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Grundstückskaufvertrag – Bezeichnung Massivbauweise eine Beschaffenheitsvereinbarung?

Grundstückskaufvertrag: Wann ist Massivbauweise eine verbindliche Beschaffenheitsvereinbarung?

Das Urteil des LG Bonn befasst sich mit einem Grundstückskaufvertrag, bei dem der Verkäufer für mangelhafte Bauausführung haftet. Trotz eines Gewährleistungsausschlusses wurde entschieden, dass der Verkäufer aufgrund von Arglist zur Zahlung verpflichtet ist. Die falsche Bezeichnung der Bauweise als Massivbau war irreführend und begründete die Haftung.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 17 O 331/21  >>>

Das Wichtigste in Kürze


Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Der Grundstückskaufvertrag beinhaltete einen Gewährleistungsausschluss.
  2. Die Immobilie wurde fälschlicherweise als in Massivbauweise errichtet beschrieben.
  3. Der Käufer leitete wegen statikbezogener Mängel ein Beweisverfahren ein.
  4. Das Gericht erkannte auf Arglist des Verkäufers aufgrund irreführender Angaben.
  5. Der Verkäufer war zur Zahlung von Reparaturkosten verpflichtet.
  6. Die Holzbauweise des Gebäudes galt nicht als Massivbauweise.
  7. Der Verkäufer konnte sein Verschulden nicht widerlegen.
  8. Trotz des Gewährleistungsausschlusses führte die Arglist zur Haftung des Verkäufers.

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Irrtum im Grundstückskaufvertrag: Massivbauweise oder nicht?

In einem bemerkenswerten Fall vor dem Landgericht Bonn stand ein Grundstückskaufvertrag im Fokus, in dem es um die Fehlbezeichnung einer Immobilie als Massivbauweise ging. Der Kläger hatte von der Beklagten ein Haus gekauft, das im Exposé als Massivbau beschrieben war. Später stellte sich jedoch heraus, dass Teile des Gebäudes in Fachwerkbauweise errichtet waren, und es kam zu Bedenken hinsichtlich der Statik einer eingezogenen Holzzwischendecke.

Der Weg zur gerichtlichen Auseinandersetzung

Die Problematik eskalierte, als der Kläger während der Sanierung auf statische Mängel stieß und ein selbständiges Beweisverfahren einleitete. Der Sachverständige bestätigte die mangelhafte Ausführung und ermittelte Reparaturkosten von über 15.000 Euro. Der Kläger forderte daraufhin die Beklagte zur Zahlung auf, was diese ablehnte, da sie als Laie keine Kenntnis von der Bauweise gehabt habe. Sie berief sich zudem auf einen Gewährleistungsausschluss im Kaufvertrag.

Rechtliche Kernfrage: Arglistige Täuschung?

Das LG Bonn hatte zu klären, ob die Fehlbezeichnung der Bauweise eine arglistige Täuschung darstellte. Die Beklagte behauptete, nichts von den Mängeln gewusst zu haben. Das Gericht musste auch prüfen, ob die Bezeichnung als Massivbauweise eine Beschaffenheitsvereinbarung im Sinne des BGB darstellte und ob der Gewährleistungsausschluss unter diesen Umständen greift.

Urteil des LG Bonn: Verkäufer haftet

Das Gericht kam zu dem Schluss, dass die Beklagte arglistig gehandelt hatte, indem sie das Haus als Massivbau beschrieb, obwohl sie von ergänzenden Baumaßnahmen wusste. Es wurde festgestellt, dass die Holzbauweise keine Massivbauweise darstellt und dass die Beklagte sich nicht auf den Gewährleistungsausschluss berufen konnte. Folglich wurde die Beklagte zur Zahlung von 12.898,74 Euro und zur Übernahme der Mehrwertsteuer auf diesen Betrag verurteilt.

Der Fall unterstreicht die Bedeutung einer genauen Prüfung von Immobilienbeschreibungen im Kaufvertrag und hebt hervor, wie entscheidend ehrliche und präzise Angaben für die Rechtssicherheit beider Parteien sind. Das Urteil des LG Bonn bietet eine wichtige Lektion für alle Beteiligten im Immobilienhandel.

Wichtige Fragen und Zusammenhänge kurz erklärt


Was ist ein Grundstückskaufvertrag und welche rechtlichen Bedingungen sind darin typischerweise enthalten?

Ein Grundstückskaufvertrag ist ein rechtlicher Vertrag, der den Erwerb von Grundstücken, grundstücksgleichen Rechten oder Erbbaurechten regelt. Dieser Vertrag legt die Bedingungen für die geplante Eigentumsübertragung fest, wobei sich der Verkäufer zur Übertragung des Eigentums und der Käufer zur Zahlung des vereinbarten Kaufpreises verpflichtet.

