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Eigentumswohnungskauf – vorsätzlich sittenwidrige Schädigung – Rücktritt vom Kaufvertrag

 OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN

Az.: 9 U 71/02

Verkündet am 09.04.2003

Vorinstanz: Landgericht Frankfurt a. M. – Az.: 2/22 O 250/98


In dem Rechtsstreit hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 26.03.2003 für Recht erkannt:

Auf die Berufung des Klägers wird das angefochtene Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 11. Mai 2001 – Az. 2/22/250/98 – unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass der Beklagten aus dem Darlehen vom 15. / 17. Mai 1991, Nummer XXX und den mittlerweile eingerichteten Unterkonten mit den Endziffern 00, 05, 06 und 07 keine Ansprüche mehr gegen den Kläger zustehen.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger die zur Sicherheit übertragenen Ansprüche und Rechte aus drei Lebensversicherungen bei der ….., im Einzelnen 70.000,- DM Nr. XXX-40, 15.000,- DM Nr. XXXX-34,

20.000,- DM Nr. XXXX-41, sowie der Lebensversicherung bei der …….

Lebensversicherung Nr. XXXX über 750.000,- DM zurückzuübertragen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 30%, die Beklagte 70% zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger nimmt die Beklagte aus der Finanzierung des Kaufs einer Eigentumswohnung in Anspruch.

Der Kläger betreibt seit 1971 ein Ingenieurbüro. Er erstellte für die K. GmbH, die Immobiliengeschäfte tätigte, und deren Geschäftsführer Herrn Kt. Wertgutachten über Grundstücke und hatte einen Beratervertrag mit der GmbH. Der Kläger beauftragte Herrn Kt., für ihn eine Immobilie zu erwerben und erteilte der GmbH notarielle Vollmacht zum Erwerb einer Eigentumswohnung sowie zum Abschluss der erforderlichen Finanzierungsverträge (Bl. 87). Mit notariellem Kaufvertrag vom 3. Mai 1991 erwarb die K. GmbH eine Eigentumswohnung im Anwesen Brunnengasse 50 in N. zum Preis von 390.000,- DM. Mit notariellem Kaufvertrag vom 7. Mai 1991 (Bl. 94) verkaufte die K. GmbH die Wohnung zum Preis von 780.000,- DM an den von ihr vertretenen Kläger weiter.

Am 15. Mai 1991 unterzeichnete der damals 55-jährige Kläger persönlich in den Räumen der Filiale Fürth der Beklagten einen Kreditantrag über insgesamt 849.000,-DM zur Finanzierung des Immobilienerwerbs (Bl. 962). Am 17. Mai 1991 nahm die Beklagte das Angebot an (Bl. 112). Die Ehefrau des Klägers, die ebenfalls Darlehensnehmerin werden sollte, unterschrieb den Darlehensantrag am 6. Juni 1991 in ihrer Wohnung, wo sie von Herrn E., einem Mitarbeiter der Beklagten, aufgesucht wurde. Als Sicherheiten waren eine Grundschuld über 850.000,- DM an der Eigentumswohnung, eine weitere Grundschuld über 260.000,- DM am privaten Wohnhaus der Ehefrau des Klägers, die Abtretung von Ansprüchen aus drei Lebensversicherungsverträgen und die Verpfändung von 60.000,- DM Festgeld vereinbart. Die Tilgung des Darlehens sollte über die Leistungen der Lebensversicherungen erfolgen, von denen zumindest eine Laufzeit von 45 Jahren hatte.

Am 23. Mai 1991 überwies der Kläger den Kaufpreis an die K. GmbH, diese überwies über ein bei der Beklagten geführtes Konto am 26. Juni 1991 den Kaufpreis an die Voreigentümerin.

Herr E. hatte über die K. GmbH zwei PKW gekauft und war so in den Genuss des Firmenrabatts gekommen.

Herr Kt. wurde wegen diverser Betrugshandlungen im Zusammenhang mit Immobiliengeschäften durch Urteil des LG N. vom 5. Februar 1995 zu einer Freiheitsstrafe von 5 Jahren und 9 Monaten verurteilt.

