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Corona-Pandemie – Quarantänemaßnahmen für Ein- und Rückreisende aus Ausland

OVG Lüneburg – Az.: 13 MN 520/20 – Beschluss vom 30.11.2020

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert des Verfahrens wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

Gründe

I. Der Antrag,

§ 1 Abs. 1 bis Abs. 3 der Niedersächsischen Verordnung zu Quarantänemaßnahmen für Ein- und Rückreisende zur Eindämmung des Corona-Virus (Niedersächsische Quarantäne-Verordnung) vom 6. November 2020 vorläufig außer Vollzug zu setzen, bleibt ohne Erfolg. Der Antrag ist zulässig (1.), aber unbegründet (2.).

Corona-Pandemie - Quarantänemaßnahmen für Ein- und Rückreisende aus Ausland
(Symbolfoto: Von DimaBerlin/Shutterstock.com)

Diese Entscheidung, die nicht den prozessrechtlichen Vorgaben des § 47 Abs. 5 VwGO unterliegt (vgl. Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 7. Aufl. 2017, Rn. 607; Hoppe, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 47 Rn. 110 ff.), trifft der Senat ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 12.6.2009 – 1 MN 172/08 -, juris Rn. 4 m.w.N.) und gemäß § 76 Abs. 2 Satz 1 NJG ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richterinnen und Richter.

1. Der Antrag ist zulässig.

a) Er ist nach § 47 Abs. 6 in Verbindung mit Abs. 1 Nr. 2 VwGO und § 75 NJG statthaft.

§ 1 Abs. 1 bis Abs. 3 der Niedersächsischen Verordnung zu Quarantänemaßnahmen für Ein- und Rückreisende zur Eindämmung des Corona-Virus (Niedersächsische Quarantäne-Verordnung) vom 6. November 2020 (Nds. GVBl. S. 380) ist eine im Range unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift im Sinne des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO in Verbindung mit § 75 NJG (vgl. zu den insoweit bestehenden Anforderungen: Senatsbeschl. v. 31.1.2019 – 13 KN 510/18 -, NdsRpfl. 2019, 130 f. – juris Rn. 16 ff.). Diese Norm lautet:

§ 1 Ein- und Rückreisende

(1) 1Personen, die auf dem Land-, See- oder Luftweg aus dem Ausland nach Niedersachsen einreisen und sich zu einem beliebigen Zeitpunkt innerhalb von zehn Tagen vor ihrer Einreise in einem Risikogebiet nach Absatz 4 aufgehalten haben, sind verpflichtet, sich unverzüglich nach der Einreise auf direktem Weg in die eigene Wohnung, an den Ort des gewöhnlichen Aufenthalts oder in eine andere geeignete Unterkunft zu begeben und sich für einen Zeitraum von zehn Tagen nach ihrer Einreise ständig dort abzusondern. 2Satz 1 gilt auch für Personen, die zunächst in ein anderes Land der Bundesrepublik Deutschland eingereist sind. 3Den nach Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 2, verpflichteten Personen ist es in diesem Zeitraum nicht gestattet, Besuch von Personen zu empfangen, die nicht ihrem eigenen Hausstand angehören.

(2) 1Die von Absatz 1 erfassten Personen sind verpflichtet, unverzüglich nach der Einreise die für sie zuständige Behörde zu kontaktieren und auf das Vorliegen der Verpflichtungen nach Absatz 1 Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 2, hinzuweisen. […]

(3) Für die Zeit der Absonderung unterliegen die von Absatz 1 erfassten Personen der Beobachtung durch die zuständige Behörde.

b) Der Antragsteller ist antragsbefugt.

Der Antragsteller, ein deutscher Staatsangehöriger mit Wohnsitz in Niedersachsen, dem in Spanien und damit in einem ausländischen Risikogebiet eine Wohnung gehört, zu der er zu reisen gedenkt, ist bei der Rückkehr durch die angegriffene Absonderungspflicht aus § 1 Abs. 1 der Niedersächsischen Quarantäne-Verordnung möglicherweise in seinen Rechten aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 (Fortbewegungsfreiheit), 2 Abs. 1 (allgemeine Handlungsfreiheit) sowie 3 Abs. 1 GG (allgemeines Gleichbehandlungsgebot) verletzt und diesbezüglich antragsbefugt im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO. In dem Grundrecht auf Freizügigkeit im Bundesgebiet (Art. 11 Abs. 1 GG) ist er hingegen nicht betroffen (von vornherein oder jedenfalls nach den Grundsätzen der Grundrechtskonkurrenz). Die Regelung des § 1 Abs. 1 der Niedersächsischen Quarantäne-Verordnung verbietet dem Antragsteller nicht etwa die Einreise in das Bundesgebiet oder das Aufsuchen eines von ihm gewählten inländischen Ortes (vgl. zum Schutzbereich des Grundrechts: Senatsbeschl. v. 29.10.2020 – 13 MN 396/20 -, juris Rn. 8 m.w.N.). Durch die von der Absonderungspflicht abgeleiteten Verpflichtungen (Anzeigepflicht aus § 1 Abs. 2 und Beobachtung nach § 1 Abs. 3 der Niedersächsischen Quarantäne-Verordnung) ist der Antragsteller möglicherweise in seiner allgemeinen Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG, die vor ungesetzlichem Zwang schützt, verletzt und daher auch insoweit antragsbefugt.