Ein Grundstückskaufvertrag muss notariell beurkundet werden, um rechtsgültig zu sein. Änderungen im Vertrag bedürfen ebenfalls der notariellen Form. Sollte eine Änderung nicht von einem Notar beurkundet worden sein, gilt diese als unwirksam.

Typische Elemente, die in einem Grundstückskaufvertrag enthalten sind, umfassen:

  • Die Identifizierung der Vertragsparteien: Namen, Adressen und Geburtsdaten der beteiligten Parteien.
  • Die Beschreibung des Grundstücks: Dies kann durch Angabe der Grundbuchbezeichnung erfolgen.
  • Der Kaufpreis: Die Summe, die der Käufer an den Verkäufer zahlt.
  • Die Zustimmung zum Kauf bzw. Verkauf des Grundstücks: Beide Parteien erklären ihr Einverständnis zum Kauf bzw. Verkauf des Grundstücks.
  • Die Eigentumsverschaffungsvormerkung: Diese wird vom Notar im Grundbuch eingetragen und verhindert einen Weiterverkauf des Grundstücks.
  • Die Fälligkeitsvoraussetzungen für die Kaufpreiszahlung: Diese können beispielsweise die Löschung von Grundschulden oder die Erteilung behördlicher Zustimmungen beinhalten.
  • Die Regelung der Kosten: Üblicherweise trägt der Käufer alle Kosten mit Ausnahme derjenigen Kosten, die mit der Löschung der Grundschulden im Grundbuch zusammenhängen.

Es ist auch möglich, aufschiebende Bedingungen in den Vertrag aufzunehmen. In diesem Fall ist die Wirksamkeit des Vertrags an das Eintreten der Bedingung geknüpft, wie beispielsweise die Erteilung einer Baugenehmigung.

Es ist zu betonen, dass der Grundstückskaufvertrag individuell zwischen den Vertragsparteien ausgehandelt wird und die genannten Elemente nur Beispiele für typische Bestandteile sind. Es ist daher ratsam, vor Unterzeichnung des Vertrags eine gründliche Prüfung durchzuführen oder einen Rechtsberater zu konsultieren.

Inwiefern kann die Bezeichnung einer Immobilie als „Massivbauweise“ rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen?

Die Bezeichnung einer Immobilie als „Massivbauweise“ kann rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, insbesondere im Kontext von Immobilienkaufverträgen. Wird ein Haus im Kaufvertrag mit den Worten „massiv gebaut“ oder „Massivbau“ beschrieben, so stellt dies eine garantierte Beschaffenheit dar. Für diese muss der Verkäufer einstehen, selbst wenn er sich ansonsten auf einen Haftungsausschluss im Vertrag berufen könnte. Dies bedeutet, dass der Verkäufer für die Einhaltung dieser zugesicherten Eigenschaft haftet und im Falle einer Abweichung von der vereinbarten Beschaffenheit Gewährleistungsansprüche des Käufers entstehen können, wie zum Beispiel das Recht auf Nachbesserung, Minderung des Kaufpreises oder sogar Rücktritt vom Kaufvertrag.

Die Massivbauweise impliziert eine bestimmte Qualität und Langlebigkeit der Immobilie, da sie in der Regel aus dauerhaften Materialien wie Beton oder Stein errichtet wird und eine Lebensdauer von über 100 Jahren erreichen kann. Diese Eigenschaften können den Wert und die Attraktivität der Immobilie für potenzielle Käufer erhöhen. Sollte sich jedoch herausstellen, dass die tatsächliche Bauweise nicht den Angaben im Kaufvertrag entspricht, kann dies zu rechtlichen Auseinandersetzungen führen.

Was versteht man unter einer Beschaffenheitsvereinbarung im Kontext eines Immobilienkaufs?

Eine Beschaffenheitsvereinbarung im Kontext eines Immobilienkaufs bezieht sich auf die spezifischen Eigenschaften oder Merkmale einer Immobilie, die im Kaufvertrag festgelegt sind. Diese Eigenschaften können die Größe, den Zustand, die Bauweise oder andere spezifische Merkmale der Immobilie umfassen.

Die Beschaffenheitsvereinbarung ist ein wichtiger Bestandteil des Kaufvertrags, da sie die Erwartungen und Verpflichtungen beider Parteien klar definiert. Wenn die tatsächliche Beschaffenheit der Immobilie von der im Vertrag vereinbarten Beschaffenheit abweicht, kann dies zu rechtlichen Konsequenzen führen, einschließlich Gewährleistungsansprüchen des Käufers.

