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Grundstückskaufvertrag – Heilung eines infolge Schwarzgeldabrede nichtigen Vertrags

Heilung des Grundstückskaufvertrags durch Eintragung im Grundbuch scheitert an Schwarzgeldabrede

Beim Abschluss eines Grundstückskaufvertrags stehen die korrekte Beurkundung und die Eintragung im Grundbuch als Säulen der Rechtssicherheit im Mittelpunkt. Doch was passiert, wenn neben dem offiziellen Kaufpreis zusätzliche Zahlungen „unter der Hand“ vereinbart werden und diese Schwarzgeldabrede ans Licht kommt? In solchen Fällen rücken juristische Begriffe wie die Nichtigkeit des Vertrags, Formfehler und die Heilung dieser Mängel durch die Eintragung im Grundbuch in den Fokus.

Diese Thematik berührt nicht nur das Zivilrecht, sondern tangiert auch das Strafrecht, insbesondere wenn durch die Schwarzgeldabrede eine Steuerhinterziehung impliziert wird. Die Frage der Rechtsausübung und die Eigentumsübertragung werden dann zentral, während die Parteien ihre Ansprüche und Verteidigungen auf Grundlage der tatsächlichen Eigentumsverhältnisse und der vereinbarten Vertragskonditionen abwägen müssen.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: I-22 U 166/14  >>>

Das Wichtigste in Kürze


Das Oberlandesgericht Hamm bestätigte die Nichtigkeit eines Grundstückskaufvertrags aufgrund einer Schwarzgeldabrede. Die Nichtigkeit wurde nicht durch die Eintragung im Grundbuch geheilt, da der Formmangel nicht der einzige Grund für die Ungültigkeit des Vertrags war.

Zentrale Punkte des Urteils:

  1. Der Grundstückskaufvertrag wurde für nichtig erklärt, da neben dem beurkundeten Kaufpreis zusätzliches Schwarzgeld geflossen ist.
  2. Die Nichtigkeit des Vertrages ist umfassend, da die Schwarzgeldabrede einen Verstoß gegen gesetzliche Verbote darstellt.
  3. Eine Heilung des Vertrags durch Grundbucheintragung des Käufers scheitert, weil der gesamte Vertrag und nicht nur der Formmangel betroffen ist.
  4. Der Anspruch des Klägers auf Übereignung weiterer Grundstücksteilflächen, die durch eine Einfriedung faktisch zum Grundstück gehörten, wird nicht anerkannt.
  5. Das Gericht weist die Argumentation zurück, dass eine unzulässige Rechtsausübung oder Treu und Glauben die Nichtigkeit überwinden könnten.
  6. Existenzgefährdung oder schwere Treupflichtverletzung als mögliche Ausnahmen für die Aufrechterhaltung des Vertrages werden verneint.
  7. Der Kläger kann keine Rückübertragung oder Rückzahlung verlangen, da ihm ein Zurückbehaltungsrecht bis zur Rückzahlung des Kaufpreises zusteht.
  8. Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen und die Kostenentscheidung basiert auf der erfolglosen Klage.

Juristische Kontroverse um einen Grundstückskaufvertrag

Im Zentrum des juristischen Disputs stand ein Grundstückskaufvertrag, der zwischen dem Kläger und dem Beklagten geschlossen wurde und nachträglich aufgrund einer Schwarzgeldabrede in Frage gestellt wurde. Das Kernproblem des Falls ergab sich aus der Vereinbarung, einen Teil des Kaufpreises für das Grundstück „schwarz“ zu zahlen, was bedeutet, dass diese Zahlungen außerhalb der offiziellen Buchführung und somit steuerrechtlich relevanten Dokumentation erfolgten. Die Parteien hatten einen notariellen Kaufvertrag über das Grundstück abgeschlossen, der einen Betrag von 130.000 EUR auswies, während zusätzlich mindestens 13.000 EUR schwarz gezahlt wurden. Dieses Arrangement führte zu einer rechtlichen Auseinandersetzung, nachdem bei einer Vermessung festgestellt wurde, dass Teile des Grundstücks, von denen der Kläger annahm, dass sie Teil des Kaufs waren, nicht innerhalb der offiziellen Grenzen des verkauften Grundstücks lagen.

Komplexität durch Schwarzgeldabrede und physische Gegebenheiten

Die rechtliche Herausforderung bestand darin zu klären, ob die Schwarzgeldabrede und der daraus resultierende Formfehler den Vertrag insgesamt nichtig machen, oder ob die nachträgliche Eintragung des Klägers als Eigentümer im Grundbuch eine Heilung des Vertrags bewirken konnte. Dies wurde zusätzlich kompliziert durch die Frage, ob die tatsächliche Intention der Parteien bei der Vertragsgestaltung und die physischen Gegebenheiten des Grundstücks – insbesondere die Lage eines Walls als mutmaßliche Grundstücksgrenze – die rechtlichen Beziehungen über die im Grundbuch eingetragenen Informationen hinaus beeinflussten.