Die Wohnung ist inzwischen veräußert, der Erlös dem Darlehenskonto des Klägers gutgeschrieben worden. Zins- oder Tilgungszahlungen auf das Darlehen hat der Kläger nicht erbracht.

Der Kläger nimmt die Beklagte mit der am 17. November 1998 zugestellten Klage auf Schadensersatz in Höhe der Differenz zwischen dem tatsächlichen Wert der Wohnung (rund 390.000,- DM) und dem in Anspruch genommenen Darlehen (780.000,-DM) sowie auf Rückübertragung der zur Sicherheit abgetretenen Lebensversicherungen in Anspruch und begehrt Feststellung, dass der Beklagten aus dem Darlehensvertrag keine weiteren Ansprüche mehr zustehen.

Der Kläger hat behauptet, die Mitarbeiter der Beklagten Herr E. und Herr Kt. hätten bewusst zusammen gewirkt, um ihn zu schädigen. Die Beklagte habe um die Überteuerung der Wohnung gewusst, ihr habe der Vertrag vom 3. Mai 1991 vorgelegen. Er war der Ansicht, die Beklagte habe auch für das Verhalten des Herrn Kt. einzustehen.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 390.000,- DM nebst 9,75% Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

2. festzustellen, dass der Beklagten aus dem Darlehen vom 15. /17. Mai 1991, Nummer XXXXXXXX und den mittlerweile eingerichteten Unterkonten mit den Endziffern 00, 05, 06 und 07 keine Ansprüche mehr zustehen;

3. die Beklagte zu verurteilen, an ihn die zur Sicherheit übertragenen Ansprüche und Rechte aus drei Lebensversicherungen bei der……, im Einzelnen 70.000,- DM Nr. XXXXXX-40, 15.000,- DM Nr. XXXX-34,

20.000,- DM Nr. XXXXX-41, sowie der Lebensversicherung bei der………

Lebensversicherung Nr. XXXX über 750.000,- DM zurückzuübertragen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Beklagte behauptet, den Beleihungs- und nicht den Verkehrswert ermittelt und deswegen die Zusatzsicherheiten verlangt zu haben.

Das Landgericht hat die Klage mit am 11. Mai 2001 verkündeten Urteil (Bl. 773) abgewiesen, das dem Kläger am 15. Mai 2001 zugestellt wurde. Mit am 13. Juni 2001 eingegangenem Schriftsatz hat der Kläger Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Berufung beantragt und nach Zustellung des Beschlusses vom 31. Juli 2002 über deren teilweise Gewährung am 3. September 2002 unter gleichzeitiger Beantragung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand Berufung eingelegt und diese am 27. September 2002 begründet.

Der Kläger wiederholt und vertieft seinen Vortrag erster Instanz. Er ist der Ansicht, aus einer Reihe von Merkwürdigkeiten bei der Darlehensgewährung-wegen der auf Bl. 1073 f. d.A. Bezug genommen wird- sei auf das kollusive Zusammenwirken der Herren E. und Kt. zu schließen. Er hat den Darlehensvertrag nach dem Haustürwiderrufsgesetz widerrufen.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 199.403,83 € nebst 9,75% Zinsen seit Rechtshängigkeit zu bezahlen;

2. festzustellen, dass der Beklagten aus dem Darlehen vom 15. /17. Mai 1991, Nummer XXXX und den mittlerweile eingerichteten Unterkonten mit den Endziffern 00, 05, 06 und 07 keine Ansprüche mehr zustehen;

3. die Beklagte zu verurteilen, an ihn die zur Sicherheit übertragenen Ansprüche und Rechte aus drei Lebensversicherungen bei der………, im

Einzelnen 70.000,- DM Nr. XXXXXXX-40, 15.000,- DM Nr. XXXX-34, 20.000,- DM Nr. XXXXX -41, sowie der Lebensversicherung bei der

………..Lebensversicherung Nr. XXXX über 750.000,- DM zurück zu übertragen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Insoweit wird auf die Berufungserwiderung vom 28. 10.2002 Bezug genommen. Nach Schluss der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin den nicht nachgelassenenen Schriftsatz vom 19.3.2003 eingereicht (Bl. 1163).

