AG Hamburg-Altona
Az: 316 C 153/08
Urteil vom 04.11.2008
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Klägerin nimmt den Beklagten auf vollständige Zahlung einer Kaufpreisforderung in Anspruch.
Die Parteien schlossen am 01. 04. 2007 mit Bestellformular vom gleichen Tage (Anlage K1, Bl. 13 d.A.) einen Vertrag über den Kauf, die Lieferung und Montage einer Einbauküche (………………) zu einem Gesamtpreis von Euro 20.000.
Dem war ein dreistündiges Beratungsgespräch zwischen einem Mitarbeiter der Klägerin, dem Zeugen………, und dem Beklagten und dessen Ehefrau, der Zeugin………, vorausgegangen.
Die Klägerin übersandte dem Beklagten unter dem 3.5.2007 eine Auftragsbestätigung (Anlage K2, Bl. 14ff d.A.), deren Erhalt der Beklagte bestreitet. Zwischenzeitlich hatte der Beklagte eine Anzahlung in Höhe von Euro 10.000 geleistet.
Am 21. 06. 2007 lieferten Mitarbeiter der Klägerin die Küche an und beendeten die Montage am 22. 06. 2007. Der Beklagte weigerte sich, die Küche vollständig abzunehmen und zahlte am 22. 06. 2007 nur weitere Euro 8.750,- statt des vollständigen Restkaufpreises. Der Beklagte behauptete, die Küche sei mangelhaft, da die Granitplatte, anders als bei Vertragsabschluss vereinbart, nicht als Wasserablauf gefräst sei. Im Abnahmeprotokoll vom 22.6.07 (Anlage, Bl. 44f) wurde u.a. vermerkt: „Klärung: VK: lt. Kunden sollte links vom Becken eine Abtropffläche sein (mit Rillen)“.
Mit Schreiben vom 12. 11. 2007 und 27. 11. 200 würde der Beklagte erfolglos mit Frist bis zum 06. 12. 2007 zur Zahlung des Restkaufpreises aufgefordert.
Die Klägerin behauptet, sie habe die Küche wie vereinbart, dementsprechend mängelfrei, geliefert und aufgebaut, so dass ihr nun der vollständige Kaufpreisanspruch zustehe. Es sei ein Kaufvertrag über eine Küche ohne Abtropffläche und ohne eine gefräste Granitplatte zustande gekommen. Beim Beratungsgespräch sei nicht über eine Abtropffläche gesprochen worden.
Des Weiteren habe der Beklagte die Küche am 13. 08. 2007 durch Unterzeichnung des Teillieferscheins (Anlage K7, Bl. 49f d.A.) abgenommen.
Die Klägerin beantragt, den Kläger zu verurteilen an sie Euro 1.250, 00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08. 12. 2007 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Er behauptet, die Granitarbeitsplatte sei mangelhaft, da sie entgegen der ausdrücklichen Vereinbarung mit Herrn ….nicht als Abtropffläche gefräst sei.
Nach Aufbau der Küche in seiner Wohnung habe er diesen Fehler festgestellt und noch mehrfach mit Herrn …. telefoniert. Dieser habe den Fehler hinsichtlich der Granitplatte eingestanden, jedoch eine Nachbesserung abgelehnt.
Der Beklagte ist der Auffassung, dass ihm auf Grund dieses Mangels ein Einbehalt von Euro 1.250 im Wege der Minderung zustehe; denn ein erneuter Ausbau der Platte sowie die Einfräsung des Granits würden etwa Euro 1.500 – 2.000 und somit deutlich mehr Euro 1.250 kosten.
Ergänzend wird für das Vorbringen der Parteien auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beschluss vom 26.8.2008 (Bl. 117ff d.A.) durch Vernehmung der Zeugen……………. Der Beklagte ist persönlich gemäß § 141 ZPO angehört worden. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme und der Anhörung wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 14.10.2008 (Bl. 131ff d.A.) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
Die Klage ist nicht begründet. Der Klägerin steht gegen den Beklagten kein Anspruch auf weitere Kaufpreiszahlung gegen den Beklagten zu, weil der Kaufpreis gemäß §§ 433, 437 Nr. 2, 434, 441 BGB gemindert ist.
Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme und des übrigen Akteninhalts hat das Gericht nicht feststellen können, was zwischen den Parteien im Hinblick auf die Abtropffläche vereinbart worden ist (1.) Daher ist eine Beweislastentscheidung zu treffen. Diese geht zu Lasten der Klägerin, weil diese – wie dies auch schon in der Formulierung des Beschlusses vom 26.8.2008 (Bl. 117ff d.A.) zum Ausdruck gekommen ist – die Beweislast dafür trägt, dass der Beklagte eine Granitarbeitsplatte ohne Abtropffläche bestellt hat (2.).
