattet. Bekannt wurde dieser Motor durch den sogenannten Dieselskandal, der aufdeckte, dass die Abgaswerte unter Testbedingungen manipuliert wurden, um gesetzliche Emissionsgrenzwerte einzuhalten.

Die rechtliche Auseinandersetzung um Schadensersatzforderungen

Die Klägerin machte geltend, dass ihr durch den Kauf des Fahrzeugs, welches mit einer illegalen Abschalteinrichtung versehen war, ein Schaden entstanden sei. Insbesondere argumentierte sie, dass sie das Fahrzeug unter Kenntnis dieser Umstände nicht erworben hätte. Die Abschalteinrichtung führte dazu, dass das Fahrzeug auf dem Prüfstand geringere Emissionswerte aufwies, als es im normalen Straßenverkehr der Fall war. Die Klägerin forderte Schadensersatz unter anderem auf Basis der Paragraphen §§ 826, 31 BGB.

Verjährungsfrist als entscheidender Faktor

Ein wesentlicher Punkt in diesem Fall war die Frage der Verjährung der Schadensersatzansprüche. Die Klägerin wurde im Februar 2016 über die Betroffenheit ihres Fahrzeugs vom Dieselskandal informiert. Jedoch wurde die Klage erst im April 2021 eingereicht, deutlich nach Ablauf der dreijährigen Verjährungsfrist, die mit dem Ende des Jahres 2016 begonnen hatte. Das Landgericht Landshut wies die Klage bereits aufgrund dieser Verjährung ab, eine Entscheidung, die nun vom OLG München bestätigt wurde.

Die Rolle von Sammelklagen und Musterfeststellungsverfahren

Interessant in diesem Zusammenhang ist auch die Rolle von Sammelklagen und Musterfeststellungsverfahren. Die Klägerin versuchte, die Verjährung ihrer Ansprüche durch die Teilnahme an einem Musterfeststellungsverfahren sowie durch eine Sammelklage, die von einem Inkassodienstleister eingereicht wurde, zu hemmen. Beide Versuche blieben jedoch erfolglos, da das Gericht die Wirksamkeit dieser Maßnahmen zur Hemmung der Verjährung verneinte. Insbesondere wurde die Abtretung der Schadensersatzansprüche an den Inkassodienstleister als unwirksam angesehen, was dazu führte, dass die Sammelklage keine Hemmung der Verjährung bewirken konnte.

Endurteil und seine Begründung

Das OLG München bestätigte in seinem Urteil die Entscheidung des Landgerichts Landshut und wies die Berufung der Klägerin zurück. Die Schadensersatzansprüche seien verjährt, und die Versuche, die Verjährung zu hemmen, seien aus den genannten Gründen nicht erfolgreich gewesen. Darüber hinaus fand das Gericht, dass kein Anspruch aus § 852 BGB vorliege, da kein wirtschaftlicher Schaden feststellbar sei. Die Entscheidung unterstreicht die Bedeutung der Verjährungsfristen im Schadensersatzrecht und die Komplexität der rechtlichen Auseinandersetzungen im Kontext des Dieselskandals.

Zusammenfassend bestätigte das Oberlandesgericht München die Entscheidung des Landgerichts Landshut, wonach die Schadensersatzansprüche der Klägerin aufgrund der Verjährung abgewiesen wurden. Der Fall beleuchtet die juristischen Herausforderungen, die sich aus dem Dieselskandal ergeben, und zeigt auf, wie entscheidend die Einhaltung von Verjährungsfristen für die Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen ist.

✔ FAQ: Wichtige Fragen kurz erklärt

Was ist die Bindungswirkung einer klageabweisenden Entscheidung?

Die Bindungswirkung einer klageabweisenden Entscheidung bezieht sich darauf, dass ein rechtskräftiges Urteil, welches eine Klage abweist, grundsätzlich für die Parteien des Prozesses verbindlich ist. Das bedeutet, dass die Gerichte und die Parteien in späteren Verfahren an die Entscheidung gebunden sind. Diese Bindung wird auch als Präjudizialität bezeichnet.

Es gibt unterschiedliche Theorien zur materiellen Rechtskraft, die sich auf die konkreten Auswirkungen einer klageabweisenden Entscheidung auf einen möglichen Zweitprozess beziehen. Nach der prozessualen Bindungslehre darf der Richter in einem neuen Rechtsstreit neu entscheiden, aber nicht abweichend von der ersten Entscheidung (= reine Bindungswirkung). Die in Rechtsprechung und Schrifttum herrschende „ne bis in idem“-Lehre unterscheidet zwei Fallgruppen, wobei die genauen Auswirkungen auf einen Zweitprozess umstritten sind.