c) Der Antrag ist zutreffend gegen das Land Niedersachsen als normerlassende Körperschaft im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 2 VwGO gerichtet.

Das Land Niedersachsen wird durch das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung vertreten (vgl. Nr. II. des Gemeinsamen Runderlasses der Staatskanzlei und sämtlicher Ministerien, Vertretung des Landes Niedersachsen, v. 12.7.2012 (Nds. MBl. S. 578), zuletzt geändert am 15.9.2017 (Nds. MBl. S. 1288), in Verbindung mit Nr. 4.22 des Beschlusses der Landesregierung, Geschäftsverteilung der Niedersächsischen Landesregierung, v. 17.7.2012 (Nds. MBl. S. 610), zuletzt geändert am 18.11.2019 (Nds. MBl. S. 1618)).

2. Der Normenkontrolleilantrag ist jedoch unbegründet.

Nach § 47 Abs. 6 VwGO kann das Gericht in Normenkontrollverfahren auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist. Prüfungsmaßstab im Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO sind zunächst die Erfolgsaussichten eines Normenkontrollantrages im Hauptsacheverfahren, soweit sich diese im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bereits absehen lassen. Ergibt diese Prüfung, dass der Normenkontrollantrag voraussichtlich unzulässig oder unbegründet sein wird, ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht im Sinne von § 47 Abs. 6 VwGO zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten. Erweist sich dagegen, dass der Antrag voraussichtlich Erfolg haben wird, so ist dies ein wesentliches Indiz dafür, dass der Vollzug bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache suspendiert werden muss. In diesem Fall kann eine einstweilige Anordnung ergehen, wenn der (weitere) Vollzug vor einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren Nachteile befürchten lässt, die unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers, betroffener Dritter und/oder der Allgemeinheit so gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung mit Blick auf die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit einer für den Antragsteller günstigen Hauptsacheentscheidung unaufschiebbar ist. Lassen sich die Erfolgsaussichten des Normenkontrollverfahrens nicht abschätzen, ist über den Erlass einer beantragten einstweiligen Anordnung im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden. Gegenüberzustellen sind im Rahmen der sog. „Doppelhypothese“ die Folgen, die eintreten würden, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, der Normenkontrollantrag aber Erfolg hätte, und die Nachteile, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Normenkontrollantrag aber erfolglos bliebe. Die für den Erlass der einstweiligen Anordnung sprechenden Gründe müssen die gegenläufigen Interessen deutlich überwiegen, mithin so schwer wiegen, dass der Erlass der einstweiligen Anordnung – trotz offener Erfolgsaussichten der Hauptsache – dringend geboten ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 30.4.2019 – BVerwG 4 VR 3.19 -, juris Rn. 4 (zur Normenkontrolle eines Bebauungsplans); OVG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 22.10.2019 – 6 B 11533/19 -, juris Rn. 5 (zur Normenkontrolle einer Rechtsverordnung über die Freigabe eines verkaufsoffenen Sonntags); Sächsisches OVG, Beschl. v. 10.7.2019 – 4 B 170/19 -, juris Rn. 20 (zur Normenkontrolle einer Rechtsverordnung zur Bildung und Arbeit des Integrationsbeirats); Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 11.5.2018 – 12 MN 40/18 -, juris Rn. 24 ff. (zur Normenkontrolle gegen die Ausschlusswirkung im Flächennutzungsplan) jeweils m.w.N.).

Unter Anwendung dieser Grundsätze bleibt der Antrag auf einstweilige Außervollzugsetzung des § 1 Abs. 1 bis Abs. 3 der Niedersächsischen Quarantäne-Verordnung in der Sache ohne Erfolg.

