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Rücktritt Kfz-Leasingvertrag – Berechnung Nutzungsentschädigung

LG München I – Az.: 11 O 532/18 – Urteil vom 27.03.2018

1. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger 6.924,65 € zu zahlen, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basissatz seit dem 10.11.2017.

2. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 492,54 € nebst Zinsen in selber Höhe seit dem 10.11.2017 zu zahlen.

3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

5. Der Streitwert wird auf 6.924,65 € festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger macht einen Rückzahlungsanspruch aus einem beendeten Leasingvertrag geltend.

I. Unstreitig ist:

1. (zu Klageantrag 1)

Der Kläger hatte bei der Beklagten einen Pkw geleast. Der war mangelhaft. Der Kläger trat zurück und kündigte den Leasingvertrag. Nach einem Streit, der vorliegend nicht mehr interessiert, ist zwischen den Parteien unumstritten, dass der Vertrag vorzeitig beendet wurde. Die Beklagte rechnete am 16.11.2015 (Blatt 2, K 1) die wechselseitigen Leistungen ab.

Dabei berücksichtigte die Beklagte, dass sie die gezahlten Leasingraten zurückzugewähren hatte, die sich auf 39.121,64 € netto (brutto 46.554,76 €) beliefen.

Sie zog davon eine Nutzungsentschädigung ab. Dem Grunde war und ist dieser Abzug unumstritten. Streitig war und blieb seine Höhe. Genauer:

Die Beklagte (K 1) bezifferte die Nutzungsentschädigung auf 18.184,67 € netto (brutto 21.639,76 €), indem sie als Ausgangspunkt für die Nutzungsentschädigung den Einstandswert von 79.652,50 € zugrundelegte und pro gefahrener 1.000 km einen bestimmten Prozentsatz dieses Einstandswerts ansetzte. Dieser Rechenweg ist als solcher zwischen den Parteien abermals unumstritten.

Streitig ist allein die Frage, wie hoch der Prozentsatz zu sein habe.

Die Beklagte legte (K 1) 0,5 % zugrunde. Dem Kläger ist das zuviel. Hier liegt die einzige Streitfrage dieses Prozesses.

Dazu ist wiederum Folgendes unstreitig:

Der vertragsgegenständliche Pkw ist „das Topmodell des Herstellers“ (Blatt 3) in einer überdurchschnittlich hochwertigen Ausstattung und mit einer technisch hochwertigen Motorisierung (im einzelnen Blatt 3).

Die Beklagte wies mit Schreiben vom 10.11.2016 die Ansprüche des Klägers zurück (Blatt 5).

2. (zu Klageantrag 2)

Der Kläger nahm vorgerichtlich anwaltliche Hilfe in Anspruch, um einen höheren Auszahlungsbetrag zu fordern (Blatt 5, K 5). Es fielen Gebühren in der Höhe an, die oben ausgeurteilt ist.

Die Beklagte wies auch insoweit mit Schreiben vom 10.11.2016 die Ansprüche des Klägers zurück (Blatt 5).

II. Der Kläger bringt vor:

1. (zu Klageantrag 1-alt)

Die Klage sei in Antrag 1 begründet, denn die Beklagte habe zu wenig ausgezahlt, weil sie die Nutzungsentschädigung zu hoch angesetzt habe. Dazu habe sie den Prozentsatz viel zu hoch geschraubt und diesbezüglich die Laufleistung lächerlich niedrig veranschlagt. Vergleichbare Motoren (Blatt 43) schafften teilweise bis zu 1 Mio. km, und wenn die Beklagte stattdessen bloß 200.000 km als Laufleistung veranschlage, sei das Unsinn (Blatt 44, wiederholend Blatt 58).

Die Beklagte komme auf den zu hohen Prozentsatz nur, weil sie außer Acht lasse, dass der Motor und damit das Fahrzeug eine viel höhere Lebensdauer/Laufleistung habe. Zu recht halte die Rechtsprechung (K 2) 0,4 % pro 1.000 km für die „absolute Obergrenze einer Nutzungsentschädigung“.

Die Beklagte habe hiernach bloß 318,61 € je 1.000 km abziehen dürfen, somit maximal 17.311,80 € brutto (nicht: 21.639,76 € brutto). Die Differenz (Blatt 4) von 4.327,96 € brutto sei derjenige Hauptsachebetrag, der in Klageantrag 1 mindestens verlangt werden könne.

2. (zu Klageantrag 1-neu)

In Anlehnung an das für den Kläger erfreuliche Gerichtsgutachten sei die Klage in Absatz 1 sogar zu erhöhen (Blatt 43):

Denn selbst wenn man sich an die vom Sachverständigen (sehr vorsichtig) geschätzte Mindest-Laufleistung von 300.000 km halte, errechne sich ein Prozentsatz von bloß 0,34 % (also noch weniger als die 4 % in der Klageschrift). Die 0,34 % ergeben mit dem unstreitigen Einstandswert einen Betrag von 270,82 € netto pro gefahrener 1.000 km. Da unstreitig 45.660 km gefahren wurden, sind die 270,82 mit 45,66 zu multiplizieren.