Gerichtsentscheidung: Nichtigkeit des Vertrags

Das Gericht entschied, dass der Vertrag aufgrund der Schwarzgeldabrede und der daraus folgenden Verletzung gesetzlicher Bestimmungen insgesamt nichtig sei. Es wurde festgestellt, dass eine Heilung durch die Eintragung im Grundbuch nicht eingetreten war, da diese nur Formmängel umfasst hätte, und der Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot zur Nichtigkeit des gesamten Vertrags führte. Das Gericht berief sich dabei auf die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, die besagt, dass die Absicht der Steuerhinterziehung einen Vertrag nur dann nichtig macht, wenn diese Absicht alleiniger oder hauptsächlicher Zweck des Rechtsgeschäfts ist. Die Eintragung im Grundbuch konnte in diesem Fall keine Heilung bewirken, da die Parteien offensichtlich auch den Teil des Grundstücks, der „schwarz“ bezahlt wurde, übereignen wollten, dieser Teil aber nicht im Grundbuch aufgeführt war.

Abschluss und Konsequenz der rechtlichen Auseinandersetzung

Weitere wichtige Aspekte des Falls beinhalten die Feststellung, dass eine Berufung auf die Formnichtigkeit des Kaufvertrags nicht als unzulässige Rechtsausübung angesehen werden konnte und dass strenge Maßstäbe anzulegen sind, wenn es darum geht, ein Rechtsgeschäft am Formmangel scheitern zu lassen. Das Gericht verwies auf die Prinzipien von Treu und Glauben, wonach Ausnahmen von der Formnichtigkeit nur dann zulässig sind, wenn es nach den gesamten Umständen und Beziehungen der Parteien untragbar wäre, das Rechtsgeschäft am Formmangel scheitern zu lassen.

Das Fazit des Urteils ist, dass die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts zurückgewiesen wurde und die Klage abgewiesen blieb, da der Kläger aus dem notariellen Kaufvertrag keine Rechte herleiten konnte. Die Nichtigkeit des Vertrages aufgrund der Schwarzgeldabrede blieb somit bestehen, und eine Heilung durch die Eintragung im Grundbuch war nicht erfolgt. Der Senat ließ die Revision nicht zu, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hatte und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erforderte.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Was versteht man unter der Nichtigkeit eines Vertrags nach § 134 BGB?

Gemäß § 134 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) in Deutschland ist ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, nichtig, es sei denn, das Gesetz sieht etwas anderes vor. Dies bedeutet, dass ein Vertrag oder eine andere rechtliche Vereinbarung, die gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, von Anfang an als ungültig betrachtet wird.

Ein Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB kann jede Rechtsnorm sein, deren Auslegung ergibt, dass ein Rechtsgeschäft wegen der besonderen Umstände, unter denen es vorgenommen wurde, wegen seines Inhalts oder wegen der Art seiner Vornahme verboten ist. Beispielsweise kann ein Vertrag, der gegen das Schwarzarbeitergesetz verstößt, als nichtig betrachtet werden.

Es ist jedoch zu beachten, dass nicht jedes Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, automatisch nichtig ist. Zum Beispiel führt eine betrügerische Täuschung durch den Verkäufer bei Abschluss des Vertrages, die den Käufer zum Vertragsschluss bestimmt, nicht zur Nichtigkeit des Kaufvertrages nach § 134 i.V.m. § 263 StGB. Stattdessen gewährt § 123 nur ein Anfechtungsrecht.

Die Nichtigkeit eines Vertrages hat verschiedene rechtliche Konsequenzen. Ein nichtiger Vertrag wird rückwirkend als unwirksam betrachtet und ist von Anfang an ungültig. Dies bedeutet, dass die Vertragsparteien die bereits ausgetauschten Leistungen zurückverlangen können.

Es ist auch wichtig zu beachten, dass die Nichtigkeit eines Vertrages nur dann ausgelöst wird, wenn sich der Verbotstatbestand gegen beide Teile des Rechtsgeschäfts richtet.

Inwiefern kann eine Auflassung und Eintragung im Grundbuch einen Formmangel heilen gemäß § 311b Abs. 1 Satz 2 BGB?

Gemäß § 311b Abs. 1 Satz 1 BGB bedarf ein Vertrag, durch den sich eine Partei verpflichtet, das Eigentum an einem Grundstück zu übertragen oder zu erwerben, der notariellen Beurkundung. Ohne diese Beurkundung ist der Vertrag nichtig. Allerdings kann ein solcher Formmangel geheilt werden, wenn die Auflassung und Eintragung in das Grundbuch erfolgen. Dies ist in § 311b Abs. 1 Satz 2 BGB festgelegt.