Die Bindungswirkung für rechtskräftige klageabweisende Entscheidungen wird als sachgerecht angesehen, da ansonsten die Gefahr divergierender Entscheidungen bestünde und ein erheblicher Mehraufwand entstehen würde, wenn Verbraucher ihre Ansprüche erneut vorbringen könnten.

Das Bundessozialgericht hat in einem Urteil vom 20.07.2023 die Bindungswirkung eines Urteils als einer erneuten Entscheidung entgegenstehend bestätigt.

Ein rechtskräftiges Urteil entfaltet seine Bindungswirkung regelmäßig nur gegenüber den Parteien des Vorprozesses. Das bedeutet, dass Dritte, die nicht am Prozess beteiligt waren, nicht an die Entscheidung gebunden sind.

Bei abweislichen Entscheidungen beschränkt sich die Bindungswirkung auf die maßgeblichen Abweisungsgründe. Das heißt, dass nur die Gründe, die zur Abweisung der Klage geführt haben, bindend sind und nicht etwa der gesamte Sachverhalt oder andere Aspekte der Entscheidung.

Zusammengefasst sorgt die Bindungswirkung einer klageabweisenden Entscheidung dafür, dass die Parteien und Gerichte in späteren Verfahren an die Entscheidung gebunden sind, was Rechtssicherheit schafft und verhindert, dass ein und derselbe Sachverhalt mehrfach unterschiedlich entschieden wird.

Wie beeinflusst die Verjährung von Ansprüchen den Ausgang eines Rechtsstreits?

Die Verjährung von Ansprüchen spielt im Rechtsstreit eine entscheidende Rolle, da sie bestimmt, bis wann ein Anspruch gerichtlich geltend gemacht werden kann. Nach Ablauf der Verjährungsfrist kann der Schuldner die Leistung verweigern, und der Gläubiger verliert die Möglichkeit, seinen Anspruch gerichtlich durchzusetzen. Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt nach § 195 BGB drei Jahre und beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen.

Es gibt jedoch verschiedene Möglichkeiten, die Verjährung zu hemmen oder zu unterbrechen, um die Durchsetzung des Anspruchs zu ermöglichen. Eine Hemmung der Verjährung tritt beispielsweise durch Verhandlungen zwischen Gläubiger und Schuldner ein (§ 203 BGB), durch die Erhebung einer Klage oder die Beantragung eines Mahnbescheids (§ 204 BGB). Eine Hemmung bewirkt, dass der Zeitraum, in dem die Hemmung wirkt, nicht in die Verjährungsfrist eingerechnet wird.

Die Verjährung kann auch durch bestimmte Handlungen, wie das Anerkenntnis des Schuldners (§ 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB) oder eine Vollstreckungshandlung (§ 212 Abs. 1 Nr. 2 BGB), unterbrochen werden, was zu einem Neubeginn der Verjährungsfrist führt.

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In der Praxis bedeutet dies, dass die Verjährung von Ansprüchen den Ausgang eines Rechtsstreits erheblich beeinflussen kann. Wird ein Anspruch nach Ablauf der Verjährungsfrist geltend gemacht, kann der Schuldner die Leistung erfolgreich verweigern, und der Gläubiger verliert sein Recht auf Durchsetzung des Anspruchs. Daher ist es für Gläubiger wichtig, die Verjährungsfristen genau im Auge zu behalten und rechtzeitig Maßnahmen zu ergreifen, um die Verjährung zu hemmen oder zu unterbrechen und so ihre Ansprüche zu wahren.

Welche Rolle spielt die Unwirksamkeit einer Anspruchsabtretung in rechtlichen Auseinandersetzungen?

Die Unwirksamkeit einer Anspruchsabtretung kann in rechtlichen Auseinandersetzungen erhebliche Folgen haben, insbesondere wenn es um die Durchsetzung von Ansprüchen geht. Eine Abtretung ist die Übertragung eines Anspruchs von einem Gläubiger (Zedent) auf einen neuen Gläubiger (Zessionar). Ist eine solche Abtretung unwirksam, kann dies dazu führen, dass der Zessionar nicht berechtigt ist, den abgetretenen Anspruch geltend zu machen, was als fehlende Aktivlegitimation bezeichnet wird.

Ein Beispiel für die Unwirksamkeit einer Abtretungsklausel findet sich in einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) zur Abtretung von Käuferansprüchen im Zusammenhang mit einem Finanzierungsvertrag. Der BGH entschied, dass eine formularmäßige Komplett-Abtretung sämtlicher Ansprüche des Käufers gegen den Hersteller, die durch Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) der finanzierenden Bank vorgesehen war, unwirksam ist. Dies liegt daran, dass eine solche umfassende Abtretungsklausel einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 und 2 Nr. 1 BGB nicht standhält, da sie keine Wertungsmöglichkeit enthält und zulasten des Verbrauchers von zwingenden Rechtsvorschriften abweicht.

