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Grundstückskaufvertrag -Verschweigen von Mängeln

OLG Düsseldorf – Az.: I-9 U 38/17 – Urteil vom 12.03.2018

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 13. Januar 2017 verkündete Urteil des Einzelrichters der 6. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal teilweise abgeändert.

Die Klage wird unter Zurückweisung der weiter gehenden Berufung insgesamt abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 Prozent des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

I.

Die Klägerin hat von der Beklagten das mit einem Wohnhaus bebaute Grundstück A. zu einem Kaufpreis von 176.000,00 Euro erworben. Der notarielle Kaufvertrag vom 15. Mai 2014 enthält in § 9 einen Ausschluss aller Ansprüche und Rechte des Käufers wegen Sachmängeln, ausgenommen bei Vorsatz oder Arglist, sowie eine Erklärung des Verkäufers, dass ihm nicht erkennbare Mängel nicht bekannt seien.

Mit Anwaltsschreiben vom 20. Oktober 2014 ließ die Klägerin die Anfechtung des Kaufvertrages wegen arglistiger Täuschung, hilfsweise den Rücktritt vom Kaufvertrag erklären und begründete dies mit arglistig verschwiegenen Mängeln der Dachkonstruktion, Feuchtigkeitsschäden in Wohnräumen und Keller, Rissen in der Wohnzimmerinnenwand und einem schadhaften Heizungssystem.

Im Rahmen ihrer Klage hat die Klägerin zunächst die in dem Anfechtungsschreiben aufgelisteten Beanstandungen wiederholt, denen die Beklagte in ihrer Erwiderung im Einzelnen entgegengetreten ist. So hat die Beklagte Mängel der Dachkonstruktion und eine Kenntnis von Feuchtigkeitsschäden im Wohnbereich und Kellerboden bestritten; die Feuchtigkeit der Kellerwände sei erkennbar gewesen und bei den Besichtigungen mehrfach thematisiert worden. Die Risse in der Wohnzimmerinnenwand stammten von einem Erdbeben vor 25 Jahren; sie seien sach- und fachgerecht verspachtelt worden und stellten folglich keinen Mangel, erst recht keinen offenbarungspflichtigen dar. Mit ihrer der Beklagten drei Tage vor dem Termin zugegangenen Replik hat die Klägerin erstmals behauptet, sie habe gefragt, ob es in den Wänden Risse gebe oder gegeben habe, was die Beklagte ausdrücklich verneint habe.

Das Landgericht hat die Beklagte mit Urteil vom 28. August 2015 im Wesentlichen antragsgemäß zur Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückübertragung des Grundstücks sowie zur Erstattung der Erwerbsnebenkosten und der vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten verurteilt und die auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsverteidigungskosten gerichtete Widerklage abgewiesen. Dabei hat es sich allein auf eine arglistige Täuschung über die Risse in der Wohnzimmerinnenwand gestützt. Die Beklagte habe die Klägerin auf eine entsprechende ausdrückliche Frage hin nicht über die Risse in der Wohnzimmerinnenwand aufgeklärt.

Der Senat hat diese Entscheidung nach informatorischer Anhörung beider Parteien im Termin vom 13. Juni 2016 mit Urteil vom 29. August 2016 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen, weil das Landgericht die von der Klägerin behauptete Frage nach vorhandenen und früheren Rissen zu Unrecht als unstreitig behandelt habe. Das Verteidigungsvorbringen der Beklagten, eine Pflicht zur Offenbarung habe nicht bestanden, beinhalte im damaligen Kontext bei lebensnaher Betrachtung die Erklärung, über den fraglichen Punkt sei nicht gesprochen worden. Es hätte daher zumindest eines Hinweises auf das abweichende Verständnis des Landgerichts bedurft, der jedenfalls nicht dokumentiert sei.

Das Landgericht hat daraufhin über die Behauptung der Klägerin, sie habe danach gefragt, ob es in den Wänden Risse gebe oder gegeben habe, was verneint worden sei, Beweis erhoben durch die Vernehmung von Zeugen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 25. November 2016 Bezug genommen. Sodann hat es mit Urteil vom 13. Januar 2017 die Beklagte wiederum zur Erstattung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückübertragung des Grundstücks und zur Zahlung der Erwerbsnebenkosten sowie der vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten verurteilt und die auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsverteidigungskosten gerichtete Widerklage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, aufgrund der glaubhaften Aussage des Zeugen B. stehe fest, dass nach Rissen gefragt worden sei. Auf eine solche Frage seien Risse auch dann zu offenbaren, wenn diese vor 25 Jahren bei einem Erdbeben entstanden und fachgerecht ausgebessert worden seien. Die Beklagte habe zumindest insoweit arglistig gehandelt, als sie die Frage nach den Rissen ins Blaue hinein verneint habe; auf eine fehlende Erinnerung habe sie hinweisen müssen.