1.
Der Beklagte erklärte, dass er sicher sei, dass eine gefräste Granitplatte als Abtropffläche vereinbart gewesen sei. Diese sei wegen des Parkettbodens in der Küche von wesentlicher Bedeutung für ihn und somit auch wesentlicher Teil des Beratungsgesprächs gewesen. Um eine solche Abtropffläche zu besichtigen wären er, seine Frau und Herr ………eigens in die Ausstellungsräume gegangen. Diese Angaben waren für sich genommen glaubhaft, wobei jedoch bei der Glaubwürdigkeit schon deshalb Abstriche zu machen sind, weil der Beklagte Erklärungen in eigener Sache abgegeben hat. Inhaltlich waren seine Ausführungen jedoch überzeugender als diejenigen des Zeugen………….. Denn dass überhaupt nicht über die Frage einer Abtropffläche gesprochen worden sein soll – wie die Aussage des Zeugen ………nahelegt – ist in hohem Maße ungewöhnlich. Es handelt sich schließlich um ein entscheidendes Detail im Zusammenhang mit der Spülen- und Arbeitsplattengestaltung.
Die Aussage der Zeugin ……war nicht hinreichend ergiebig. Diese bestätigte zwar das Vorbringen des Beklagten insoweit, als sie bekundete, der Zeuge ………sei mit ihnen in den Ausstellungsraum gegangen und habe dabei auch die Vor- und Nachteile einer Abtropffläche erläutert. Ihre diesbezügliche Aussage ist auch glaubhaft. Dass eine Abtropffläche tatsächlich Vertragsbestandteil werden sollte, ergab sich aus ihrer Aussage jedoch nicht. Denn auf die diesen Umstand betreffende Frage des Gerichts, ob es für den Zeugen … klar gewesen sei, dass eine Abtropffläche enthalten sein sollte, antwortete sie eher unklar, dass sie dies hoffe. Gerade diese Zweifel in ihrem Aussageverhalten sprechen andererseits dagegen, dass die Zeugin eine Falschaussage zugunsten des Beklagten gemacht hat.
Dem Zeugen……. vermag das Gericht nicht zu folgen. Dieser ließ sich dahingehend ein, dass er die Einzelheiten des Gespräches mit dem Beklagten und dessen Ehefrau nicht mehr erinnern könne, da er ja drei solcher Gespräche am Tag führe. Dies hinderte ihn jedoch nicht, recht bestimmte Aussagen zu treffen, wie etwa diejenige, dass dann, wenn eine Abtropffläche gewünscht worden wäre, er dies auch selbstverständlich vermerkt hätte oder dass dann, wenn eine Abtropffläche im Angebot enthalten gewesen wäre, sie auch drin gestanden hätte. Irrtum und Fehler seinerseits praktisch ausgeschlossen. Diese Überzeugung davon, alles richtig gemacht zu haben, steht in deutlichem Widerspruch zu dem Umstand, dass der Zeuge, Einrichtungsberater von Beruf, mit den Kunden, die er zu beraten hatte, kein Wort über eine Abtropffläche gewechselt haben will.
Nicht nachvollziehbar ist für das Gericht schließlich auch, dass der Zeuge, auf Vorhalt des Gerichts, dass ein Nicht-zur-Sprache-Kommen einer Abtropffläche ungewöhnlich sei, ausgerechnet damit begründet wird, dass bei Granit die ganze Fläche eine Abtropffläche sei. Dass das falsch ist, liegt auf der Hand: Zweck einer Abtropffläche ist ja gerade, dass die Tropfen vom nassen bzw. feuchten Geschirr und Besteck gezielt in einen Spülenablauf laufen und nicht, dass die Feuchtigkeit auf der Arbeitsfläche stehen bleibt bzw. je nach Gefälle und Menge des angesammelten Wassers Richtung Wand oder auf den Fußboden läuft. Noch deutlicher wird die Widersprüchlichkeit der Aussage des Zeugen dadurch, dass er sich auf die Anlage K11 (Bl. 116 d.A.) beruft, auf der ausdrücklich „Keine Tropffläche!“ (mit Ausrufezeichen im Original) vermerkt ist, obgleich er auf Nachfrage angegeben hat, hierüber mit der Zeugin …………………. vor Anfertigung jenes Vermerks überhaupt nicht gesprochen zu haben. Angesichts dessen, daß die ganze Granitplatte seiner Aussage zufolge eine Abtropffläche bildet, ist dieses Verhalten schlicht unerklärlich. Vielmehr hätte gerade das Fehlen jeglicher Abtropffläche auf der Skizze für den Zeugen – aus seiner Sicht – Grund genug sein müssen, noch einmal ausdrücklich nachzufragen. Dies umso mehr, als er die Skizze vom Hersteller bekommen hatte, um eine entsprechende Nachfrage zu machen.