Die Unwirksamkeit einer Abtretung kann auch im Rahmen eines Prozessvergleichs relevant werden. Wird ein Prozessvergleich aus materiell-rechtlichen Gründen für unwirksam erklärt, kann dies dazu führen, dass der ursprüngliche Rechtsstreit fortgesetzt wird, sofern eine Partei die Wirksamkeit des Vergleichs angreift. Die Unwirksamkeit des Vergleichs kann sich aus verschiedenen materiell-rechtlichen Gründen ergeben, wie etwa Nichtigkeitsgründen.

In einem anderen Fall wurde die Unwirksamkeit einer Abtretungserklärung thematisiert, die im Zusammenhang mit der Zahlung von Sachverständigenkosten nach einem Verkehrsunfall stand. Das Gericht stellte fest, dass eine Klausel, die eine Abtretung von Ansprüchen gegen den Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherung vorsieht, unwirksam sein kann, wenn sie intransparent ist oder den Geschädigten unangemessen benachteiligt.

Die Unwirksamkeit von Abtretungen kann somit weitreichende Konsequenzen haben, da sie die Durchsetzbarkeit von Ansprüchen beeinträchtigt. Dies kann dazu führen, dass der ursprünglich Berechtigte seine Ansprüche selbst geltend machen muss oder dass Ansprüche nicht durchgesetzt werden können, wenn die Abtretung als Grundlage für die Klageberechtigung diente. In der Praxis ist daher bei der Gestaltung von Abtretungsklauseln besondere Sorgfalt geboten, um die Wirksamkeit der Abtretung sicherzustellen und die Rechte der Beteiligten zu wahren.

§ Wichtige Gesetze und Paragraphen in diesem Urteil

  • § 195 BGB – Regelmäßige Verjährungsfrist: Bestimmt die Dauer der allgemeinen Verjährungsfrist von drei Jahren für zivilrechtliche Ansprüche, beginnend mit dem Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Im Kontext des Urteils relevant für die Beurteilung, ob Ansprüche der Klagepartei aufgrund des Zeitablaufs erloschen sind.
  • § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB – Hemmung der Verjährung durch Rechtsverfolgung: Erläutert, dass die Verjährung eines Anspruchs gehemmt wird, wenn der Gläubiger gerichtliche Maßnahmen zur Durchsetzung seines Anspruchs ergreift. Im vorliegenden Fall relevant für die Frage, ob die Einreichung der Klage die Verjährungsfrist für die Ansprüche der Klagepartei gehemmt hat.
  • § 204 Abs. 1 Nr. 1a BGB: Behandelt die Hemmung der Verjährung durch Anmeldung eines Anspruchs in einem Musterfeststellungsverfahren. Im Urteil relevant für die Überlegung, ob die Teilnahme der Klagepartei am Musterfeststellungsverfahren die Verjährung ihrer Ansprüche beeinflusst hat.
  • § 826 BGB – Sittenwidrige vorsätzliche Schädigung: Stellt einen Anspruchsgrund dar für Schadensersatz wegen einer Handlung, die gegen die guten Sitten verstößt. Im Urteil zentral für die Beurteilung des Anspruchs der Klagepartei gegen die Beklagte aufgrund der Ausstattung des Fahrzeugs mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung.
  • § 852 BGB – Herausgabeanspruch nach Eintritt der Verjährung: Regelt die Möglichkeit, auch nach Eintritt der Verjährung noch Herausgabe dessen zu verlangen, was durch die unerlaubte Handlung auf Kosten des Geschädigten erlangt wurde. Im Urteil relevant für die Prüfung, ob der Klagepartei trotz eingetretener Verjährung noch Ansprüche zustehen.
  • § 325 ZPO – Bindung an die Entscheidung: Erläutert die Bindungswirkung eines rechtskräftigen Urteils für und gegen alle Beteiligten eines Verfahrens. Im vorliegenden Fall wichtig für das Verständnis, warum die Entscheidungen aus Vorprozessen Einfluss auf den aktuellen Rechtsstreit haben.


Das vorliegende Urteil

OLG München – Az.: 7 U 5074/21 – Urteil vom 25.01.2023

1. Die Berufung der Klagepartei gegen das Endurteil des Landgerichts Landshut vom 30.06.2021, Az. 53 O 1002/21 wird zurückgewiesen.

