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Grundbuchrechtliche Belastung – Aufrechterhaltung Frischwasserzufuhr über Grundstück

LG Arnsberg – Az.: 4 O 116/16 – Urteil vom 02.11.2016

Es wird festgestellt, dass der Kläger nicht verpflichtet ist, die im Eigentum der Beklagten stehenden Grundstücke I x x und x x durch die zur Versorgung seines Grundstücks (T xx) verlegte Wasserleitung mit Wasser zu versorgen, dass ihm aufgrund eines allein zwischen ihm und der M bestehenden Wasserlieferungsvertrages von der M zur Verfügung gestellt wird.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Verpflichtung des Klägers, die Hinterliegergrundstücke der Beklagten zu 1) bis 3) mit Frischwasser zu versorgen.

Die Parteien sind Grundstücksnachbarn. Das Grundstück des Klägers, gelegen in N, T xx, stand ursprünglich im Eigentum des Großvaters des Klägers. Dieser errichtete, nachdem zunächst das Wohnhaus auf dem Grundstück T xx errichtet worden war, im Gartenhinterland der Eigentumsparzelle T xx zwei weitere Wohnhäuser („I x x und x x“). Die Frischwasserversorgung und Abwasserentsorgung der Hinterliegerhäuser erfolgte dergestalt, dass der Großvater des Klägers von der Fristwasserwasserversorgung und Abwasserentsorgung seines Wohnhauses auf dem Hauptgrundstück T xx ausgehend einen Abzweig über das Gartenland bis hin zu dem im hinteren Gartenbereich gelegenen Hinterliegerhäusern erstellte. Gegenüber dem Wasserversorger – der M – trat der Großvater des Klägers als alleiniger Abnehmer auf. Eine Erfassung des von dem Haupthaus aus ausgehenden und die Hinterliegergrundstücke versorgenden Frischwassers erfolgte aufgrund von seitens des Großvaters selbst oder in dessen Auftrag eingebauter ungeeichter Wasserzwischenzähler.

Nachdem die Hinterliegerhäuser zunächst familienintern genutzt wurden, veräußerte der Großvater des Klägers nach Parzellierung das Wohnhaus „I x x“ an die Beklagten zu 2) und 3). Dabei wurde durch einen Passus im Kaufvertrag zwischen dem Großvater des Klägers und den Erwerbern, den Beklagten zu 2) und 3), sichergestellt, dass sich diese verpflichten, sämtliche Kosten zu übernehmen, die entstehen sollten, wenn hinsichtlich der Wasserversorgung in Zukunft Änderungen eintreten. Vereinbart war insoweit, dass, sollte der Wasserversorgungsträger für die Zukunft einen gesonderten Anschluss für das verkaufte Grundstück verlangen, die hierdurch entstehenden Kosten und Gebühren die Käuferseite trägt.

Das weitere Hinterliegerwohnhaus („I x x“) verkaufte der Großvater des Klägers zunächst an den Vater des Klägers. Dieser wiederum veräußerte im Jahre 2008 das dann in seinem Eigentum stehende Grundstück nebst aufstehendem Wohnhaus „I x x“ an die Beklagte zu 1). Auch der Kaufvertrag zwischen dem Vater des Klägers und der Beklagten zu 1) beinhaltete den oben dargestellten Passus hinsichtlich der Kostenübernahme für den Fall, dass der Wasserversorgungsträger einen gesonderten Anschluss verlangen sollte. Darüber hinaus wurde ein weiterer (ebenfalls ungeeichter) Zwischenzähler eingebaut.

Im Jahr 2012 verstarb der Großvater des Klägers und wurde von der Großmutter des Klägers beerbt, die seinerzeit bereits unter Betreuung stand. Im Hinblick auf drohende Pflegekosten wurde sodann eine Veräußerung des Stammhauses (T xx) erforderlich. Nachdem zunächst der Vater des Klägers als möglicher Käufer in Betracht kam, erwarb letztlich der Kläger das ursprünglich im Eigentum seines Großvaters stehende Stammhaus mit notariellem Kaufvertrag vom 19.02.2013 von der Großmutter als Eigentümerin, gemäß § 3 des notariellen Kaufvertrages frei von Lasten und Ansprüchen Dritter, sofern solche nicht grundbuchlich eingetragen waren.

