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Gewährleistungsanspruch – Hotelgrundstück bei fehlender Bau- bzw. Betriebsgenehmigung

OLG Dresden, Az.: 4 U 0453/16, Urteil vom 25.10.2016

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 10.03.2016 – Az. 7 O 2568/10 – wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das angefochtene Urteil und das Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluss: Der Gegenstandswert des Berufungsverfahrens wird auf bis zu 355.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin begehrt die Einstellung der Vollstreckung aus der notariellen Urkunde des Notars D. S. vom 19.01.2009 hinsichtlich der monatlich zu bezahlenden Raten i.H.v. jeweils 2.500,00 EUR ab Februar 2009.

Gewährleistungsanspruch - Hotelgrundstück bei fehlender Bau- bzw. Betriebsgenehmigung
Symbolfoto: Supertrooper/Bigstock

Der Beklagte ist der Erbe des am 03.09.2011 verstorbenen vormaligen Beklagten K. Z. (im Folgenden Erblasser). Der Erblasser betrieb das auf dem ihm gehörenden Grundstück in S. OT G. (ca. 8 km vom Flughafen S… entfernt) gelegene Hotel „…“. Die Hotelanlage bestand aus einem Hauptgebäude mit einem Gastronomiebereich und 20 Zimmern sowie einem Nebengebäude mit sechs Einzelzimmern (sog. Bettenhaus). Des Weiteren befinden sich auf dem Grundstück eine Scheune und Stellplätze. Der Erblasser beabsichtigte, das Objekt zu veräußern und beauftragte das Maklerbüro BHW … (im Folgenden BHW) mit der Vermittlung. Im Exposé (Anlage K 2) wird die Grundstücksgröße mit ca. 4.140 qm, die Anzahl der Zimmer mit 26 (20 im Hauptgebäude, 6 im Nebengebäude) und der Kaufpreis mit 650.000,00 EUR angegeben. Die Klägerin erwarb mit notariellem Kaufvertrag des Notars D. S. vom 19.01.2009 das Grundstück zum Kaufpreis von 650.000,00 EUR (Anlage K 1). Der Kaufgegenstand wurde in § 1 Ziffer 1 des Kaufvertrages mit einer Größe von 4.131 qm und bebaut mit einer Hotelanlage nebst Scheune bezeichnet. Der Kaufpreis sollte in Teilen von 100.000 EUR und 180.000 EUR sowie weitere 370.000,00 EUR in monatlichen Raten von 2.500,00 EUR ab Februar 2009 bezahlt werden. In § 6 Ziffer 2 des notariellen Kaufvertrages wurde Folgendes aufgenommen:

2.

Der Verkäufer erklärt:

a) …

b) Am Übergabetag werden keine behördlichen Auflagen oder Beanstandungen bezüglich des Kaufgegenstandes unerledigt sein.

c) Die Hotel-/Heizungsanlage, der Schornstein etc. sind nach Kenntnis des Verkäufers den jeweils gültigen Vorschriften und entsprechend den ggf. notwendigen Genehmigungen errichtet worden und entsprechen den derzeit geltenden Bestimmungen.

5.

Der Verkäufer sichert zu, dass der Kaufgegenstand in der Zeit des von ihm geführten Hotelbetriebes mit durchschnittlich 60 % ausgelastet gewesen sei. Lediglich im Jahr 2008 ist der Umsatz bedingt durch die Erkrankung des Verkäufers zurückgegangen und betrug ca. 300.000,00 EUR (Auslastung ca. 60 %).

Der Verkäufer sichert ferner zu, dass alle Genehmigungen für den Hotelbetrieb vorliegen.

Darüber hinaus ist die Haftung des Verkäufers ausgeschlossen.

Vereinbarungen zu Beschaffenheit und Verwendbarkeit des Kaufgegenstandes werden nicht getroffen; etwaige früher gemachte Angaben des Verkäufers begründen solche Vereinbarungen nur, wenn sie ausdrücklich in diese Urkunde aufgenommen werden.

Mit Ausnahme der vorstehend getroffenen Regelung haftet der Verkäufer insbesondere nicht für die Größe, Bebaubarkeit, nicht für die Bodenbeschaffenheit und Verwertbarkeit des Kaufgegenstandes, nicht für einen bestimmten Bauzustand aufstehender Gebäude und baulicher Anlagen sowie nicht für Sachmängel aller Art, erklärt jedoch, dass ihm offene oder verborgene wesentliche Mängel, die die Gebrauchstauglichkeit erheblich beeinträchtigen, nicht bekannt sind.

Der Käufer hat den Grundbesitz besichtigt; er kauft ihn im gegenwärtigen, altersbedingten Zustand.

9.

Der Verkäufer gibt an, nicht im Besitz eines (gültigen) Energieausweises gemäß § 16 EnEV 2007 zu sein. Der Verkäufer verzichtet endgültig auf dessen Vorlage und Übergabe.

12.

Der Verkäufer verpflichtet sich, den Käufer unverzüglich nach Vertragsschluss alle nachstehend aufgeführten Unterlagen, soweit vorhanden, zu übergeben:

  • Bauantrags- und Baugenehmigungsunterlagen
  • Miet-/Pacht-/Nutzungsverträge nebst Nachträgen

Die Vertragsparteien sind sich darüber einig, dass der Käufer nach Vertragsschluss mittels der o.g. Unterlagen für sich eine technische und wirtschaftliche „due diligence“ für das Vertragsobjekt erstellen wird. … Das Ergebnis der due diligence hat keinen Einfluss auf den vorliegenden Vertrag.

Der Vertragsgegenstand wurde der Klägerin zum 01.02.2009 übergeben. Sie verpachtete ihn an die C… (im Folgenden Pächterin) für die Zeitdauer von 15 Jahren zu einem Pachtzins von 6.650,00 EUR monatlich (Anlage K 3).

Das nunmehr als Bettenhaus bezeichnete (zumindest seit 1947 bestehende) Nebengebäude wurde von dem Erblasser 1995 saniert und instandgesetzt und mit sechs Zimmern (im 1.OG) genutzt. Eine Baugenehmigung hierfür bestand nicht. Gegen den Erblasser wurde 1995 ein Ordnungswidrigkeitenverfahren wegen der Nutzung des Nebengebäudes als Bettenhaus eingeleitet, welches jedoch im Sand verlief. Das Bettenhaus ist mit ca. 60 cm über die Grundstücksgrenze auf dem im Eigentum der Gemeinde S… stehenden Nachbargrundstück gebaut.

Die Pächterin der Klägerin nutzt die Hotelanlage einschließlich des Bettenhauses. Die Klägerin beantragte am 23.09.2009 den Ausbau und die Nutzungsänderung des zweigeschossigen Nebengebäudes (Bettenhaus) mit drei barrierefreien Hotelzimmern im Erdgeschoss und sechs weiteren Hotelzimmern im ersten Obergeschoss. Diesen Antrag hat der Landkreis D… mit Bescheid vom 01.02.2010 mit der Begründung abgelehnt, dass sich das Vorhaben nicht einfügt und zunächst die Aufstellung eines Bebauungsplanes geboten ist. (Anlage K 5, B 19).

Auf Antrag des Beklagten erteilte der Landkreis D… am 25.06.2013 (Anlage B 22) die Baugenehmigung für die Nutzungsänderung und den Umbau des 1. Obergeschosses und teilweise des Erdgeschosses zu einem Bettenhaus mit sechs Einzelzimmern. Die Gemeinde S… hat erklärt, den Überbau zu dulden. Dies wurde im Grundbuch am 16.12.2013 als Grunddienstbarkeit auf dem Flurstück … und 4/2 jeweils zugunsten der Eigentümer des Grundstückes in G. Flur 4, Flurstück …, eingetragen (Anlage B 23).

Die Klägerin hat 297.500 EUR bezahlt. Sie hat mit Schreiben vom 02.07.2009 Mängel gerügt und den Erblasser zur Nachbesserung aufgefordert. Dies wurde abgelehnt. Die Klägerin hat mit Schreiben vom 19.08.2009 die Minderung des Kaufpreises erklärt und Schadensersatz geltend gemacht (Anlage K 8).