2. Die Klagepartei trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Dieses Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Gründe

A.

Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit dem Kauf eines Dieselfahrzeugs.

Am 20.06.2014 kaufte die Klagepartei beim A.Zentrum R. einen Audi A1 Sportback Attraction 1.6 TDI (FIN: …24) zum Preis von 19.000,00 € brutto (vgl. Anl. K 1). Das Fahrzeug war mit einem Dieselmotor EA 189 ausgestattet. Es wies einen Kilometerstand von 0 Kilometern auf und wurde am 01.07.2014 erstmals zugelassen.

Die Beklagtenpartei ist die Herstellerin des in dem streitgegenständlichen Fahrzeug verbauten Motors und Konzernmutter der Herstellerin des Fahrzeugs. Für den streitgegenständlichen Fahrzeugtyp wurde durch das Kraftfahrtbundesamt die Typengenehmigung nach der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 mit der Schadstoffklasse Euro 5 erteilt.

Die im Zusammenhang mit dem Motor EA 189 verwendete Software erkennt, ob das Fahrzeug auf einem Prüfstand dem Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) unterzogen wird und schaltet in diesem Fall in den Abgasrückführungsmodus 1, einen Stickoxid (NOx)-optimierten Modus. In diesem Modus findet eine Abgasrückführung mit niedrigem Stickoxidausstoß statt. Im normalen Fahrbetrieb außerhalb des Prüfstands schaltet der Motor dagegen in den Abgasrückführungsmodus 0, bei dem die Abgasrückführungsrate geringer und der Stickoxidausstoß höher ist. Für die Erteilung der Typgenehmigung der Emissionsklasse Euro 5 maßgeblich war der Stickoxidausstoß auf dem Prüfstand. Die Stickoxidgrenzwerte der Euro 5-Norm wurden nur im Abgasrückführungsmodus 1 eingehalten.

Zur Finanzierung des Kaufpreises schloss die Klagepartei am 11.07.2014 mit der A. Bank einen Darlehensvertrag mit einem Nettodarlehensbetrag von 15.000,00 €, für den Kreditkosten in Höhe von 584,43 € anfielen (vgl. Anl. K 1a).

Das Kraftfahrtbundesamt ging vom Vorliegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung aus und gab der Beklagtenpartei auf, diese zu beseitigen und die Einhaltung der maßgeblichen Grenzwerte anderweitig zu gewährleisten.

Die Klagepartei erfuhr im Februar 2016 von der konkreten Betroffenheit ihres Fahrzeugs durch den „Dieselskandal“.

Die Beklagtenpartei bot die Durchführung eines Software-Updates an, mit dem die Software aus allen Fahrzeugen mit dem streitgegenständlichen Motor entfernt werden sollte. Das Software-Update wurde aufgespielt.

Mit Schreiben vom 07.11.2016 laut Anl. K 19 an die f. GmbH, einer nach § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 RDG für den außergerichtlichen Forderungseinzug im Rechtsdienstleistungsregister eingetragenen Inkassodienstleisterin, trat die Klagepartei „Ansprüche aus unerlaubter Handlung der Volkswagen AG im Zusammenhang mit dem gemeinhin als Abgasskandal bekannten Lebenssachverhalt“ hinsichtlich des streitgegenständlichen Fahrzeugs an die f.GmbH ab.

Die f. GmbH erhob daraufhin mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 30.10.2018 (Anl. K 19) beim Landgericht Ingolstadt Klage gegen die Audi AG sowie die Beklagtenpartei, mit der u.a. der von der Klagepartei an die f. GmbH abgetretene Schadensersatzanspruch u.a. gegen die Beklagtenpartei geltend gemacht wurde.

Mit Endurteil vom 07.08.2020 wies das Landgericht Ingolstadt, Az. 41 O 1745/18, die Klage der f. GmbH wegen fehlender Aktivlegitimation der f. GmbH ab, da die Abtretung der Schadensersatzansprüche durch die Pkw-Käufer nicht wirksam gewesen sei.

Gegen das klageabweisende Endurteil des Landgerichts Ingolstadt, Az 41 O 1745/18, legte die f. GmbH Berufung zum Oberlandesgericht München ein. Im Verlauf dieses Berufungsverfahrens (21 U 5563/20) trat die f. GmbH mit Schreiben vom 04.11.2020 (Anl. K 19) die ihr von der Klagepartei abgetretenen Schadensersatzansprüche gegen u.a. die Beklagte an die Klagepartei zurück ab.

Mit Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten der f. GmbH vom 28.05.2021 nahm die f. GmbH die von ihr gegen das Endurteil des Landgerichts Ingolstadt eingelegte Berufung insoweit zurück, als Schadensersatzansprüche der Klagepartei u.a. gegen die Beklagtenpartei geltend gemacht wurden.