Die Nutzungsentschädigung könne daher netto bloß 12.365,64 betragen, entsprechend (Blatt 44) brutto 14.714,11 €. Indem die Beklagte stattdessen 231.639,76 € brutto ansetzte, habe sie um 6.924,65 € zu hochgelegen und ergo diesen Betrag zuwenig ausbezahlt (Blatt 44).

3.

Die Beklagte sei mit der Klageforderung (Antrag 1) und der Nebenforderung (Antrag 2) jeweils in Verzug geraten dadurch, dass sie die Ansprüche zurückwies.

III. Anträge

Der Kläger hatte in Klageantrag 1 zunächst als Hauptsacheforderung nur die 4.327,96 € verlangt, die er in der Klageschrift als Mindestbetrag vorrechnete.

Der Kläger hat die Klage mit Schriftsatz vom 15.12.2017 (Blatt 43/44) erweitert, nachdem in diesem Prozess das Gerichtsgutachten vorlag. Er hat zuletzt denjenigen Antrag gestellt, der in diesem Urteil ausgeurteilt ist. Den schreibt das Gericht deshalb hier nicht nochmals ab.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

IV. Die Beklagte bringt vor:

Die Klage sei unbegründet. Die vorprozessuale Abrechnung K 1 sei korrekt gewesen. Eine höhere Lebensdauer/Laufleistung habe man damals (Blatt 11) nicht ansetzen können, oder jedenfalls seien 200.000 km nach damaligen Erkenntnissen „durchaus angemessen“ gewesen.

Der Anspruch sei verwirkt, weil der Kläger seit November 2015 nichts zur Durchsetzung seiner Rechte getan habe (Blatt 10), jedenfalls nicht gegenüber der Beklagten (Blatt 10/11), die deshalb bereits im Glauben gewesen sei, mit der Abrechnung K 1 sei der Kläger einverstanden.

V. Prozessuales:

Die Klage ging zum Amtsgericht, das nach Klageerweiterung hierher verwies.

Beide Gerichte haben darauf hingewiesen, dass sie nicht von Verwirkung ausgehen (Blatt 14, Blatt 53 oben).

Beweis erhoben ist durch schriftliches Gutachten des Sachverständigen S vom 23.11.2017 (Blatt 28/40) aufgrund Beschlusses vom 20.7.2017 (Blatt 21/23). Dazu konnten die Parteien Stellung nehmen. Einwendungen hat keine Partei formuliert. Das Gericht hat auf ein Schreibversehen im Gutachten hingewiesen (Blatt 53), das in den Entscheidungsgründen nicht mehr zu erörtern sein wird.

Das Amtsgericht hat nach Klageerweiterung und auf Antrag des Klägers den Rechtsstreit ans hiesige Landgericht verwiesen (Blatt 13/14). Das entscheidet schriftlich (Blatt 56), da die Parteien dem zugestimmt haben (Blatt 54/55), um sich einen neuen Verhandlungstermin (Blatt 52) zu ersparen.

Entscheidungsgründe

A.

Die Klage ist zulässig.

B.

Sie ist begründet.

I.Klageantrag 1

1.

Der Anspruch ergibt sich aus dem Leasingvertrag. Der Kläger hat die nachvollziehbaren und plausiblen Angaben des für Unparteilichkeit und Sachkunde bekannten Gerichtssachverständigen verwertet und kommt zu einer Berechnung, die rechtlich schlüssig und technisch von den Ergebnissen der Beweisaufnahme im vorliegenden Verfahren getragen ist.

2.

Der Anspruch ist nicht verwirkt. Die ohne Geltendmachung verflossene Zeit reicht nicht aus.

3.

Durch die Ablehnung jeglicher weiteren Zahlung kam die Beklagte in Verzug (§ 286 Abs. 2 BGB) mit der Begleichung auch des klageerweiternd geltend gemachten höheren Betrages. Der Zinsfuß folgt aus § 288 Abs. 1 BGB.

II. Klageantrag 2

Aus selbigen Verzugsgesichtspunkten rechtfertigt sich auch der Klageantrag 2.

C.

Entscheidungen von Amts wegen:

I. Die Kostenfolge regelt § 91 Abs. 1 ZPO.

II. Zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt der Ausspruch aus § 709 S.2 ZPO.

III. Der Streitwert war durch Beschluss zu taxieren. maßgebend war der höhere Wert nach Klageerweiterung, da insoweit die Verweisungsentscheidung des Amtsgerichts bindet.

 

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