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer erneuten Berufung. Sie trägt vor, die Risse seien ihr nicht mehr präsent gewesen, weshalb sie die Frage – sollte sie tatsächlich gestellt worden sein – guten Gewissens habe verneinen können. Dies könne nicht als Behauptung ins Blaue hinein qualifiziert werden. Ihre altersbedingten Erinnerungsschwierigkeiten seien für jeden ersichtlich. Im Übrigen sei die auf die Aussage des Zeugen B. gestützte Feststellung, dass die Klägerin sie nach Rissen gefragt habe, zweifelhaft. Der Zeuge B. habe im Rahmen seiner polizeilichen Vernehmung bekundet, dass die Risse erst nach Vertragsschluss entdeckt und thematisiert worden seien, und dies auch nur gegenüber ihrem Sohn, dem Zeugen C.. Dies gelte gleichermaßen für die polizeiliche Vernehmung der Klägerin.

Die Beklagte beantragt, unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Wuppertal vom 13.01.2017 die Klage abzuweisen und im Wege der Widerklage die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagte 3.006,42 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Zustellung der Berufungsbegründung zu zahlen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Selbst wenn die Beklagte sich nicht habe erinnern können, hätte sie zumindest auf ihr fehlendes Erinnerungsvermögen hinweisen müssen, statt das Vorhandensein von Rissen ins Blaue hinein zu verneinen. Die Beklagte habe die Unwahrheit ihrer Angaben zumindest für möglich erachtet. Im Übrigen sei ein solcher Erinnerungsverlust in Anbetracht des von den Betroffenen als einschneidendes Erlebnis empfundenen Erdbebens nicht glaubhaft. Der Zeuge B. habe auch glaubhaft erläutert, wie es zu den Unterschieden in Bezug auf seine polizeiliche Aussage gekommen sei.

Der Senat hat die Sach- und Rechtslage mit den Parteien ausführlich erörtert. Die klägerische Behauptung im Schriftsatz vom 26. Oktober 2017, die Beklagte habe auf die Frage, welche Firma das Haus gebaut habe, erklärt, diese existiere nicht mehr, obwohl es sich tatsächlich um einen Selbstbau handele, sei neu und verspätet. Der landgerichtlichen Annahme eines arglistigen Verschweigens der Risse folge der Senat nicht. Dass sanierte Risse nach 25 Jahren scheinbarer Ruhe nicht mehr präsent seien, sei nachvollziehbar. Eine Frage nach früheren Rissen habe der Zeuge B. nicht bestätigt. Für eine Erklärung ins Blaue hinein sei zudem nichts ersichtlich. Eine solche erfordere das Bewusstsein fehlender Kenntnis; Fahrlässigkeit und selbst Leichtfertigkeit genüge insoweit nicht.

Der Senat hat daher durch die Vernehmung von Zeugen Beweis über die Erklärungen der Beklagten in Bezug auf die Dachsanierung und die Kellerfeuchtigkeit erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 6. November 2017 Bezug genommen.

Mit nachterminlichem Schriftsatz vom 3. Januar 2018 hat die Klägerin zum Ergebnis der Beweisaufnahme Stellung genommen und zugleich ihre Auffassung bekräftigt. Es habe sich gezeigt, dass das Dach entgegen der Angabe im Exposé nicht 2007, sondern in den Jahren 2001 und 2002 saniert worden sei. Hierüber und über die Existenz entsprechender Rechnungen habe die Beklagte sie getäuscht. Zudem zeigten die Rechnungen mehrfache Abdichtungsarbeiten, zuletzt im Jahr 2011, und ließen daher den Rückschluss auf permanente Feuchtigkeitsprobleme zu. In Kenntnis dieser Umstände hätte der sie sachverständig beratende Zeuge D. auf einer Besichtigung des Daches bestanden und sich mit der Aussage, es gebe keine Leiter, nicht zufriedengegeben. Die nach Übernahme des Objekts festgestellte Kellerfeuchtigkeit sei so massiv gewesen, dass sie bereits vorher haben bemerkt werden müssen. Soweit der Senat eine Pflicht zur Offenbarung reparierter Risse nur auf ausdrückliche Frage, ob es in der Vergangenheit Risse gegeben habe, annehme, erinnere sie daran, dass sie diese Reparatur bestritten habe und diese nicht nachgewiesen sei. Im Übrigen habe die Beklagte selbst ihre Kenntnis von vorhandenen Rissen eingeräumt. Jedenfalls aber könne es nicht sein, dass sie – die Klägerin – nicht nur die objektive Unwahrheit der Aussagen, sondern auch den Vorsatz der Beklagten nachweisen müsse. Unabhängig von der Frage einer vorsätzlichen arglistigen Täuschung ergebe sich ein Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages aber jedenfalls aus einer fahrlässigen Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten. Auch könne sie wegen der Mängel vom Vertrag zurücktreten; der in dem Formular-Notarvertrag enthaltene Gewährleistungsausschluss sei nach § 309 Nr. 8 Buchtst. b) aa) BGB unwirksam.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die tatsächlichen Feststellungen im Senatsurteil vom 29. August 2016 und im angefochtenen Urteil, auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen, die Sitzungsniederschriften beider Rechtszüge und die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Ablichtungen der Akte 2 Js 934/15 der Staatsanwaltschaft Aachen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache weitgehend Erfolg.

1. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB und Ersatz der Erwerbsnebenkosten aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Die von ihr ausgesprochene Anfechtung des notariellen Kaufvertrages wegen arglistiger Täuschung gemäß § 123 BGB greift nicht durch. Eine arglistige Täuschung seitens der Beklagten ist nicht festzustellen.

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a) Gemäß § 123 Abs. 1 BGB kann, wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung bestimmt worden ist, die Erklärung anfechten. Eine Täuschung erfordert ein Vorspiegeln falscher oder ein Entstellen wahrer Tatsachen. Ein Verschweigen stellt nur dann eine Täuschung dar, wenn hinsichtlich der verschwiegenen Tatsache eine Aufklärungspflicht bestand. Eine Rechtspflicht zur Aufklärung bei Vertragsverhandlungen besteht dann, wenn der andere Teil nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung redlicherweise die Mitteilung von Tatsachen erwarten durfte, die für die Willensbildung des anderen Teils offensichtlich von ausschlaggebender Bedeutung sind, insbesondere wenn sie den Vertragszweck vereiteln oder erheblich gefährden können (BGH, NJW 2010, 3362 Rn. 22).

Zudem muss die Täuschung eine arglistige gewesen sein. Eine arglistige Täuschung im Sinne des § 123 Abs. 1 Alt. 1 BGB erfordert Vorsatz (BGH, NJW 2007, 3057 Rn. 29). Allein der Umstand, dass Fragen falsch beantwortet wurden, begründet noch nicht den Vorwurf der Arglist. Derjenige, der gutgläubig falsche Angaben macht, handelt nämlich grundsätzlich nicht arglistig, mag der gute Glaube auch auf Fahrlässigkeit oder selbst auf Leichtfertigkeit beruhen (BGH, NJW-RR 2012, 1078 Rn. 28). Nicht gutgläubig handelt allerdings, wer ohne tatsächliche Grundlagen „ins Blaue hinein“ unrichtige Angaben macht (BGH, NJW 2006, 2839, 2840). Wer weiß, dass er keine Kenntnis hat, muss ernstlich mit der Möglichkeit der Unrichtigkeit seiner Angaben rechnen und handelt folglich bedingt vorsätzlich, was für ein arglistiges Handeln genügt (NJW 2006, 2839, 2840). Ein arglistiges Verschweigen liegt nur vor, wenn der Verkäufer einen Mangel kennt oder für möglich hält und weiß oder damit rechnet, dass der Käufer bei Offenbarung des Mangels den Kaufvertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt abgeschlossen hätte (BGH, Urt. v. 29. Mai 2009, V ZR 137/08, BeckRS 2009 15776 Rn. 10). Das Bewusstsein, einen offenbarungspflichtigen Mangel zu verschweigen, fehlt, wenn ein Mangel nicht als solcher wahrgenommen wird (BGH, NZM 2008, 216 Rn. 14).

Die Darlegungs- und Beweislast für den gesamten Arglisttatbestand trägt der Anfechtende (BGH, NJW 2003, 754, 755). Dies gilt auch für die Frage eines vorsätzlichen Verhaltens des Verkäufers (BGH, NJW 2016, 1815 Rn. 25).

b) Nach diesen Grundsätzen kann ein zur Anfechtung berechtigendes arglistiges Verschweigen der Risse in der Wohnzimmerinnenwand nicht angenommen werden.

aa) Dass die Beklagte eine Frage der Klägerin über früher einmal vorhandene Risse verneint hat, ist nicht festzustellen. Die Ausführungen auf Seite sieben des landgerichtlichen Urteils, wonach auf entsprechende Frage des Kaufinteressenten auch sach- und fachgerecht ausgebesserte Mängel zu offenbaren seien, lassen nicht erkennen, ob das Landgericht bei einer Frage nach Rissen generell eine Pflicht zur Offenbarung früherer, sanierter Risse annimmt oder ob es eine auch auf frühere Risse bezogene Fragestellung feststellen wollte. Dies kann jedoch dahinstehen, da die Beweisaufnahme Letzteres jedenfalls nicht ergeben hat. Selbst die Klägerin hat weder im Rahmen ihrer Anhörung vor dem Senat noch im Rahmen ihrer Anhörung vor dem Landgericht erklärt, auch nach Rissen, die es gegeben habe, also früheren, zwischenzeitlich sach- und fachgerecht beseitigten Rissen gefragt zu haben. Der von ihr benannte Zeuge B., der als einziger Zeuge zu diesem Thema Angaben zu machen vermochte, hat vor dem Landgericht lediglich allgemein eine Frage nach Rissen bestätigt. Seine Erklärung, dass reparierte Risse aus seiner Sicht „keine eigentlichen Risse mehr“ seien, legte dabei allerdings von vornherein eine auf aktuelle Risse abzielende Fragestellung nahe. Dies hat der Zeuge bei seiner Vernehmung vor dem Senat auch nochmals verdeutlicht. Die Nachfrage des Senats, ob danach gefragt worden sei, ob es Risse gebe, oder vielmehr danach, ob es schon einmal Risse gegeben habe, hat er eindeutig im ersten Sinne beantwortet.