In der Folgezeit stellte der Kläger im Rahmen von Umbaumaßnahmen fest, dass eine Versorgung der Hinterliegergrundstücke über die Frischwasserzuleitung für das Stammhaus T xx erfolgte, wobei streitig ist, ob der Kläger oder dessen Großmutter bereits vor Abschluss des Kaufvertrages vom 19.02.2013 hiervon Kenntnis hatten.

Bis zum Versterben des Großvaters im Jahre 2012 hatten die Beklagten zu 2) und 3) jährliche Vorausleistungen für das von ihnen bezogene Wasser an den Großvater des Klägers in Höhe von (zuletzt) 400,00 EUR jährlich erbracht, wobei der Großvater einmal jährlich unter Zuhilfenahme der (ungeeichten) Zwischenzählers eine Abrechnung gegenüber den Eigentümern der beiden Hinterliegergrundstücke vornahm. Dabei wurde die jeweilige Grundgebühr gedrittelt und im Übrigen nach Verbrauch, ermittelt über die Zwischenzähler, abgerechnet. Zu Streitigkeiten kam es dabei nicht.

In vergleichbarer Weise erfolgten Zahlungen seitens der Beklagten zu 1) für den Wasserverbrauch sowie entsprechende Abrechnungen für den Zeitraum ab Erwerb des Grundstückes I x x durch die Beklagte zu 1) (2008).

Die Beklagten zu 1) bis 3) leisteten auch nach Erwerb des Grundstücks durch den Kläger weiterhin Zahlungen für das von ihnen verbrauchte Frischwasser. Zu einer jährlichen Abrechnung seitens des Klägers gegenüber den Beklagten zu 1) bis 3) kam es jedoch nach dessen Grundstückserwerb nicht mehr.

Der Kläger ist der Auffassung, er sei nicht verpflichtet, weiterhin die Versorgung der Hinterliegergrundstücke über sein Grundstück und seinen eigenen Wasserzuleitungsanschluss zu dulden sowie für entsprechende jährliche Abrechnungen zu sorgen. Auch unter Berücksichtigung der wechselseitigen Pflichten, die dem nachbarschaftlichem Gemeinschaftsverhältnis zwischen den Parteien entspringen, sei es ihm nicht zumutbar, die zwischen ihm und dem früheren Eigentümer getroffene schuldrechtliche Vereinbarung, von der er ebenso wie seine Großmutter zum Zeitpunkt des Eigentumserwerbes keine Kenntnis gehabt habe, zu erfüllen. Es sei ihm nicht zuzumuten, dass er gegenüber dem Wasserversorger vorleistungspflichtig sei, dass er eine jährliche Abrechnung erstellen müsse, dass er das Insolvenzrisiko und das Risiko mangelnder Zahlungswilligkeit der jeweiligen Eigentümer der Hinterliegergrundstücke trage, dass eine unklare Situation im Hinblick auf die Frage bestehe, wer bei etwaigen Schäden an der Wasserversorgungsleitung und daraus resultierenden möglichen weiteren Schäden auf dem Grundstück des Klägers hafte etc. Auch erleide sein eigenes Grundstück einen Wertmangel, da es, sofern eine Verpflichtung zur Versorgung der Hinterliegergrundstücke, jährlicher Abrechnungen, Vorleistungspflichten etc. bestehen sollte, nicht zu dem gleichen Kaufpreis zu veräußern sei wie ein Grundstück ohne diese rechtlichen Beschränkungen. Bereits die unklare Situation im Hinblick auf die etwaigen Verpflichtungen stelle einen Wertmangel dar. Die Vermögensinteressen der Beklagten, die sich je Wohnhaus auf ca. 7.500,00 EUR im Falle einer anderweitigen Versorgung mit Frischwasser beliefen, hätten demgegenüber zurückzutreten.

