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Gebrauchtwagenkauf –  Sachmängelhaftung – Vernichtung alter Kfz-Teile

OLG Koblenz – Az.: 5 U 79/18 – Beschluss vom 27.03.2018

1. Der Senat weist darauf hin, dass er beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Mainz vom 8. Dezember 2017 einstimmig gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

2. Der Kläger kann zu den Hinweisen des Senats bis zum 25. April 2018 Stellung nehmen. Die Rücknahme der Berufung wird angeraten.

3. Die Berufungserwiderungsfrist wird vor diesem Hintergrund bis zum 11. Mai 2018 erstreckt.

Gründe

I.

Der Kläger verfolgt Ansprüche im Zusammenhang mit der Veräußerung eines Kraftfahrzeugs.

Mit Vertrag vom 22. März 2013 erwarb der Kläger bei der gewerblich mit Fahrzeugen handelnden Beklagten einen VW Passat zu einem Kaufpreis von 12.500,- €. Vor der Übergabe des Fahrzeugs sollten TÜV und AU neu erteilt werden. Bei der TÜV-Untersuchung wurde festgestellt, dass die auf dem Fahrzeug befindlichen Leichtmetallfelgen nicht genehmigt werden konnten. Daher vereinbarten die Parteien auf der Übergabebescheinigung zum Fahrzeug, dass entweder die ABE der Alufelgen nachgereicht oder ein Satz Alufelgen mit Sommerreifen kostenlos nachgeliefert werden sollten. Anschließend beschaffte der Kläger Leichtmetallfelgen inklusive Reifen für einen Rechnungsbetrag von 803,51 € an. Die Beklagte erstattet daraufhin mit Gutschrift vom 21. März 2013 (Anlage B1; Blatt 42 GA) einen Betrag von 250,- € in bar. Zudem kam es zu Diskussionen wegen eines Unfallschadens des Fahrzeugs. Die Beklagte erbrachte in diesem Zusammenhang Lackierarbeiten und der Kläger zahlte hierfür einen Betrag von 100,- €.

Im April 2013 kontaktierte der Kläger die Beklagte wegen eines Leistungsverlusts des Fahrzeugs, woraufhin die Beklagte empfahl, eine wohnortnahe Garantie-Werkstatt aufzusuchen. Nach einer dort durchgeführten Überprüfung ließ der Kläger das Fahrzeug reparieren, wobei die Düsenpumpe sowie ein Turbolader ausgetauscht wurden. Unter Inanspruchnahme der vom Kläger abgeschlossenen Garantieversicherung verblieb zu dessen Lasten der Selbstbehalt in Höhe von 521,30 €. Mit Schreiben vom 24. April 2013 erhob der Kläger Ansprüche auf Erstattung des Selbstbehalts, der Kosten für die Alufelgen sowie der Arbeiten am Lack und konfrontierte die Beklagte zudem mit einem Schaden am Saugrohr. Hinsichtlich des Schadens am Saugrohr bot die Beklagte eine Nachbesserung an und bat um Vereinbarung eines Werkstatttermins. Kurz darauf erlitt das Fahrzeug des Klägers einen Motorschaden. Nach erfolgloser Fristsetzung zur Nachbesserung unter Verweis darauf, das Fahrzeug sei liegengeblieben, lehnte die Beklagte eine Nacherfüllung ab. Der Kläger ließ daraufhin den Motorschaden reparieren. Der Rechnungsbetrag der Werkstatt lautete auf 10.800,- €. Die Beklagte verweigerte die Erstattung.

Der Kläger hat erstinstanzlich zur Begründung seines auf Zahlung von 11.974,81 € nebst Zinsen sowie Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 837,52 € nebst Zinsen gerichteten Begehrens vorgetragen, der Motorschaden des Fahrzeugs sei darauf zurückzuführen, dass ein Teilstück der Drallklappenwelle in den Brennraum des Motors gelangt sei. Die Ursache hierfür sei bereits bei Übergabe des Fahrzeugs angelegt gewesen. Er könne daher den Kaufpreis in Höhe der Reparaturkosten mindern. Auch der Turbolader sei bereits bei Übergabe des Fahrzeuges mangelhaft gewesen. Die Lackierarbeiten der Beklagten seien zur Behebung eines vorhandenen Unfallschadens erforderlich gewesen, weshalb eine Pflicht zur Beteiligung an den Kosten in Höhe von 100,- € nicht bestanden habe. Hinsichtlich der Anschaffung der Alufelgen nebst Reifen sei er aufgrund der entsprechenden Einstandspflicht der Beklagten frei gewesen; die Beklagte müsse die Kosten erstatten.