bb) Ob die verbleibende landgerichtliche Feststellung, dass die Klägerin – im Präsens – nach Rissen gefragt habe, trotz der Inkonsistenz der klägerischen Angaben und der Aussage des Zeugen B. im Vergleich zu ihren Angaben im staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren vom Senat übernommen werden könnte, kann dahinstehen, weil die Verneinung einer solchen Frage den Vorwurf einer arglistigen Täuschung ohnehin nicht trüge.

(1) Eine allgemeine, im Präsens formulierte Frage nach Rissen begründet schon rein objektiv keine Pflicht zur Offenbarung von bei einem Erdbeben vor 25 Jahren entstandenen und sach- und fachgerecht verschlossenen Rissen. Das Erdbeben von 1992 stellte in seiner Stärke ein für den niederrheinischen Raum eher ungewöhnliches Ereignis dar, das auch bezogen auf die normale Lebensdauer eines Hauses im Zweifel singulär bleiben wird. Werden die bei einem derartigen Ereignis aufgetretenen Risse sach- und fachgerecht verschlossen, darf der Eigentümer des Hauses davon ausgehen, dass es sich nicht um einen grundsätzlichen, dem Haus weiter anhaftenden Mangel handelt, wenn er in den folgenden Jahrzehnten keine erneuten Risse feststellt. Ein solcher, vermeintlich nicht mehr bestehender Schaden ist nur auf ausdrückliche Frage nach früher einmal aufgetretenen Schäden zu offenbaren. Dass die Klägerin einen sach- und fachgerechten Verschluss bestritten hat, ändert daran nichts, da es Sache der Klägerin gewesen wäre, den diesbezüglichen Vortrag der Beklagten zu widerlegen. Insoweit hat sie jedoch noch nicht einmal Beweis angeboten.

(2) Zudem setzt eine arglistige Täuschung in subjektiver Hinsicht ein vorsätzliches Handeln voraus. Wie eingangs ausgeführt, rechtfertigt der Umstand, dass Fragen falsch beantwortet wurden, den Vorwurf der Arglist dann nicht, wenn diese Antwort vom einem – möglicherweise leichtfertigen – guten Glauben an ihre Richtigkeit getragen ist. Der Vorwurf der Arglist erfordert, dass der Antwortende mit der Möglichkeit der Unrichtigkeit rechnet. Die Rechtsfigur der Behauptung ins Blaue hinein ist keine eigenständige, die Verantwortlichkeit in den Bereich fahrlässigen Handelns erstreckende Form der Arglist, sondern eine Ausformung bedingt vorsätzlichen Handelns. Wer an die Richtigkeit seiner Angaben glaubt, handelt folglich nicht arglistig, auch nicht in der Form der Behauptung ins Blaue hinein.

Der Senat hat die Beklagte bei seiner ersten Befassung mit dem Rechtsstreit angehört. Die Beklagte vermochte sich an die Risse in der Wohnzimmerinnenwand nicht mehr zu erinnern. Dass Risse, die nach unwiderlegtem Vortrag bei einem Erdbeben vor 25 Jahren entstanden und sach- und fachgerecht verschlossen worden sind, nicht mehr erinnert werden, ist plausibel. Ein beseitigter Schaden, der in einem Zeitraum von 25 Jahren nicht, jedenfalls nicht merklich erneut aufgetreten ist, muss einem Verkäufer nicht als ein möglicherweise immer noch oder wieder vorhandener Mangel präsent sein.