Es ist wichtig zu beachten, dass Beschaffenheitsvereinbarungen in Immobilienkaufverträgen eng ausgelegt werden. Sie müssen in der notariellen Urkunde ausdrücklich erwähnt werden, um rechtlich bindend zu sein. Vorvertragliche Äußerungen oder Beschreibungen der Immobilie, die nicht in der notariellen Urkunde festgehalten sind, gelten in der Regel nicht als Beschaffenheitsvereinbarungen.

Darüber hinaus können auch Angaben in Verkaufsunterlagen wie Exposés oder Prospekten als Beschaffenheitsvereinbarungen angesehen werden, wenn sie in den Kaufvertrag aufgenommen werden.

Es ist daher für Käufer und Verkäufer von Immobilien von entscheidender Bedeutung, die genauen Bedingungen und Beschreibungen in der Beschaffenheitsvereinbarung sorgfältig zu prüfen und sicherzustellen, dass alle relevanten Informationen korrekt und vollständig in der notariellen Urkunde festgehalten sind.

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Das vorliegende Urteil

LG Bonn – Az.: 17 O 331/21 – Urteil vom 31.01.2022

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 12.898,74 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.12.2021 zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Mehrwertsteuer auf den Betrag zu Ziffer 1, sobald sie angefallen ist, zu zahlen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 10%, die Beklagte zu 90%; die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens 17 OH 8/20 trägt die Beklagte.

5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages leistet.

Tatbestand

Mit notariellem Kaufvertrag vom 07.08.2018 (Anlage K1) erwarb der Kläger von der Beklagten die Immobilie Gemarkung A, Flur 0, Flurstück 00, Gebäude- und Freifläche unter der Anschrift Adresse 1. In dem notariellen Kaufvertrag ist ein Gewährleistungsausschluss enthalten. Ferner enthält dieser folgende Passus: „Der Käufer hat das Haus nebst Grundstück besichtigt und kauft es in dem dabei vorgefundenen Zustand. Dem Verkäufer und dem Käufer ist bekannt, dass zu dem Kaufobjekt keine Bauakte/Baugenehmigung mehr beim Bauamt der Stadt B vorliegt. Dem Verkäufer ist jedoch nicht bekannt, dass eine erforderliche Baugenehmigung trotz Bauantragsstellung nicht erteilt wurde.“. Zuvor hatte der Kläger ein Exposée erhalten, in welchem die Immobilie als in massiver Bauweise errichtet bezeichnet ist (Anlage K2). Teilweise ist dieses Gebäude in Fachwerkbauweise errichtet. Der ehemalige Ehemann der Beklagten hatte in dem Scheunenbereich der Immobilie eine Holzzwischendecke eingezogen.

Aufgrund dessen, dass während Sanierungsmaßnahmen durch den Kläger Bedenken an der Statik der eingezogenen Zwischendecke entstanden, leitete dieser ein selbständiges Beweisverfahren ein (17 OH 8/20) im Zuge dessen der Sachverständige zu dem Ergebnis kam, dass die Ausführung der Zwischendecke statisch mangelhaft und nicht standsicher ist. Der Sachverständige ermittelte Reparaturkosten in Höhe von 15.349,50 EUR brutto. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Gutachten Bezug genommen.

Nach Gutachtenerstattung forderte der anwaltlich vertretene Kläger die Beklagte vorgerichtlich zur Zahlung auf.

Der Kläger behauptet, die Beklagte habe von der mangelhaften Ausführung gewusst, nachdem ihr ehemaliger Ehemann die Zwischendecke ohne fachliche Konsultation eingezogen habe.

Der Kläger hat ursprünglich mit der, der Beklagten am 12.11.2021 zugestellten Klage, beantragt, die Beklagte zur Zahlung der Bruttoreparaturkosten laut Sachverständigengutachten sowie Feststellung weiterer Ersatzverpflichtung und Zahlung von Rechtsanwaltskosten zu verurteilen. Auf Hinweis der Kammer hat der Kläger die Klage mit Schriftsatz vom 29.11.2021, der Beklagten zugestellt am 01.12.2021, geändert und beantragt nunmehr,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Betrag in Höhe von 12.898,74 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Mehrwertsteuer, sobald sie angefallen ist, zu bezahlen.