Die Klägerin hat vorgetragen, die Kaufsache sei mangelhaft und der Erblasser habe die Mängel arglistig verschwiegen. Das Bettenhaus sei ein rechtswidrig errichteter Schwarzbau und nicht nutzbar. Der Erblasser habe gewusst, dass eine Baugenehmigung nicht vorliege und dies verschwiegen. Für die Scheune liege entgegen den Angaben im Exposé keine gesicherte Bauvoranfrage vor. Der Erblasser sei 1994 bei der Erteilung der Baugenehmigung zur Errichtung von 25 Stellplätzen im Zufahrtsbereich beauflagt worden. Tatsächlich seien jedoch nur 16 Stellplätze angelegt worden. Die Angaben im Exposé, es seien 34 Stellplätze und zwei Busparkplätze vorhanden, seien falsch. Es liege überhaupt keine Genehmigung für Busparkplätze vor. Des Weiteren sei die vereinbarte Grundstücksgröße von 4.150 qm falsch, das Grundstück sei nur 3.757 qm groß. Dies habe der Erblasser gewusst, denn er habe das Grundstück 1995 vermessen lassen. Des Weiteren sei dem Erblasser der Überbau bekannt gewesen. Gleichwohl habe er diese wesentlichen Umstände der Klägerin verschwiegen. Die Minderung berechne sich aus dem im Exposé angegebenen Grundstückswert i.H.v. 1.169.000,00 EUR und dem angegebenen Wert für das Bettenhaus von 280.000 EUR. Der Kaufpreis betrage nur 56 % des Wertes. Entsprechend entfalle als Kaufpreis auf das Bettenhaus nur ein Betrag in Höhe von 156.000 EUR. Das Bettenhaus und die Scheune seien mit einem Wert von 0 anzusetzen. Der geminderte Kaufpreis betrage 447.730,00 EUR. Zudem habe der Erblasser zum erzielbaren Jahresumsatz eine falsche Zusicherung abgegeben. Statt 300.000,00 EUR im Jahr habe er nur einen Umsatz von 150.000,00 EUR erzielen können. Darüber hinaus schulde der Beklagte noch Schadensersatz, denn die Klägerin habe aus dem erhöhten Kaufpreis die Notargebühren, die Maklergebühren und die Grunderwerbssteuer bezahlt. Darüber hinaus seien Architektenkosten i.H.v. 13.000,00 EUR angefallen für die Nachbesserung. Ferner habe sie Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung, denn der Pachtgegenstand könne aufgrund des nicht hergestellten Bettenhauses nur in Teilen genutzt werden. Die Minderung betrage 2.500,00 EUR monatlich. Schließlich habe die Klägerin noch Anspruch auf die Differenz zwischen dem Kaufpreis und dem Marktwert der nicht geleisteten Sache (dem sog. Wertinteresse) für das Bettenhaus. Der Wert des Bettenhauses betrage 280.000 EUR und der Kaufpreis 156.000,00 EUR. Somit bestehe der Schaden der Klägerin in Höhe der Differenz von 124.000,00 EUR. Mit dem Schadensersatzanspruch i.H.v. insgesamt 307.286,97 EUR rechne die Klägerin gegenüber dem Restkaufpreisanspruch von 152.730,00 EUR auf. Im Übrigen werde zur Widerklage bestritten, dass in der geltend gemachten Höhe Grundsteuer, Versicherung und Straßenreinigungskosten angefallen und von der Beklagten bezahlt worden sind.

Die Beklagte hat vorgetragen, ein Minderungsanspruch bestehe schon wegen des vereinbarten Gewährleistungsausschlusses nicht. Im Übrigen bestünden auch keinerlei Mängel. Eine Nutzungsuntersagung des Bettenhauses sei zu keinem Zeitpunkt ausgesprochen worden. Die Pächterin habe im Übrigen im Bettenhaus und im Haupthaus 30 Zimmer ohne Einschränkung genutzt. Mittlerweile liege eine Genehmigung vor. Der Erblasser habe bei Abschluss des Kaufvertrages nicht arglistig gehandelt, denn er habe das Bettenhaus seit 1995 genutzt. Nachdem das Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen ihn nicht weiterverfolgt worden sei, habe er davon ausgehen können, dass die Baubehörde die Nutzung dulde. Der Grenzüberbau sei dem Erblasser nicht bekannt gewesen; er habe daher nicht arglistig gehandelt. Es sei im Kaufvertrag nicht zugesichert worden, dass für die Scheune eine Bauvoranfrage positiv beschieden worden sei. Bestritten werde, dass das Grundstück eine geringere Größe als angegeben habe. Im Übrigen ergebe sich die Grundstücksgröße von 4.131 qm aus dem Grundbuch und dem Liegenschaftsregister. Unabhängig davon sei eine bestimmte Grundstücksgröße nicht vereinbart worden und die Abweichung nur unwesentlich. Eine bestimmte Anzahl von Stell- oder Busparkplätzen sei im Kaufvertrag nicht vereinbart worden. Parkplätze seien im Übrigen genehmigungsfrei und die Klägerin nutze insgesamt drei Busparkplätze. Die Angaben im Exposé seien nicht maßgeblich. Der Erblasser habe auch insoweit nicht arglistig gehandelt. Eine Minderung komme auch schon deshalb nicht in Betracht, weil die Klägerin und die Pächterin das Hotel beanstandungsfrei in vollem Umfang nutzen könnten. Schließlich habe der Erblasser das Hotel weit unter Wert verkauft, auch aus diesem Grund komme eine Minderung nicht in Betracht. Im Übrigen sei die von der Klägerin angesetzte Minderung zu hoch. Schadensersatzansprüche der Klägerin bestünden nicht. Es werde bestritten, dass die Klägerin die Maklerrechnung bezahlt habe, denn insoweit sei ein Rechtsstreit anhängig. Architektenkosten könnten nicht verlangt werden, denn die Rechnung beinhalte nicht nur die Genehmigung, sondern eine weitreichende Nutzungsänderung und einen Ausbau des Bettenhauses. Der Beklagte habe seinerseits Anspruch auf Zahlung von 3.354,25 EUR, den er im Wege der Widerklage geltend mache, denn die Klägerin habe entgegen ihrer Verpflichtung aus dem notariellen Kaufvertrag die Versicherung, die Grundsteuer und Straßenreinigungskosten ab Übergabe nicht bezahlt. Diese Kosten habe der Beklagte verauslagt.

Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 10.03.2016 – auf das wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird – abgewiesen und der Widerklage stattgegeben.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihr erstinstanzliches Ziel weiterverfolgt. Sie behauptet, für das Bettenhaus seien zunächst Nutzungsuntersagungen ausgesprochen worden. Fehlerhaft habe das Landgericht zudem angenommen, dass das Bettenhaus infolge der später erteilten Baugenehmigungen in dem vertraglich geschuldeten Umfang nutzbar sei. Die Baugenehmigung vom 25.06.2013 sei nicht rechtskonform. Die Beklagte habe falsche Angaben gemacht. Überdies werde dort nur die Nutzung von sechs Einzelzimmern gestattet und auch dies nur unter Auflagen. Die Auflagen seien nicht erfüllt worden. Deren Erfüllung werde Kosten i.H.v. mindestens 130.000,00 EUR verursachen. Der Pächterin sei wegen des nicht vertragsgemäßen Zustandes des Hotels eine Minderung von 2.500,00 EUR im Monat zugestanden worden. Die Angaben im Exposé seien dem Erblasser zuzurechnen, denn der Makler sei dessen Hilfsperson. Im Übrigen sei nicht beachtet worden, dass die Angaben im Exposé als öffentliche Äußerung eines Gehilfen des Verkäufers eine zu erwartende Beschaffenheit begründen. Die Angaben der Zeugen bestätigten, dass der Erblasser die Klägerin arglistig getäuscht habe. Seine Kenntnis ergebe sich auch aus seinen eigenen Äußerungen kurz nach Vertragsabschluss. Bei der Berechnung der Minderung müsse das Haupthaus einbezogen werden. Es seien weniger Zimmer und Aufbettungsmöglichkeiten genehmigt worden. Die Ausbaufähigkeit des Bettenhauses und der Scheune sei für die Klägerin wesentlich für den Kaufabschluss gewesen. Schließlich sei das Landgericht auf die falsche Zusicherung über die erzielbaren Umsätze nicht eingegangen. Schon dies allein rechtfertige eine Minderung von 66.300,00 EUR. Es sei auch nicht berücksichtigt worden, dass das Fehlen von Busparkplätzen einen gravierenden Mangel darstelle und diese Parkplätze im Exposé zugesichert worden seien. Die Grundstücksgröße sei offensichtlich im Grundbuch falsch angegeben, dies sei jedoch dem Erblasser bekannt gewesen.