Eine allgemeine Verpflichtung, auf die Möglichkeit von Erinnerungsdefiziten hinzuweisen, besteht nicht. Dass sich der Vertragspartner an lange zurückliegende und für beseitigt erachtete Schadensereignisse möglicherweise nicht mehr erinnert oder ihnen jedenfalls keine aktuelle Bedeutung mehr beimisst, gehört zum Lebensrisiko und damit zur eigenen Risikosphäre jeder Partei.

cc) Soweit die Klägerin in ihrem nachterminlichen Schriftsatz vom 3. Januar 2018 vorbringt, die Beklagte habe im Rahmen ihrer Anhörung eine Kenntnis von vorhandenen Rissen eingeräumt, missinterpretiert sie deren Erklärung. Die von der Beklagten bemerkten Risse waren ganz dünne Risse im Anstrich. Eine Frage nach Rissen zielt bei einem Haus aber ersichtlich auf solche im Mauerwerk und nicht auf für dessen Statik vollkommen irrelevante Haarrisse im Anstrich. Auch der von der Beklagten im Zusammenhang mit dem Erdbeben erinnerte Riss in der äußeren Verklinkerung ist von der Klägerin nie zum Gegenstand ihrer Anfechtungserklärung oder ihres Klagevorbringens gemacht worden; diese zielte allein auf den Riss in der Wohnzimmerinnenwand. Dass die Beklagte um das Wiederaufreißen dieses hinter der Tapete verborgenen Risses gewusst hat, hat sie weder eingeräumt noch ist dies aus anderen Gründen ersichtlich.

c) Die Mängel des Daches tragen die klägerische Anfechtung ebenfalls nicht. Auch insoweit ist ein arglistiges Verhalten der Klägerin nicht festzustellen.

aa) Dass die Beklagte Kenntnis von Mängeln oder einer Undichtigkeit der Dachkonstruktion hatte oder dass sie solche für möglich hielt, hat die Klägerin nicht nachgewiesen. Die Dachabdichtung ist in den Jahren 2001 und 2002 von der E. Bedachungen GmbH komplett erneuert worden. Im Jahr 2011 erfolgte noch eine Eindichtung und Neuverkleidung des Kamins. Bei einer Fachfirma darf der Auftraggeber grundsätzlich auf eine sach- und fachgerechte Ausführung der Arbeiten vertrauen. Anzeichen für eine Undichtigkeit des Daches haben weder die Klägerin noch ihre Begleiter, darunter der immobiliensachverständige Zeuge D., bemerkt. Dass die Beklagte insoweit über weiter gehende Erkenntnisse verfügte, hat die Klägerin nicht nachzuweisen vermocht.

Soweit sie sich erstinstanzlich auf das Zeugnis von Nachbarn berufen hat, gegenüber denen sich die Beklagte über Feuchtigkeit vom Dach beklagt haben soll, fehlte es schon an der Behauptung, dass sich dies nach der Erneuerung der Dachabdichtung ereignet haben soll; zudem hat die Klägerin insoweit nie einen konkreten Beweis angeboten. Aus der ebenfalls von einer Fachfirma durchgeführten Kamineindichtung im Jahr 2011 kann eine auch danach noch bestehende und wahrgenommene Feuchtigkeitsproblematik nicht abgeleitet werden. Auch der Umstand, dass die Beklagte auf die Frage des klägerischen Zeugen D. nach einer Leiter für eine Dachbesichtigung entgegnet haben soll, es sei keine Leiter vorhanden, vermag einen Rückschluss auf eine Kenntnis von Dachmängeln nicht zu rechtfertigen. Selbst eine diesbezügliche Lüge der Beklagten, für die nichts spricht, könnte ihren Grund auch schlicht in dem Wunsch gehabt haben, den sich hinziehenden Besichtigungstermin nicht noch mehr ausufern zu lassen. In einem solchen Fall muss ein Kaufinteressent entweder auf einen weiteren Termin mit einer von ihm mitgebrachten Leiter bestehen oder vom Kauf Abstand nehmen.

Dass es sich bei dem Flachdach um ein Nassdach handelt, stellt schon keinen Mangel dar. Bei einem solchen Nassdach, bei dem aufgrund der Anordnung der Abläufe ein Teil des Niederschlagswassers auf dem Dach verbleibt, handelt es sich um eine übliche Ausgestaltung eines Flachdachs in den 1970er Jahren, der Bauzeit des Hauses, wie der für Immobiliengeschäfte der vorliegenden Art spezialzuständige Senat aufgrund seiner langjährigen Praxis weiß. Das verbleibende Wasser sollte der Klimapufferung dienen, indem es im Winter als Eis für eine zusätzliche Wärmedämmung und im Sommer durch die Verdunstungskälte für eine Kühlung des Gebäudes sorgt.

bb) Der Sachverhalt erlaubt auch nicht die Feststellung, dass die Beklagte die Klägerin vorsätzlich über den Zeitpunkt der Dachsanierung getäuscht hat.

(1) Soweit in dem vom Zeugen D. anlässlich seiner Vernehmung vor dem Senat übergebenen und damit erstmals zur Akte gelangten Exposé unter „Ausstattungen“ eine Dacherneuerung im Jahr 2007 genannt wird, während diese tatsächlich im Wesentlichen in den Jahren 2001 und 2002 erfolgt ist, war schon nicht zu klären, woher der Makler diese Information hatte. Ein Makler, der sich – wie vorliegend Herr F. – auf die Vermittlung des Vertragsschlusses beschränkt, ist jedoch „Dritter“, dessen Täuschungshandlung sich der Vertragspartner nur bei Kenntnis oder Kennenmüssen zurechnen lassen muss (BGH, NJW 1996, 1051). Eine Kenntnis der Beklagten vom Exposé war indes nicht festzustellen; die gleichlautende Äußerung des Maklers im Besichtigungstermin ist ausweislich der Aussage des Zeugen D. in Abwesenheit der Beklagten erfolgt.