Die Beklagte hat dem entgegengehalten, die Gutschrift in Höhe von 250,- € habe die Streitpunkte Alufelgen und Lackschaden abschließend geregelt. Der defekte Turbolader sowie die Ursache des Motorschadens seien im Übergabezeitpunkt nicht vorhanden gewesen. Hinsichtlich des Turboladers habe die Beklagte auch gebeten, lediglich in einer Garantie-Werkstatt eine Überprüfung des Defekts zu veranlassen.

Hinsichtlich des weiteren erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes sowie der erstinstanzlich von den Parteien gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Blatt 276 ff. GA) verwiesen.

Das sachverständige beratene Landgericht hat die Klage abgewiesen. Ein Anspruch hinsichtlich der Kosten für die Anschaffung der Alufelgen nebst Reifen sowie die Rückerstattung der Beteiligung an den Lackierarbeiten bestehe nicht. Der hierzu vernommene Zeuge …[A] habe überzeugend bekundet, die Thematik sei mit der Erstattung von 250,- € erledigt worden. Hintergrund hierfür sei gewesen, dass der Kläger Felgen habe anschaffen wollen, die über dem geschuldeten Standard gelegen hätten. Daher habe die Beklagte eine komplette Kostenübernahme verweigert und es sei zu der Einigung gekommen. Ansprüche wegen der behaupteten Mängel am Turbolader sowie Motor des Fahrzeuges könne der Kläger ebenfalls nicht erheben. Zwar trage nach § 476 BGB die Beklagte die Beweislast dafür, dass das Fahrzeug bei Gefahrübergang noch nicht mangelhaft gewesen sei. Von dieser die Beweislastverteilung beeinflussenden Vermutungsregel sei jedoch abzuweichen, da eine Beweisvereitelung des Klägers vorliege.

Dieser habe eine fahrlässige Beweisvereitelung begangen, da er Werkstattaufträge zum Austausch des defekten Turboladers und zur Beseitigung des Motorschadens erteilt, die entsprechenden Bauteile indes nicht gesichert habe, obgleich aufgrund der bereits angemeldeten Gewährleistungsansprüche zu beachten gewesen sei, dass diese bei einer Auseinandersetzung als Beweismittel benötigt würden. Eine Klärung der Ursache des Motorschadens sei jedoch – wie sich aus dem eingeholten Sachverständigengutachten ergebe – nicht mehr eröffnet. Entsprechendes gelte für den Turbolader, da dieser ebenfalls nicht mehr zur Verfügung stehe. Im Übrigen wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Blatt 280 ff. GA) verwiesen.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung unter Weiterverfolgung seines erstinstanzlichen Begehrens. Die Feststellungen des Landgerichts zur Erstattung der Kosten für die Alufelgen seien fehlerhaft. Der Zeuge …[A] habe gerade nicht bestätigt, dass der Kläger eine Verzichtserklärung abgegeben habe. Eine Deckelung der Kosten für die Alufelgen entspreche nicht den vertraglichen Absprachen. Hinsichtlich der Lackierarbeiten habe der Zeuge …[A] in seiner Vernehmung keine Angaben gemacht. Zu den erhobenen Ansprüchen wegen des defekten Turboladers sowie des eingetretenen Motorschadens könne nicht auf eine Beweisvereitelung abgestellt werden. Das Landgericht habe verkannt, dass der Kläger ein Sachverständigengutachten habe anfertigen lassen. Der Ansatz des Landgerichts vernachlässige, dass Geschädigten die Reparatur eines mangelhaften Fahrzeugs eröffnet sein müsse. Daher greife § 476 BGB. Im Übrigen ergebe sich aus dem Sachverständigengutachten das Vorliegen eines Sachmangels bei Gefahrübergang. Nach dem bestehenden Kenntnisstand könne nämlich nicht davon ausgegangen werden, dass bei einem vergleichbaren Fahrzeug eine mechanische Schädigung an der Drallklappenwelle auftrete. Im Übrigen wird auf die Berufungsbegründung des Klägers vom 13. März 2018 (Blatt 313 ff. GA) verwiesen.