Die Klägerin beantragt,

1. unter Aufhebung des Urteils des LG Leipzig vom 10.03.2016 – 7 O 2568/10- die Zwangsvollstreckung aus der Urkunde des Notars D. S., B…, vom 19.01.2009, UR-Nr. 41/2009, hinsichtlich der Vollstreckung der monatlich zu bezahlenden Raten i.H.v. jeweils 2.500 EUR ab Februar 2009 für unzulässig zu erklären.

2. die Widerklage abzuweisen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt das landgerichtliche Urteil. Eine Zusicherung für das Bestehen einer baurechtlichen Genehmigung für das Bettenhaus sei nicht abgegeben worden. Der Erblasser habe die gaststättenrechtliche Gewerbeerlaubnis für die Nutzung des Bettenhauses seit 1996 innegehabt, weshalb seine Angaben zutreffend gewesen seien. Die Einholung einer baurechtlichen Genehmigung für das Bettenhaus sei eine reine Formalie gewesen. Eine Nutzungsuntersagung oder Betriebsbeschränkung habe nie im Raum gestanden. Das Maklerexposé begründe keine Haftung. Die Klägerin habe sich auch nicht im Unklaren über die tatsächlichen Verhältnisse des Kaufobjektes befunden, denn der von ihr beauftragte Zeuge W. habe das Hotel vor Kaufvertragsabschluss über einen längeren Zeitraum -insoweit unstreitig- fast täglich mit fachkundiger Unterstützung intensiv begutachtet. Unzutreffend sei, dass die Umsatzzahlen falsch angegeben worden seien. Die Vereinbarung einer Pachtminderung entbehre jeglicher Grundlage.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen Bezug genommen.

II.

A.

Die Berufung ist nur insoweit zulässig, als sie gegen die Klageabweisung eingelegt wurde.

Die Berufung wurde zulässig eingelegt, § 519 ZPO. Aus der Berufungsschrift selbst ergibt sich zwar nicht, wer von den beiden im Rubrum genannten Parteien Kläger oder Beklagter ist, jedoch sind mit der per Fax am 30.03.2016 eingelegten Berufung auch die ersten drei Seiten des landgerichtlichen Urteils beigefügt worden. Damit lässt sich der Berufungskläger in ausreichender Weise ermitteln (vgl. hierzu Heßler, in Zöller, Kommentar zur ZPO, 31. Aufl., § 519 Rn. 30a).

Allerdings ist die Berufung insoweit unzulässig, als mit ihr die Abweisung der Widerklage angestrebt wird, denn insoweit enthält die Berufungsbegründung keine Ausführungen, § 520 Abs. 3 ZPO. Die Berufungsbegründung muss die bestimmte Bezeichnung der im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung enthalten. Die Rechtsmittelbegründung muss zudem geeignet sein, das gesamte angefochtene Urteil in Frage zu stellen (vgl. BGH, Urteil vom 23.06.2015 – II ZR 166/14 – zitiert nach juris, wie alle im Urteil zitierten Entscheidungen). Bei mehreren Streitgegenständen oder einem teilbaren Streitgegenstand muss sie sich grundsätzlich auf alle Teile des Urteils erstrecken, hinsichtlich derer eine Abänderung beantragt ist; andernfalls ist das Rechtsmittel für den nicht begründeten Teil unzulässig (so BGH, aaO.; vgl. BGH, Urteil vom 05.12.2006 – VI ZR 228/05). Der Streitgegenstand der Widerklage – die Ansprüche des Beklagten auf Erstattung von verauslagten Kosten (Grundsteuer, Versicherungen, Straßenreinigungskosten für die Zeit nach Übergabe des Kaufobjektes) ist ein anderer als der der Klage. Die Klägerin hat zwar beantragt, die Widerklage abzuweisen. Die Berufungsbegründung verhält sich jedoch in keinem Satz zu den mit der Widerklage geltend gemachten Forderungen und erklärt nicht, weshalb die Entscheidung des Landgerichts unzutreffend sein soll.

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B.

Die Berufung ist im Übrigen nicht begründet.

1.

Die Klägerin kann den Kaufpreis nicht mindern, §§ 433, 434 Abs. 1, 441, 444, 1922 BGB.

Soweit die Klägerin eine abweichende Grundstücksgröße (a), den Überbau (b), die fehlende Auslastung des Hotels (c), die Stellplätze (d) und die fehlende Bebaubarkeit der Scheune (e) rügt, liegen Mängel oder fehlende vereinbarte Beschaffenheiten nicht vor. Dem Bettenhaus (f) fehlt zwar die vereinbarte Beschaffenheit, der Klägerin ist jedoch die Berufung darauf nach Treu und Glauben verwehrt.

a) Grundstücksgröße

Der Klägerin steht ein Minderungsrecht wegen der behaupteten abweichenden Grundstücksgröße (3.757 qm statt 4.150 qm) nicht zu.

Eine bestimmte Größe des Grundstückes wurde vorliegend nicht als Beschaffenheit vereinbart gemäß § 434 Abs. 1 BGB. In § 6 Ziffer 5 des Kaufvertrages wurde die Haftung für die Größe des Grundstückes ausdrücklich ausgeschlossen. § 1 Ziffer 1 des notariellen Kaufvertrages enthält keine Beschaffenheitsvereinbarung, sondern gibt ersichtlich den Grundbuchinhalt – wie schon aus der Überschrift zu entnehmen ist – und die dort angegebene Größe von 4.131 qm wieder. Im Kaufvertrag ist an keiner weiteren Stelle eine Beschaffenheitsvereinbarung zur Grundstücksgröße enthalten. Dies wäre aber erforderlich, denn eine Beschreibung von Eigenschaften eines Grundstückes durch den Verkäufer vor Vertragsschluss, die in der notariellen Urkunde keinen Niederschlag findet, führt in aller Regel nicht zu einer Beschaffenheitsvereinbarung nach § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB (so BGH, Urteil vom 06.11.2015 – V ZR 78/14, Rn. 15, vgl. auch BGH, Urteil vom 22.04.2016 – V ZR 23/15).