Die Auflassung ist eine notwendige Voraussetzung für die Übertragung des Eigentums an einem Grundstück. Sie ist eine Vereinbarung zwischen dem Veräußerer und dem Erwerber, die vor dem Notar erklärt wird. Die Eintragung im Grundbuch ist der letzte Schritt im Prozess der Eigentumsübertragung. Das Grundbuch ist ein öffentliches Register, in dem die Eigentumsverhältnisse von Grundstücken festgehalten werden.

Die Heilung eines Formmangels durch Auflassung und Eintragung im Grundbuch dient der Rechtssicherheit. Sie verhindert, dass sachenrechtlich abgeschlossene Verhältnisse bis zum Ablauf der Verjährung der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung unterliegen können.

Es ist jedoch zu beachten, dass die Heilung eines Formmangels nach § 311b Abs. 1 Satz 2 BGB nicht allein durch die Eintragung des Erwerbers im Grundbuch eintritt. Vielmehr muss diese Eintragung auf einer wirksamen Auflassung beruhen. Wenn die Auflassungsvollmacht nicht wirksam erteilt wurde, kann die Heilung nicht eintreten, da dies zur Unwirksamkeit der vom Bevollmächtigten erklärten Auflassung führt.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine Auflassung und Eintragung im Grundbuch einen Formmangel heilen können, sofern die Auflassung wirksam ist und die Eintragung auf dieser Auflassung beruht.

Wie wirkt sich eine Schwarzgeldabrede auf die Gültigkeit eines Grundstückskaufvertrags aus?

Eine Schwarzgeldabrede bezieht sich auf eine Vereinbarung zwischen zwei Parteien, bei der ein Teil des Kaufpreises in bar und ohne offizielle Dokumentation oder Rechnungsstellung gezahlt wird. Dies wird oft getan, um Steuern zu vermeiden, ist aber in Deutschland illegal.

Im Kontext eines Grundstückskaufvertrags hat eine Schwarzgeldabrede erhebliche Auswirkungen auf die Gültigkeit des Vertrags. Wenn eine solche Abrede getroffen wird, führt dies in der Regel zur Nichtigkeit des Kaufvertrags, sofern dieser noch nicht vollzogen ist. Das bedeutet, dass der Vertrag als ungültig betrachtet wird und keine rechtlichen Verpflichtungen oder Rechte daraus entstehen.

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Die Folgen einer solchen Schwarzgeldabrede sind in der Regel für beide Vertragsparteien äußerst nachteilig, da gegenseitige Ansprüche im Falle einer Gesamtnichtigkeit des Vertrags nicht mehr bestehen. Dies bedeutet, dass keine der Parteien rechtliche Ansprüche geltend machen kann, unabhängig davon, wie ungerecht dies im Einzelfall erscheinen mag.

Es ist auch wichtig zu beachten, dass eine nachträgliche Schwarzgeldabrede, selbst wenn diese sich nur auf einen Teil des Vertrags bezieht, die Nichtigkeit des gesamten Vertrags herbeiführt und infolgedessen gegenseitige Ansprüche nicht (mehr) bestehen.

In einigen Fällen kann ein wegen einer Schwarzgeldabrede unwirksamer Grundstückskaufvertrag aufgrund von Auflassung und Eintragung gemäß § 311b Abs. 1 Satz 2 BGB geheilt werden. Dies setzt jedoch voraus, dass sich die Eintragung im Grundbuch auf das gesamte veräußerte und aufgelassene Grundstück bezieht. Wenn dies nicht der Fall ist, tritt keine Heilung des formnichtigen Vertrags ein.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine Schwarzgeldabrede erhebliche negative Auswirkungen auf die Gültigkeit eines Grundstückskaufvertrags hat und in der Regel zur Nichtigkeit des Vertrags führt. Beide Parteien verlieren ihre gegenseitigen Ansprüche und es können rechtliche Konsequenzen folgen. Daher ist es dringend zu empfehlen, solche Abreden zu vermeiden.


Das vorliegende Urteil

OLG Hamm – Az.: I-22 U 166/14 – Urteil vom 25.06.2015

Die Berufung des Klägers gegen das am 21.11.2014 verkündete Urteil der 16. Zivilkammer des Landgerichts Münster wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

I.

Die Parteien streiten um die Eigentumsübertragung einer Teilfläche des Grundstücks G3, Flur X, Flurstück X.