Der Senat vermag den Erfolg des in der Hauptsache noch zu stellenden Normenkontrollantrags derzeit nicht verlässlich abzuschätzen (a.). Die danach gebotene Folgenabwägung führt nicht dazu, dass die von dem Antragsteller geltend gemachten Gründe für die einstweilige Außervollzugsetzung die für den weiteren Vollzug der Verordnung sprechenden Gründe überwiegen (b.).

a. Derzeit sind die Erfolgsaussichten des in der Hauptsache noch zu stellenden Normenkontrollantrags offen. Der Senat geht zwar davon aus, dass die streitgegenständliche Verordnungsregelung auf einer tragfähigen Rechtsgrundlage beruht (1) und formell rechtmäßig ist (2). Zweifel an der materiellen Rechtmäßigkeit bestehen auch nicht mit Blick auf das „Ob“ eines staatlichen Handelns (3). Derzeit ist aber nicht verlässlich abzuschätzen, ob die streitgegenständlichen Verordnungsregelungen als notwendige Schutzmaßnahmen im Sinne des § 28 Abs. 1 IfSG anzusehen und mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG zu vereinbaren sind (4).

(1) Die Verordnung ist auf die Rechtsgrundlagen der §§ 30 Abs. 1 Satz 2, 28 Abs. 1 Satz 1, 32 Satz 1 bzw. §§ 29 Abs. 1, 28 Abs. 1 Satz 1, 32 Satz 1 des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz – IfSG -) vom 20. Juli 2000 (BGBl. I S. 1045), in der hier maßgeblichen zuletzt durch das Gesetz zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise (Corona-Steuerhilfegesetz) vom 19. Juni 2020 (BGBl. I S. 1385) geänderten Fassung, gestützt.

Eine Verfassungswidrigkeit dieser Rechtsgrundlagen, insbesondere mit Blick auf die Bestimmtheit der getroffenen Regelungen und deren Vereinbarkeit mit dem Vorbehalt des Gesetzes, ist für den Senat – ebenso wie offenbar für das Bundesverfassungsgericht (vgl. bspw. BVerfG, Beschl. v. 15.7.2020 – 1 BvR 1630/20 -; v. 9.6.2020 – 1 BvR 1230/20 -; v. 28.4.2020 – 1 BvR 899/20 -, alle veröffentlicht in juris) – in seiner bisherigen Spruchpraxis betreffend die Corona-Pandemie jedenfalls nicht offensichtlich (siehe zuletzt Senatsbeschl. v. 18.11.2020 – 13 MN 448/20 -, juris Rn. 33ff.).

(2) Anhaltspunkte für eine formelle Rechtswidrigkeit der Niedersächsischen Quarantäne-Verordnung vom 6. November 2020 bestehen derzeit nicht.

Anstelle der nach § 32 Satz 1 IfSG ermächtigten Landesregierung war aufgrund der nach § 32 Satz 2 IfSG gestatteten und durch § 3 Nr. 1 der Verordnung zur Übertragung von Ermächtigungen aufgrund bundesgesetzlicher Vorschriften (Subdelegationsverordnung) vom 9. Dezember 2011 (Nds. GVBl. S. 487), zuletzt geändert durch Verordnung vom 4. August 2020 (Nds. GVBl. S. 266), betätigten Subdelegation das Niedersächsische Ministerium für Gesundheit, Soziales und Gleichstellung zum Erlass der Verordnung zuständig.

Gemäß Art. 45 Abs. 1 Satz 2 NV ist die Verordnung von der das Ministerium vertretenden Ministerin ausgefertigt und im Niedersächsischen Gesetz- und Verordnungsblatt vom 6. November 2020 (Nds. GVBl. S. 380) verkündet worden.

(3) Die streitgegenständlichen Verordnungsregelungen sind auch mit Blick auf das „Ob“ eines staatlichen Handelns nicht zu beanstanden. Der Senat sieht die Voraussetzungen des § 32 Satz 1 in Verbindung mit §§ 28 Abs. 1 Satz 1, 30 Abs. 1 Satz 12 IfSG angesichts der Ausbreitung von COVID-19 weiterhin als gegeben an (vgl. zuletzt Senatsbeschl. v. 18.11.2020 – 13 MN 448/20 -, juris Rn. 51ff.).

Die vorliegenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG verpflichten die zuständigen Behörden zum Handeln (gebundene Entscheidung, vgl. BVerwG, Urt. v. 22.3.2012 – BVerwG 3 C 16.11 -, BVerwGE 142, 205, 212 – juris Rn. 23).

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(4) Nach summarischer Prüfung ist aber nicht verlässlich abzuschätzen, ob die Absonderungspflicht und die von ihr abgeleiteten weiteren Pflichten nach § 1 Abs. 1 bis Abs. 3 der Niedersächsischen Quarantäne-Verordnung notwendige Schutzmaßnahmen im Sinne des §§ 28 Abs. 1, 30 Abs. 1 Satz 2 IfSG sind.

(a) Dies gilt nicht hinsichtlich des betroffenen Adressatenkreises. Rückkehrer aus Risikogebieten sind Ansteckungsverdächtige im Sinne des §§ 30 Abs. 1 Satz 2, 2 Nr. 7 IfSG.