Eine Haftung kommt auch nicht wegen Fehlens einer Sollbeschaffenheit (einer öffentlichen Verlautbarung) in Betracht. Zur Sollbeschaffenheit der Kaufsache können nach § 434 Abs. 1 Satz 3 BGB Eigenschaften gehören, die der Käufer nach den öffentlichen Äußerungen des Verkäufers oder der von ihm beauftragten Gehilfen erwarten darf (vgl. BGH, Urteil vom 16.03.2012 – V ZR 18/11). Dazu gehören auch Angaben in einem Exposé (vgl. BGH, Urteil vom 06.11.2015 – V ZR 78/14; Urteil vom 16.03.2012 – V ZR 18/11). Im Exposé ist die Grundstücksfläche mit „ca. 4.140 qm“ benannt (Anlage K 2). Jedoch wurden die Angaben des Exposés in der notariellen Urkunde insoweit revidiert, als dort die Grundstücksgröße nur mit 4.131 qm angegeben wird. Da aber die Gewährleistung wegen eines Sachmangels – insbesondere der Größe – ausdrücklich ausgeschlossen wurde, kann die Klägerin Ansprüche darauf nur stützen, wenn die Grundstückgröße geringer als 4.131.qm und der Mangel von dem Erblasser arglistig verschwiegen worden ist gemäß § 444 BGB. Ein arglistiges Verhalten des Verkäufers setzt die Kenntnis der Tatsachen voraus, aus denen sich die Unrichtigkeit seiner Angaben ergibt (so BGH, Urteil vom 06.11.2015 – V ZR 78/14). Ein arglistiges Verschweigen ist danach nur gegeben, wenn der Verkäufer den Mangel kennt oder ihn zumindest für möglich hält und zugleich weiß oder doch damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, dass der Käufer den Mangel nicht kennt und bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte (BGH, Urteil vom 22.04.2016 – V ZR 23/15). Vorliegend ist schon nicht ersichtlich, ob dem Erblasser zum Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses im Januar 2009 die Angabe im Antrag auf Baugenehmigung aus dem Jahre 1993 zur Grundstücksgröße von 3.911 qm noch präsent war. Überdies hatte der Erblasser aber im Hinblick auf die Angaben zur Grundstücksgröße im Grundbuch von 4.131.qm (Anlage B 6) sowie im Liegenschaftskataster von 4.140 qm (Anlage B 7) keinen Anlass, diese Größenangaben in Zweifel zu ziehen. Woher ihm eine behauptete Grundstücksgröße von 3.757 qm hätte bekannt sein sollen, erschließt sich nicht. Den Angaben der vom Landgericht einvernommenen Zeugen lässt sich kein arglistiges Verhalten des Erblassers entnehmen. Der Zeuge W. konnte zur tatsächlichen Grundstücksgröße nichts sagen und gab an, dass er lediglich vom Hörensagen wisse, dass es eine Grundstücksvermessung des Erblassers 1997 gegeben hat. Der Zeuge G. gab bei seiner Einvernahme an, dass sich die Grundstücksgröße aus dem amtlichen Lageplan ergibt und die tatsächliche Grundstücksgröße 3.750 qm betrage. Dies ist schon unzutreffend, denn das Liegenschaftskataster weist eine Grundstücksgröße von 4.140 qm aus (Anlage B 7). Zur Kenntnis des Erblassers hat er keine Angaben gemacht.

Auch wenn es vorliegend nicht mehr darauf ankommt, hat die Klägerin für die von ihr behauptete Grundstücksgröße kein taugliches Beweismittel angeboten. Das Zeugnis des amtlichen Vermessers Dipl.-Ing. L. B. (Bl. 9 dA) genügt ebenso wenig wie die Vorlage des Bauantrages vom 27.09.1993 (Anlage K 15 – der im Übrigen eine Grundstücksgröße von 3.911 qm ausweist). In der vorliegenden Bauakte ist ein amtlicher Lageplan des Vermessungsingenieurs L. B. vom 08.03.2012 vorhanden, der eine Fläche von 4.131 qm ausweist. Der Liegenschaftsvermessungsbefugte im Land Brandenburg J. geht in seiner Berechnung vom 15.01.1994 sogar von einer Grundstücksgröße von 4.140 qm aus (Anlage B 15, Bl. 166 dA). Beide Größenangaben weichen erheblich von der der Klägerin ab.

b) Überbau

Der Überbau rechtfertigt keine Minderung, denn ein Mangel ist nicht ersichtlich.

Es handelt sich hier schon nicht um einen Sachmangel gemäß § 434 BGB, sondern allenfalls um einen Rechtsmangel nach § 435 BGB. Ragt ein auf dem verkauften Grundstück stehendes Gebäude auf das Nachbargrundstück, liegt darin ein Rechtsmangel (vgl. OLG Koblenz, Urteil vom 14.06.2007 – 5 U 37/07 und Beschluss vom 12.11.2014 – 1 W 517/14; vgl. Matusche-Beckmann in Staudinger, Kommentar zum BGB, 2013, § 435 Rn. 23). Der Mangel beruht in der Belastung des Grundstückseigentümer mit der Zahlung der Überbaurente, § 912 Abs.2 BGB. Ein von einem verkauften Grundstück ausgehender Überbau auf ein Nachbargrundstück kann frühestens dann einen Rechtsmangel darstellen, wenn die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen für eine entsprechende Inanspruchnahme auf Grund des Überbaus vorliegen (vgl. OLG Koblenz Beschluss vom 12.11.2014 – 1 W 517/14). Ob die Haftung des Beklagten auch für Rechtsmängel ausgeschlossen ist, kann dahinstehen, denn auch solche liegt nicht vor. Maßgebender Zeitpunkt für die Rechtsmängelfreiheit ist der Zeitpunkt, in dem sich der Erwerb vollziehen soll, also i.d.R. der Eigentumsübertragung (vgl. Matusche-Beckmann, aaO., § 435 Rn. 5). Die Eigentumsumschreibung ist noch nicht erfolgt. Jedenfalls hat die Klägerin noch am 11.11.2014 (Bl. 334 ff. dA) die Klage dahingehend erweitert, den Beklagten zu verurteilen, den Notar anzuweisen, die Umschreibung des Eigentums auf die Klägerin zu beantragen. Dieser Teil der Klage wurde mit Beschluss des Landgerichts Leipzig vom 12.05.2015 abgetrennt und an das Landgericht Cottbus verwiesen. Das Landgericht Cottbus hat mit Beschluss vom 10.11.2015 das Verfahren – im Hinblick auf die Vorgreiflichkeit des vorliegenden Verfahrens – ausgesetzt (Bl. 513 dA). Ein Rechtsmangel liegt aber nicht mehr vor, denn der Beklagte hat sich mittlerweile mit der Gemeinde S… über die Bestellung einer Dienstbarkeit über die Duldung des Überbaus zugunsten des Hotelgrundstückes verständigt. Die Grunddienstbarkeit für den jeweiligen Eigentümer des Grundstückes in G. Flur 4, Flurstück …, ist im Grundbuch lastend auf den Flurstücken xy und 4/2 der Flur 5 eingetragen (Anlage B 23, B 24).

c) Auslastung des Hotels

Die Klägerin hat das Fehlen einer vereinbarten Beschaffenheit schon nicht schlüssig vorgetragen. In Ziffer 5. des notariellen Kaufvertrages vom 19.01.2009 hat der Erblasser zugesichert, dass der Kaufgegenstand in der Zeit des von ihm geführten Hotelbetriebes mit durchschnittlich 60 % ausgelastet gewesen sei und lediglich im Jahr 2008 der Umsatz bedingt durch Erkrankung des Verkäufers zurückgegangen und daher ca. 300.000,00 EUR (Auslastung von 60 %) betragen habe. Es kann offenbleiben, ob der Erblasser gegenüber den von der Klägerin benannten Zeugen W. und S. eingeräumt hat, dass der Umsatz tatsächlich viel geringer gewesen sei. Selbst wenn die Erklärungen des Erblassers im Jahre 2009 zum Umsatz als wahr unterstellt werden, beweist dies nicht, dass tatsächlich von ihm in der Vergangenheit ein Jahresumsatz von 300.000,00 EUR und eine Auslastung von 60 % nicht erreicht worden war. Unabhängig davon fehlt die vereinbarte Beschaffenheit auch nur dann, wenn eine negative Abweichung der Istbeschaffenheit von der Sollbeschaffenheit vorliegt. Das heißt, wenn die Klägerin bzw. ihre Pächterin eine Auslastung von 60 % und einen Umsatz von 300.000,00 EUR im Jahr nicht erzielen kann. Dies behauptet die Klägerin aber nicht.