Die Eltern des Beklagten waren Eigentümer mehrerer zunächst landwirtschaftlich genutzter Flächen, u.a. der Grundstücke G3, Flur X, Flurstück X, 657 m² groß, T-Straße, und – unmittelbar angrenzend – Flurstück X, T. Zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt vor dem Jahr 2002 errichteten sie auf ihrem neben dem Flurstück X gelegenen Grundstück mit der Parzellenbezeichnung …6 einen Wall aus Holz und mit Büschen bewachsen. Nach dem äußeren Eindruck diente dieser Wall als Abgrenzung der beiden Parzellen …4 und …6. Auf der Parzelle …4 – T2 – errichteten die Eltern des Beklagten im Jahr 2002/2003 ein Einfamilienhaus. Am 31.1.2006 erfolgte die Auflassung der beiden streitgegenständlichen Grundstücke an den Beklagten.

Zum 1. Juli 2007 schlossen die Parteien einen Mietvertrag über das Einfamilienhaus T2. Im Jahr 2009 verhandelten sie über den Ankauf des gemieteten Objektes durch den Kläger. Unter dem 26.11.2009 kam es sodann zum Abschluss eines notariellen Kaufvertrages über das Grundstück T-Straße (Urkunden-Rolle Nr. 266/2009 des Notars M, J). § 1 des Kaufvertrages bezeichnete den Kaufgegenstand wie folgt:

„G3 8,

Flurstück X, Gebäude- und Freifläche, T-Straße, groß 657 m²“. Als Kaufpreis wurde in § 2 des Vertrages ein Betrag von 130.000,00 EUR beurkundet.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Grundstückskaufvertrag vom 26.11.2009 (Bl. 34 ff. GA) Bezug genommen.

In der Folgezeit zahlte der Beklagte an den Kläger für das Grundstück neben dem beurkundeten Betrag von 130.000 EUR absprachegemäß als zusätzlichen Kaufpreis mindestens weitere 13.000 EUR („schwarz“). Am 11.1.2010 wurde der Kläger als Eigentümer ins Grundbuch (G3 8, Flurstück X) eingetragen.

Im Jahr 2013 plante der Beklagte, auf dem ihm verbliebenen Flurstück X eine Seniorenwohnanlage zu errichten. Zu diesem Zwecke beauftragte er eine Vermessung des Grundstücks. Hierbei stellte der Vermesser fest, dass der als Einfriedung des klägerischen Grundstücks dienende Wall nicht auf der Grundstücksgrenze zum Flurstück X verläuft, sondern auf einer Länge von ca. 26 m und einer Breite von ca. 1,40 m bereits auf eben dieser Parzelle …6. Zudem verläuft danach die Grenze in westlicher Richtung entlang der Zufahrt zu dem Grundstück des Klägers.

Wegen der die Grundstückssituation betreffenden Einzelheiten wird auf die zur Akte gereichten Lichtbilder der Örtlichkeit (Bl. 86 bis 99 und Bl. 276 bis 290 GA) Bezug genommen.

