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Flugscheinkostenerstattung nach der Fluggastrechteverordnung – Fälligkeit und Verzug

Rechtsstreit um vorgerichtliche Anwaltskosten bei Flugstornierung: Ein tiefgehender Blick auf das LG Landshut Endurteil

In einem Fall, der vor dem Landgericht Landshut verhandelt wurde, ging es um die Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten, die im Kontext einer Flugstornierung entstanden sind. Der Kläger hatte Flüge bei der Beklagten gebucht, die später annulliert wurden. Nachdem die Hauptforderung, also die Erstattung des Flugpreises, von der Beklagten beglichen wurde, blieb die Frage offen, ob auch die Anwaltskosten in Höhe von 640,00 € zu erstatten sind. Das Hauptproblem in diesem Fall war die Klärung, ob die Beklagte rechtlich verpflichtet ist, diese Kosten zu übernehmen, insbesondere da sie nach Auffassung des Klägers bereits in Verzug war.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 73 O 1651/20 >>>

Verzug und Fluggastrechte-Verordnung

Flugscheinkostenerstattung nach der Fluggastrechteverordnung - Fälligkeit und Verzug
Rechtsstreit um Anwaltskosten bei Flugstornierung: Landgericht Landshut entscheidet, dass Fluggastrechte-Verordnung Verzug begründet und Anwaltskosten als Verzugsschaden gelten. Wichtiger Richtwert für künftige Fälle.“ (Symbolfoto: SAWITRE INTAYAM /Shutterstock.com)

Der Kläger argumentierte, dass die Beklagte nach Ablauf der 7-Tage-Frist des Art. 8Abs. 1 lit. (a) der Fluggastrechte-VO (261/2004) in Verzug geraten sei. Diese Verordnung besagt, dass die Erstattung des Flugpreises innerhalb von sieben Tagen erfolgen muss. Die Beklagte hingegen war der Meinung, dass eine weitere Mahnung für den Verzugseintritt notwendig wäre. Das Gericht entschied, dass keine weitere Mahnung erforderlich ist, da die Frist der Fluggastrechte-Verordnung ausreichend ist, um den Verzug zu begründen.

Rechtsgrundlagen und Verzugsschaden

Das Gericht stützte seine Entscheidung auf §§ 280 Abs. 1, 3, 286 Abs. 2 Nr. 2 BGB in Verbindung mit Art. 8 Abs. 1 lit. (a) der Fluggastrechte-VO (261/2004). Es wurde festgestellt, dass die Beklagte nach Ablauf der 7-Tage-Frist in Verzug war und daher die Anwaltskosten als Verzugsschaden zu ersetzen sind. Die Höhe und die Zahlung der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten waren zwischen den Parteien nicht umstritten, lediglich der Zeitpunkt des Verzugseintritts war strittig.

Kostenentscheidung und vorläufige Vollstreckbarkeit

Die Beklagte wurde verurteilt, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Darüber hinaus wurde das Urteil als vorläufig vollstreckbar erklärt. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch eine Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgte aus §§ 708, 711 ZPO.

Schlüsselerkenntnisse des Falles

Dieses Urteil klärt wichtige Fragen im Zusammenhang mit der Erstattung von Anwaltskosten bei Flugstornierungen. Es bestätigt, dass die Fristen der Fluggastrechte-Verordnung ausreichen, um einen Verzug zu begründen, und dass in solchen Fällen die Anwaltskosten als Verzugsschaden zu betrachten sind. Für Fluggäste und Fluggesellschaften bietet dieses Urteil eine klare Richtlinie für ähnliche Fälle in der Zukunft.

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Fluggastrechteverordnung kurz erklärt

Die Fluggastrechteverordnung (Verordnung (EG) Nr. 261/2004) ist ein europäisches Gesetz, das die Rechte von Fluggästen bei Annullierungen, Verspätungen und Überbuchungen regelt. Sie gilt für alle Flüge, die von einem Flughafen in der Europäischen Union, Norwegen, Island oder der Schweiz abfliegen, sowie für Flüge in diese Länder, sofern die ausführende Fluggesellschaft ihren Sitz in der EU hat.