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist zulässig. Soweit die Einlegung erst nach Ablauf der Frist des § 516 ZPO in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung -die auf den vorliegenden Fall Anwendung findet, weil die mündliche Verhandlung erster Instanz vor diesem Tag geschlossen wurde (§ 26 Nr. 5 EGZPO) – erfolgte, ist dem Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (§ 233 ZPO), weil er infolge der zunächst nicht vorliegenden Entscheidung über seinen Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe ohne sein Verschulden an der rechtzeitigen Einlegung verhindert war. Der Prozesskostenhilfeantrag ist innerhalb der Berufungsfrist gestellt, die Berufung innerhalb der mit Zustellung des Prozesskostenhilfebeschlusses beginnenden Wiedereinsetzungsfrist eingelegt worden.

In der Sache führt die Berufung des Klägers zu einer teilweisen Abänderung des angefochtenen Urteils. Die Klage ist hinsichtlich der Anträge 2. und 3. begründet. Der Kläger kann von der Beklagten sowohl Feststellung verlangen, dass er aus den mit dieser geschlossenen Darlehensverträgen nicht zur Leistung verpflichtet ist, als auch Rückgewähr der für die Darlehen übertragenen Sicherheiten. Ein dahin gehender Anspruch steht ihm aus § 826 BGB zu. Die Beklagte muss sich über § 831 BGB zurechnen lassen, dass ihr Mitarbeiter E. vorsätzlich und mit dem Zweck, den Kläger zu schädigen, mit Herrn Kt. zusammengewirkt hat. Dies steht zur Überzeugung des Gerichts aufgrund einer Vielzahl von Einzeltatsachen fest, die in ihrer Gesamtheit nur den Schluss zulassen, dass ein kollusives Zusammenwirken der Herren Kt. und E. vorlag.

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass Herr E. über die K. GmbH zwei Autos bezogen und dabei einen ihm ansonsten nicht zustehenden Firmenrabatt erhalten hat. Auch wenn er der GmbH den Kaufpreis selbst erstattete, ist ihm damit über Herrn Kt. ein Vorteil zugeflossen. Daraus folgt zum einen, dass es zwischen Herrn Kt. und Herrn E. Beziehungen gab, die über eine reine Geschäftsbeziehung zu Banken und die Zuführung von Darlehensnehmern hinausgingen. Zum anderen kann hierin ein Motiv für Herrn E. liegen, sich Herrn Kt. gegenüber verpflichtet zu fühlen und diesem ebenfalls einen wirtschaftlichen Vorteil zufließen zu lassen.

Eine ebensolche Motivation kann für Herrn E. darin gelegen haben, dass er Herrn Kt. (und dessen Gesellschaft) in der Vergangenheit Darlehen in enormer Höhe gewährt hatte und eine Rückzahlung voraussetzte, dass weiter Geschäfte mit möglichst hohem Gewinn gemacht wurden.

Auch in früheren Fällen war es Herrn Kt. aufgrund seiner Persönlichkeit gelungen, bis dahin unbescholtene Dritte in seine – letztlich zu seiner Verurteilung führenden -Machenschaften hineinzuziehen.

Schon zwei Tage nach Stellung des Darlehensantrags (15.5.1991, Bl. 111) erfolgte die Darlehenszusage (17.5.1991, Bl. 112). Die Beklagte konnte nicht erklären, wie es zu einer solch ungewöhnlich raschen Bearbeitung des Darlehensantrags kam. Insbesondere ist nicht verständlich, wie die Beklagte in dieser kurzen Frist all diejenigen Tatsachen ermitteln konnte, die nach ihrem eigenen Vortrag für die Entscheidung über die Kreditgewährung zu prüfen waren. Was genau zur Feststellung des Werts der Immobilie oder der Bonität des Klägers unternommen wurde, hat die Beklagte nicht dargetan. Soweit sie mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 19.3.2003 vorträgt, es habe bereits vor dem 15.5.2003 Gespräche über eine Finanzierung gegeben, ist diese Behauptung zum einen nicht zu berücksichtigen (§ 296a ZPO), zum anderen aber auch unsubstanziiert, weil sie nicht erkennen lässt, wann welche Einzelheiten besprochen worden sein sollen.

