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Erbscheineinziehung – Auslegung des Testaments durch den Tatrichter

 OBERLANDESGERICHT KÖLN

Az.: 2 Wx 36/02

Beschluss vom 27.12.2002

Vorinstanzen: Landgericht Bonn – Az.: 4 T 371/02; AG Waldbröl – Az.: 6 VI 219/75


In dem Erbscheinsverfahren hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln am 27. Dezember 2002 beschlossen:

Auf die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) vom 22. Oktober 2002 wird der Beschluß der 4. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 27. August 2002 – 4 T 371/02 – abgeändert und wie folgt neu gefaßt:

Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1) vom 2. Juli 2002 wird der Beschluß des Amtsgerichts Waldbröl vom 14. Mai 2002 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung über den Antrag des Beteiligten zu 1) vom 13. Juni 2001 an das Amtsgericht Waldbröl zurückverwiesen.

Das Amtsgericht Waldbröl wird angewiesen, den am 31. Oktober 1975 erteilten Erbschein – 6 VI 219/75 – nach dem am 26. Januar 1972 verstorbenen F. 0. einzuziehen.

Für das Verfahren der Beschwerde und der weiteren Beschwerde werden Gerichtskosten nicht erhoben.

Die in dem Beschwerdeverfahren sowie in dem Verfahren der weiteren Beschwerde erwachsenen notwendigen Auslagen der Beteiligten haben diese jeweils selbst zu tragen.

Gründe

Am 26. Januar 1972 verstarb der Vater der Beteiligten zu 1) und 2). Der Erblasser hatte unter dem 13. September 1971 ein handschriftliches Testament errichtet, in dem es unter anderem heißt (Bl. 2 f. d.BA. 6 IV 65/75 AG Waldbrol): „….Und so die Ehefrau mit den Kindern die Arbeit und das Einzelhandelgeschäft mit dem ambulant Handel weiter führen muß. Und so der Ehefrau das Einzelhandelgemischtwaren Geschäft mit dem ambulant Handel und das Haus mit dem Grundstück und auch das andere auf der eine Seite der Straße mit allen meinem Guthaben wenn ich tot bin bis zu Ihrem Lebensende übertrage und im Besitz behalten soll.

Und die Eheleute W. 0. für die rechte verpflegen dann das Haus mit dem Grundstück nach dem Tode bekommen und das Einzelhandelgemischtwaren Geschäft mit dem ambulanten Handel ehrlich weiter führen können und alle in Ordnung halten sollen.

Und das Grundstück über der Straße kann die J. für den Bau eines Wohnhauses erhalten aber sonst nicht verkauft werden. . . .“

Auf Antrag der Ehefrau des Erblassers vom 29. Juli 1975 und nach Rücksprache mit den Beteiligten hat das Amtsgericht Waldbröl am 31. Oktober 1975 folgenden Erbschein erteilt (Bl. 8 d.GA.):

„Der am 5. April 1909 in 0. geborene, zuletzt in R.-O. wohnhaft gewesene F. 0. ist am 26. Januar 1972 in Waldbröl verstorben und beerbt worden von Frau E. 0. geborene P.,

xxx R. 21-0. allein.

Es ist Nacherbfolge angeordnet. Nacherben sind

a) W. 0., xxx R. 21-0.

b) Frau J. I. geborene 0., xxx R. 21, Q..

Der Nacherbfall tritt mit dem Tode der Vorerbin ein.“

Die Ehefrau des Erblassers ist am 3. Februar 2000 verstorben. Insoweit ist den Beteiligten zu 1) und 2) am 8. Dezember 2000 durch das Amtsgericht Waldbröl ein gemeinschaftlicher Erbschein erteilt worden (11 VI 407/00).

Mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 13. Juni 2001 hat der Beteiligte zu 1) um eine Überprüfung des Erbscheins und dessen Einziehung mit der Begründung gebeten, dieser gebe nicht den im Testament niedergelegten Willen des Erblassers wieder. Ergänzend hat der Beteiligte zu 1) mit Schriftsatz vom -2. Oktober 2001 ausgeführt, er sei aufgrund der testamentarischen Verfügung seines Vaters im Wege der Nacherbfolge als alleiniger Erbe eingesetzt worden.