Die vorliegende Klage ging am 06.04.2021 beim Landgericht Landshut ein und wurde der Beklagtenpartei am 11.05.2021 zugestellt.

Die Klagepartei trägt vor, die Beklagtenpartei habe – mit Wissen ihres Vorstandes – das Aggregat im Pkw der Klagepartei mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattet; ihr stünden daher Schadensersatzansprüche unter anderem aus §§ 826, 31 BGB zu. Hätte die Klagepartei von der Abschalteinrichtung Kenntnis gehabt, hätte sie den Kaufvertrag nicht abgeschlossen

Schadensersatzansprüche der Klagepartei seien noch nicht verjährt. Die Verjährung sei durch die Anmeldung der Klagepartei zum Musterfeststellungsverfahren des Oberlandesgerichts Braunschweig sowie durch die Klageerhebung durch die f. GmbH gehemmt worden. Selbst wenn man aber von Verjährung ausgehen sollte, bestünde jedenfalls ein Anspruch der Klagepartei nach § 852 BGB.

Die Klagepartei beantragte:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerschaft 19.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 17.11.2020 Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Audi A 1 mit der Fahrzeug-Identifizierungsnummer …24 gegen Zahlung einer angemessenen Nutzungsentschädigung deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, jedoch nicht mehr als 9.519,57 € zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerschaft Aufwendungen in Höhe von 584,43 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu erstatten.

3. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme des Audi A 1 mit der Fahrzeug-Identifizierungsnummer …24 seit spätestens 17.11.2020 in Annahmeverzug befindet.

4. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerschaft vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 1.461,32 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 17.11.2020 zu zahlen.

Die Beklagte beantragte: Klageabweisung.

Die Beklagtenpartei erhebt die Einrede der Verjährung. Einer Hemmung der Verjährung durch die Klageerhebung der f. GmbH stehe die Rechtskraft des klageabweisenden Urteils des Landgerichts Ingolstadt vom 07.08.2020 entgegen. Das Landgericht Ingolstadt habe nämlich die Klageabweisung tragend auf die Unwirksamkeit der Abtretung des Schadensersatzanspruchs der Klagepartei an die f. GmbH gestützt. § 852 komme nicht zur Anwendung.

Mit Endurteil vom 30.06.2021, Az. 53 O 1002/21, wies das Landgericht Landshut die Klage wegen Verjährung des klägerischen Schadensersatzanspruchs ab. Zur Begründung seiner Entscheidung führte das Landgericht u.a. aus, dass die dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB Ende 2015 zu laufen begonnen habe. Mit Ablauf des 31.12.2018 sei deshalb Verjährung eingetreten. Die zwischenzeitliche Geltendmachung des klägerischen Anspruchs durch die f. GmbH im Wege einer Sammelklage habe den Lauf der Verjährungsfrist aufgrund der Unwirksamkeit der Abtretung nicht gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB gehemmt. Eine Beteiligung am Musterfeststellungsverfahren vor dem Oberlandesgericht Braunschweig habe die Klagepartei nicht nachgewiesen (LGU S. 4).

Ein Anspruch der Klagepartei nach § 852 S. 1 BGB scheide aus, da ein wirtschaftlicher Schaden der Klagepartei nicht feststellbar sei.

Im Übrigen wird gemäß § 540 Abs. 1 ZPO auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Klagepartei ihr erstinstanzliches Klageziel unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vortrages grundsätzlich weiter. Die Verjährung sei auch nach § 203 BGB durch die Aufnahme von Verhandlungen durch die Parteien seit 04.12.2020 gehemmt.

Die Klagepartei beantragt daher:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerschaft 19.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 17.11.2020 Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Audi A 1 mit der Fahrzeug-Identifizierungsnummer …24 gegen Zahlung einer angemessenen Nutzungsentschädigung deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, jedoch nicht mehr als 9.871,00 € zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerschaft Aufwendungen in Höhe von 584,43 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu erstatten.

3. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme des Audi A 1 mit der Fahrzeug-Identifizierungsnummer …24 seit spätestens 17.11.2020 in Annahmeverzug befindet.

4. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerschaft vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 1.461,32 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 17.11.2020 zu zahlen.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Klagepartei die anzurechnenden Nutzungsvorteile mit 10.743,29 Euro (höchstens) beziffert.

Im Übrigen erklärt die Klagepartei den Rechtsstreit für erledigt.

Die Beklagtenpartei beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie widersetzt sich der Teilerledigterklärung der Klagepartei und verteidigt das landgerichtliche Urteil.