Der Kläger hat erstinstanzlich behauptet, er hätte sich mit dem Beklagten darüber geeinigt, dass das Grundstück so wie die Parteien es aufgrund der vorhandenen Grundstückseinfriedung mit dem Wall gekannt hätten, hätte übereignet werden sollen. Dazu gehöre zum einen der Bereich seines Gartens bis zum Wall, also der Bereich an der nördlichen Grenze seines Grundstücks, sowie ein parallel zur westlichen Grundstücksgrenze verlaufender Grundstücksstreifen von ca. 34 x 4 m. Diese Flächen seien bereits infolge der tatsächlichen Grundstückseinfriedung mit seinem Grundstück verbunden. Die Parteien seien während sämtlicher Verhandlungen davon ausgegangen, dass die tatsächliche Grundstücksgrenze entlang der Einfriedung des Grundstücks verlaufe, mithin die in dem notariellen Kaufvertrag angegebene Parzelle G3, Flur X, Flurstück X die gesamte Grundstücksfläche umfasse, die dort nach den tatsächlichen Verhältnissen als eingefriedet anzusehen gewesen sei. Dem Beklagten sei auch nicht bewusst gewesen, dass die tatsächliche Grenze nicht mit dem eingefriedeten Grundstücksverlauf übereinstimme. So habe er, nachdem er den ausgemessenen Grenzverlauf anhand der dort verlegten Seile gesehen habe, gesagt: „Das habe ich nicht gewusst!“ Der notarielle Kaufvertrag sei auch nicht aufgrund der Schwarzgeldabrede nichtig. Der dadurch entstandene Formfehler sei infolge der Eintragung des Klägers als Eigentümer in das Grundbuch geheilt. Auch eine Nichtigkeit wegen Steuerhinterziehung sei nicht gegeben, denn diese sei nicht Hauptzweck des Vertrages gewesen. Schließlich stehe der Nichtigkeit des Vertrags der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegen. Der Beklagte sei nicht in der Lage, im Falle einer Rückabwicklung des Vertrags dem Kläger den Kaufpreis zurückzuerstatten.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt, der Beklagte zu verurteilen, eine Teilfläche des Grundstücks, eingetragen beim Amtsgericht U im Grundbuch von M Blatt 80 eingetragene Parzelle, G3, Flur X, Flurstück X, Gebäude- und Freifläche, Waldfläche, T, zur Größe von 172,4 qm entsprechend der mit dieser Klageschrift verbundenen Anlage K4 (rote Umrandung auf dem Grundstücksplan) zu vermessen, abzuschreiben und die Teilung zu bewilligen sowie das hierdurch entstehende Teilstück an den Kläger lastenfrei aufzulassen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat behauptet, es habe keine Einigung über eine Eigentumsübertragung der Grundstücksfläche, wie sie sich aus der Einfriedung ergebe, gegeben. Der Wall habe bei seiner Errichtung durch seine Eltern – damals Eigentümer beider Grundstücke – gerade nicht als Grundstückseinfriedung, sondern lediglich als Sichtschutz zum Mietobjekt gedient. Eine Einfriedung sei seinerzeit angesichts der Eigentumsverhältnisse nicht erforderlich gewesen. Der Kläger habe schlicht die Größe des Grundstücks überschätzt. Es sei Aufgabe des Klägers gewesen, sich über die vorhandenen tatsächlichen Grenzverläufe zu informieren.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, und zwar im Wesentlichen mit dem Argument, der Kläger könne aus dem notariellen Vertrag vom 26.11.2009 keine Rechte herleiten, da dieser aufgrund der „Schwarzgeldabrede“ gem. § 134 BGB i. V. m. § 370 AO, 263 StGB nichtig sei. Diese Nichtigkeit sei auch unabhängig von der Eintragung des Klägers als Eigentümer im Grundbuch. Denn eine Heilung gem. § 311b Abs. 1 Satz 2 BGB umfasse nur Formmängel und setze voraus, dass der Formmangel der alleinige Ungültigkeitsgrund sei. Der Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot führe zur Nichtigkeit des gesamten Vertrages. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass sich die Absicht der Steuerhinterziehung nur auf einen Teil des vereinbarten Kaufpreises bezogen habe. Bei dem von den Parteien geschlossenen notariellen Kaufvertrag handele es sich um ein einheitliches Rechtsgeschäft. Dieses könnte allenfalls dann als teilwirksam angesehen werden, wenn die Parteien den einzelnen Teilbeträgen einzelne zu übereignende Grundstücksteile zugeordnet hätten, was jedoch nicht der Fall gewesen sei. Der Nichtigkeit des Vertrags stehe auch nicht der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung gem. § 242 BGB entgegen. Eine nach § 134 BGB im öffentlichen Interesse und zum Schutz des allgemeinen Rechtsverkehrs angeordnete Nichtigkeit könne allenfalls in ganz engen Grenzen durch eine Berufung auf Treu und Glauben überwunden werden (vergl. BGH, Urt. v. 24.04.2008, Az.: VII ZR 42/07). Es könne insbesondere nicht davon ausgegangen werden, der Beklagte sei nicht in der Lage, dem Kläger im Falle einer Rückabwicklung den Kaufpreis zu erstatten.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Begründung der angefochtenen Entscheidung (Bl. 171 ff. GA) Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil des Landgerichts Münster hat der Kläger form- und fristgemäß Berufung eingelegt. Er verfolgt in der Sache sein erstinstanzliches Begehren weiter.

Zur Begründung macht er unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens im Wesentlichen geltend, der notarielle Kaufvertrag vom 26.11.2009 sei nicht nichtig, sondern es sei eine Heilung durch die Eintragung im Grundbuch eingetreten.

Der Kläger beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Beklagten zu verurteilen, eine Teilfläche des Grundstücks, eingetragen beim Amtsgericht U im Grundbuch von M, Blatt 80 eingetragene Parzelle, G3, Flur X, Flurstück X, Gebäude- und Freifläche, Waldfläche, T, entsprechend der mit diesem Schriftsatz verbundenen Anlage KB 2, rot umrandet und schraffiert, aus der sich die zeichnerische Bezeichnung der zu übereignenden Flächen ergibt, zu vermessen, abzuschreiben und die Teilung zu bewilligen sowie das hierdurch entstehende Teilstück an den Kläger aufzulassen und die Eintragung im Grundbuch zu bewilligen, sowie, die grundsätzliche Bedeutung des Rechtsstreits festzustellen und die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt die angefochtene Entscheidung. Dem Kläger drohe keine Rückabwicklung des Kaufvertrages, zumal er wirksam Eigentümer des Grundstücks geworden sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Der Senat hat die Parteien im Senatstermin vom 7.5.2015 persönlich angehört. Die Sach- und Rechtslage wurde ausgiebig erörtert.

Mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 5.6.2015 (Bl. 326 f. GA) hat der Kläger die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung, hilfsweise die Aussetzung des Verfahrens beantragt.

II.

1. Die zulässige, namentlich form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.

Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht die Klage abgewiesen.

Dem Kläger steht gegen den Beklagten der geltend gemachte Anspruch auf Übereignung der streitgegenständlichen Grundstücksteilfläche nicht zu.

Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht aus dem zwischen den Parteien geschlossenen notariellen Kaufvertrag vom 26.11.2009.

a) Das Landgericht hat angenommen, der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag sei aufgrund dessen, dass unstreitig ein Teil des Grundstückskaufpreises „schwarz“ gezahlt worden ist, wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot, nämlich §§ 370 AO, 263 StGB, insgesamt nichtig (§ 134 BGB).

Der Senat verkennt nicht, dass nach der Rechtsprechung des für Grundstückskaufverträge zuständigen 5. Zivilsenates des Bundesgerichtshofes die Absicht einer Steuerhinterziehung einen Vertrag nur dann nichtig sein lässt, wenn diese Absicht alleiniger oder hauptsächlicher Zweck des Rechtsgeschäftes ist; dies ist dann nicht der Fall, wenn zwar der Grundstückskaufvertrag fehlerhafte Kaufpreisangaben enthält, die Begründung der Verpflichtung zur Übertragung des Grundstücks und die Verpflichtung zur Bezahlung des Kaufpreises allerdings ernstlich gewollt sind (vgl. BGH, Urteil vom 05. Juli 2002 – V ZR 229/01 – NJW-RR 2002, 1527; BGH, Urteil vom 4. März 1993 – V ZR 121/92 – zitiert nach juris; Urteil vom 17. Dezember 1965 – V ZR 115/63 – NJW 1966, 588; in diesem Sinne auch Senat, Urteil vom 24. April 1995 – 22 U 138/94 – NJW-RR 1995, 1481).

Demgegenüber geht allerdings der 7. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes für das Werkvertragsrecht davon aus, eine sog. Ohne-Rechnung-Abrede sei – da der Steuerhinterziehung dienend – gemäß §§ 134, 138 BGB nichtig, was über die Vorschrift des § 139 BGB regelmäßig zur Gesamtnichtigkeit des Vertrages führe (vgl. etwa BGH, Urteil vom 01. August 2013 – VII ZR 6/13 – NJW 2013, 3157; Urteil vom 24. April 2008 – VII ZR 42/07 – NJW-RR 2008, 1050). Diese trete – so der 7. Zivilsenat weiter – nur dann nicht ein, wenn angenommen werden könne, dass ohne die Ohne-Rechnung-Abrede bei ordnungsgemäßer Rechnungslegung und Steuerabführung der Vertrag zu denselben Konditionen, insbesondere mit derselben Vergütungsregelung, abgeschlossen worden wäre (vgl. BGH, Urteil vom 24. April 2008, a.a.O.). Entsprechendes nimmt der 12. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes für Ohne-Rechnung-Abreden im Mietvertragsrecht an (vgl. etwa Urteil vom 2. Juli 2003 – XII ZR 74/01 – NJW 2003, 2742).

b) Der Senat kann die Frage der Nichtigkeit des notariellen Kaufvertrages nach § 134 i.V.m. § 370 AO, 263 StGB bzw. § 139 BGB allerdings im Ergebnis offen lassen: Der Vertrag ist nämlich auf der Grundlage des klägerischen Vorbringens jedenfalls nach §§ 117 Abs. 1,2 , 311 b Abs. 1 S. 1, 125 S.1 BGB nichtig, und zwar ohne dass diese Nichtigkeit durch die Eintragung des Klägers im Grundbuch geheilt worden wäre:

aa) Da der beurkundete Kaufpreis von nur 130.000 EUR gerade nicht dem Willen beider Vertragsparteien entspricht, ist der Notarvertrag als sog. Scheingeschäft gem. § 117 Abs. 1 BGB nichtig. Der hierdurch „verdeckte“ (§ 117 Abs. 2 BGB) Vertrag über den höheren Kaufpreis (mindestens 143.000 EUR) ist allerdings nur mündlich geschlossen und demgemäß nach §§ 311b Abs. 1 S. 1, 125 S. 1 BGB wegen Formmangels nichtig (vgl. allgemein zur Problematik der sog. Schwarzbeurkundung etwa Singer, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2012, § 117 Rdn. 26 m.w.N.).

bb) Grundsätzlich tritt allerdings in derartigen Fällen durch die Auflassung und Eintragung des Käufers im Grundbuch Heilung des Formmangels ein (§ 311b Abs. 1 S. 2 BGB; vgl. dazu allgemein etwa auch Senat, Urteil vom 21. Januar 1985 – 22 U 283/84 – NJW 1986,136; Wendtland, in: Beck’scher Online-Kommentar BGB, Hrsg: Bamberger/Roth, Stand: 01.02.2015, § 117 Rdn. 21).