Dass möglicherweise auch am Rückkehrort, in Teilen oder gar in der gesamten Bundesrepublik ein gleiches oder höheres Infektionsrisiko wie in einem Risikogebiet besteht, schließt die Anwendung des § 30 IfSG tatbestandlich nicht aus. Die Feststellung, Ansteckungsverdächtiger zu sein, ist nicht in Abhängigkeit von dem durchschnittlichen Infektionsrisiko in der Bevölkerung zu sehen, sondern liegt immer dann vor, wenn aufgrund von Tatsachen angenommen werden kann, dass die betroffene Person Krankheiterreger aufgenommen hat.

Zum Adressatenkreis des § 30 Abs. 1 Satz 2 IfSG hat der Senat bereits in seinem Beschluss vom 11. Mai 2020 – 13 MN 143/20 -, juris Rn. 24ff., ausgeführt:

Aus § 30 Abs. 1 Satz 2 IfSG ergibt sich mithin, dass nur Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige und Ausscheider Quarantänemaßnahmen unterzogen werden dürfen. Diese Adressatenkreise sind in § 2 Nr. 4 bis Nr. 7 IfSG legaldefiniert. Danach ist Kranker eine Person, die an einer übertragbaren Krankheit erkrankt ist, Krankheitsverdächtiger eine Person, bei der Symptome bestehen, welche das Vorliegen einer bestimmten übertragbaren Krankheit vermuten lassen, und Ausscheider eine Person, die Krankheitserreger ausscheidet und dadurch eine Ansteckungsquelle für die Allgemeinheit sein kann, ohne krank oder krankheitsverdächtig zu sein. Ansteckungsverdächtiger ist schließlich eine Person, von der anzunehmen ist, dass sie Krankheitserreger aufgenommen hat, ohne krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider zu sein. Die Aufnahme von Krankheitserregern im Sinne von § 2 Nr. 7 IfSG ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts „anzunehmen“, wenn der Betroffene mit hinreichender Wahrscheinlichkeit Kontakt zu einer infizierten Person oder einem infizierten Gegenstand hatte. Die Vermutung, der Betroffene habe Krankheitserreger aufgenommen, muss naheliegen. Eine bloß entfernte Wahrscheinlichkeit genügt nicht. Demzufolge ist die Annahme eines Ansteckungsverdachts nicht schon gerechtfertigt, wenn die Aufnahme von Krankheitserregern nicht auszuschließen ist (anders die abweichende Formulierung in § 1 Abs. 2 Nr. 7 des Tierseuchengesetzes – TierSG – zur Legaldefinition des ansteckungsverdächtigen Tieres). Andererseits ist auch nicht zu verlangen, dass sich die Annahme „geradezu aufdrängt“. Erforderlich und ausreichend ist, dass die Annahme, der Betroffene habe Krankheitserreger aufgenommen, wahrscheinlicher ist als das Gegenteil (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.3.2012 – BVerwG 3 C 16.11 -, juris Rn. 31 m.w.N.).

Für die Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit einer Ansteckungsgefahr gilt allerdings kein strikter, alle möglichen Fälle gleichermaßen erfassender Maßstab. Es ist der im allgemeinen Polizei- und Ordnungsrecht geltende Grundsatz heranzuziehen, dass an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts umso geringere Anforderungen zu stellen sind, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist. Dafür sprechen das Ziel des Infektionsschutzgesetzes, eine effektive Gefahrenabwehr zu ermöglichen (§§ 1 Abs. 1, 28 Abs. 1 IfSG), sowie der Umstand, dass die betroffenen Krankheiten nach ihrem Ansteckungsrisiko und ihren Auswirkungen auf die Gesundheit des Menschen unterschiedlich gefährlich sind. Im Falle eines hochansteckenden Krankheitserregers, der bei einer Infektion mit großer Wahrscheinlichkeit zu einer tödlich verlaufenden Erkrankung führen würde, drängt sich angesichts der schwerwiegenden Folgen auf, dass die vergleichsweise geringe Wahrscheinlichkeit eines infektionsrelevanten Kontakts genügt. Das Beispiel zeigt, dass es sachgerecht ist, einen am Gefährdungsgrad der jeweiligen Erkrankung orientierten, „flexiblen“ Maßstab für die hinreichende (einfache) Wahrscheinlichkeit zugrunde zu legen (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.3.2012, a.a.O., Rn. 32 m.w.N.).