(2) Doch selbst wenn die Angabe einer Dacherneuerung im Jahr 2007 von der Beklagten stammen oder sie von der entsprechenden Angabe im Exposé gewusst haben sollte, würde dies aufgrund der Besonderheiten des vorliegenden Falls die Annahme einer arglistigen Täuschung nicht tragen. Wie bereits ausgeführt, rechtfertigt der Umstand falscher Angaben den Vorwurf der Arglist dann nicht, wenn diese von einem – möglicherweise leichtfertigen – guten Glauben an ihre Richtigkeit getragen sind. Wer an die Richtigkeit seiner Angaben glaubt, handelt nicht arglistig, und zwar auch nicht in der Form der Behauptung ins Blaue hinein.

Der Senat hat die Beklagte im Termin vom 13. Juni 2016 persönlich angehört und dabei einen Eindruck von ihrer fortgeschrittenen Demenz gewonnen. Die Beklagte konnte sich an Einzelheiten ihrer Gespräche mit der Klägerin nicht mehr erinnern. Ihre Antwort auf die Frage nach der Erinnerlichkeit von Rissen, bei der sie Ausführungen zu Haarrissen im Anstrich – nicht etwa zu Rissen im Putz – machte, offenbarten zudem ein fortgeschrittenes Maß an Realitätsverlust. Vor diesem Hintergrund vermag der Senat nicht auszuschließen, dass die Beklagte im damaligen Zeitpunkt davon überzeugt war, die Dacherneuerung habe tatsächlich 2007 stattgefunden und 16.000,00 Euro gekostet, ohne an eine mögliche Unrichtigkeit dieser Angabe auch nur zu denken. Typisch für derartige Erkrankungen sind unter anderem Erinnerungsdefizite im zeitlichen Ablauf, wobei gerade länger zurückliegende Ereignisse als erst kürzlich geschehen erinnert werden.

Dies mag für die Klägerin als Vertragspartnerin der seinerzeit möglicherweise noch nicht erkennbar dementen Beklagten unbefriedigend sein. Das Erfordernis einer positiven Feststellung des Vorsatzes, für den die Klägerin uneingeschränkt beweispflichtig ist (vgl. BGH, NJW 2016, 1815 Rn. 25), kann jedoch nicht durch eine allgemeine Billigkeitserwägung ersetzt werden. Dass die Erklärung, die Rechnungen seien nicht greifbar, weil in Umzugskisten befindlich, nicht zutraf, ist nicht ersichtlich.

d) Auch eine arglistige Täuschung der Klägerin über die Kellerfeuchtigkeit ist nicht festzustellen. Nach der Aussage des sachverständigen Zeugen D. ist ein diesbezüglicher Mangel nicht gegeben; nach der Aussage des Zeugen C. ist über eine gewisse Feuchtigkeit der Kellerwände aufgeklärt worden.

aa) Der von der Klägerin zur Untersuchung des Objekts auf Baumängel hinzugezogene Zeuge D., ein Sachverständiger für Immobilienbewertung, hat bekundet, aufgrund des Baujahres 1970 habe er der Kellerfeuchtigkeit bei der Besichtigung besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Er habe im Keller an zwei Stellen Feuchtigkeit festgestellt, und zwar im „Keller 1“ (Bl. 312 GA). Zum einen sei Feuchtigkeit im Bereich des Kellerfensters vorhanden gewesen, die er auf einen unzureichend gesäuberten Ablauf im Lichtschacht zurückgeführt habe, und zum anderen im Bereich der rechtwinklig angrenzenden Außenwand, die nach seiner Einschätzung durch die Wurzeln der dort außen befindlichen Kiwipflanze verursacht worden sei; das habe er der Klägerin mitgeteilt. Auch im Bereich des Pumpensumpfes habe er etwas Feuchtigkeit festgestellt. Er habe seinerzeit alle Außenwände sowie die Bodenplatte mit dem Feuchtigkeitsmessgerät untersucht, wobei sich keine weiteren die Grenzwerte übersteigenden Ergebnisse gezeigt hätten. Auch optisch habe es keine Feuchtigkeitsanzeichen gegeben; ein „Verkaufsanstrich“ sei seinem Eindruck nach nicht erfolgt. Vollkommen anders sei das Bild am 9. August 2014 – nach Übergabe des Objekts – gewesen. Hier hätten sich erhebliche Überschreitungen der Grenzwerte ergeben. Dies könne er sich nur aufgrund der Mängel des Daches erklären, aufgrund der nach einem Starkregen Wasser über die Außenwände bis in den Außenbereich der Kellerwände gelangt sei. Hierzu passe das hochgewölbte Parkett im Schlafzimmer und der Umstand, dass sich die Feuchtigkeit gerade nicht im unteren Bereich der Kellerwände konzentriert habe.