Soweit die Klägerin im Schriftsatz vom 10.10.2016 geltend macht, dass es für die Bewertung des Geschäftswertes auf die Umsätze der letzten Jahre ankomme, und dem Beklagten aufgegeben werden möge, die Unterlagen über den Umsatz des Hotelbetriebes herauszugeben, um einen Minderwert sachgerecht ermitteln zu können, verfängt dies nicht. Die Klägerin hat sich unter § 6 Ziffer 12 des notariellen Kaufvertrages eine technische und wirtschaftliche Rentabilitätsprüfung (due diligence) nach Vertragsschluss vorbehalten. Gleichwohl haben die Parteien im notariellen Kaufvertrag vereinbart, dass das Ergebnis dieser Prüfung keinen Einfluss auf den vorliegenden Vertrag haben soll. Damit haben die vertragsschließenden Parteien klargestellt, dass das Ergebnis der Rentabilitätsprüfung unbeachtlich sein sollten. Darüber hinaus räumt die Klägerin ein, dass das Objekt ohne Geschäftswert veräußert wurde, weil der Erblasser seinen Geschäftsbetrieb bereits abgemeldet hatte (Bl. 146 dA, Schriftsatz der Klägerin vom 20.12.2010). Wenn der Geschäftswert nicht zum Kaufpreis gehört, kann er aber auch keine Grundlage für eine Minderung des Kaufpreises sein.

d) Stellplätze

Der Erblasser hat das Vorhandensein von 34 Pkw-Stellplätzen und zwei Busplätzen in der notariellen Urkunde nicht zugesichert. Es liegt daher keine vereinbarte Beschaffenheit i.S.v. § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB vor (vgl. BGH Urteil vom 06.11.2015 – V ZR 78/14).

Die Anzahl der Stellplätze findet lediglich im Exposé Erwähnung (Anlage K 2). Insoweit handelt es sich wegen der öffentlichen Äußerung des Maklers um eine Sollbeschaffenheit gemäß § 434 Abs. 1 Satz 3 BGB (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 06.11.2015 – V ZR 78/14; Urteil BGH vom 16.03.2012 – V ZR 18/11).

Wegen des vereinbarten Gewährleistungsausschlusses haftet die Beklagte wegen des Sachmangels nur dann, wenn der Erblasser diesen Mangel arglistig verschwiegen hat, § 444 BGB. Dies ist aber nicht der Fall, denn die Klägerin hatte Kenntnis von der tatsächlich vorhandenen Anzahl der Stellplätze. Kern des Vorwurfes ist, dass der Erblasser mit der Errichtung von 25 Stellplätzen im Zufahrtsbereich bei der Baugenehmigung im Jahr 1994 beauflagt worden ist. Tatsächlich waren jedoch nur 16 Stellplätze angelegt. Schließlich wirft die Klägerin der Beklagtenseite vor, dass statt der vorhandenen 16 Stellplätze im Exposé 34 Stellplätze und zwei Busparkplätze als errichtet angegeben worden sind. Bei einem Verkauf eines Gebäudegrundstückes besteht die Pflicht nur zur Offenbarung verborgener Mängel oder von Umständen, die nach der Erfahrung auf die Entstehung und Entwicklung bestimmter Mängel schließen lassen, wenn es sich um Umstände handelt, die für den Entschluss des Käufers von Bedeutung sind, insbesondere die beabsichtigte Nutzung erheblich zu mindern geeignet sind (so BGH, Urteil vom 16.03.2012 – V ZR 18/11). Bei den Mängeln, die einer Besichtigung zugänglich und damit ohne Weiteres erkennbar sind, besteht dagegen keine Offenbarungspflicht (so BGH, aaO.). Der Käufer kann insoweit eine Aufklärung nicht erwarten, weil er diese Mängel bei der im eigenen Interesse gebotenen Sorgfalt selbst wahrnehmen kann (so BGH, aaO.). Unstreitig haben Vertreter der Klägerin das Grundstück mehrfach vor Vertragsabschluss besichtigt. Ihnen war daher bekannt, dass entgegen der im Exposé angegebenen Anzahl von Stellplätzen weniger Stellplätze angelegt worden sind. Dies lässt sich bei einer Besichtigung kaum übersehen. Eine Haftung scheidet jedenfalls wegen der Kenntnis der Klägerin gemäß § 442 BGB aus.

Der Klägerin mag nicht bekannt gewesen sei, dass 25 Stellplätze beauflagt worden waren. Ihr war jedoch bekannt, dass vor Ort nur 16 Stellplätze angelegt worden waren. Sie konnte daher nicht darauf vertrauen, dass ihr mehr als 16 Pkw-Stellplätze zur Verfügung stehen werden.

e) Scheune

Die Klägerin kann den Kaufpreis nicht wegen der fehlenden „gesicherten Bauvoranfrage“ für die Scheune mindern.

Eine vereinbarte Beschaffenheit liegt nicht vor, denn aus der notariellen Urkunde ergibt sich keine Vereinbarung zur Beschaffenheit der Scheune. Auch aus dem Exposé ergibt sich keine Sollbeschaffenheit gemäß § 434 Abs. 1 Satz 3 BGB. Im Exposé findet sich dazu folgende Beschreibung:

Bei Abriss der Scheune hat das Objekt eine Baureserve von 600 qm. Eine Bauvoranfrage und Baupläne für die Erweiterung liegen vor und sind vom Architekten gesichert.

Entgegen den Ausführungen der Klägerin hat der Erblasser damit nicht den zulässigen Bau eines weiteren Hauses mit 600qm auf dem Grundstück zugesichert. Liegt nur eine Bauvoranfrage vor, so kann der Erwerber nicht davon ausgehen, dass bereits ein Bauvorbescheid ergangen ist und damit die Bebaubarkeit gewährleistet ist. Eine positive Bescheidung einer Bauvoranfrage wird im Exposé nicht behauptet. Allein das Vorliegen einer Bauvoranfrage bietet noch keine ausreichende Vertrauensgrundlage für die Bebaubarkeit des Objektes. Der Erblasser durfte davon ausgehen, dass der geschäftserfahrenen Klägerin – die zudem von dem Architekten G. bereits vor Vertragsabschluss begleitet wurde – der Unterschied zwischen einer Bauvoranfrage und einem Bauvorbescheid bekannt ist.

f) Bettenhaus

Die fehlende Baugenehmigung für das Bettenhaus zum Zeitpunkt der Übergabe (01.02.2009) begründet das Fehlen einer vereinbarten Beschaffenheit, §§ 434, 441 BGB (aa). Der Klägerin ist jedoch die Berufung darauf gemäß § 242 BGB verwehrt (bb).

aa) Die Parteien haben über das Vorliegen einer Baugenehmigung für das Bettenhaus eine Beschaffenheitsvereinbarung im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB getroffen. Der Erblasser erklärte in § 6 Nr. 2c des Kaufvertrages u.a., dass die Hotelanlage nach seinen Kenntnissen den jeweils gültigen Vorschriften und entsprechend den ggf. notwendigen Genehmigungen errichtet worden sei und den derzeit geltenden Bestimmungen entspreche. Darüber hinaus sicherte der Erblasser in § 6 Ziffer 5 ausdrücklich zu, dass alle Genehmigungen für den Hotelbetrieb vorliegen. Dazu gehört auch die Baugenehmigung. Es mag zwar die gaststättenrechtliche Erlaubnis für den Betrieb des Bettenhauses vorliegen (Anlage BE 1, Bl. 616 f dA), die eine fehlende baurechtliche Nutzungsgenehmigung aber nicht ersetzen kann. Die Hotelanlage bestand nicht nur aus dem Haupthaus, sondern auch aus dem Bettenhaus, in dem sechs Einzelzimmer vorhanden waren. Das Bettenhaus wurde vom Erblasser seit 1995 genutzt (S. 10 der Klageerwiderung, Bl. 45 dA). Damit war es Bestandteil der Hotelanlage mit der Folge, dass sich die Erklärung in § 6 Nr. 2c des Kaufvertrages auch auf das Bettenhaus bezog. Unstreitig ist aber für die Nutzung des Nebengebäudes als Bettenhaus eine Baugenehmigung nicht erteilt worden.