Gegen den Beklagten spricht demgegenüber der Inhalt der Auftragsbestätigung. Ihm ist jedoch nicht zu widerlegen, dass er sie überhaupt nicht erhalten hat. Zum einen kann aus der Absendung einer Postsendung schon ganz allgemein nicht auf den Zugang beim Empfänger geschlossen werden. Zum anderen ist die Anschrift „…………“ ersichtlich nicht diejenige des Beklagten. Damit verbieten sich – gerade angesichts der in heutiger Zeit deutlich gesunkenen Qualität von Leistungen der Post – auch alle Überlegungen in Richtung auf einen Anscheinsbeweis.
Darüber hinaus ist zu Gunsten des Beklagten festzustellen, dass sich an Hand der 20-seitigen Auftragsbestätigung für einen Laien etwaige Fräsungen oder deren Fehlen kaum erkennen lassen. Und der Vermerk „Abtropffläche: Ohne“ auf S. 15 der Bestätigung innerhalb der Skizze (Bl. 28 d.A.) ist mit bloßem Auge kaum lesbar.
2.
Dementsprechend kommt es hier darauf an, welche Partei die Beweislast für den Mangel beziehungsweise die Mängelfreiheit der Küche trägt. Aus den Kopien der Abnahmeprotokolle vom 22. 06. 2007 (Bl. 43 d. A.) und 13. 08. 2007 (Bl. 59 d. A.) geht eindeutig hervor, dass der Beklagte die Küche nicht – auch nicht am 13.8.2007 – als Erfüllung angenommen hat. Der Beklagte hat handschriftlich auf den Bestätigungen vermerkt, dass die Küche nur teilweise geliefert worden sei, beziehungsweise die Reklamationen nicht vollständig erledigt seien. Somit fehlt es an einer tatsächlichen Annahme der Küche als im Wesentlichen ordnungsgemäß.
Die Beweislast hinsichtlich der Vollständigkeit und Mängelfreiheit der Küche trägt die Klägerin. Gemäß § 363 BGB trägt ein Gläubiger die Beweislast hinsichtlich der Mangelhaftigkeit einer Leistung, wenn er sie vorher als Erfüllung angenommen hat. Da durch diese Norm die vorherige Beweislastverteilung umgekehrt wird (Grüneberg, in: Palandt, 67. Auflage, 2008, Rn 3 zu § 363 BGB), trägt vorher der Schuldner (hier also die Klägerin) die Beweislast (Grüneberg, a.a.O., Rn 1; OLG Nürnberg, Urt. v. 14.7.1994, CR 1995, S. 343, zitiert nach juris ). Die genannte Gesetzesvorschrift beruht auf dem Gedanken, dass es auf der einen Seite für den Schuldner schwierig ist, die Ordnungsmäßigkeit der Erfüllung zu beweisen, sobald er die Leistung erbracht hat, dass sich aber andererseits der Gläubiger durch die Zurückweisung der Leistung vor Benachteiligungen schützen kann (BGH, Urt. v. 22.1.1986, NJW 1986, S. 2570 m. w Nachw.).
Die Klägerin hätte also beweisen müssen, dass eine Küche mit Granitplatte ohne eine gefräste Abtropffläche die vereinbarte Leistung gewesen ist. Da sie dies nicht bewiesen hat, steht dem Beklagten auf Grund der fehlenden Fräsung der Granitplatte eine Kaufpreisminderung zu. Das Gericht muss im Ergebnis davon ausgehen, dass die Küche anders als vereinbart und somit mangelhaft im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB geliefert wurde.
Das genaue Verhältnis des Wertes einer Küche mit gefräster Abtropffläche gegenüber einer Küche ohne eine solche Abtropffläche kann nicht ermittelt werden und muss demnach geschätzt werden. Das Gericht hält insoweit unter Anwendung von § 287 ZPO eine Minderung in Höhe von Euro 1.250,- für angemessen; dieser Betrag liegt noch deutlich unterhalb der Kosten die bei Nachbesserung durch einen Dritten entstehen würden.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.