Der Senat erachtet diese Schlussfolgerung des sachverständigen Zeugen D. für plausibel. In der Tat lässt sich das am 9. August 2014 ermittelte Schadensbild am ehesten durch von oben zufließende Feuchtigkeit erklären. Bei von unten aufsteigender Bodenfeuchte hätten die Feuchtigkeitswerte von unten nach oben abnehmen müssen. Auch eine vertikale Kellerabdichtung versagt nicht schlagartig, sondern schleichend. Von daher bestand keine Veranlassung, auf eine über die festgestellten punktuellen Bereiche hinausgehende Kellerfeuchtigkeit hinzuweisen, da diese damals noch nicht vorhanden war, sondern erst mit dem nachvertraglichen Versagen der Dachabdichtung als deren Folge aufgetreten ist.

bb) Soweit die Klägerin demgegenüber auf die Aussage des von der Beklagten benannten Zeugen C. verweist, der bekundet hat, fast alle Kelleraußenwände seien von Feuchtigkeit betroffen gewesen, ignoriert sie, dass der Zeuge zugleich ausgesagt hat, sie hierüber bei der Besichtigung unterrichtet zu haben. Zwar kann sich jede Partei auch die ihr günstigen Aussagen gegnerischer Zeugen zu eigen machen. Das hat dann allerdings insgesamt zu geschehen. Im Übrigen ist für den Senat nicht ersichtlich, weshalb er den Angaben des Zeugen C. mehr glauben sollte als denen des Zeugen D..

Zudem hat der Zeuge C. hinsichtlich der Feuchtigkeit differenziert. So hat er starke Feuchtigkeit nur für den Bereich bekundet, in dem sich außen die Kiwipflanze befindet, also eine Feuchtigkeitsproblematik, die der Klägerin bekannt war. Leichte Feuchtigkeit stellt aber bei einem 1970 errichteten und mithin über 40 Jahre alten, erklärtermaßen allein Nutzzwecken dienenden Keller keinen Mangel, sondern einen altersgemäßen Zustand dar. Die am 9. August 2014 festgestellte massive Feuchtigkeit, die nach der Einschätzung des sachverständigen Zeugen D. nur vom Dach kommen konnte, hat der Zeuge C. für die Zeit vor Vertragsschluss nicht bekundet.

Im Übrigen besteht eine Rechtspflicht zur Aufklärung ohnehin nur insoweit, als der andere Teil nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung redlicherweise die Mitteilung von Tatsachen erwarten durfte. Grundsätzlich ist jeder Verhandlungspartner für sein rechtsgeschäftliches Handeln selbst verantwortlich und muss sich deshalb die für die eigene Willensentscheidung notwendigen Informationen auf eigene Kosten und eigenes Risiko selbst beschaffen (BGH, NJW 2010, 3362 Rn. 21). Zieht der Käufer von sich aus einen Sachverständigen hinzu, der in allen Räumen Messungen an den Kelleraußenwänden und der Bodenplatte vornimmt, besteht für den Verkäufer keine Veranlassung, auf hierbei feststellbare Mängel hinzuweisen.

e) Soweit die Klägerin eine unzureichende Heizleistung in Bezug auf die Brauchwasseraufbereitung beanstandet, fehlt es schon an der Behauptung, dass dieser Mangel bereits im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bestand. Der Übergabezeitpunkt, bezüglich dessen sie nach den Ausführungen in ihrer Replik einen Beweis des ersten Anscheins für sich reklamiert, ist insoweit irrelevant. Dies kann jedoch letztendlich dahinstehen, da es jedenfalls an einem Beweisangebot für das Vorhandensein dieses Mangels im Zeitpunkt des Vertragsschlusses und einer diesbezüglichen Kenntnis der Beklagten fehlt.

f) Der Umstand, dass das Haus im Rohbau unter Mitwirkung eines befreundeten Poliers in Eigenleistung errichtet worden ist, stellt als solches keinen offenbarungspflichtigen Sachverhalt dar. Baueigenleistungen bleiben nicht notwendigerweise hinter denen von Baufirmen zurück. Soweit die Klägerin mit Schriftsatz vom 26. Oktober 2017 behauptet, nach dem mit der Errichtung beauftragten Unternehmen gefragt zu haben, worauf die Beklagte gesagt habe, dieses existiere nicht mehr, was diese bestreitet, ist sie damit nach § 531 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen. Gemäß § 531 Abs. 2 ZPO sind neue Angriffs- und Verteidigungsmittel, zu denen auch ein erstmaliger Beweisantritt gehört, im Berufungsrechtszug nur zuzulassen, wenn sie einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist, infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht. Keiner dieser Gründe ist vorliegend gegeben.