Der Kläger beantragt, festzustellen, dass er nicht verpflichtet ist, die im Eigentum der Beklagten stehenden Grundstücke I x x und x x durch die Versorgung seines Grundstückes (T xx) verlegte Wasserleitung mit Wasser zu versorgen, dass ihm aufgrund eines allein zwischen ihm und der M bestehenden Wasserlieferungsvertrages von M zur Verfügung gestellt wird.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten sind der Auffassung, die vom Kläger dargelegten Risiken seien lediglich theoretischer Natur, so dass die erheblichen Vermögensinteressen der Beklagten demgegenüber überwiegen würden. Es sei mit Straßenbaukosten je Hinterliegerhaus in Höhe von ca. 10.000,00 EUR, einem Baukostenzuschuss gegenüber der M in Höhe von 3.000,00 EUR bis 5.000,00 EUR jeweils sowie mit erheblichen weiteren Anschlusskosten auf dem eigenen Grundstück zu rechnen. Demgegenüber sei zu berücksichtigen, dass die Versorgungs- und Abrechnungssituation Jahrzehnte so praktiziert worden sei, dass die Beklagten – insoweit unstreitig – solvent seien, so dass ein Insolvenzrisiko nicht bestehe, dass die Beklagten in der Vergangenheit für den Wasserverbrauch stets in Vorleistung getreten seien und dies auch weiter so vornehmen wollten, dass in der Vergangenheit bei Schäden an der Wasserleitung eine Kostenübernahme seitens der Beklagten erfolgt sei, obwohl möglicherweise sogar ein schuldhaftes Handeln des früheren Eigentümers im Zusammenhang mit der Beschädigung der Abwasserleitung vorgelegen habe usw. Man habe im Hinblick auf die Regelung in den eigenen Kaufverträgen mit dem Vater/ Großvater des Klägers darauf vertraut, dass etwaige Wasserversorgungsanschlusskosten nur dann zu leisten wären, wenn der Wasserversorger einen anderweitigen Versorgungsanschluss verlange, was – insoweit unstreitig – nicht der Fall sei. Der Kläger habe auch in Anbetracht der familiären Situation zu den Voreigentümern sowie aufgrund des Umstandes, dass im Keller des Stammhauses ein weiterer Wasserzähler eingebaut sei, Kenntnis von der vereinbarten und praktizierten Wasserversorgungssituation gehabt. Den Kläger treffe eine Duldungspflicht, da er Rechtsnachfolger des Großvaters sei. Auch aus gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen sowie unter Berücksichtigung des nachbarrechtlichen Gemeinschaftsverhältnisses sei der Kläger zur weiteren Versorgung über sein Grundstück verpflichtet. Etwaige Rechte des Klägers seien verjährt und/ oder verwirkt.

Die Beklagten zu 2) und 3) sind zudem der Auffassung, der Antrag sei unzulässig, da er zu unbestimmt sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitig bei Gericht eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Erklärungen in der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig. Bei der Klage handelt es sich um eine negative Feststellungsklage, hinsichtlich derer der Kläger ein Feststellungsinteresse hat, da sich die Beklagten eines Rechtes auf Versorgung ihrer Grundstücke mit Frischwasser über das Grundstück des Klägers und auf ihr Recht auf Erteilung einer jährlichen Abrechnung seitens des Klägers berühmen und der Kläger ein solches Recht bestreitet.

Die Klage ist auch nicht etwa vor dem Hintergrund einer mangelnden Bestimmtheit unzulässig. Der Kläger begehrt Feststellung, dass er – in keiner Weise – verpflichtet ist, eine Wasserversorgung und Rechnungserstellung zu leisten. Damit ist der Klageantrag hinreichend bestimmt, da der Kläger jegliche Verpflichtung zur Wasserversorgung bestreitet. Einer weitergehenden Konkretisierung, auf welchem Vertrag die eigene Wasserversorgung des Klägers beruht, bedurfte es danach nicht. Auch unter Vollstreckbarkeitsgesichtspunkten liegt keine mangelnde Bestimmtheit vor, da der Tenor der negativen Feststellungsklage der Natur der Sache nach nicht vollstreckbar ist.

Die Klage ist auch begründet, da den Beklagten kein Recht gegenüber dem Kläger zusteht, von diesem eine Versorgung mit Frischwasser sowie jährliche Abrechnungen betreffend den jeweiligen Verbrauch zu verlangen.

Der Kläger ist aufgrund des Kaufvertrages vom 19.02.2013 sowie seiner nachfolgenden Eintragung in das Grundbuch Eigentümer des Grundstückes T xx geworden. Gemäß § 3 des Kaufvertrages hat er das Grundstück frei von Lasten und Ansprüchen Dritter, soweit solche nicht grundbuchlich eingetragen sind, erworben.