Fehlt es an einer vereinbarten Beschaffenheit, so kommt ein allgemeiner Ausschluss der Haftung für Sachmängel nicht in Betracht. Die Auslegungsregel, nach der sich ein zwischen den Parteien vereinbarter allgemeiner Ausschluss der Haftung für Sachmängel nicht auf eine von den Parteien nach § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB vertraglich vereinbarte Beschaffenheit erstreckt, gilt auch, wenn eine bestimmte Beschaffenheit der Kaufsache nicht ausdrücklich, sondern „nur“ konkludent vereinbart worden ist (so BGH, Urteil vom 06.11.2015 – V ZR 78/14).

Für das Fehlen der vereinbarten Beschaffenheit ist es auch ohne Belang, dass die Klägerin bzw. ihre Pächterin das Bettenhaus als Hotelbetrieb tatsächlich nutzten. Dem hierauf abzielenden Vortrag des Beklagten ist die Klägerin nicht entgegengetreten. Ausweislich der von ihm vorgelegten Unterlagen warb die Pächterin im Jahre 2010 mit einer Zimmeranzahl von 29 (Anlage B 2), obwohl ausweislich des vorgelegten Exposés das Hotel nur über 26 Zimmer (20 Zimmer im Hauptgebäude und 6 im Bettenhaus) verfügte. Der Beklagte legte Rechnungen von Übernachtungsgästen in den Einzelzimmern aus dem Jahre 2011 vor (Anlagenkonvolut B 21). Im November 2012 wurden von der Pächtern sogar 10 Einzelzimmer und 24 Doppelzimmer angeboten (Anlage B 20). Im Juli 2015 teilte die Pächterin einem Interessenten mit, dass sie über 31 Zimmer verfüge, jedoch von Freitag bis Sonntag max. 25 verfügbar seien wegen Dauergästen in einigen Zimmern. Der Senat geht angesichts dessen im Einklang mit dem Landgericht, das in dem angefochtenen Urteil (S. 8) ausgeführt hat, die Klägerin haben das Nebengebäude seit Übergabe zumindest teilweise genutzt, von einem durchgängigen Hotelbetrieb in dem sich aus diesen Anlagen ergebenden Umfang aus.

Angesichts der fehlenden Nutzungsgenehmigung entsprach diese tatsächliche Nutzungsmöglichkeit der vertraglich zugesicherten Beschaffenheit indes nicht. Ob die zuständige Behörde diese Nutzung über den Gesamtzeitraum bis zur Erteilung der Baugenehmigung tatsächlich duldete, ist hierfür ohne Belang. Duldet die Baubehörde einen baurechtswidrigen Zustand rein tatsächlich, ohne eine rechtsverbindliche Erklärung abzugeben, so besteht der Sachmangel bereits darin, dass es ihr an der baurechtlich gesicherten Befugnis fehlt, das Objekt auf Dauer für den vertraglich vorausgesetzten Zweck nutzen zu können (vgl. BGH, Urteil vom 30.04.2003 – V ZR 100/02, Rn. 11). Die fehlende Baugenehmigung stellt regelmäßig einen Sachmangel des veräußerten Wohnungseigentums dar (vgl. BGH, Urteil vom 12.04.2013 – V ZR 266/11). Auf die Genehmigungsbedürftigkeit kommt es nur dann dann nicht an, wenn die Behörde bereits bei Gefahrübergang (als dem auch bei Arglist nach § 434 Abs. 1 Satz 1 maßgeblichen Zeitpunkt) eine rechtsverbindliche Entscheidung dazu getroffen hat, ob der nach dem Kaufvertrag vorausgesetzten Nutzung öffentlich-rechtliche Hindernisse entgegenstehen (so BGH, Urteil vom 12.04.2013 – V ZR 266/11). Gewährleistet eine solche Entscheidung den Käuferbestandsschutz, scheidet ein Sachmangel aus (so BGH, aaO.).

Eine solche Entscheidung hat auch der Beklagte nicht behauptet. Der Bestandsschutz setzt voraus, dass die jeweils betroffene bauliche Anlage entweder formell legal errichtet wurde, oder aber im Zeitpunkt ihrer Errichtung bzw. später während eines nennenswerten Zeitraums materiell mit dem geltenden Baurecht insgesamt übereingestimmt hat (vgl. hierzu OVG Münster, Beschluss vom 11.11.2013 – 7 E 1036/13 – juris; vgl. BGH, Urteil vom 10.05.1990 – III ZR 84/89). Allein die jahrzehntelange Duldung der Nutzung als Bettenhaus kann einen Bestandsschutz nicht begründen. Eine „aktive Duldung“ ist erst dann anzunehmen, wenn die zuständige Baubehörde in Kenntnis der formellen und ggf. materiellen Legalität eines Vorhabens zu erkennen gibt, dass sie sich auf Dauer mit dessen Existenz abzufinden gedenkt (so OVG Münster, aaO.). Ein derartiger Vertrauenstatbestand liegt hier schon im im Hinblick auf das unstreitig gegen den Erblasser im Jahre 1995 eingeleitete Ordnungswidrigkeitenverfahren wegen des Schwarzbaus – das später im Sande verlief – nicht vor.

bb) Das Minderungsverlangen der Klägerin verstößt jedoch als unzulässige Rechtsausübung gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB). Nach der Rechtsprechung des BGH stellt kann sich die Berufung auf das Nichtvorliegen einer vereinbarten Beschaffenheit wegen einer fehlenden Baugenehmigung dann als treuwidrig darstellen, wenn deren Fehlen für den Käufer tatsächlich keine nachteiligen Auswirkungen hat und er die Sache zunächst in Betrieb genommen sowie einige Zeit genutzt hat (vgl. BGH, Urteil vom 20.10.2000 – V ZR 207/99). Weitere Voraussetzung ist, dass die bei Gefahrübergang fehlende zugesicherte Eigenschaft der Sache auf Betreiben des Verkäufers zugewachsen ist. So liegt der Fall hier.

(1) Wie bereits ausgeführt wurde das Bettenhaus tatsächlich genutzt. Die Einlassung der Klägerin das Bettenhaus habe nicht genutzt worden können, reicht angesichts der durch eine Vielzahl von Unterlagen substantiierten Behauptung des Beklagten für ein erhebliches Bestreiten nicht aus und lässt zudem nicht erkennen, ob hiermit die tatsächliche Nutzung oder nur die rechtliche Nutzungsmöglichkeit in Abrede gestellt werden soll. Veranlassung zu einer Beweiserhebung über den Umfang der tatsächlichen Nutzung des Bettenhauses durch die Pächterin bietet sie nicht. Die im Schriftsatz vom 10.10.2016 erstmals substantiierten Nutzungsuntersagungen haben die Klägerin nicht hinreichend nachteilig beeinträchtigt:

Die Klägerin behauptet, der Bürgermeister sowie seine Mitarbeiterin hätten am 23.12.2009 mündlich mitgeteilt, dass eine Hotelnutzung im hinteren Teil des Grundstückes unzulässig sei, das Bettenhaus als Schwarzbau gelte und es eine Abrissverfügung in den Akten gebe. Dies habe der Zeuge W. in einem schriftlichen Vermerk vom 23.12.2009 (Anlage BK 16) niedergelegt. Des Weiteren habe der Zeuge S. vom Bauordnungsamt am 19.3.2010 das Anwesen besichtigt und mündlich eine Nutzungsuntersagung ausgesprochen. Ob dies zutrifft, mag dahinstehen. Jedenfalls ergibt sich aus der von der Klägerin vorgelegten Anlage BK 15 zugleich, dass der Zeuge S. zu einem schnellen Bauantrag riet und im Rahmen des geltenden Bebauungsplans eine Duldung befürwortete. Dies belegt, dass gerade nicht an den Vollzug der Nutzungsuntersagung gedacht, sondern Lösungen für eine Genehmigung gesucht worden sind. Etwaige mündliche Nutzungsuntersagungen sind unstreitig jedenfalls folgenlos geblieben. Dass sie von der zuständigen Behörde gemäß § 73 Abs. 3 BbgBO (Brandenburgischen Bauordnung) durchgesetzt worden wären, behauptet auch die Klägerin nicht. Nach dieser Vorschrift kann die Nutzung untersagt werden, wenn bauliche Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften genutzt werden. Wird diese Nutzung trotz bestandskräftiger oder sofort vollziehbarer Nutzungsuntersagung fortgesetzt, so soll die Bauaufsichtsbehörde die bauliche Anlage versiegeln. Dies ist hier nicht erfolgt. Es ist dem Vorbringen der Klägerin auch nicht zu entnehmen, dass den mündlichen Äußerungen des Bürgermeisters und/oder des Zeugen S. irgendwelche anderweitigen Konsequenzen gefolgt wären. Tatsächlich hat die Pächterin die Nutzung unverändert fortgesetzt. Nichts anderes folgt aus dem Bescheid des Landkreises D… vom 01.02.2010 (Anlage K 5). Der Bauantrag der Klägerin wurde zwar mit diesem Bescheid abgelehnt, jedoch hatte die Klägerin den Ausbau und die Nutzungsänderung eines zweigeschossigen Nebengebäudes zum Bettenhaus mit drei barrierefreien Hotelzimmern im Erdgeschoss und sechs weiteren Hotelzimmern im ersten Obergeschoss beantragt. Eine Nutzung in diesem Umfang schuldete der Beklagte aber nicht. Soweit die Klägerin vorträgt, die Behörde habe mit Schreiben vom 10.03.2015 mitgeteilt, dass die Anlage nach § 76 Abs. 2 Nr. 2 BbgBO nicht benutzt werden könne, kann dies offenbleiben. § 76 BbgBO regelt die Fertigstellung und Nutzung der baulichen Anlage. Nach § 76 Abs. 2 Nr. 2 BbGBO darf eine bauliche Anlage nicht benutzt werden, wenn die nach Abs. 1 vorzulegenden Erklärungen oder Bescheinigungen nicht oder nicht vollständig vorgelegt wurden. Es handelt sich hierbei um die Erklärung des Objektplaners, die Bescheinigung der Prüfingenieure, die Bescheinigung des Bezirksschornsteinfegers und des Prüfsachverständigen. Eine Nutzungsuntersagung gemäß § 73 Abs. 3 ist BbgBO liegt hierin indes nicht.

(2) Auf das Fehlen der Baugenehmigung kann sich die Klägerin nach alledem nach Treu und Glauben nicht mehr berufen, nachdem der Beklagte eine den Vorgaben des Kaufvertrages Rechnung tragende Baugenehmigung für die Nutzung des Bettenhauses mit sechs Zimmern im Januar 2012 beantragt und die Baugenehmigung mit Bescheiden vom 25.06.2013 und 21.07.2015 erteilt worden ist. Soweit die Klägerin meint, die Baugenehmigung sei nicht rechtskonform erteilt worden und die Angaben des Beklagten gegenüber der Behörde seien unzutreffend gewesen, hat sie dies nicht konkretisiert. Der Wirksamkeit der Baugenehmigung steht nicht entgegen, dass sie unter Auflagen erteilt worden ist und diese nach dem Vorbringen der Klägerin bis heute noch nicht erfüllt worden sind. Wie dem in der vom Senat beigezogenen Bauakte enthaltenen Bescheid zu entnehmen ist, beziehen sich die verbleibenden Auflagen im Wesentlichen auf den Brandschutz, namentlich den in der Baugenehmigung vom 25.6.2013 vorgegebenen Einbau von Lüftungsanlagen in den innenliegenden Sanitärräumen. Dieser ist, wie sich der Bauakte ebenfalls entnehmen lässt, indes durch die Klägerin vereitelt worden, wie sich aus dem Schreiben ihres seinerzeitigen Prozessbevollmächtigten vom 21.4.2015 (Bauakte Bl. 110) ergibt. Dort hat sie überdies zugesichert, ggf. noch fortbestehende „bauordnungsrechtliche Verstöße“ auf eigene Kosten beseitigen zu lassen. Angesichts dessen kann sie sich gegenüber der nunmehr erteilten Genehmigung nicht darauf berufen, es stünden noch derartige Auflagen offen. Erst recht gilt dies, soweit diese Auflagen an öffentlich-rechtliche Rechtsänderungen anknüpfen, die nach Übergabe des Grundstückes eingetreten sind. Einen Anspruch darauf, dass das Bettenhaus auch derartigen Auflagen genügt, hat sie nicht (vgl. im Einzeln unter 2. e). Ohne Erfolg rügt die Klägerin schließlich, dass die in der Baugenehmigung angegebene Anzahl von sechs Einzelzimmern zu gering sei. Mehr schuldete der Beklagte nicht. Im notariellen Kaufvertrag wurde weder eine bestimmte Zimmer- noch eine bestimmte Bettenanzahl vereinbart. Ausweislich des Exposés waren 26 Zimmer vorhanden, 20 Doppelzimmer und sechs Einzelzimmer.

(3) Der Treuwidrigkeit des Minderungsverlangens steht ein arglistiges Verhalten des Beklagten nicht entgegen. Ein arglistiges Verhalten des Erblassers kann nicht festgestellt werden. Arglist setzt zumindest Eventualvorsatz voraus; leichtfertige oder grob fahrlässige Unkenntnis dagegen genügt nicht (vgl. BGH, Urteil vom 22.04.2016 – V ZR 23/15). Es genügt nicht, wenn sich dem Verkäufer das Vorliegen aufklärungspflichtiger Tatsachen hätte aufdrängen müssen, weil dann die Arglist vom Vorsatz abgekoppelt und der Sache nach durch leichtfertige oder grob fahrlässige Unkenntnis ersetzt würde (so BGH, aaO.). Der Bundesgerichtshof nimmt an, dass selbst ein bewusstes Sich-Verschließen nicht den Anforderungen genügt (so BGH, aaO.). Diese Kenntnis muss festgestellt werden; sie kann nicht durch wertende Überlegungen ersetzt werden (so BGH, aaO.). Diesen Beweis hat das Landgericht als nicht geführt angesehen. Dies ist nicht zu beanstanden. Der Zeuge G. erklärte hierzu, dass er mit dem Erblasser bei Besichtigungsterminen gesprochen habe und dieser ihm erzählt habe, dass er die Bauvorhaben selber begleitet habe. Ihm sei daher bekannt gewesen, dass das Bettenhaus ohne Baugenehmigung errichtet worden sei. Der Zeuge W. erklärte, dass ihm der Erblasser erzählt habe, wie er das Objekt geplant, entwickelt und selbst gebaut habe. Daraus habe er entnommen, dass er auch gewusst habe, dass das Bettenhaus ohne Baugenehmigung errichtet worden sei. Allerdings hat der Erblasser das Bettenhaus als Hotel über 14 Jahre hinweg genutzt. Sein von der Klägerin vorgelegtes Schreiben vom 28.07.2009 (Anlage BK 3, Bl. 576) belegt, dass er davon ausgegangen ist, dass von Seiten der Behörde keine Beanstandungen vorlagen. Er gab in diesem Schreiben an, dass das Bettenhaus nicht errichtet worden sei (jedenfalls nicht von ihm) und folglich auch keine Baugenehmigung vorhanden sei. Er hätte das Bettenhaus lediglich renoviert. Zur Inbetriebnahme sei die Auflage erteilt worden, im unteren Bereich die Stützpfeiler zu verputzen. Dies sei geschehen. Die Nutzung sei dem Bauamt bekannt gewesen, zumal es zwei Gewerbeerlaubnisse gegeben habe. Für ihn sei unverständlich, dass es nunmehr eine strittige Situation geben soll.

2.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Schadensersatz gegen den Beklagten gemäß §§ 437 Nr. 3, 280 ff. BGB.

a) Da der Klägerin keine Minderung zusteht, hat sie keinen Anspruch auf Erstattung derjenigen Kosten, die bei einer Minderung des Kaufpreises in geringerer Höhe angefallen wären (Notarkosten, Grunderwerbssteuer).