Ob gemessen daran ein Ansteckungsverdacht im Sinne von § 2 Nr. 7 IfSG zu bejahen ist, beurteilt sich unter Berücksichtigung der Eigenheiten der jeweiligen Krankheit und der verfügbaren epidemiologischen Erkenntnisse und Wertungen sowie anhand der Erkenntnisse über Zeitpunkt, Art und Umfang der möglichen Exposition der betreffenden Person und über deren Empfänglichkeit für die Krankheit. Es ist erforderlich, dass das zugrundeliegende Erkenntnismaterial belastbar und auf den konkreten Fall bezogen ist. Die Feststellung eines Ansteckungsverdachts setzt voraus, dass die Behörde zuvor Ermittlungen zu infektionsrelevanten Kontakten des Betroffenen angestellt hat; denn ohne aussagekräftige Tatsachengrundlage lässt sich nicht zuverlässig bewerten, ob eine Aufnahme von Krankheitserregern anzunehmen ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.3.2012, a.a.O., Rn. 33). Allerdings hat der Gesetzgeber in § 32 Satz 1 IfSG den Erlass von Rechtsverordnungen und damit von abstrakt-generellen Regelungen vorgesehen. Eine auf den konkreten Einzelfall bezogene Ermittlungstätigkeit kann vom Verordnungsgeber infolgedessen nicht erwartet werden. Wohl aber hat er seine Regelungen, die nur „unter den Voraussetzungen, die für Maßnahmen nach den §§ 28 bis 31 maßgebend sind“, erlassen werden können, auf konkret nachvollziehbare und belastbare tatsächliche Grundlagen zu stützen.

Nach der Risikobewertung des gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 1 IfSG hierzu berufenen Robert Koch-Instituts (RKI) besteht für die Rückkehrer aus Risikogebieten ein hinreichend konkreter Bezug zu einer Infektionsgefahr (siehe nunmehr auch ausdrücklich §§ 2 Nr. 17, 36 Abs. 8 Satz 1 IfSG in der Fassung des Dritten Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom 18.11.2020, BGBl. I, S. 2397). Das RKI nimmt die Einstufung nicht allein anhand von Infektionszahlen, sondern unter Berücksichtigung diverser Faktoren vor, so dass die vom Antragsteller geübte Kritik an Infektionszahlen und Testmethoden zu kurz greift. Die Einstufung als Risikogebiet basiert auf einer zweistufigen Bewertung. Zunächst wird festgestellt, in welchen Staaten/Regionen es in den letzten sieben Tagen mehr als 50 Neuinfizierte pro 100.000 Einwohner gab. In einem zweiten Schritt wird nach qualitativen und weiteren Kriterien festgestellt, ob z.B. für Staaten/Regionen, die den genannten Grenzwert nominell über – oder unterschreiten, dennoch die Gefahr eines nicht erhöhten oder eines erhöhten Infektionsrisikos vorliegt. Für die EU-Mitgliedstaaten wird seit der 44. Kalenderwoche hier insbesondere die nach Regionen aufgeschlüsselte Karte des Europäischen Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) berücksichtigt. Die Karte enthält Daten zur Rate der SARS-CoV-2-Neuinfektionen, zur Testpositivität und zur Testrate. Für Bewertungsschritt 2 liefert außerdem das Auswärtige Amt auf der Grundlage der Berichterstattung der deutschen Auslandsvertretungen sowie ggf. das Bundesministerium für Gesundheit sowie das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat qualitative Berichte zur Lage vor Ort, die auch die jeweils getroffenen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie beleuchten. Maßgeblich für die Bewertung sind insbesondere die Infektionszahlen und die Art des Ausbruchs (lokal begrenzt oder flächendeckend), Testkapazitäten sowie durchgeführte Tests pro Einwohner sowie in den Staaten ergriffene Maßnahmen zur Eindämmung des Infektionsgeschehens (Hygienebestimmungen, Kontaktnachverfolgung etc.) (https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikogebiete_neu.html). Dieses Vorgehen stützt die Festsetzung von Risikogebieten auf eine hinreichend aussagekräftige Tatsachengrundlage (so auch OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 13.7.2020 – 13 B 968/20.NE -, juris Rn 81).

Die vom Antragsteller wiederholt vorgetragenen Einwände gegen die Einordnung der ländlichen Region um Valencia als Risikogebiet führen nicht weiter. Die Einstufung einer Region Spaniens als Risikogebiet kann nicht Gegenstand des Normenkontrolleilverfahrens sein, da sie nicht in § 1 Abs. 1 bis 3 der Niedersächsischen Quarantäne-Verordnung vorgenommen wird (anders wohl VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 16.7.2020 – 1 S 1792/20 -, juris Rn. 32). Überprüft werden kann nur, ob auf eine nicht im Einzelnen überprüfbare Einstufung durch das RKI verwiesen werden darf, was wie soeben ausgeführt der Fall ist. Es besteht auch kein Anspruch darauf, dass eine genauere als die vom RKI vorgenommene Differenzierung erfolgt, etwa nach einzelnen Landesteilen. Insoweit steht dem RKI ein Spielraum zu, welchen Zuschnitt er vornehmen will, um verlässlich und fortlaufend aktualisierend die Einstufung einer Region als Risikogebiet feststellen zu können. Dass es diesen Spielraum in der Betrachtung ganz Spaniens (bis auf die Kanarischen Inseln) überschritten haben könnte, ist nicht ersichtlich.