Gemäß § 903 BGB kann der Eigentümer einer Sache mit ihr nach Belieben verfahren und andere von jedweder Einwirkung ausschließen, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen. Eine gesetzlich normierte Verpflichtung des Klägers zur Duldung der Frischwasserversorgung der Hinterliegergrundstücke über seinen Grund und Boden sowie zur Erstellung jährlicher Abrechnungen besteht nicht. Es bestehen auch keine Rechte Dritter, die den Kläger hierzu verpflichten würden. Dabei kann dahinstehen, ob die jeweilige Kostenübernahmeklausel in den Kaufverträgen der Beklagten für den Fall, dass der Wasserversorger eine anderweitige Anbindung an die Frischwasserzufuhr verlangt, im Umkehrschluss eine Verpflichtung zur Duldung der Versorgung über das Grundstück T xx und Erstellung entsprechender Abrechnungen enthält, sofern kein ausdrückliches Verlangen seitens des Wasserversorgers zu einer anderweitigen Frischwasseranbindung erfolgt. Denn selbst wenn eine entsprechende Verpflichtung in den Kaufverträgen der Beklagten mit dem Vater bzw. Großvater des Klägers gesehen würde, würde diese verpflichtende Vereinbarung nur die jeweiligen Vertragsparteien, mithin den Vater bzw. Großvater des Klägers treffen, nicht aber den Kläger selbst. Verträge zu Lasten sonstiger Dritter können zwischen den Kaufvertragsparteien nicht mit bindender Wirkung geschlossen werden. Zur Begründung eines Rechtes, welches gegenüber dem jeweiligen Grundstückseigentümer wirksam durchgesetzt werden kann, hätte es vielmehr einer dinglichen (grundbuchrechtlichen) Belastung des Grundstückes bedurft, da gemäß § 873 BGB zur Belastung eines Grundstückes mit einem Recht eine entsprechende Einigung und eine Eintragung in das Grundbuch erforderlich ist. Eine solche grundbuchrechtliche Absicherung ist – insoweit unstreitig – nicht erfolgt.

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Eine etwaige Verpflichtung des Klägers zur Duldung der Frischwasserzufuhr über sein Grundstück sowie zur – in diesem Falle denknotwendig erforderlichen – jährlichen Abrechnung der jeweiligen verbrauchten Wassermengen und Grundumlagekosten kann sich daher allenfalls aus dem nachbarrechtlichen Gemeinschaftsverhältnis zwischen den Parteien ergeben. Dieses begründet für die Eigentümer benachbarter Grundstücke eine Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme (BGH Z 42, 374, 377). Diese Pflicht zur Rücksichtnahme ist jedoch unter Berücksichtigung der nachbarrechtlichen Sonderregelungen eine Ausnahme und kann nur dann zur Anwendung kommen, wenn ein über die gesetzliche Regelung hinausgehender billiger Ausgleich der widerstreitenden Interessen dringend geboten erscheint (BGH Z, a. a. O.).

Die danach erforderliche Abwägung zwischen den jeweils widerstreitenden Interessen führt im Ergebnis nicht dazu, dass der Kläger die von den vorherigen Eigentümern möglicherweise schuldrechtlich übernommene Verpflichtung zur Belieferung der Hintergrundstücke mit Frischwasser und Erstellung jährlicher Abrechnungen bzw. eine entsprechende tatsächlich geübte Praxis fortsetzen müsste:

Auf Seiten der Beklagten ist zu berücksichtigen, dass diese im Falle einer Beendigung der Frischwasserversorgung über das bisherige Leitungssystem jeweils erhebliche Investitionskosten zur Herstellung einer neuen Frischwasserversorgung zu tragen hätten. Dabei kann im Rahmen der Interessenabwägung unterstellt werden, dass diese in einer Größenordnung von ca. 20.000,00 EUR für die Beklagte zu 1) bzw. die Beklagten zu 2) und 3) zu veranschlagen wären. Ebenfalls ist im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen, dass auf Seiten der Beklagten aufgrund der Jahre bzw. Jahrzehnte lang geübten Praxis ein schutzwürdiges Vertrauen begründet wurde, wonach nur bei einer zwingend seitens des Wasserversorgers vorgesehenen Leitungsänderung eine Neuerstellung der Frischwasserversorgung erforderlich ist. Dieser Aspekt ist jedoch von lediglich untergeordneter Bedeutung, da der Vertrauenstatbestand nicht durch den Kläger geschaffen wurde, sondern von den Grundstücksvoreigentümern. Da der Kläger – wie dargelegt – das Grundstück lastenfrei erworben hat und er vor dem Hintergrund einer fehlenden grundbuchrechtlichen Eintragung eines Leitungsrechtes auch nicht davon ausgehen musste, dass sein Grundstück mit Leitungsrechten – geschweige denn mit Verpflichtungen zur Abrechnung der Wasserverbrauchsmengen – belastet ist, kann dem seitens der Voreigentümer geschaffenen Vertrauenstatbestand nur eine untergeordnete Bedeutung zugemessen werden. Anderes ergibt sich auch nicht vor dem Hintergrund der Behauptung der Beklagten, der Kläger habe die jahrelang geübte Praxis gekannt. Denn es ist nicht ersichtlich, dass der Kläger aufgrund entsprechender Gespräche mit seinem Vater oder Großvater Kenntnis über die konkrete Wasserversorgung der Hinterliegergrundstücke und die jährliche Abrechnungspraxis hatte. Zwar besteht aufgrund der familiären Beziehungen die Möglichkeit, dass der Kläger hiervon Kenntnis hatte. Zwingend ist dies jedoch nicht. Ein entsprechender Nachweis ist seitens der Beklagten nicht erbracht. Gleiches gilt im Hinblick auf den im Kellerbereich des Hauses T xx vorhandenen weiteren Wasserzähler. Dabei ist bereits nicht ersichtlich, dass der Kläger diesen vor Abschluss des Kaufvertrages überhaupt wahrgenommen hätte. Selbst wenn dies der Fall gewesen wäre, ergibt sich hieraus für den Kläger keine positive Kenntnis, dass über diesen Zähler die Hinterliegergrundstücke mit Frischwasser versorgt und jährlich abgerechnet werden.

Demgegenüber ist auf Seiten des Klägers hinsichtlich dessen Interesses an einer Beendigung des derzeitigen Zustandes zu berücksichtigen, dass es – anders etwa als in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall (BGH V ZR 143/02)-für den Kläger nicht um die bloße passive Duldung der Durchleitung von Abwässern über einen unterirdischen Teil seines Grundstückes geht. Vielmehr wäre der Kläger bei Aufrechterhaltung des derzeitigen Zustandes auf nicht absehbare Zeit gehalten, für den gesamten Wasserverbrauch aller Parteien gegenüber dem Wasserversorger M als alleiniger Verbraucher aufzutreten und insofern zunächst gegenüber dem Wasserversorger für die Bezahlung sämtlicher Verbrauchsmengen zu haften. Darüber hinaus wäre der Kläger gehalten, jährliche Abrechnungen unter Verwendung der jeweiligen Zwischenzähler vorzunehmen, wobei insoweit aufgrund der fehlenden Eichung der Zwischenzähler gewisse Ungenauigkeiten in Kauf genommen werden müssten. Der Kläger unterläge dabei auch dem Risiko, ggf. gerichtlich seine Forderungen geltend machen zu müssen, sofern es zwischen den Parteien um Streit hinsichtlich der jeweiligen Verbräuche kommen sollte. Dies gilt umso mehr, als der Kläger nicht nur für einen, sondern für zwei Hinterliegergrundstücke eine entsprechende Abrechnung und einen entsprechenden Forderungseinzug zu betreiben hat.

Zwar ist insoweit zu berücksichtigen, dass mit den derzeitigen Eigentümern der Hinterliegergrundstücke – den Beklagten zu 1) bis 3) – keine Abrechnungsschwierigkeiten bestehen und auch in der Vergangenheit nicht aufgetreten sind, so dass aktuell ein relativ begrenztes Risiko des Klägers hinsichtlich der Abrechnung der Verbrauchsmengen und dem Einzug der jeweiligen Forderungen besteht. Dies gilt umso mehr, als sämtliche Beklagten – insoweit unstreitig – hinreichend solvent sind. Da die Wasserversorgung jedoch auf Dauer so verbleiben soll, wie bisher praktiziert, ist es nicht auszuschließen, dass bei einem Wechsel der Eigentümerstellung hinsichtlich der Hinterliegerhäuser mit den neuen Eigentümern nicht zwingend ein gleicher Konsens erreicht werden kann. Ebenfalls ist zugunsten des Klägers zu berücksichtigen, dass sich vor dem Hintergrund des derzeitigen Alters der Wasserleitung von fast 50 Jahren die durchaus nicht nur theoretische Frage stellt, wer für zukünftige Reparaturkosten, Instandhaltungskosten oder auch Schäden aufkommt, die etwa in Folge eines Leitungsbruches auch am Eigentum des Klägers entstehen können. Zwar zeigt auch insofern die bisher gelebte Praxis, dass die aktuellen Eigentümer der Hinterliegergrundstücke sich hier großzügig verhalten haben und dem Eigentümer des Stammhauses kein Schaden entstanden ist. Auch hier gibt es jedoch im Falle eines Eigentumswechsels keine sichere Rechtsposition des Klägers. Überdies ist – in Ermangelung klarer rechtlicher Beziehungen zwischen den Parteien – bei einem erheblichem Vermögensschaden des Klägers etwa im Falle eines Leitungsbruches nicht zwingend davon auszugehen, dass die großzügige Handhabung solcher Schäden in jedem Fall beibehalten bleibt – insbesondere, wenn keine Versicherungsleistungen hierfür herangezogen werden können sollten.

Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass der Wasserversorger von den Parteien derzeit zwar keine anderweitige Anschlusssituation zwingend verlangt. Ausweislich des Schreibens der M vom 20.11.2015 stellt jedoch aus dessen Sicht und praktischer Erfahrung die derzeitige Praxis keine dauerhafte Lösung der problematischen Wasserversorgungssituation dar. Ebenfalls ist zu berücksichtigen, dass die Beklagten im Rahmen ihres jeweiligen Eigentumserwerbes von dem Vater/ Großvater des Klägers durchaus bereits mit der Möglichkeit gerechnet haben, dass zu einem späteren Zeitpunkt auf ihre Kosten eine anderweitige Frischwasserversorgung erfolgen muss, da in den jeweiligen Kaufverträgen bereits eine entsprechende Kostenübernahmeverpflichtung der Beklagten vereinbart wurde. Auch insofern haben die Beklagten bei Abschluss ihrer jeweiligen Kaufverträge zumindest unter gewissen Bedingungen mit der Erforderlichkeit einer anderweitigen Frischwasserversorgung bereits gerechnet.

Schließlich ist zugunsten des Klägers zu berücksichtigen, dass im Falle eines Weiterverkaufes seines eigenen Grundstückes auch von einer Erschwerung der Verkaufsmöglichkeiten auszugehen ist, da der Kläger eine etwaige – wenn auch nur auf dem nachbarschaftlichem Gemeinschaftsverhältnis beruhende – Verpflichtung zur Duldung der Frischwasserversorgung über das eigene Grundstück, zur alleinigen Haftung/ Vorleistungspflicht gegenüber dem Wasserversorger sowie zur jährlichen Abrechnung über die (ungeeichten) Zwischenzähler einem potentiellen Käufer offenbaren müsste. Dabei liegt es auf der Hand, dass ein Käufer, der alternativ ein vergleichbares Grundstück ohne eine solche nachbargemeinschaftsrechtliche Belastung erwerben könnte, letzterem den Vorzug geben würde. Alternativ dazu käme im Falle eines Verkaufes unter Berücksichtigung einer Verpflichtung lediglich eine Kaufpreisreduzierung in Betracht. Auch dies ist dem Kläger vor dem Hintergrund, dass er ein Grundstück frei von Rechten Dritter erworben hat, nicht zumutbar.

Eine andere Bewertung der Sach- und Rechtslage ergibt sich auch nicht vor dem Hintergrund der erhobenen Einreden der Verjährung und Verwirkung seitens der Beklagten. Denn das Recht des Klägers, gemäß § 903 BGB mit seinem Eigentum unter Berücksichtigung der dort genannten Beschränkungen nach Belieben zu verfahren, unterliegt keiner Verjährung. Auch eine Verwirkung kommt nicht in Betracht, da der Kläger zu keinem Zeitpunkt gegenüber den Beklagten einen Rechtsschein dahingehend gesetzt hätte, dass die mit dem Voreigentümer geübte Praxis von ihm fortgesetzt werde. Vielmehr hat der Kläger nach Erkennen der Versorgungssituation umgehend seine Rechte gegenüber den Beklagten geltend gemacht und auch nicht etwa durch die Vornahme jährlicher Abrechnung o. ä. den Eindruck vermittelt, die seinerzeit geübte Praxis werde durch ihn so fortgesetzt.

Unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des vorliegenden Einzelfalls sowie der jeweils widerstreitenden Interessen der betroffenen Grundstücksnachbarn ergibt sich danach für den Kläger keine Verpflichtung, auf Dauer die bisher geübte Praxis der Frischwasserversorgung und Abrechnung betreffend die Hinterliegergrundstücke aufrechtzuerhalten.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 709 ZPO.

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