Ein Anspruch auf Reduzierung der Maklercourtage von 30.000,00 EUR besteht nicht, denn diese Kosten wurden gemäß § 15 des notariellen Kaufvertrages i.H. einer Pauschale von 30.000,00 EUR zzgl. MWSt. vereinbart und nicht durch einen Prozentsatz des Kaufpreises ermittelt.

b) Der Klägerin stehen auch Architektenhonorarkosten i.H.v. 13.000,00 EUR (Anlage K 13) nicht zu. Dieses Pauschalhonorar wurde für das Erwirken einer Baugenehmigung mit Rechnung vom 15.10.2009 geltend gemacht. Tatsächlich wurde aber nicht versucht, eine nachträgliche Genehmigung für die vorhandenen sechs Einzelzimmer im Bettenhaus zu erlangen, sondern eine Nutzungsänderung und Umbau des ersten Obergeschosses und teilweise des Erdgeschosses des Bettenhauses beantragt (Anlage B 19). Eine solche Nutzung war aber kaufvertraglich vom Beklagten nicht geschuldet.

c) Der Klägerin steht keine Nutzungsausfallentschädigung gemäß §§ 437 Nr. 3, 280 BGB wegen entgangener Pachteinnahmen zu. Grundlage hierfür kann nicht die vereinbarte Pachtminderung sein. Die Klägerin ist auch gegenüber dem Beklagten zur Schadensminderung gemäß § 254 BGB verpflichtet. Sie kann Nutzungsausfallentschädigung nur insoweit beanspruchen, als sie sich auf eine berechtigte Minderung ihrer Pächterin wegen eines Mangels der Kaufsache einlassen durfte. Öffentlich-rechtliche Beschränkungen können grundsätzlich zu einer Minderung gemäß § 536 BGB führen. Die behördliche Duldung der unzulässigen Nutzung schließt aber den Anspruch aus (vgl. Weidenkaff in Palandt, 75. Aufl., § 536 Rn. 18; vgl. auch OLG Düsseldorf, Urteil vom 19.03.2002 – 24 U 124/01). Eine solche tatsächliche behördliche Duldung lag vor. Dem Vortrag der Klägerin ist nicht zu entnehmen, dass den mündlichen Äußerungen des Bürgermeisters und/oder des Zeugen S. irgendwelche Konsequenzen gefolgt sind. Wie bereits ausgeführt, ist nicht ersichtlich, dass eine Nutzungsuntersagung tatsächlich vollzogen und das Bettenhaus faktisch nicht nutzbar war. Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin auf die Vereinbarungen in § 12 und 2 des Pachtvertrages (Anlage BK 11, Bl. 588 dA). Die Klägerin verpflichtete sich im Pachtvertrag, bestimmte Baumaßnahmen durchzuführen, u.a. die untere Etage des Bettenhauses zu vier behindertengerechten Zimmern auszubauen, das Hotel zu renovieren und die Scheune zum Bettenhaus umzubauen. Der Pächterin wurde zugebilligt, die Pacht i.H.v. 2.500,00 EUR monatlich zu mindern, wenn die Klägerin ihrer Herstellungsverpflichtung aus § 2 des Vertrages nicht nachkommt. Tatsächlich hat die Klägerin aber in § 2 des Pachtvertrages einen Zustand zugesichert, der nicht dem vom Beklagten geschuldeten Zustand der Kaufsache entsprach. Der Beklagte war nicht verpflichtet, das Bettenhaus in einen Zustand zu übergeben, in dem im Erdgeschoss vier behindertengerechte Zimmer ausgebaut werden können. Im Bettenhaus befanden sich – dies war der Klägerin durch die zahlreichen Besichtigungen auch bekannt – sechs Zimmer im ersten Geschoss und im Erdgeschoss lediglich Abstellräume (vgl. Aktenvermerk des A. S. vom 19.03.2010 – Anlage BK 15). Soweit die Klägerin behauptet, die Ausbaufähigkeit des Bettenhauses und der Scheune seien wesentlich gewesen, mag dies die Motivationslage der Klägerin dargestellt haben. Geschuldet war dies indes nicht. Dafür gibt es in dem notariellen Kaufvertrag keine Anhaltspunkte. Ebenso wenig war die Ausbaufähigkeit im Exposé -wie bereits ausgeführt- als sicher in Aussicht gestellt worden.

d) Der Klägerin steht der geltend gemachte weitergehende Schadensersatzanspruch i.H.d. Differenz zwischen dem Kaufpreis und dem Marktwert der nicht geleisteten Sache gemäß § 251 BGB (sog. Wertinteresse) i.H.v. 124.000,00 EUR nicht zu. Die Klägerin meint, dass das Bettenhaus laut Exposé einen reinen Marktwert von 280.000,00 EUR habe und sie für die Differenz zum Kaufpreis von 156.000,00 EUR zum reinen Marktwert einen Schaden i.H.v. 124.000,00 EUR erlitten habe. Es besteht schon dem Grunde nach kein Schadensersatzanspruch. Denn die Klägerin verlangt hier das positive Interesse. Die Klägerin kann zwar gemäß §§ 437 Nr. 3, 280 ff. BGB Minderung und daneben den sog. kleinen Schadensersatz geltend machen. Gedacht ist dabei aber stets an Schäden, die der Kläger zusätzlich zu dem mangelbedingten Minderwert der Sache erlitten hat (so BGH, Urteil vom 27.05.2011 – V ZR 122/10, Rn. 16). Hinsichtlich der selben Vermögenseinbuße schließen sich Minderung und Schadensersatz statt der Leistung aus.

e) Der Klägerin steht auch kein Schadensersatzanspruch i.H.v. 130.000,00 EUR für die von ihr behaupteten einzusetzenden Kosten für die Erfüllung der behördlichen Auflagen aus den erteilten Baugenehmigungen vom 25.06.2013 und 21.07.2015 zu. Die Auflagen betreffen im Wesentlichen den Brandschutz, den Gesundheitsschutz der Trinkwasserleitungen und die Einhaltung der Energieeinsparverordnung. Im notariellen Kaufvertrag war nicht vereinbart, dass das Kaufobjekt diesen Anforderungen entspricht. Zwar hat der Erblasser zugesichert, dass alle Genehmigungen für den Hotelbetrieb und keine behördlichen Auflagen oder Beanstandungen unerledigt sind. Unter § 6 Nr. 5 wurde aber weiter aufgenommen, dass der Käufer den Grundbesitz besichtigt hat und er ihn im „gegenwärtigen, altersbedingten Zustand“ kauft. Des Weiteren gab der Erblasser in § 6 Ziffer 9 des notariellen Kaufvertrages ausdrücklich an, dass er nicht im Besitz eines (gültigen) Energieausweises gemäß § 16 EnEV 2007 ist. Die Klägerin verzichtete endgültig auf dessen Vorlage und Übergabe. Die Klägerin konnte im Hinblick auf diese Regelung und den ihr bekannten Umstand, dass der Erblasser das Bettenhaus 1995 renoviert hatte, nicht darauf vertrauen, dass das Bettenhaus den öffentlich-rechtlichen Anforderungen im Jahre 2009 entsprach. Insbesondere aber schuldete der Beklagte nicht die Einhaltung der Energieeinsparverordnung aus dem Jahre 2007. Der Klägerin war bei Kaufvertragsabschluss positiv bekannt, dass das Haus diesen Anforderungen nicht entsprach.

Soweit die Klägerin u.a. beanstandet, dass die Zimmerwände nicht den Anforderungen des Schallschutzes genügen, kann dies offenbleiben. Wie bereits ausgeführt, hat die Klägerin den Grundbesitz in den gegenwärtigen, altersbedingten Zustand in Kenntnis der letzten Renovierung im Jahre 1995 erworben.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die Festsetzung des Gegenstandswertes folgt § 3 ZPO. Anzusetzen ist der Nennbetrag des vollstreckbaren Anspruches, mithin die Höhe des ausstehenden Kaufpreises i.H.v. 352.500,00 EUR zzgl. der Widerklageforderung.

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