(b) Es ist aber offen, ob die streitgegenständlichen Verordnungsregelungen auch nach Art und Umfang als notwendige Schutzmaßnahmen im Sinne der §§ 28 Abs. 1, 30 Abs. 1 Satz 2 IfSG anzusehen sind.

„Schutzmaßnahmen“ im Sinne des § 28 Abs. 1 IfSG können ausdrücklich auch Absonderungspflichten und ihnen nachgelagerte Pflichten nach §§ 29, 30 IfSG sein.

Der Kreis möglicher Schutzmaßnahmen wird durch § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG aber dahin begrenzt, dass die Schutzmaßnahme im konkreten Einzelfall „notwendig“ sein muss. Der Staat darf mithin nicht alle Maßnahmen und auch nicht solche Maßnahmen anordnen, die von Einzelnen in Wahrnehmung ihrer Verantwortung gegenüber sich selbst und Dritten bloß als nützlich angesehen werden. Vielmehr dürfen staatliche Behörden nur solche Maßnahmen verbindlich anordnen, die zur Erreichung infektionsschutzrechtlich legitimer Ziele objektiv notwendig sind (vgl. Senatsbeschl. v. 26.5.2020 – 13 MN 182/20 -, juris Rn. 38). Diese Notwendigkeit ist während der Dauer einer angeordneten Maßnahme von der zuständigen Behörde fortlaufend zu überprüfen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.4.2020 – 1 BvQ 31/20 -, juris Rn. 16).

Im Gegensatz zu den vorigen Entscheidungen (Senatsbeschl. v. 29.10.2020 – 13 MN 396/20 – und v. 5.6.2020 – 13 MN 195/20 -, jeweils abrufbar über juris) sieht der Senat die Erfolgsaussichten insoweit nunmehr als offen an. Der Senat kann noch nicht abschließend beurteilen, ob ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG vorliegt und überdies die Regelung unverhältnismäßig (geworden) ist.

Die Pandemielage ist aktuell dadurch gekennzeichnet, dass der Aufenthalt in Niedersachsen und einem Großteil der übrigen Bundesrepublik Deutschland mit einer vergleichbaren Infektionsgefahr verbunden sein dürfte wie der Aufenthalt in einem gemäß § 1 Abs. 4 der Niedersächsischen Quarantäne-Verordnung benannten Risikogebiet. Deutschlandweit gibt es eine 7-Tage-Inzidenz von 136 Fällen je 100.000 Einwohnern (RKI, Covid-19-Lagebericht vom 29.11.2020, https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Nov_2020/2020-11-29-de.pdf?__blob=publicationFile). In Niedersachsen liegt die 7-Tage-Inzidenz bei 86,5 Fällen/100.000 Einwohnern (https://www.niedersachsen.de/Coronavirus/aktuelle_lage_in_niedersachsen/, (Stand: 29.11.2020). Es handelt sich dabei weitgehend um ein diffuses Infektionsgeschehen ohne feststellbare Ausgangsereignisse.

Vor diesem Hintergrund ist die Argumentation, Auslandsreisen würden eine signifikante zusätzliche Infektionsgefahr nicht begründen, nicht ohne Weiteres von der Hand zu weisen (siehe OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 20.11.2020 – 13 B 1770/20.NE -, juris Rn. 36ff.). Für Personen, die Niedersachsen nicht verlassen haben oder die sich in einem anderen Bundesland mit vergleichbaren Inzidenzwerten aufgehalten haben, kann eine ebenso hohe oder sogar noch höhere Wahrscheinlichkeit bestehen, dass sie das Coronavirus aufgenommen haben und als ansteckungsverdächtig i. S. v. § 2 Nr. 7 IfSG angesehen werden können. Für Daheimgebliebene besteht anders als für Personen, die nur vorübergehend ins Ausland gereist sind, jedoch keine Absonderungspflicht.

Dass dies eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung vergleichbarer Sachverhalte und damit einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG darstellt, ist jedoch nicht unbedingt anzunehmen.