Der Kläger beantragt, das Urteil abzuändern und

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn Schadensersatz in Höhe von 1.174,81 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 3. Juli 2013 zu zahlen;

2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Betrag in Höhe von 10.800,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 3. Juli 2013 zu zahlen;

3. die Beklagte zu verurteilen, an ihn außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 837,52 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 3. Juli 2013 zu zahlen.

II.

Der Senat ist nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand einstimmig der Überzeugung, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat. Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu und weder die Fortbildung des Rechts, noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Berufungsgerichts. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung ist nicht geboten. Von ihr sind keine neuen Erkenntnisse zu erwarten.

Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Entscheidung des Landgerichts Bezug genommen. Die dagegen erhobenen Angriffe der Berufung überzeugen den Senat nicht. Hierzu Folgendes:

1. Der vom Kläger erhobene Anspruch auf Erstattung der Kosten für die angeschafften Alufelgen einschließlich Reifen besteht nicht. Aufgrund der vertraglichen Vereinbarung der Parteien, nach der die Beklagte dem Kläger entweder eine Betriebserlaubnis für die Alufelgen oder neue Alufelgen nebst Reifen zu liefern hatte, stellt sich der Anspruch auf die angefallenen Kosten als das Begehren von Schadensersatz statt der Leistung nach §§ 433, 434, 437, 280, 281 BGB dar. Der Senat kann offenlassen, ob es insoweit an einer Fristsetzung zur Nacherfüllung fehlt, da sich die Parteien in Abänderung der vertraglichen Vereinbarung dahingehend verständigt haben, das Leistungsinteresse des Klägers mit der Gutschrift in Höhe von 250,- € abzugelten. Zu diesem Ergebnis ist das Landgericht in nicht zu beanstandender Weise gelangt. Soweit der Kläger in der Berufungsbegründung Teile der Angaben des Zeugen …[A] zitiert, auf die das Landgericht seine Bewertung gestützt hat, werden diese Angaben des Zeugen missverständlicherweise verkürzt wiedergegeben. Der Zeuge …[A] hat in seiner Vernehmung durch das Landgericht in der Sitzung vom 10. November 2017 (Blatt 270 f. GA) bekundet, dem Kläger seien Alufelgen als Ersatz angeboten worden, er habe indes andere Vorstellungen verfolgt, die allerdings auf eine höhere Qualität hinausgelaufen seien. Daher sei das Angebot erfolgt, 250,- € auszuzahlen und das Fahrzeug dann ohne Alufelgen zu übergeben. Hiermit sei der Kläger einverstanden gewesen. Diese Angaben des Zeugen, dessen Glaubwürdigkeit vom Kläger in der Berufungsbegründung nicht angezweifelt wird, können nur dahin verstanden werden, dass zwischen den Parteien klar war, dass mit der Gutschrift die ursprüngliche Lieferpflicht abgeändert und ersetzt wird. Eine andere Interpretation ist nicht eröffnet. Soweit das Landgericht die Angaben des Zeugen als überzeugend angesehen hat, bestehen hiergegen keine Bedenken. Der Senat teilt daher die Bewertung des Landgerichts.

2. Auch ein Anspruch auf Rückzahlung der vom Kläger an die Beklagte geleisteten 100,- € im Zusammenhang mit der Durchführung der Lackierarbeiten besteht nicht. Ein solcher Anspruch kann sich – abweichend vom Ansatz des Landgerichts – allenfalls aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB ergeben, da der Kläger zur Begründung seines Begehrens anführt, den Betrag ohne vertragliche Einstandspflicht geleistet zu haben. Der Kläger trägt insofern jedoch die Beweislast für die Erbringung der Zahlung ohne Rechtsgrund (vgl. nur Palandt/Sprau, BGB, 77. Aufl. 2018, § 812 Rdnr. 76). Zwar muss die Beklagte einen entsprechenden Rechtsgrund zumindest behaupten, doch ist sie dieser sekundären Darlegungslast nachgekommen. Sie hat, gestützt auf die Gutschrift vom 21. März 2013 (Anlage B1; Blatt 42 Ga), angeführt, mit der Gutschrift sei der gesamte Aspekt der Lackarbeiten an der Beifahrertür abgegolten worden. Selbst wenn es anschließend zu einer vollständigen Lackierung gekommen sei, um den Kläger zufrieden zu stellen – wie es der Zeuge …[A] angegeben hat -, wäre durch die behauptete Abgeltungsregel keine Gewährleistungspflicht gegeben und damit eine kostenmäßige Beteiligung des Klägers eröffnet. Insofern hat die Beklagte konkret vorgetragen. Soweit der Kläger nun im Nachhinein die Rückzahlung begehrt, bleibt er hinsichtlich des fehlenden Rechtsgrundes beweisfällig. Ein das Vorbringen der Beklagten entkräftendes Beweisangebot vermochte er nicht zu unterbreiten.