3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die weiteren angemessenen und ortsüblichen Kosten der Schadensbeseitigung zu tragen, sofern diese die Kosten der Klageforderung übersteigen;

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie behauptet, als völlige Laiin keine Kenntnis gehabt zu haben. Ferner liege nach der Rechtsprechung des Bundesgerichthofs aufgrund der Zäsur durch die notarielle Beurkundung keine Beschaffenheitsvereinbarung durch öffentliche Äußerungen vor. Ferner falle nach technischem Verständnis auch die Holzbauweise unter die Massivbauweise.

Die Akte des Landgerichts Bonn zum Aktenzeichen 17 OH 8/20 war beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst vorgelegten Anlagen sowie auf das Protokoll des Termins zur mündlichen Verhandlung verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist im Klageantrag zu 2) unzulässig, im Übrigen weitestgehend begründet.

Der Feststellungsantrag zu Ziffer 2) ist unzulässig. Ein weiterer angemessener und ortsüblicher Schadenersatzbetrag ist nicht dargetan oder sonst ersichtlich. Der Sachverständige hat im selbständigen Beweisverfahren stringent und unter ausführlicher Darlegung seiner Berechnungsmethoden ermittelt, welche Kosten anfallen werden. Allein eine etwaige Preisschwankung führt nicht zu einem Feststellungsinteresse und ist auch im Hinblick auf die zeitliche Nähe des Verfahrens zum Gutachten nicht ausreichend dargetan. Soweit durch weiteres Abwarten des Klägers eine Preissteigerung entstehen sollte, wäre ihm § 254 BGB im Sinne des Verstoßes gegen Schadensminderungspflichten entgegen zu halten.

Die Klage ist im geänderten Klageantrag zu 1) begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung in tenorierter Höhe (netto-Reparaturkosten) gemäß §§ 433, 434, 281 BGB.

Die Kammer kann dahinstehen lassen, ob es sich bei der Benennung der Massivbauweise um eine Beschaffenheitsvereinbarung i.S.v. §§ 434 Abs. 1, 3 BGB gehandelt hat. Dem stünde nach Auffassung der Kammer auch nicht die von der Beklagten zitierte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entgegen. Denn auch nach dieser ist die Massivbauweise notariell vereinbart, indem auf die Besichtigung ausdrücklich Bezug genommen worden und damit die Inhalte der Besichtigung und das dieser zu Grunde liegende Exposée mit in den Vertrag einbezogen worden ist (vgl. BGH, Urteil vom 22. April 2016 – V ZR 23/15 -, Rn. 18, juris). Der bei der Besichtigung vorgefundene Zustand ist eben auch der durch Äußerungen suggerierte Zustand – der Hinweis auf eine andere Bauweise hätte weitergehende Untersuchungen ermöglicht.

Jedenfalls aber kann sich die Beklagte nicht auf den Gewährleistungsausschluss berufen, da sie Arglistig gehandelt hat, § 444 BGB. Eine Täuschung i.S.d. § 123 BGB liegt nur dann vor, wenn der Täuschende durch sein Verhalten beim Erklärungsgegner vorsätzlich einen Irrtum erregen bzw. aufrecht erhalten möchte, das heißt, der Täuschende muss die Unrichtigkeit der falschen Angaben gekannt und gleichzeitig das Bewusstsein und den Willen gehabt haben, durch die irreführenden Angaben (bzw. die Unterlassung der Aufklärung über die wahre Sachlage) einen Irrtum zu erregen (bzw. aufrecht zu erhalten) und den Getäuschten damit zu einer Willenserklärung zu motivieren, die er sonst nicht oder mit anderem Inhalt abgegeben hätte (MünchKomm/Kramer BGB, § 123 Rn. 8). Arglistig handelt daher grundsätzlich nicht, wer gutgläubig unrichtige Angaben macht, mag auch der gute Glaube auf Fahrlässigkeit oder selbst auf Leichtfertigkeit beruhen; zur Arglist ist aber nicht unbedingt das Wissen erforderlich, dass die angegebene Tatsache nicht der Wahrheit entspricht (BGH NJW 1980, 2460, 2461). Selbst bei gutem Glauben im Hinblick auf die Richtigkeit der eigenen Angaben liegt jedoch Arglist vor, wenn der Erklärende „ins Blaue hinein“ objektiv unrichtige Angaben macht, ohne offen zu legen, dass es ihm an einer zuverlässigen Beurteilungsgrundlage fehlt (vgl. BGH NJW 2001, 2326; 2327; NJW 1980, 2460; NJW 1981, 1441). Eine solche Erklärung ins Blaue hinein liegt vor. Die Beklagte wusste darum, dass ergänzende Baumaßnahmen erfolgt sind. Sie hat sich nicht vergewissert, wie diese durchgeführt worden sind und das Bauwerk dennoch als Massivbauweise angepriesen. Insoweit muss sie die Ausführungen in dem Exposée des beauftragten Maklers gegen sich gelten lassen (BGH NJW-RR 2018, 752 Rn. 10). Hierbei verkennt die Kammer nicht, dass derjenige, der an die Richtigkeit seiner Angaben glaubt, nicht arglistig handelt, auch nicht in der Form der Behauptung ins Blaue hinein (OLG Düsseldorf Urt. v. 12.3.2018 – I-9 U 38/17, BeckRS 2018, 13427 Rn. 24, beck-online). Jedoch wusste die Beklagte nicht, welche Materialien verbaut worden sind, weshalb sie auch nicht an die Richtigkeit der Angaben glauben konnte, wie sich aus Blatt 173 dA („Die tatsächliche Art der Konstruktion ist der Beklagten auch bis zu dem Gutachten des Sachverständigen unbekannt geblieben.“) und ihrer persönlichen Anhörung im Termin zur mündlichen Verhandlung ergibt. Sie hat ausweislich ihrer persönlichen Anhörung – insoweit kürzer protokolliert als erörtert – entgegen den Ausführungen Blatt 173 dA auch nicht gegenüber dem Kläger klargestellt, dass sie nicht wisse, welche Materialien verbaut worden sind (vgl. zur Darlegungs- und Beweislast BGH NJW 2019, 2380 Rn. 16).