Es ist festzuhalten, dass eine unterschiedliche Behandlung von Rückkehrern aus dem Ausland grundsätzlich gerechtfertigt sein kann, wenn und soweit mit Blick auf Unklarheiten der Reisewege, das Zusammentreffen einer Vielzahl von unbekannten Reisenden oder unklaren Infektionslagen in Drittländern ein sachlicher Differenzierungsgrund besteht (so auch OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 20.11.2020 – 13 B 1770/20.NE -, juris Rn. 40). Das Bewegungs- und damit Kontaktprofil von Auslandsreisenden unterscheidet sich typischerweise von dem Daheimgebliebener. Durch die stärkere Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln, öffentlicher Infrastruktur (Flughäfen, Beherbergungsbetriebe) und die bei Auslandsreisen oft eintretende Kontaktaufnahme mit Personen, die nicht dem alltäglichen Umfeld entstammen, ist das Verhalten von Auslandsreisenden typisierbar eher gefahrengeneigt. Dies unterscheidet sich auch gegenüber innerdeutsch Reisenden, da hierzulande etwa Beherbergungsbetriebe für touristische Zwecke, Gastronomie- und Kulturbetriebe vollständig geschlossen sind.

Inzidenzwerte sind darüber hinaus nicht unbedingt vergleichbar, da die Art und Häufigkeit der Testung (Teststrategie) weltweit unterschiedlich ausgestaltet ist. Nicht ohne Grund erfolgt die Festlegung von Risikogebieten durch eine Risikobewertung des RKI und nicht pauschal anhand von Fallzahlen.

Ein Vergleich der Infektionsgefahren für Reisende aus dem Ausland einerseits und Daheimgebliebene anderseits ist nur durch Berücksichtigung vieler Faktoren möglich. Hierzu zählt etwa die Risikobewertung an den jeweiligen Aufenthaltsorten im In- und Ausland und diese möglicherweise zu verschiedenen Zeiten. Dazu käme eine differenzierte Betrachtung von Zwischenaufenthalten in Gebieten mit anderer Risikobewertung und zuletzt eine (ohnehin schon teilweise in Form individueller „angemessener Schutz- und Hygienekonzepte“ verordnete) Berücksichtigung individueller Gefahrenquellen und Präventionsmaßnahmen, etwa eine freiwillige Absonderung im Ausland.

Eine Quarantäne-Verordnung muss nicht alle diese Faktoren abbilden. Würde sie es tun, wäre sie voraussichtlich unübersichtlich und schwer handhabbar und würde damit ihren infektionsschützenden Zweck verfehlen (vgl. Senatsbeschl. v. 18.11.2020 – 13 MN 448/20 -, juris Rn. 116; v. 28.10.2020 – 13 MN 390/20 -, juris Rn. 34). Praktikabilität und Einfachheit des Rechts können generalisierende Regelungen rechtfertigen (stRspr. des BVerfG, vgl. Beschl. v. 18.7.2005 – 2 BvF 2/01 -, juris Rn. 179 m.w.N.). Bereits die jetzige Quarantäne-Verordnung ist mit ihren Ausnahmeregelungen für den Normadressaten kaum noch zu überblicken. Würde sie weitere Parameter enthalten, könnte eine im Einzelfall ungerechtfertigte Ungleichbehandlung zwar ausgeschlossen werden; eine infektionsschützende Wirkung würde eine derartige Verordnung allerdings mangels Verständlichkeit kaum noch entfalten.

Verbleibende ungerechtfertigte Ungleichbehandlungen könnten zudem durch Befreiungen überwunden werden. Dies sieht der Senat jedenfalls im Rahmen der summarischen Prüfung nicht als von vorneherein untaugliches Mittel zur Sicherstellung des Gleichheitsgrundrechts aus Art. 3 GG an. Die Niedersächsische Quarantäne-Verordnung enthält, anders als die Niedersächsische Corona-Verordnung, in § 1 Abs. 9 eine Befreiungsmöglichkeit im Einzelfall. Der Weg einer Befreiung dürfte nicht nur wegen der tatsächlich individuell sehr unterschiedlichen Gefahrgeneigtheit von Auslandsaufenthalten ein geeignetes Verfahren des Infektionsschutzes darstellen, sondern kann darüber hinaus die aktuelle Entwicklung des Infektionsgeschehens am inländischen Aufenthaltsort des Betroffenen besser berücksichtigen. Dass eine Person, die aus einem Risikogebiet nach Niedersachsen zurückkehrt und keinen der in der Quarantäne-Verordnung typisierten Ausnahmetatbestände erfüllt, zur Vermeidung einer 10-, bzw. bei Negativtestung 5-tägigen Absonderung (§ 2 Abs. 1 der Quarantäne-Verordnung) eine entsprechende Einzelfallprüfung durchlaufen muss, erscheint dem Senat nicht offensichtlich unverhältnismäßig. Nur im Wege einer Einzelfallprüfung kann zudem beurteilt werden, ob individuelle Präventionsmaßnahmen ausreichend und glaubhaft sind.

b. Die wegen der danach offenen Erfolgsaussichten gebotene Folgenabwägung führt dazu, dass die von dem Antragsteller geltend gemachten Gründe für die vorläufige Außervollzugsetzung die für den weiteren Vollzug der Verordnung sprechenden Gründe nicht überwiegen.