Vorliegend ist dies jedoch nicht der Fall, denn es fehlt bereits unter Zugrundelegung des eigenen Vorbringens des Klägers an einer wirksamen Eintragung im Hinblick auf das verkaufte und aufgelassene Grundstück:

(1) Nach dem Rechtsstandpunkt des Klägers sind neben der Parzelle …4 auch die streitgegenständlichen Teilflächen der Parzelle …6 Gegenstand des mit dem Beklagten geschlossenen Kaufvertrages geworden, waren also von der Einigung der Parteien umfasst.

Zwar haben die Parteien den Kaufgegenstand im notariellen Vertrag eindeutig und ausdrücklich mit

„Flurstück X groß 657 m²“

bezeichnet. Grundsätzlich ist auch davon auszugehen, dass Kaufvertragsparteien, wenn sie das Grundstück nach dem Grundbuch bezeichnen, dieses mit dem sich aus dem Grundbuch und dem Liegenschaftskataster ersichtlichen Zuschnitt und Umfang übereignen wollen (vgl. BGH, Urteil vom 18. Januar 2008 – V ZR 174/06, NJW 2008, 1658).

Anders ist die Sachlage allerdings, wenn die Vertragsparteien das Grundstück so veräußern wollen, wie es sich ihnen nach seiner Umgrenzung in der Natur darstellt – etwa wenn auf Grund der tatsächlichen Situation, beispielsweise durch die Abtrennung einer größeren zusammenhängenden Fläche mit einer Mauer, einem Erwerbsinteressenten bei der Besichtigung klar vor Augen geführt wird, welche Flächen (vermeintlich) zu dem Grundstück gehören und welche (vermeintlich) Teil des Nachbargrundstücks sind (vgl. allgemein BGH, Urteil vom 12. Oktober 2012 – V ZR 187/11 – NJW-RR 2013, 789; ebenso OLG Hamm, Urteil vom 13. Juni – 5 U 60/91 – NJW-RR 1992, 152). Die Bezugnahme in dem Vertrag auf die Bezeichnungen im Grundbuch stellt sich in diesen Fällen als eine versehentliche Falschbezeichnung dar, mit der Folge, dass nach § 133 BGB auch bei einem formbedürftigen Vertrag das wirklich Gewollte gilt („falsa demonstratio non nocet“, vgl. auch BGH, Urteile vom 7. Dezember 2001 – V ZR 65/01 – NJW 2002, 1038 und vom 18. Januar 2008 – V ZR 174/06 – NJW 2008, 1658).

(2) Ob der Kläger vorliegend nach den äußeren Umständen zu Recht davon ausgehen durfte, dass Kaufgegenstand das Grundstück war, wie es sich aus der tatsächlichen Einfriedung (Wall und Zaun, vgl. die Fotos Bl. 86 ff., 275 ff. GA) ergibt, mithin eine versehentliche Falschbezeichnung des Kaufgegenstandes vorlag, braucht allerdings letztlich nicht entschieden zu werden.

Selbst wenn dies nämlich der Fall wäre, sich die vertragliche Einigung und Auflassung der Parteien unter Zugrundelegung des Grundsatzes „falsa demonstratio non nocet“ mithin nicht nur auf die Parzelle …4, sondern zugleich auf die in Rede stehenden Teilflächen der Nachbarparzelle …6 bezogen hätte – wie es dem eigenen Vortrag des Klägers entspricht – , fehlte es an dessen wirksamer Eintragung als weitere Voraussetzung der Heilung (§ 311b Abs. 1 S. 2 BGB) des Formmangels des geschlossenen Vertrages:

Eingetragen wurde der Kläger nur im Hinblick auf die Parzelle …4 (vgl. Bl. 12 GA), nicht aber auch im Hinblick auf die streitgegenständlichen, nach dem Vorbringen des Klägers mitverkauften und -übereigneten Teilflächen des Flurstücks …6. Dies reicht jedoch nicht aus:

Wie bereits das Reichsgericht in ständiger Rechtsprechung (vgl. etwa Urteil vom 01. April 1905 – V 448/04 -, RGZ 60, 338; Urteil vom 20. September 1905 – V 58/05 -, RGZ 61, 264) angenommen hat, muss sich die Eintragung im Grundbuch auf das gesamte veräußerte und aufgelassene Grundstück beziehen; Auflassung und Eintragung müssen sich daher entsprechen – der Satz „falsa demonstratio non nocet“ gilt hier nicht, und zwar wegen der andersartigen, nämlich rechtsbegründenden Rechtsnatur der Grundbucheintragung (vgl. etwa auch OLG München, Beschluss vom 23. September 2008 – 34 Wx 76/08 – FGPrax 2009, 11; Kanzleiter, in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Auflage 2012, § 311b Rdn. 78; Schuhmacher, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2012, § 311b Rdn. 291; Grziwotz, in Erman, BGB, 14. Aufl. 2014, § 311b Rdn. 74; Ludwig in: Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., jurisPK-BGB, 7. Aufl. 2014, § 311b BGB, Rdn. 291).