Durch Beschluß vom 14. Mai 2002 (Bl. 66 d.GA.) hat das Amtsgericht Waldbröl den Antrag auf Einziehung des am 31. Oktober 1975 erteilten Erbscheins mit der Begründung zurückgewiesen, das Gericht gehe aufgrund der vorgelegten Erklärungen verschiedener Nachbarn davon aus, daß der Erblasser testierfähig gewesen sei. Testamentarisch habe der Erblasser keine Nacherbfolge bestimmt; er habe lediglich Wünsche und Vorstellungen im Hinblick auf die Zukunft seiner Familie niedergelegt. Keinesfalls ergebe die Auslegung, daß der Beteiligte zu 1) allein als Nacherbe eingesetzt worden sei. Der Erblasser habe seine Ehefrau bis zu ihrem Tode als Erbin eingesetzt, ohne zu bestimmen, wer alsdann die Erbschaft erhalten soll. Daher greife die Auslegungsregel des § 2104 BGB ein, wonach diejenigen eingesetzt sind, welche die gesetzlichen Erben des Erblassers sein würden, wenn der Erblasser den Nacherbfall erlebt hätte, demnach die Beteiligten zu 1) und 2), wie bereits in dem Erbschein aus dem Jahre 1975 ausgewiesen sei.

Die hiergegen von dem Beteiligten zu 1) eingelegte Beschwerde vom 2. Juli 2002 hat das Landgericht durch Beschluß vom 27. August 2002 – 4 T 371/02 – (Bl. 81 ff. d.GA.) zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) vom 22. Oktober 2002 mit der er die Aufhebung des Beschlusses des Landgerichts Bonn und die Einziehung des Erbscheins des Amtsgerichts Waldbröl vom 31. Oktober 1975 beantragt. Zur Begründung führt er aus, der Erbschein stehe nicht im Einklang mit dem Testament. Der Erblasser habe ihm mit Ausnahme des Grundstücks auf der anderen Straßenseite den gesamten Nachlaß im Wege der Nacherbfolge zuwenden wollen. Auf jeden Fall habe der Erblasser die Beteiligten nicht zu gleichen Teilen als Erben eingesetzt.

2.

Die an keine Frist gebundene, in rechter Form (§§ 27 Abs. l, 29 Abs. l FGG) eingelegte weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses des Landgerichts und der Erstentscheidung des Amtsgerichts sowie zur Zurückverweisung der Sache zur weiteren Bearbeitung an das Amtsgericht.

Der Beschluß des Landgerichts vom 27. August 2002 hält nicht in allen Punkten der rechtlichen Überprüfung stand (§§ 27 Abs. l Satz 2 FGG, 546 ZPO n. F.). Das Landgericht hat die Voraussetzungen einer Einziehung des am 31. Oktober 1975 erteilten Erbscheins zu Unrecht verneint. Gemäß § 2361 Abs. l Satz l BGB ist ein Erbschein durch das Nachlaßgericht einzuziehen, wenn er unrichtig ist. Dies ist dann der Fall, wenn unabhängig von der seit der Erteilung verstrichenen Zeit die Voraussetzungen für seine Erteilung bereits ursprünglich nicht gegeben waren oder nachträglich weggefallen sind. Die Einziehung muß angeordnet werden, wenn die zur Begründung des Erbscheinsantrages notwendigen Tatsachen nicht mehr als festgestellt zu erachten sind, weil die gemäß § 2359 BGB erforderliche Überzeugung des Nachlaßgerichts von dem bezeugten Erbrecht über einen bloßen Zweifel hinaus erschüttert ist. Diese Voraussetzungen sind nach vollständiger Aufklärung des Sachverhalts und abschließender Würdigung des dabei gewonnenen Ergebnisses zu beurteilen (BGHZ 40, 54 [56 ff.] = NJE 1963, 1972; BayObLG NJW-RR 1997, 836 [837]; OLG Zweibrücken, FGPrax 1999, 113 [114]; Bamberger/Roth, BGB, 2003, § 2361 Rn 2 ff.; Firsching/Graf, Nachlaßrecht, 8. Auflage 2000, Rn 4.493; MüKo/Promberger, BGB, 3. Auflage 1997, § 2361 Rn 20 f.; Staudinger/Firsching, BGB, 13. Auflage 1997, § 2361 Rn 15, jeweils mit weiteren Nachweisen). Diese Grundsätze hat das Landgericht nicht vollständig beachtet.