Würde der Senat die Absonderungspflicht außer Vollzug setzen, bliebe der zu stellende Normenkontrollantrag in der Hauptsache aber ohne Erfolg, könnte der Antragsteller zwar vorübergehend die mit den Schutzmaßnahmen verbundenen Beeinträchtigungen vermeiden. Ein durchaus wesentlicher Baustein der komplexen Pandemiebekämpfungsstrategie des Antragsgegners würde aber in seiner Wirkung deutlich reduziert (vgl. zur Berücksichtigung dieses Aspekts in der Folgenabwägung: BVerfG, Beschl. v. 1.5.2020 – 1 BvQ 42/20 -, juris Rn. 10), und dies in einem Zeitpunkt eines immer noch dynamischen Infektionsgeschehens. Die Möglichkeit, eine geeignete und erforderliche Schutzmaßnahme zu ergreifen und so die Verbreitung der Infektionskrankheit zum Schutze der Gesundheit der Bevölkerung, einem auch mit Blick auf Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG überragend wichtigen Gemeinwohlbelang (vgl. BVerfG, Urt. v. 30.7.2008 – 1 BvR 3262/07 u.a. -, BVerfGE 121, 317, 350 – juris Rn. 119 m.w.N.), effektiver zu verhindern, bliebe hingegen zumindest zeitweise bis zu einer Reaktion des Verordnungsgebers (irreversibel) ungenutzt.

Würden hingegen die streitgegenständlichen Verordnungsregelungen nicht vorläufig außer Vollzug gesetzt, hätte der Normenkontrollantrag aber in der Hauptsache Erfolg, wäre der Antragsteller vorübergehend zu Unrecht zur Befolgung der – für den Fall der Nichtbefolgung bußgeldbewehrten – Absonderungspflicht und den nachgelagerten Pflichten verpflichtet und die hiermit verbundenen Grundrechtseingriffe würden verfestigt. Diese Eingriffe sind von deutlichem Gewicht. Dieses Gewicht wird aber dadurch abgemildert, dass eine Reduzierung der Absonderungsdauer durch Freitestung (§ 2 Abs. 1 der Verordnung) sowie eine Befreiung von der Absonderungspflicht (§ 1 Abs. 9 der Verordnung) möglich ist. Im Falle eines zwingend notwendigen Aufsuchens der Immobilie in Spanien wäre zudem der Ausnahmetatbestand des § 1 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 der Niedersächsischen Quarantäne-Verordnung in Betracht zu ziehen, so dass eine Freitestung zu einem vollständigen Wegfall der Absonderungspflicht führen würde. Der hiernach verbleibende Eingriff hat hinter dem mit der Maßnahme verfolgten legitimen Ziel eines effektiven Infektionsschutzes zurückzustehen und ist von dem Antragsteller vorübergehend hinzunehmen. Denn ohne diesen würde sich die Gefahr der Ansteckung mit dem Virus, der erneuten Erkrankung vieler Personen, der Überlastung der gesundheitlichen Einrichtungen bei der Behandlung schwerwiegender Fälle und schlimmstenfalls des Todes von Menschen auch nach den derzeit nur vorliegenden Erkenntnissen erheblich erhöhen (vgl. zu dieser Gewichtung: BVerfG, Beschl. v 7.4.2020 – 1 BvR 755/20 -, juris Rn. 10; Beschl. v. 28.4.2020 – 1 BvR 899/20 -, juris Rn. 12 f.).

In diese Folgenabwägung wird auch eingestellt, dass die Verordnung gemäß ihres § 5 zeitlich begrenzt ist. Damit ist sichergestellt, dass die Verordnung unter Berücksichtigung neuer Entwicklungen der Corona-Pandemie fortgeschrieben werden muss. Hierbei hat der Antragsgegner – wie auch bei jeder weiteren Fortschreibung der Verordnung – zu untersuchen, ob es angesichts neuer Erkenntnisse etwa zu den Verbreitungswegen des Virus oder zur Gefahr einer Überlastung des Gesundheitssystems verantwortet werden kann, die Absonderungspflicht unter – gegebenenfalls strengen – Auflagen zu lockern (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.4.2020 – 1 BvQ 28/20 -, juris Rn. 16).

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

III. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG. Es entspricht der ständigen Praxis des Senats, in Normenkontrollverfahren in der Hauptsache nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO grundsätzlich den doppelten Auffangwert im Sinne des § 52 Abs. 2 GKG, mithin 10.000 EUR, als Streitwert anzusetzen (vgl. Senatsbeschl. v. 31.1.2019 – 13 KN 510/18 -, Nds. Rpfl. 2019, 130 f. – juris Rn. 29). Dieser Streitwert ist für das Verfahren auf sofortige Außervollzugsetzung der Verordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO zu halbieren.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5 in Verbindung mit 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

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