  • Grundlagen und Anwendungsbereich: Die Verordnung legt fest, welche Entschädigungen und Leistungen Fluggästen zustehen, wenn ihr Flug annulliert wird, überbucht ist oder sie ihr Endziel mit einer Verspätung von mindestens drei Stunden erreichen. Sie gilt nicht nur für Linienflüge, sondern auch für Charterflüge und Pauschalreisen, sofern der Flug mit einem festen Sitzplatz gebucht wurde.
  • Entschädigungsansprüche: Bei Annullierungen und Überbuchungen haben Fluggäste grundsätzlich Anspruch auf eine finanzielle Entschädigung, die je nach Flugdistanz variiert. Bei Verspätungen von mehr als drei Stunden am Endziel können Fluggäste ebenfalls eine Entschädigung verlangen, sofern die Verspätung nicht auf außergewöhnliche Umstände zurückzuführen ist.
  • Betreuungsleistungen: Unabhängig von der Entschädigung haben Fluggäste Anspruch auf Betreuungsleistungen. Dazu gehören Mahlzeiten, Erfrischungen, zwei kostenlose Telefonate, Faxe oder E-Mails und gegebenenfalls eine Hotelübernachtung sowie der Transport dorthin.
  • Außergewöhnliche Umstände: Fluggesellschaften sind von der Pflicht zur Zahlung einer Entschädigung befreit, wenn sie nachweisen können, dass die Annullierung oder Verspätung auf außergewöhnliche Umstände zurückzuführen ist, die auch bei allen zumutbaren Maßnahmen nicht hätten vermieden werden können. Dazu zählen beispielsweise schlechte Wetterbedingungen, politische Instabilität oder Sicherheitsrisiken.
  • Durchsetzung und Rechtsmittel: Fluggäste können ihre Ansprüche direkt bei der Fluggesellschaft geltend machen. Wenn die Fluggesellschaft die Ansprüche ablehnt, können Fluggäste sich an die nationalen Durchsetzungsstellen wenden oder gerichtliche Schritte einleiten.

Die Fluggastrechteverordnung bietet somit einen umfassenden Schutz für Fluggäste, die von Flugproblemen betroffen sind, und legt klare Regeln für die Entschädigung und Betreuung fest.


Das vorliegende Urteil

LG Landshut – Az.: 73 O 1651/20 – Endurteil vom 23.11.2020

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 640,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 16.05.2020 zu zahlen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar Die Beklagte kann die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet.

4. Der Streitwert wird auf 6.317,90 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten um vorgerichtliche Anwaltskosten, welche im Zusammenhang mit der Rückforderung von Flug-Ticketkosten – aufgrund einer Annullierung entstanden sind.

Der Kläger verfügte für sich und seine … über eine Flugbuchung bei der Beklagten unter dem Buchungscode … Die Flüge, startend in Erding, wurden von der Beklagten annulliert.

Ansprüche trat Frau …  an den Kläger ab, der diese Abtretung annahm.

Am 28. April 2020 forderte der Kläger die Beklagte zur Erstattung des Flugpreises von 6.317,90 € auf. Dies blieb fruchtlos.

Am 8. Mai 2020 forderte der Unterzeichner die Beklagte im Rahmen des erteilten Auftrages zur außergerichtlichen Geltendmachung zur Zahlung unter Fristsetzung bis 15. Mai 2020 auf, dies unter Aufforderung zur Freistellung von den Kosten der anwaltlichen Vertretung in Höhe von 640,00 € nach einer Vergütungsvereinbarung unterhalb der gesetzlichen Gebühren des RVG mit Ablehnungsandrohung gem. § 250 BGB.

Nach Rechtshängigkeit zahlt die Beklagte die Hauptforderung an den Kläger. Die Prozessparteien haben den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt.

Der Kläger ist der Auffassung, dass auch die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten zu erstatten seien, da die Beklagte mit Ablauf der 7-Tage-Frist des Art. 8 Abs. 1 lit. (a) der Fluggastrechte-VO (261/2004) in Verzug geraten sei.

Nach Erledigung der Hauptsache beantragt der Kläger zuletzt:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 640,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5%- Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. Mai 2020 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, Klageabweisung.