Nicht zu beanstanden ist die vom Landgericht vertretene Auffassung, ein Erbschein könne grundsätzlich auch lange Zeit nach seiner Erteilung noch eingezogen werden, selbst wenn früher alle Beteiligten mit seinem Inhalt einverstanden waren, ihr Verhalten darauf abgestellt haben und zwischenzeitlich keine neuen Tatsachen aufgetreten sind (vgl. BGHZ 47, 58 [62 ff.]; BayObLGZ 1966, 233; BayObLGZ 1997, 59 [63] = NJW-RR 1997, 836 [837]; Pa-landt/Edenhofer, 62. Auflage 2003, § 2361 Rn 1).

Rechtsfehlerfrei ist die Kammer ebenfalls zu dem Ergebnis gelangt, daß der Erbschein auf der Grundlage des Testamens des Erblassers vom 13. September 1971 zutreffend erteilt worden ist. Die Frage, ob die letztwillige Verfügung des Erblassers in dem von dem Beteiligten zu 1) verstandenen Sinn auszulegen ist, daß dieser zum alleinigen Nacherben berufen ist, hat das Landgericht eingehend geprüft und im Ergebnis verneint. Dies ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Die Auslegung einer letztwilligen Verfügung obliegt dem Tatrichter. Der Senat als Rechtsbeschwerdegericht kann die Auslegung einer letztwilligen Verfügung nur daraufhin nachprüfen, ob der maßgebende Sachverhalt ausreichend erforscht worden ist und ob die Auslegung nach den Denkgesetzen und der feststehenden Erfahrung möglich ist, mit den gesetzlichen Auslegungsregeln im Einklang steht, dem klaren Sinn und Wortlaut der testamentarischen Erklärung nicht widerspricht und alle wesentlichen Umstände berücksichtigt worden sind. Dabei ist eine tatrichterliche Auslegung schon dann aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, wenn sie – gemessen an den dargestellten Grundsätzen – möglich erscheint, auch wenn ein anderes Auslegungsergebnis ebenso nahe oder sogar noch näher gelegen hat (st. Rspr. z.B. Senat, FamRZ 1989, 549 [550]; BGHZ 121, 357 [363]; BayObLG, FGPrax 2001, 208; BayObLG, Rpfle-ger 2002, 28; OLG Zwerbrücken,- FGPrax 1999, 113 [114]; Kahl in: Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 14. Auflage 1999 Rn 42, 48).

Einer an diesen Grundsätzen ausgerichteten Überprüfung hält die vom Landgericht vorgenommene Auslegung der letztwilligen Verfügung des Erblassers vom 13. September 1971 stand. Das Landgericht ist von der Testamentsurkunde ausgegangen. Es hat zutreffend dargelegt, daß der Erblasser, was auch von dem Beteiligten zu 1) nicht mit der Beschwerde angegriffen wird, seine’Ehefrau, die Mutter des Beteiligten zu 1), testamentarisch als befreite Vorerbin (§ 2136 BGB) eingesetzt und als Nacherbfall (‚§ 2106 Abs. l BGB) deren Tod bestimmt hat. Für diese Auslegung spricht schon der Wortlaut der letztwilligen Verfügung. Die Begriffe Vor- und Nacherbe müssen darin nicht gebraucht werden. Entscheidend ist, daß der Erblasser nach dem von ihm erklärten Willen einen zweimaligen Anfall der Erbschaft gewollt hat.

Ein dahingehender Wille des Erblassers folgt bereits aus der testamentarischen Anordnung, daß seine Ehefrau seinen Grundbesitz und das Handelsgeschäft sowie die Guthaben erhalten sollte, und zwar bis zu ihrem Tode. Nach dem Wortsinn der testamentarischen Formulierung „bis zu ihrem Lebensende übertrage(n) und im Besitz halten soll ist die Erbeinsetzung zeitlich begrenzt. Gleichzeitig hat der Erblasser zum Ausdruck gebracht, daß sein Nachlaß nach Ablauf dieser Zeitspanne noch einmal anfallen soll. Dieser Einsetzung der Ehefrau als befreite Vorerbin steht nicht entgegen, daß der Erblasser nicht ausdrücklich einen Nacherben bestimmt hat. Einer solchen Bestimmung bedarf es nicht, wie die gesetzlichen Regelung in § 2104 Satz 1. BGB belegt (vgl. auch Staudinger/Behrends/Avenarius, 13. Auflage 1996, § 2100 Rn 14).