Der Senat hat am 21.12.2022 mündlich verhandelt. Er hat Hinweise erteilt. Auf die Verfügung vom 28.07.2022, das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 21.12.2022, die zwischen den Prozessbevollmächtigten gewechselten Schriftsätze und den übrigen Akteninhalt wird Bezug genommen.

B.

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Die Klage ist zwar zulässig (I.), jedoch unbegründet, da Schadensersatzansprüche der Klägerin verjährt sind (II. 1 bis 3) und ein Fall des § 852 BGB nicht vorliegt (I. 4).

I.

Die Klage ist zulässig.

Der Zulässigkeit der Klage steht nicht entgegen, dass nach der Rücknahme der Berufung der f. GmbH gegen das klageabweisende Endurteil des Landgerichts Ingolstadt vom 07.08.2020 im Verfahren 41 O 1745/18 u.a. im Hinblick auf die klägerischen Schadensersatzansprüche gegen die Beklagtenpartei die Abweisung der Schadensersatzklage der f. GmbH hinsichtlich dieser klägerischen Ansprüche in Rechtskraft erwuchs. Denn anders als für eine entgegenstehende Rechtskraft vorausgesetzt sind die Streitgegenstände in dem Verfahren des Landgerichts Ingolstadt einerseits und dem hiesigen Verfahren andererseits nicht identisch (zum Identitätserfordernis vgl. BGH, Urteil vom 26.06.2003 – I ZR 269/20, Rdnr. 21), da vor dem Landgericht Ingolstadt ein Schadensersatzanspruch aus abgetretenem Recht geltend gemacht wurde, während vorliegend die Klagepartei aus eigenem Recht klagt, die Geltendmachung eines Anspruchs aus abgetretenem Recht aber stets einen anderen Streitgegenstand darstellt als die Geltendmachung aus eigenem Recht (vgl. BGH, Urteil vom 27.09.2006 – VIII ZR 19/04, Rdnr. 8).

II.

Die Klage ist jedoch nicht begründet.

1. Zwar schuldet die Beklagte der Klagepartei dem Grunde nach Schadensersatz aus §§ 826, 31 BGB.

a. Der vorliegende Sachverhalt – Kauf eines Fahrzeugs mit dem Motor EA 189, der eine Prüfstanderkennung enthielt, im Juni 2014 und damit vor der erstmaligen Ad-hoc-Mitteilung der Beklagten – ist identisch mit der vom BGH in seiner Grundsatzentscheidung vom 25.05.2020 – VI ZR 252/19 entschiedenen Sachverhaltskonstellation. Zur Vermeidung überflüssiger Wiederholungen macht sich der Senat die dortigen Ausführungen, insbesondere in den Randnummern 13-63, zu eigen.

b. Der Senat ist auch davon überzeugt, dass die Klagepartei – wie diese in der Klageschrift (dort S. 6) hat vortragen lassen und in der mündlichen Verhandlung vom 21.12.2022 bei ihrer formlosen Anhörung durch den Senat glaubhaft bekundet hat – in Kenntnis der Manipulationssoftware und der damit einhergehenden drohenden Betriebseinschränkung bzw. -untersagung den Kauf nicht getätigt hätte. Denn nach der Lebenserfahrung und der Art des zu beurteilenden Geschäftes ist auszuschließen, dass ein Käufer ein Fahrzeug erwirbt, dem eine Betriebsuntersagung droht und bei dem im Zeitpunkt des Erwerbs in keiner Weise absehbar ist, ob dieses Problem überhaupt behoben werden kann. Bei einem zur eigenen Nutzung erworbenen Kraftfahrzeug sind dessen Gebrauchsfähigkeit und ständige Verfügbarkeit für den Eigentümer von so großer Bedeutung, dass die vorübergehende Entziehung eines Kraftfahrzeugs auch bei der Anlegung des gebotenen strengen Maßstabs einen Vermögensschaden darstellt. Der Verlust der Nutzungsmöglichkeit eines Kraftfahrzeugs wirkt sich typischerweise als solcher auf die Grundlage der Lebenshaltung signifikant aus; bei generalisierender Betrachtung erfolgen Anschaffung und Unterhaltung eines Kraftfahrzeugs in erster Linie um des wirtschaftlichen Vorteils willen, der in der Zeitersparnis liegt. Das rechtfertigt nach der allgemeinen Lebenserfahrung die Annahme, dass ein Käufer, der – wie hier die Klagepartei – ein Fahrzeug zur eigenen Nutzung erwirbt, bei der bestehenden Gefahr einer Betriebsbeschränkung oder -untersagung von dem Erwerb des Fahrzeugs abgesehen hätte (BGH, aaO, Rdnr. 51).