3. Auch die Gewährleistungsansprüche wegen des defekten Turboladers sowie des eingetretenen Motorschadens hat das Landgericht zutreffend als nicht gerechtfertigt angesehen.

a) Eine Sachmängelhaftung der Beklagten kommt für die vom Kläger angeführten Mängelkomplexe nur in Betracht, wenn der Turboladerdefekt sowie der Motorschaden auf Ursachen zurückzuführen sind, die eine vertragswidrige Beschaffenheit des Fahrzeugs darstellen und die bei Gefahrübergang bereits vorhanden waren. Zu dem defekten Turbolader führt der Kläger, obgleich er diesen austauschen ließ, keine konkrete Mangelursache an und behauptet pauschal einen vertragswidrigen Zustand, wohingegen die Beklagte eine Fehlfunktion aufgrund altersbedingten Verschleißes anführt. Normaler Verschleiß stellt jedoch keinen Sachmangel dar (vgl. nur BGH, NJW 2006, 434, 435). Welche der beiden diskutierten Schadensursachen zutreffend ist, lässt sich nicht mehr aufklären, da der Turbolader für eine Begutachtung nicht mehr zur Verfügung steht.

Entsprechendes gilt für den Motorschaden. Entgegen dem Vorbringen des Klägers in der Berufungsbegründung kann auf der Grundlage des eingeholten und mehrfach schriftlich ergänzten Sachverständigengutachtens keineswegs von einem Sachmangel nach § 434 BGB ausgegangen werden. Der Sachverständige hat mehrfach ausgeführt, dass sich der Bruch der Drallklappe mit den gegebenen Informationen nicht abschließend klären lasse. Es komme Materialermüdung, ein Materialfehler, das Einbringen eines Fremdgegenstandes oder lediglich eine Verklemmung durch Verkokungsrückstände in Betracht. Auch sei der zeitliche Ablauf nicht mehr bestimmbar (Blatt 116 GA). Hierzu hat er ergänzend ausgeführt, dass bei einem Bruch der Drallklappe mit der Folge eines Festhängens im Ansaugrohr eher unwahrscheinlich erscheine, dass eine Strecke von rund 6.500 km habe zurückgelegt werden können (Blatt 174 GA). Diese Schwierigkeit zu klären, ob der Defekt bereits bei Übergabe des Fahrzeugs angelegt war, hat der Sachverständige mehrfach vorgestellt (vgl. etwa auch Blatt 224 GA). Letztendlich konnte er keine exakte Schadensursache ermitteln. Insofern erweist sich auch der Einwand des Klägers, der Sachverständige habe gerade nicht bestätigen können, dass bei vergleichbaren Fahrzeugen mechanische Schäden an Drallklappenwellen bzw. Materialermüdungen und Materialfehler an Drallklappenwellen aufgetreten seien, was einen Sachmangel belege, als nicht stichhaltig. Aus den Ausführungen des Sachverständigen geht hervor, dass entsprechende Schadensvorfälle bei derartigen Fahrzeugen nicht üblich sind. Es lässt sich indes auch hieraus nicht konkretisieren, welche der vom Sachverständigen erwogenen Schadensursachen anzunehmen ist und ob diese bereits bei Übergabe des Fahrzeugs angelegt war. Hierzu hat der Sachverständige mehrfach darauf verwiesen, dass es einer Begutachtung der betroffenen Fahrzeugteile bedarf, um hinreichende Gewissheit zu gewinnen. Dies ist aufgrund der Vernichtung der Fahrzeugteile nicht mehr möglich.