Rechtlich nicht zu beanstanden ist die Wertung des Landgerichts, der Erblasser habe keine eindeutige Anordnung hinsichtlich der Nacherben getroffen, insbesondere auch nicht den Beteiligten zu 1) als Alleinerben eingesetzt. Für diese Auslegung spricht der weitere Inhalt der testamentarischen Anordnung. Der Erblasser hat für den Nacherbfall seinen gesamten Nachlaß nicht verteilt. Vielmehr hat er dem Beteiligten zu 1) gemeinschaftlich mit seiner Ehefrau sowie der Beteiligten zu 2) jeweils bestimmte Grundstücke zugedacht, ohne hinsichtlich des sonstigen Nachlasses eine abschließende Gesamtregelung zu treffen. So fehlt bereits eine Anordnung bezüglich des Verbleibs der der Ehefrau bis zu ihrem Tode zugewendeten Guthaben für den Fall des Eintritts des Nacherbfalls.

Gerade weil der Erblasser die Übertragung des Hausgrundstücks einschließlich des Einzelhandelsgeschäfts mit der Vorstellung verband, der Beteiligte zu 1) könne mit seiner Ehefrau das Geschäft fortführen, liegt die Auslegung des Landgerichts nahe, daß der Erblasser jedenfalls keine Einsetzung des Beteiligten zu 1) zum alleinigen Nacherben getroffen hat. Auf jede Fall ist diese Auslegung denkgesetzlich möglich und schon damit aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Zwar kann eine Nacherbfolge auf einen Bruchteil des dem Vorerben zugewendeten Erbteils beschränkt werden (BayObLGZ 1961, 200 [205]), indes kann ern Erblasser eine Nacherbfolge nicht hinsichtlich einzelner Nachlaßgegenstände – hier das Hausgrundstück – anordnen (Bamberger/Roth, a.a.O., § 2100 Rn 9; Palandt/Edenhofer, a.a.O., Vor § 2100 Rn 2; § 2100 Rn 2). Hinreichende Anhaltspunkte dafür, daß der Wille des Erblassers gleichwohl dahin gegangen sein könnte, den Beteiligten zu 1) unter Ausschluß seiner Ehefrau und der Beteiligten zu 2) von der Erbfolge als Alleinnacherben einzusetzen, hat das Landgericht bei seiner Testamentsauslegung nicht gefunden. Dies begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Es liegen auch außerhalb des Testaments keine Anhaltspunkte für eine entsprechende Anordnung vor. Soweit der Beschwerdeführer sich mit der weiteren Beschwerde darauf beruft, der Erblasser habe ihm nahezu den gesamten Nachlaß zuwenden wollen, setzt die weitere Beschwerde lediglich seine eigene – dem klaren Wortlaut des Testaments vom 12. September 1975 „den Eheleute W. O.w widersprechende Auffassung an die Stelle der Auslegung des Landgerichts, zeigt aber keinen Rechtsfehler der angefochtenen Entscheidung auf.

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Auch die Erwägungen des Landgerichts, die Beteiligten zu 1) und 2) seien zu gleichen Teilen Nacherben geworden, halten der rechtlichen Überprüfung stand. Eine Nacherbfolge kann schon dadurch angeordnet werden, daß ein Erbe nur bis zu einem bestimmten Zeitpunkt oder Ereignis eingesetzt wird. Benennt der Erblasser in diesem Fall nicht ausdrücklich die Person des Nacherben, ist anzunehmen, daß als Nacherben diejenigen eingesetzt sind, welche die gesetzlichen Erben sein würden, wenn er bei Fristende oder Ereigniseintritt gestorben wäre, § 2104 Satz l BGB. Das Nachlaßgericht und ihm folgend das Landgericht haben unter Anwendung der enthaltenen gesetzlichen Ergänzungsregel die Beteiligten als Kinder des Erblassers als Erben zu gleichen Teilen berücksichtigt.

Die von dem Beteiligten zu 1) zu den Akten gereichte eidesstattlichen Erklärungen verschiedener Nachbarn und seiner geschiedenen Ehefrau, hat das Landgericht zu Recht nicht für maßgeblich erachtet. Insbesondere gebot die Amtsermittlungspflicht (§ 12 FGG) keine weitere Beweisaufnahme. Entgegen den Ausführungen in der weiteren Beschwerde ergeben sich aus den vorgelegten Erklärungen nicht, „daß im Ort allgemein bekannt war, dass die Antragsgegnerin zu Lebzeiten des Erblasser (s)xx – mithin vor dem 26. Januar 1972 – „Bargeld und bereits ein Grundstück und eine Scheune als Rohbau zum Wohnungsausbau vorzeitig als Erbe bekommen hatte und aus Sicht des Erblassers damit im wesentlichen bereits zu Lebzeiten abgefunden war*. Unabhängig davon, daß dieser Sachvortrag neu ist und bereits daher in der Rechtsbeschwerdeinstanz keine Berücksichtigung mehr finden kann, hat keine der erklärenden Personen zu einer Abfindung der Beteiligten zu 2) zu Lebzeiten ihres Vaters überhaupt weitere Angaben gemacht. Etwaige Zahlungen und Übertragungen nach dem Eintritt des Vorerbfalls sind für die Auslegung der testamentarischen Anordnung ohne Bedeutung.