2. Der Schadensersatzanspruch der Klagepartei ist jedoch verjährt.

a. Unstreitig hat die Klagepartei durch ein Halteranschreiben der Beklagten im Februar 2016 von der konkreten Betroffenheit des streitgegenständlichen Fahrzeugs vom Dieselskandal erfahren (vgl. Schriftsatz des Klägervertreters vom 16.06.2021, S. 5, dritter Absatz, Bl. 131 d.A.), sodass die nach § 195 BGB dreijährige Verjährungsfrist mit Ablauf des 31.12.2016 zu laufen begann und am 31.12.2019 24:00 Uhr endete.

Da die streitgegenständliche Klage jedoch erst am 06.04.2021 beim Landgericht einging und der Beklagten am 11.05.2021 und damit nach Ablauf der Verjährungsfrist zugestellt wurde, konnte die Klageerhebung die Verjährung nicht mehr nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB hemmen.

Auf die Frage, ob die Verjährungsfrist aufgrund grob fahrlässiger Unkenntnis der Klagepartei von den den Anspruch begründenden Umständen nicht schon nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 2. Var. BGB Ende 2015 begann (wovon das Landgericht ausging), kommt es daher entscheidungserheblich nicht an.

b. Eine Hemmung der Verjährung erfolgte auch nicht nach § 204 Abs. 1 Nr. 1a BGB. Zwar hat die Klagepartei behauptet, sie hätte sich zu dem Musterfeststellungsverfahren des Oberlandesgerichts Braunschweig, Az. 4 MK 1/18, angemeldet und auch keinen Vergleich geschlossen (vgl. Klageschrift S. 6). Jedoch hat die Beklagte eine Anmeldung der Klagepartei bestritten (vgl. Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 25.05.2021, S. 52, Bl. 78 d.A.) und hat die Klagepartei eine solche Anmeldung in der Folge nicht nachgewiesen. Das Landgericht hat deshalb eine Hemmung der Verjährung nach § 204 Abs. 1 Nr. 1a BGB zutreffend verneint (LGU S. 4, sechster Absatz), wogegen die Berufung auch keine Rüge erhebt.

c. Entgegen der Ansicht der Berufung wurde die Verjährung des streitgegenständlichen klägerischen Schadensersatzanspruchs auch nicht gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB durch die Erhebung der Sammelklage der f. GmbH zum Landgericht Ingolstadt gehemmt.

aa. Zwar war nach der Rechtsprechung des BGH die hier vorliegende treuhänderische Abtretung von Schadensersatzansprüchen an die f. GmbH als Zessionar zum Zwecke deren gerichtlicher Geltendmachung durch den Zessionar zulässig, insbesondere liegt kein Verstoß gegen das RDG vor (vgl. BGH, Urteil vom 13.06.2022 – VIa ZR 418/21). Die f. GmbH war damit bei Erhebung der Klage zum Landgericht Ingolstadt grundsätzlich wirkliche Berechtigte im Sinne des § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB, sodass die Klageerhebung zum Landgericht Ingolstadt die Verjährung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB grundsätzlich hemmen konnte (vgl. zur Hemmungswirkung einer von einem Inkassodienstleister erhobenen Klage BGH, Urteil vom 10.10.2022 – VIa ZR 184/22, Rdnrn 15 ff.).

bb. Jedoch steht im streitgegenständlichen Fall dem Eintritt dieser Hemmungswirkung entgegen, dass aufgrund der Rücknahme der Berufung der f. GmbH gegen das Endurteil des Landgerichts Ingolstadt vom 07.08.2020, Az. 41 O 1745718, hinsichtlich des für die Klagepartei geltend gemachten Schadensersatzanspruchs am 28.05.2021 im Verhältnis der Parteien rechtskräftig feststeht, dass die Abtretung des klägerischen Schadensersatzanspruchs an die f. GmbH unwirksam war. Wenn nämlich eine in einem ersten Prozess rechtskräftig entschiedene Rechtsfolge in einem zweiten Prozess eine Vorfrage darstellt, so besteht die Wirkung der Rechtskraft in der Bindung des nunmehr entscheidenden Gerichts an die Vorentscheidung (vgl. BGH, Urteil vom 26.06.2003 – I ZR 269/00, Rdnr. 22). Bei einer – wie hier im Fall des Endurteils des Landgerichts Ingolstadt – klageabweisenden Entscheidung ist der aus der Begründung zu ermittelnde, die Rechtsfolge bestimmende, ausschlaggebende Abweisungsgrund Teil des in Rechtskraft erwachsenden Entscheidungssatzes (vgl. BGH, Urteil vom 24.06.1993 – III ZR 43/92, Rdnr. 16).