Gebrauchtwagenkauf -  Sachmängelhaftung - Vernichtung alter Kfz-Teile
(Symbolfoto: Von Virrage Images/Shutterstock.com)

Das vom Kläger vorgelegte Privatgutachten, dass als Anlage K16 mit dem Schriftsatz vom 20. Oktober 2014 vorgelegt wurde, befindet sich nicht bei der Akte. Dieses wurde erstinstanzlich an den Sachverständigen weitergeleitet, der das Gutachten auch zur Kenntnis genommen und verwertet hat, da er hierauf in seiner vorgutachterlichen Korrespondenz sowie auch im Sachverständigengutachten Bezug nimmt. Offenbar wurde dieses lediglich vom Sachverständigen nicht in der Akte abgeheftet. Allerdings sieht der Senat bei der bestehenden Sachlage keinen Anlass, dass das Privatgutachten ein anderes Ergebnis rechtfertigen könnte. Der Kläger hat das Gutachten lediglich pauschal vorgelegt, ohne hierzu konkret vorzutragen. Hinzu tritt, dass der Beklagte wörtlich aus dem Privatgutachten zitiert hat, wonach „die Ursache des Drallklappenwellenbruchs .(……) nicht festgestellt werden“ kann. Auch der Sachverständige hat danach einen „Gewaltbruch, möglicherweise durch Eindringen eines Fremdkörpers, oder einen Dauerbruch als Folge einer Materialermüdung bzw. eines Materialfehlers“ erwogen, die Klärung jedoch unter die Bedingung einer „Bruchuntersuchung durch eine Materialprüfungsanstalt“ gestellt. Dies deckt sich mit den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen, der ebenfalls die Begutachtung der Fahrzeugteile zur Klärung der Ursache des Motorschadens als erforderlich angesehen hat. Insofern erscheint es folgerichtig, dass auch der Kläger in seinen Stellungnahmen zu den schriftlichen Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen sowie in der Berufungsbegründung nicht auf andere oder bessere Erkenntnisse auf der Grundlage des Privatgutachtens rekurriert hat.

b) Die Unklärbarkeit der Ursachen des Turboladerdefekts sowie des Motorschadens geht zu Lasten des Klägers. Dieser trägt nach der Übergabe der Kaufsache die Darlegungs- und Beweislast für die einen Sachmangel begründenden Tatsachen (vgl. nur BGH, NJW 2006, 434). Anderes gilt nur dann, wenn die Beweislastumkehr des § 476 BGB greift. Insofern hat das Landgericht zutreffend auf die Ausweitung der Vermutungswirkung des § 476 BGB nach der richtlinienkonformen Auslegung der Vorschrift durch den Bundesgerichtshof abgestellt (BGH, NJW 2017, 1093). Danach greift vorliegend grundsätzlich die Vermutungswirkung ein, weshalb die Unaufklärbarkeit – abweichend von der allgemeinen Verteilung der Darlegungs- und Beweislast im kaufrechtlichen Gewährleistungsrecht – zu Lasten der Beklagten ginge. Die Beweislastumkehr des § 476 BGB greift indes – wie das Landgericht zutreffend ausführt – nicht ein, weil der Kläger den der Beklagten obliegenden Beweis des Gegenteils fahrlässig vereitelt hat.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt in Anwendung des Rechtsgedanken der §§ 427, 441 Abs. 3 Satz 3, 444, 446, 453 Abs. 2, 454 Abs. 1 ZPO eine Beweisvereitelung vor, wenn eine Partei ihrem beweispflichtigen Gegner die Beweisführung schuldhaft erschwert oder unmöglich macht. Hierbei geht es um die auch vorprozessual mögliche gezielte oder fahrlässige Vernichtung oder Vorenthaltung vorhandener Beweismittel. Das Verschulden muss sich dabei sowohl auf die Zerstörung oder Entziehung des Beweisobjekts, als auf die Beseitigung seiner Beweisfunktion beziehen, also darauf, die Beweislage des Gegners in einem gegenwärtigen oder zukünftigen Prozess nachteilig zu beeinflussen (vgl. BGH, NJW 2006, 434, 436; BGH, NJW 2009, 360, 361 f.). Die Reparatur einer als mangelhaft gerügten Kaufsache ist als Beweisvereitelung anzusehen, wenn ausgetauschte Teile, die für die Beweisführung von Bedeutung sind, nicht verwahrt werden (BGH, NJW 2006, 434, 436, BeckOK-ZPO/Bacher, Ed. 27, § 284 Rn. 90.1). Auch vorliegend erfüllt das Verhalten des Klägers die Voraussetzungen in einer fahrlässigen Beweisvereitelung. Er hätte erkennen können und durch eine entsprechende Anweisung verhindern müssen, dass die mit dem Austausch der Fahrzeugteile beauftragte Werkstatt diese nicht aufbewahrt. Dabei trifft den Kläger ein besonders schwerer Vorwurf, da er durch den Schriftverkehr mit der Beklagten dahingehend sensibilisiert war, dass es auf eine streitige Auseinandersetzung hinauslaufenden könnte. Dass er hiermit gerechnet hat, zeigt sich auch daran, dass er frühzeitig anwaltlichen Rat eingeholt hat. Hinsichtlich des Motorschadens zeigt sich die Sensibilität des Klägers für die Problematik auch daran, dass er einen Privatgutachter hinzugezogen hat. Aus dessen (vom Beklagten zitierten) Ausführungen lässt sich entnehmen, dass auch dort eine Materialprüfung zur weiteren Aufklärung erwogen wird.