b)

Durfte das Landgericht ohne Rechtsfehler davon ausgehen, daß unter Anwendung der gesetzlichen Ergänzungsregel die Beteiligten zu 1) und 2) als Kinder des Erblassers mit dem Eintritt des Nacherbenfalls als Erben zu gleichen Teilen zu berücksichtigen war, so hätte es gleichwohl das Amtsgericht anweisen müssen, den im Jahre 1975 erteilte Erbschein nunmehr einzuziehen.

Gemäß § 2361 Abs. l Satz l BGB ist ein Erbschein stets durch das Nachlaßgericht einzuziehen, wenn er unrichtig ist. Diese Vorschrift ist auch dann anwendbar, wenn der Erbschein nicht bereits von Anfang an unrichtig war, sondern erst nachträglich, daß heißt nach der Erteilung des Erbscheins Tatsachen eintreten, die zwar nicht ex tunc wirken, aber doch den Erbschein nicht mehr als richtig erscheinen lassen (Staudinger/Schilken, BGB, 13. Auflage 1997, § 2361 Rn 21 m.w.N.). Eine solche nachträgliche Unrichtigkeit, die die Einziehung bedingt, liegt bei der Erteilung eines die Vor- und Nacherbfolge ausweisenden Erbscheins stets bei dem Eintritt des Nacherbfalls vor, sie macht den Erbschein des Vorerben ex nunc mit der Folge unrichtig, daß er eingezogen werden muß (KGJ 48, 112; BayObLG Rpfleger 2002, 28 [29]; OLG Hamm OLGZ 1975, 87 [92] = NJW 1974, 1827 [1828]; LG Bonn, MlttRhNotK 1984, 123; Bamberger/Roth, a.a.O., § 2361 Rn. 3; vgl. Erman/Schlüter, BGB, 10. Auflage 2000, § 2361 Rn 2; MüKo/Promberger, a.a.O., § 2361 Rn 5). Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Mit dem Tod (§ 2106 BGB) der als Vorerbin eingesetzten Ehefrau des Erblassers am 3. Februar 2000 hat hier die Vorerbschaft am Nachlaß ihr Ende gefunden. Die Erbschaft ist nach § 2139 BGB den Beteiligten zu 1) und 2) als Nacherben angefallen, so daß der der Vorerbin erteilte Erbschein vom 31. Oktober 1975 unrichtig geworden ist.

Der angefochtene Beschluß ist daher wegen Verletzung des § 2361 Abs. l BGB aufzuheben. Auf die erste Beschwerde ist auch die erstinstanzliche Entscheidung aufzuheben, die ebenfalls diesen Rechtsverstoß aufweist. Die Zurückverweisung an das Amtsgericht ist geboten, weil infolge der‘ Begründetheit der weiteren Beschwerde Maßregeln notwendig sind, deren Vornahme dem Gericht erster Instanz zukommt, hier die Einziehung des von ihm erteilten Erbscheins (vgl. zur Zurückverweisung in Erbscheinsverfahren: Kerdel/Kuntze/Winkler/Kahl, a.a.O., § 27 Rn 66 m.w.N.).

3.

Da die Sache an das Amtsgericht Waldbröl zurückzuverweisen ist, ist die Anordnung veranlaßt, daß die Gerichtskosten des Verfahrens der Erstbeschwerde und der weiteren Beschwerden, die bei richtiger Sachbehandlung nicht entstanden wären, nicht erhoben werden (§ 16 Abs. l Satz l KostO). Im übrigen beruht die Kostenentscheidimg des Senats auf § 13 a Abs. l Satz l FGG. Es entspricht im Streitfall unter Berücksichtigung der besonderen Umstände der Billigkeit, daß die Beteiligten zu 1) und 2) jeweils die eigenen außergerichtlichen Kosten des Beschwerde- und des weiteren Beschwerdeverfahrens zu tragen haben.

Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde: 50.000,00 € (geschätzt wie Vorinstanz).

 

 

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