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Obwohl sie selbst in der Darlehenszusage die Vorlage einer ganzen Reihe von Unterlagen für erforderlich hielt, kam es zur Auszahlung des Darlehens, ohne dass alle Unterlagen tatsächlich vorgelegen hätten. Dies gilt etwa für die Mietgarantie, die erst am 17.6.1991 erstellt wurde oder die Grundschuldbestellungen, die erst am 24.5.1991 erfolgten. Besondere Bedeutung für die interne Willensbildung der Beklagten musste dem Vermerk über die Liquiditätsberechnung (Bl. 513) zukommen. Dieser jedoch datiert erst vom 20.6.1991, wurde also erst nach Auszahlung des Darlehens angefertigt. Er stammt von Herrn E.. Die mit Schriftsatz vom 19.3.2003 hierfür angebotene Erklärung, Herr E. sei vom 18.5. bis 20.6.1991 in Urlaub gewesen, ist -weil erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung vorgetragen – nicht zu berücksichtigen (§ 296a ZPO). Erklärlich wird dieser Geschehensablauf, wenn man davon ausgeht, dass Herr E. daran interessiert war, dass der Kläger den hohen Kaufpreis an Herrn Kt. zahlen konnte und hierzu ein Darlehen der Beklagten unabhängig von den sonst üblichen Voraussetzungen gewährt werden musste.

Der Umstand, dass die Beklagte sich nicht mit der Grundschuld an der gekauften Wohnung zufrieden gab, sondern weitere Sicherheiten in erheblichem Umfang forderte, kann darauf hindeuten, dass ihr der geringere Wert der Wohnung bekannt war. Trotz Aufforderung des Senats vom 14.2.2003 hat die Beklagte nicht mitgeteilt, auf welcher tatsächlichen Grundlage sie die von ihr behauptete Ermittlung des Beleihungswerts durchgeführt hat und welchen Wert sie dabei festgestellt hat. Hierin kann ein Indiz dafür liegen, dass Herrn E. der wahre Wert der Wohnung dadurch bekannt war, dass er den Vertrag über den Ankauf der Wohnung durch die K. GmbH kannte. Sinn macht eine solche Übersicherung aus der Sicht des Herrn E. auch, wenn er einerseits einen letztlich Herrn Kt. zufließenden Kredit an den Kläger vergeben, andererseits aber das Risiko für seine Arbeitgeberin, die Beklagte, möglichst gering halten wollte und deswegen, weil er wusste, dass der Wohnungswert die Kredithöhe nicht annähernd erreichte, eine Vielzahl weiterer werthaltiger Sicherheiten verlangte.

Wahrheitswidrig ist in der Darlehenszusage die Rede davon, die Grundschuldbestellungen seien bereits erfolgt. Erklärlich ist dies, wenn die Darlehenszusage möglichst rasch und zudem unabhängig von den üblicherweise durchzuführenden Prüfungen gemacht werden sollte. Durch die rasche Abwicklung des Geschäfts wurde den Interessen des Herrn Kt. an einer alsbaldigen Erlangung des Geldes Rechnung getragen und verhindert, dass der Kläger noch absprang. Zudem konnte vermieden werden, dass die Kreditgewährung intern bei der Beklagten auffiel und vielleicht noch gestoppt wurde.

Die als Sicherheit im Vertrag vorgesehene Verpfändung eines Festgeldkontos war nicht möglich, weil der Kläger über ein solches Konto gar nicht verfügte. Dass das Konto zwar existierte, später aber nicht freigegeben wurde, ist von der Beklagten erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung vorgetragen und muss deswegen für die Entscheidung unberücksichtigt bleiben (§ 296a ZPO). Wenn Herr E. befürchten musste, dass anderen Mitarbeitern der Beklagten der im Verhältnis zur Darlehenssumme extrem geringe Wert der Wohnung auffiel, und selbst mit den zusätzlich tatsächlich erhaltenen Sicherheiten eine adäquate Risikoabdeckung nicht möglich war, musste er der Beklagten weitere Sicherheiten vorgaukeln.