Nach Zahlung der Hauptforderung habe die Parteien den Rechtsstreit diesbezüglich übereinstimmend für erledigt erklärt. Mit Zustimmung der Parteien wurde durch Beschluss vom 22.10.2020 in das schriftliche Verfahren übergegangen, § 128 Abs. 2 ZPO. Als Zeitpunkt der den Schluss der mündlichen Verhandlung entspricht wurde der 19.11.2020 bestimmt.

Zu weiteren Ergänzung wird auf den schriftsätzlichen Vortrag der Parteien Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Der Rechtsstreit ist die Hauptforderung betreffend erledigt. Zu entscheiden war nur noch über die Nebenforderungen in Form vorgerichtlich entstandener Rechtsanwaltskosten. Die zulässige Klage ist auch bzgl. dieser Nebenforderung vollumfänglich begründet.

1. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten aus §§ 280 Abs. 1, 3, 286 Abs. 2 Nr. 2 BGB iVm. Art. 8 Abs. 1 lit. (a) der Fluggastrechte-VO (261/2004) zu.

Höhe und Zahlung der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten sind zwischen den Parteien unstreitig. Streit bestand vorliegend über die Frage, ob bei Einschaltung des Klägervertreters bereits Verzug eingetreten war oder Verzug erst durch dessen Schreiben vom 8. Mai 2020 eingetreten ist.

Gemäß Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe a) der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 (Fluggastrechteverordnung) haben Flugreisende bei Annullierung eines Fluges einen Anspruch nach Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe a) der Verordnung auf Erstattung der Flugscheinkosten für nicht zurückgelegte Reiseabschnitte sowie für bereits zurückgelegte Reiseabschnitte, wenn der Flug im Hinblick auf den ursprünglichen Reiseplan des Fluggasts zwecklos geworden ist.

Der Fluggast kann die vollständige Erstattung der Flugscheinkosten für nicht zurückgelegte Reiseabschnitte zu dem Preis verlangen, zu dem der Flugschein erworben wurde.

„Die Erstattung hat „binnen sieben Tagen“ zu erfolgen. Auch wenn die Verordnung keine eigenen Fristenregelungen enthält, greifen nicht die Bestimmungen des jeweils anwendbaren nationalen Rechts ein; vielmehr sind die einschlägigen Regelungen der Fristen-VO (VO (EWG) 1182/71 v. 3.6.1971, ABl. 1971 L 124, 1) anzuwenden.

Die Frist läuft ab dem Zeitpunkt der Ausübung des Wahlrechts durch den Flug – gast, sei es durch eine ausdrückliche oder eine konkludente Erklärung gegenüber dem Luftfahrtunternehmen. Das Wahlrecht wird in dem Zeitpunkt wirksam ausgeübt, in dem die empfangsbedürftige Willenserklärung dem Luftfahrtunternehmen zugeht (§§ 130f, 130 Abs. 1 S.1 BGB). In diesem Zeitpunkt tritt die Fälligkeit und nach 7 Tagen Verzug ein (§ 286 Abs. 2 Nr. 2 BGB).“ (BeckOK Fluggastrechte-VO/Degott, 16. Ed. 1.10.2020, Fluggastrechte-VO Art. 8 Rn. 3b-3c)

Vorliegend bestreitet die Beklagte nicht, dass ihr das Aufforderungsschreiben des Klägers nicht zugegangen sei. Sie steht auf dem Standpunkt, dass es noch einer weiteren Mahnung für den Verzugseintritt bedurft hätte (§ 286 Abs. 1 ZPO). Dies ist nicht der Fall, da hier wegen § 286 Abs. 2 Nr. 2 BGB eine weitere Mahnung – nach Ablauf der sieben Tage Frist – nicht notwendig ist.

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Die Rechtsanwaltskosten – welche in Grund und Höhe nicht bestritten sind – sind daher als Verzugsschaden zu ersetzen.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 91a ZPO. Der Kläger hatte hier den Anspruch auf Erstattung des Flugpreises, die Beklagte befand sich diesbezüglich auch in Verzug. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708, 711 ZPO.

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