Die Holzbauweise stellt nach der maßgeblichen Parallelwertung in der Laiensphäre (§§ 133, 157 BGB) auch keine Massivbauweise war. Insoweit kann der Beklagten und ihrem Verweis auf technische Begrifflichkeiten nicht gefolgt werden. Der Kammer ist aus anderen Verfahren gerichtsbekannt, dass Laien bei dem Begriff Massivbau nicht mit einer Holzkonstruktion rechnen. Entsprechend unterscheiden auch gerichtsbekannte und bewährte Sachverständige diese Bauweisen in ihren Briefköpfen, was anhand eines Beispiels im Rahmen des Termins zur mündlichen Verhandlung – insoweit nicht protokolliert – erörtert worden ist. Unabhängig ist die hiesige Konstruktion wie sich aus dem detaillierten und stringenten Sachverständigengutachten ergibt, mangels zusammenpassender Bauteile auch nicht massiv. Der streitgegenständliche Gebäudeteil ist als Fachwerkhaus und damit keinesfalls in (Holz-)Massivbauweise erbaut worden.

Ausweislich des Sachverständigengutachtens in dem selbständigen Beweisverfahren resultieren die Konstruktionsfehler insbesondere aus der Ausführung der Zwischendecke als Holzdecke sowie daraus, dass die Holzständerwerkwände in der gewählten Ausführung keine aussteifenden Bauteile darstellen. Mithin handelt es sich gerade um ein kausales Problem der nicht massiven Bauweise auch der Zwischendecke.

Das vermutete Verschulden (§ 280 Abs. 1 S. 2 BGB) ist nicht widerlegt. Jedenfalls in der Einlassung der Beklagten in dem selbständigen Beweisverfahren lag die ernsthafte und endgültige Verweigerung i.S.v. § 281 Abs. 2 BGB. Da die Ursache zumindest auch in der massiven Bauweise liegt, kann der Kläger statt vom Kaufvertrag zurück zu treten, eine Summe verlangen, die zur Herstellung einer vergleichbaren Stabilität erforderlich ist. Die Summe ist der Höhe nach durch das selbständige Beweisverfahren belegt.

Der Anspruch auf Feststellung der Ersatzverpflichtung betreffend die Mehrwertsteuer beruht auf §§ 280, 249 BGB.

Soweit die Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung eingewandt hat, die Kammer hätte nur die gerügte Aufklärungspflichtverletzung prüfen dürfen, verfängt dies nicht. Nach dem Grundsatz „da mihi facta dabo tibi ius“ war das Gericht verpflichtet, den Sachverhalt vollumfänglich zu prüfen. Entsprechend erfolgte der Hinweis in der Terminsverfügung in Befolgung der in 139 ZPO normierten Hinweispflicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO (Abweisung weitergehender Feststellungsantrag; Klagerücknahme betreffend die Rechtsanwaltskosten); die Beklagte hat abweichend zum Rechtsstreit die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens zu tragen, da dieses insgesamt zu ihren Ungunsten verlaufen ist.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 709, 711 ZPO.

Streitwert: bis 16.000,00 EUR

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