Die Beklagte hat sowohl den bei Darlehensgewährung bestehenden Mietvertrag über die gekaufte Wohnung als auch eine Mietgarantie für die Zukunft gefordert. Der Mietvertrag ergab eine Miete in Höhe von ca. 1.000,- DM monatlich (Bl. 334), die Mietgarantie lautete auf 5.000,- DM monatlich (Bl. 130). Zu irgendwelchen Rückfragen sah sich Herr E. dabei nicht veranlasst. Dies gilt auch für den Umstand, dass die Mietgarantie von der K. GmbH abgegeben worden war.

In einem Vermerk des Herrn E. vom 20.6.1991 (Bl. 513) ist die Rede davon, es stehe eine „möblierte Weitervermietung“ zu dem höheren Preis bevor, obwohl davon in der Mietgarantie nicht die Rede ist, der bestehende, bis Ende 1993 befristete Mietvertrag ungekündigt und eine Weitervermietung wegen des fehlenden Sanitärbereichs kaum möglich war. Zu vermuten ist, dass Herr E. hier nachträglich versuchte, Widersprüche so zu erklären, dass sie intern bei der Beklagten nicht zu einer Überprüfung der Angelegenheit führten.

Als Einkommensnachweis, den die Beklagte ebenfalls gefordert hatte, wurde der Beratervertrag zwischen dem Kläger und der K. GmbH vorgelegt, aus dem sich ergab, dass dem Kläger monatlich 20.000,- DM zustanden (Bl. 579). Diese Einkünfte bleiben in dem bankinternen Vermerk (Bl. 513) unberücksichtigt, obwohl Einkommen in dieser Höhe für die Bonität des Klägers erheblich sein sollten. Möglicherweise war diese Falschinformation Herrn E. so plump erschienen, dass er sich vor einer Aufnahme in den Vermerk scheute.

Eine zur Absicherung und Tilgung des Darlehens abgetretene Lebensversicherung sollte bei dem bereits 55-jährigen Kläger weitere 45 Jahre laufen und mit monatlich rund 8.000,- DM bedient werden. Es musste Herrn E. auffallen, dass diese Zahlen unrealistisch waren und der seriösen Finanzierung einer Eigentumswohnung nicht zugrunde gelegt werden konnten. Aufgrund der vom Darlehensvertrag abweichenden Laufzeiten war so eine Tilgung im vereinbarten Umfang gar nicht möglich. Wenn Herr E. sich dennoch darauf einließ, hat er sich damit bewusst über auf der Hand liegende Bedenken hinweg gesetzt. Unerheblich ist dabei, ob und in welchem Umfang tatsächlich Zahlungen auf die Lebensversicherungen erfolgten.

Schließlich hat Herr E. in seinem Vermerk vom 20.6.1991 eine „Bearbeitungsgebühr“ in Höhe von 0,55% der Darlehenssumme für die K. GmbH in Ansatz gebracht. Ihm war klar, dass die K. GmbH damit gleich in mehrfacher Funktion (als Verkäuferin der Wohnung, als Mietgarantiegeberin und als Kreditvermittlerin) auftrat und deswegen ein besonderes Interesse an der Darlehensgewährung für den Kläger haben musste. Wenn Herr E. dennoch ohne vollständige Sachklärung das Darlehen gewährte, deutet das auf ein Handeln im Interesse der K. GmbH hin.

Keiner der genannten Umstände vermag für sich alleine das vorsätzliche Tun des Herrn E. zu belegen, in ihrer Gesamtheit jedoch lassen sie einen Zweifel daran nicht mehr zu. Er kannte die Absicht des Herrn Kt., den Kläger durch Verkauf einer Eigentumswohnung zu einem weit überhöhten Preis zu verkaufen und half dabei, indem er dem Kläger ein Darlehen verschaffte, mit dem dieser die Wohnung bezahlen konnte. Die Sittenwidrigkeit seines Tuns folgt aus dem bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Herrn Kt. zum Zwecke der Schädigung des Klägers.