Tragender Grund für das Landgericht Ingolstadt, die Sammelklage der f. GmbH abzuweisen, war die vom ihm angenommene Unwirksamkeit der Forderungsabtretung an die f. GmbH wegen eines Verstoßes gegen das RDG (vgl. LG Ingolstadt – Urteil vom 07.08.2020, Rdnrn 2958 ff.), sodass diese Unwirksamkeit der Entscheidung auch im vorliegenden Fall zu Grunde zu legen war.

Die Rechtskraft des Endurteils des Landgerichts Ingolstadt vom 07.08.2020 wirkte nach § 325 Abs. 1 ZPO auch für und gegen die Klagepartei, die zwar an dem Prozess vor dem Landgericht Ingolstadt nicht beteiligt war (Parteien waren dort allein die f. GmbH einerseits und die Beklagte sowie die Audi AG andererseits), an die die f. GmbH den Schadensersatzanspruch jedoch mit Schreiben vom 04.11.2020 (Anl. K 19) wirksam rückabgetreten hatte (§ 265 Abs. 1 ZPO).

Nachdem somit im streitgegenständlichen Verfahren aufgrund der Rechtskraft des Endurteils des Landgerichts Ingolstadt hinsichtlich des klägerischen Schadensersatzanspruchs von der Unwirksamkeit der Abtretung des Schadensersatzanspruchs durch die Klagepartei an die f. GmbH auszugehen ist, war die f. GmbH nicht als wirkliche Berechtigte des Schadenersatzanspruchs anzusehen und entfaltete die Erhebung der Sammelklage durch die f. GmbH zum Landgericht Ingolstadt keine Hemmungswirkung nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB.

d. Die Verjährung des streitgegenständlichen Schadensersatzanspruchs wurde auch nicht durch die Aufnahme von Verhandlungen nach § 203 S. 1 BGB gehemmt (vgl. Berufungsbegründung S. 17, Bl. 25 d.A.). Denn zum Zeitpunkt der Aufnahme der Verhandlungen am 04.12.2020 war die Verjährung bereits abgelaufen (vgl. oben a).

Nach alledem ist der Schadensersatzanspruch der Klagepartei aus § 826 BGB verjährt.

3. Es kann dahinstehen, ob der Klagepartei wegen des Kaufs des streitgegenständlichen Fahrzeugs auch Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte aus § 823 Abs. 2 iVm. § 263 Abs. 1 StGB oder § 823 Abs. 2 BGB iVm. §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV zustehen, da auch diese Ansprüche – falls sie denn bestehen sollten – jedenfalls verjährt wären. Denn für diese Ansprüche gilt das oben unter 1 und 2 zur Verjährung des Schadensersatzanspruchs aus § 826 BGB Ausgeführte entsprechend.

4. Die Klagepartei hat auch keinen Anspruch aus § 852 S. 1 BGB gegen die Beklagte. Denn nach der Einlassung der Klagepartei in ihrer informatorischen Anhörung vor dem Senat am 21.12.2022 hat der Autohändler in Regensburg, von dem die Klagepartei das Fahrzeug erworben hat, dieses unabhängig von einer Bestellung der Klagepartei zuvor von der Beklagten erworben. Das Fahrzeug stand nämlich bei Kauf bereits in den Ausstellungsräumen des Autohändlers (vgl. S. 3 des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 21.12.2022, Bl. 211 d.A.). In diesem Fall fehlt es aber an dem für §§ 826, 852 S. 1 BGB erforderlichen Zurechnungszusammenhang (vgl. BGH, Urteil vom 21.03.2022 – VIa ZR 275/21, Rdnr. 28).

5. Da sich die Beklagte der Teilerledigterklärung der Klagepartei in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 21.12.2022 widersetzt hat, war über den in der Teilerledigterklärung zu sehenden Antrag der Klagepartei auf Feststellung der teilweisen Erledigung des Rechtsstreits zu entscheiden.

Dieser Antrag ist unbegründet, da die Klage von Anfang an unbegründet war. Die geltend gemachten Schadensersatzansprüche waren nämlich verjährt (vgl. oben unter 1- 3). Ein Anspruch aus § 852 S. 1 BGB bestand nicht (siehe oben unter 2).

Nach alledem ist die Klage zur Gänze unbegründet und war die Berufung zurückzuweisen.

C.

I.

Der Ausspruch zu den Kosten folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

II.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 711, 713 ZPO.

III.

Die Revision gegen dieses Urteil war nicht zuzulassen, da ein Revisionsgrund nicht vorliegt.

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