2. Der Klägerin steht auch kein auf Rückgängigmachung des Kaufs gerichteter Schadensersatzanspruch aus vorvertraglichem Verschulden gemäß §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 1, 311 Abs. 2 BGB zu. Nach Gefahrübergang besteht grundsätzlich ein Anwendungsvorrang der §§ 434 ff. BGB, der einen Rückgriff auf die Grundsätze über das Verschulden bei Vertragsschluss nur im Falle vorsätzlich falscher Angaben des Verkäufers über Eigenschaften der Kaufsache gestattet (BGH, NJW 2009, 2120 Rnrn. 19 ff.; BGH, NJW 2016, 1815 Rn. 24). Daran fehlt es – wie ausgeführt – vorliegend.

3. Kaufvertragliche Ansprüche bestehen ebenfalls nicht. Die Parteien haben formwirksam einen Grundstückskaufvertrag geschlossen und in diesem die Gewährleistung ausgeschlossen.

Der Haftungsausschluss ist auch nicht wegen Verstoßes gegen § 309 Nr. 8 Buchst. b) aa) BGB unwirksam. Abgesehen davon, dass es sich dabei um eine hier ohnehin nicht einschlägige Bestimmung für Verträge über die Lieferung neu hergestellter Sachen und über Werkleistungen handelt, steht einer Anwendung der Regeln über allgemeine Geschäftsbedingungen bereits entgegen, dass die Beklagte nicht Verwenderin im Sinne des § 305 BGB ist, da sie die Vertragsbedingungen nicht gestellt hat. Auch die Klägerin selbst geht davon aus, dass es sich um einen „Formular-Notarvertrag“ handelt, also um ein vom Notar und damit einem Dritten vorgeschlagenes Muster. Dass dieser dabei Vorgaben der Beklagten gefolgt ist, ist dem insgesamt ausgewogenen Vertragswerk nicht zu entnehmen und wird auch von der Klägerin nicht behauptet. Aus dem Inhalt von allgemeinen Geschäftsbedingungen auf die Verwendereigenschaft zu schließen und jeweils denjenigen Vertragspartner als Verwender anzusehen, den die einzelne Klausel begünstigt, ist mit der Systematik und dem Regelungszweck des Gesetzes unvereinbar; das Unwerturteil aus § 307 BGB beruht wesentlich auf der Inanspruchnahme einseitiger Gestaltungsmacht in der Weise, dass der benachteiligten Vertragspartei vorformulierte Bedingungen „gestellt“ worden sind (BGH, NJW 1995, 2034, 2035).

Die Beklagte haftet daher für Mängel am Objekt nach §§ 434, 437, 444 BGB nur, soweit sie diese arglistig verschwiegen oder eine Beschaffenheitsgarantie übernommen hat. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Die Übernahme einer Beschaffenheitsgarantie, die einen Niederschlag im notariellen Vertrag hätte finden müssen (vgl. BGH, NJW 2016, 1815 Rn. 15), behauptet auch die Klägerin nicht; ein arglistiges Verschweigen von Mängeln ist – wie ausgeführt – gerade nicht festzustellen.

4. Die Beklagte hat allerdings ihrerseits die Voraussetzungen für den mit der Widerklage geltend gemachten Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsverteidigungskosten nicht dargelegt; insoweit muss ihrer Berufung daher ein Erfolg versagt bleiben.

Wird jemand unberechtigt als angeblicher Schuldner mit einer Forderung konfrontiert und entstehen ihm bei der Abwehr dieser Forderung Kosten, dann kommen als Anspruchsgrundlage für einen Ersatzanspruch regelmäßig culpa in contrahendo, positive Vertragsverletzung (jetzt §§ 280, 311 BGB) oder die deliktischen Vorschriften in Betracht (BGH, NJW 2007, 1458 Rn. 8). Allerdings hat die Beklagte bislang nicht dargetan, welche vorgerichtlichen Tätigkeiten ihr Prozessbevollmächtigter in ihrem Auftrag entfaltet hat. Hierauf ist die Beklagte im Senatsurteil vom 29. August 2016 auch hingewiesen worden (UA S. 9 Ziff. 2). Vortrag ist jedoch nur insoweit erfolgt, als sie vorgebracht hat, die Anwaltsrechnung zwischenzeitlich bezahlt zu haben.

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Es besteht keine Veranlassung, die Revision zuzulassen. Die hierfür in § 543 Abs. 2 ZPO niedergelegten Voraussetzungen sind nicht gegeben. Die relevanten Rechtsfragen sind durch die zitierten höchstrichterlichen Entscheidungen beantwortet. Deren Anwendung ist Sache des Tatrichters. Als reine Einzelfallentscheidung hat die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine revisionsgerichtliche Entscheidung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 200.000,00 Euro festgesetzt.

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