Gegen die Überzeugung spricht nicht, dass es Umstände gibt, die eine Verflechtung auch zwischen dem Kläger und Herrn Kt. belegen. Der Kläger hatte enge berufliche Kontakte zu Herrn Kt. bis hin zur beabsichtigten Gründung einer gemeinsamen Gesellschaft, erstattete für ihn Wertgutachten, hatte einen Beratervertrag mit abgeschlossen, aus dem ihm Zahlungsansprüche zustanden, die zumindest über einige Monate auch erfüllt wurden. All dies war nach Überzeugung des Senats aber nur Teil der von Herrn Kt. dem Kläger gegenüber verfolgten Strategie, um den Verkauf der Wohnung zu dem überhöhten Preis vorzubreiten. In dem Kläger sollte der Wunsch reifen, an den erlebten Gewinnmöglichkeiten selbst teilzuhaben, er sollte Vertrauen in die Geschäftspraktiken des Herrn Kt. und seine Beziehungen zu den Banken bekommen und damit letztlich davon abgehalten werden, das ihm dann von Herrn Kt. und Herrn E. angediente Geschäft kritisch zu überprüfen. Tatsachen, nach denen die Beklagte für die Handlungen ihres Verrichtungsgehilfen E. nicht einzustehen hätte (§ 831 l 2 BGB), sind nicht vorgetragen. Dazu bedurfte es keines besonderen Hinweises, nachdem die Möglichkeit deliktischer Ansprüche spätestens seit dem Beschluss des Oberlandesgerichts vom 27.9.1999 klar war. Auch das Landgericht hat sich in der angefochtenen Entscheidung primär mit deliktischen Ansprüchen auseinandergesetzt.

Der Anspruch ist auch nicht verjährt. Dabei kann dahin stehen, wann der Kläger Kenntnis von den Umständen erlangt hat, die einen Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte ergeben konnten (§ 852 BGB a.F.). Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung vor Schluss der mündlichen Verhandlung nicht erhoben. Dies geschah erstmals außerprozessual im Schreiben vom 5.3.2003, im Prozess in dem nach § 296a ZPO nicht zu berücksichtigenden Schriftsatz vom 19.3.2003.

Der dem Kläger durch die der Beklagten zuzurechnenden Handlungen entstandene Schaden liegt im Eingehen der Darlehensverbindlichkeit und in der Hingabe der Sicherheiten. Dieser Schaden kann ausgeglichen werden, indem er zum einen aus dem Darlehensvertrag keine Leistungen zu erbringen hat und zum anderen die hingegebenen Sicherheiten bzw. Tilgungsersatzleistungen zurückerhält.

Soweit der Kläger mit dem Antrag zu 1.) auch Zahlung von 199.403,83€ verlangt, ist die Klage unbegründet. Ein Schaden, der ihn zur Forderung dieses Betrages berechtigen würde, ist ihm nicht entstanden. Im Beschluss vom 27.9.1999 wurde eine mögliche Berechnung des Mindestschadens in der Differenz zwischen der eingegangenen Darlehensverbindlichkeit (780.000,- DM) und dem Wert der Wohnung (390.000,-DM) gesehen und deswegen der Zahlungsantrag in Höhe von 390.000,- DM für erfolgversprechend angesehen. Bei Zusprechen dieses Betrages bliebe der Kläger aber verpflichtet, das Darlehen zurückführen, wobei er die dabei vereinbarten Zinsen und Kosten zu tragen hätte. Nur mit dem zugesprochenen Feststellungsantrag wird der Kläger auch insoweit frei.

Kumulativ nebeneinander kann der Kläger Freistellung und Zahlung nicht verlangen, weil er dann besser stünde, als ohne die deliktische Schädigung.

Dass der Kläger auf das Darlehen bereits Leistungen erbracht hätte, die er dann im Wege der Zahlungsklage zurückverlangen könnte, ist nicht vorgetragen. Der Vortrag der Beklagten, Leistungen seien bislang nicht erbracht, ist unbestritten geblieben.

Da die Wohnung inzwischen verwertet und der Erlös dem Darlehenskonto gutgeschrieben ist, verbleiben dem Kläger bei einer Freistellung von den Darlehensverbindlichkeiten auch keine ihm nicht gebührenden Vorteile.

Die Kosten des Rechtsstreits haben die Parteien in dem Verhältnis zu tragen, in dem sie bezüglich der Hauptsache unterlegen sind (§ 92 I ZPO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Eine Zulassung der Revision kommt nicht in Betracht, da die Voraussetzungen des § 543 II ZPO nicht vorliegen.

 

 

 

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