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Die Beurteilung der Folgen einer Beweisvereitelung liegt im Bereich der tatrichterlichen Überzeugungsbildung (BeckOK-ZPO/Bacher, § 284 Rn. 93). In Betracht kommt auch eine Umkehr der Beweislast, wobei es einer Abwägung aller für den Einzelfall relevanten Umstände bedarf. Sie führt vorliegend dazu, dass die Vermutungswirkung des § 476 BGB zu Lasten der Beklagten entfällt. Dieser wurde durch die Vernichtung des Motors und des Turboladers die Beweisführung unmöglich gemacht. Es liegt auf der Hand, dass bei der Vernichtung von technischen Fahrzeugteilen einer Aufklärung der Schadensursache gänzlich der Boden entzogen wird. Dies rechtfertigt es im Zusammenhang mit dem schweren Sorgfaltsverstoß des Klägers, die Vermutungswirkung entfallen zu lassen, zumal nach den Ausführungen des Sachverständigen, der sich im Bereich seiner Möglichkeiten umfassend mit dem Schadensbild auseinandergesetzt hat, keine auf greifbare Anknüpfungspunkte stützbare höhere Wahrscheinlichkeit für einen im Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorhandenen Sachmangel annehmen lässt.

III.

Aufgrund der vorstehenden Ausführungen bietet die Berufung offensichtlich keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Auch unter Berücksichtigung des neu gefassten § 522 Abs. 2 ZPO ist eine mündliche Verhandlung aus den eingangs genannten Gründen nicht geboten. Die Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 ZPO liegen vor.

Dem Kläger wird empfohlen, die Berufung kostensparend zurückzunehmen.

Die übliche Frist zur Stellungnahme beträgt nach §§ 522, 277 Abs. 3 ZPO zwei Wochen (vgl. hierzu auch Zöller/Heßler, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 522 Rn. 34; Stein/Jonas/Althammer, ZPO, 22. Aufl. 2013, § 522 Rn. 61; MünchKomm-ZPO/Rimmelspacher, 5. Aufl. 2016, § 522 Rn. 27, der sogar ausspricht, dass die Frist nicht überschritten werden sollte; Fellner, MDR 2017, 435). Der Senat hat die Frist von vorneherein großzügiger bemessen. Das soll der Partei eine hinreichende Überlegungsfrist gewährleisten und Fristverlängerungsgesuche überflüssig machen. Fristverlängerungen sind deshalb auf absolute Ausnahmefälle beschränkt, weil sie in der ersten Fristsetzung bereits berücksichtigt sind (vgl. hierzu OLG Rostock, Beschl. v. 27. Mai 2003 – 6 U 43/03, OLGR 2004, 127; vgl. zur Begründung des Verlängerungsgesuches auch BVerwG, NJW 2008, 3303). Nicht prüffähige, pauschale Behauptungen genügen nicht (OLG München, MDR 2017, 483; OLG Köln, MDR 2014, 299). Es sind deshalb für ein Fristverlängerungsgesuch erhebliche Gründe in prüffähiger Form glaubhaft zu machen, die eine notwendige Fristverlängerung begründen. Dazu gehört die Darlegung, welche Schritte unverzüglich eingeleitet wurden, um eine fristgerechte Stellungnahme sicherzustellen.

Der Senat beabsichtigt, den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 11.974,81 € festzusetzen.

 

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