Ist mithin eine Heilung des Formmangels (§§ 125 S. 1 , 311 b Abs. 1 S.1, 2 BGB) des zwischen den Parteien geschlossenen Grundstückskaufvertrages nicht eingetreten, so kann der Kläger aus diesem Vertrag auch nicht die Übereignung der streitgegenständlichen Teilflächen der Parzelle …6 verlangen.

c) Der Kläger kann schließlich auch nicht mit Erfolg geltend machen, eine Berufung auf die Formnichtigkeit des Kaufvertrages stelle sich vorliegend als unzulässige Rechtsausübung dar und sei dementsprechend nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ausnahmsweise ausgeschlossen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kann ein an sich formnichtiges Rechtsgeschäft aus Gründen der Rechtssicherheit nicht schon aufgrund von bloßen Billigkeitserwägungen als wirksam behandelt werden. Denn andernfalls würde der Schutzzweck der einzelnen Formvorschriften ausgehöhlt (vgl. etwa BGH, Urteil vom 09. Dezember 1998 – IV ZR 306/97 – BGHZ 140, 167; Urteil vom 28. Januar 1993 – IX ZR 259/91 – BGHZ 121, 224; Urteil vom 29. Februar 1996 – IX ZR 153/95 – NJW 1996, 1467, 1469; Olzen/Looschelder, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2015, § 242, Rn. 445 ff.). Ausnahmen sind hiernach nur zulässig, wenn es nach den Beziehungen der Parteien und den gesamten Umständen mit Treu und Glauben unvereinbar wäre, das Rechtsgeschäft am Formmangel scheitern zu lassen, wobei strenge Maßstäbe anzulegen sind. Das Ergebnis darf die betroffene Partei nicht bloß hart treffen, sondern es muss schlechthin untragbar sein (vgl. etwa BGH, Urteil vom 27. Oktober 1967 – V ZR 153/64 – BGHZ 48, 396; Urteil vom 10. Oktober 1986, V ZR 247/85, NJW 1987, 1069). In diesem Zusammenhang sind zwei Fallgruppen als Ausnahmen anerkannt worden: die Fälle der Existenzgefährdung des einen Teils und die Fälle einer besonders schweren Treupflichtverletzung des anderen Teils (näher Olzen/ Looschelders, a.a.O. Rdn. 446 m.w.N.).

Keine der Fallkonstellationen sieht der Senat vorliegend indes als gegeben an. Insbesondere ergibt sich eine Existenzgefährdung des Klägers nicht aus seinem – zumal bestrittenen – Vorbringen, der Beklagte sei finanziell nicht in der Lage, im Falle einer Rückabwicklung des Vertrags ihm den Kaufpreis zurückzuerstatten: Eine Rückabwicklung des nichtigen Kaufvertrages und die Rückgewähr der beiderseitigen Leistungen (§ 812 Abs. 1 S. 1 1.Alt. BGB) hat Zug um Zug (§ 274 Abs. 1 BGB) zu erfolgen; dem Kläger stünde bis zur Bewirkung des Gegenleistung durch den Beklagten – hier der Rückzahlung des Kaufpreises – ein Zurückbehaltungsrecht (§ 273 Abs. 1 BGB) im Hinblick auf die von ihm geschuldete Rückübereignung der Immobilie zu.

Etwas anderes gilt auch nicht im Hinblick auf das weitere Argument des Klägers, es sei schließlich der Beklagte und nicht er selbst gewesen, der den überschießenden, nicht beurkundeten Kaufpreis gefordert habe: Die Entscheidung, einen Teil des Kaufpreises trotz strafrechtlicher Relevanz (§§ 370 AO, 263 StGB) „schwarz“ zu zahlen, um Steuern und Notargebühren zu sparen, ist offensichtlich von beiden Parteien getragen worden. Wer aber einen Vertrag in Kenntnis der Formbedürftigkeit abschließt, ohne die Formvorschriften einzuhalten, kann sich grundsätzlich nicht auf § 242 BGB berufen. Denn in einem solchen Fall ist der durch die Formnichtigkeit Benachteiligte nicht schutzwürdig (vgl. bereits RG, Urteil vom 21. Mai 1927 – V 476/26 -, RGZ 117, 121; BGH, Urteil vom 21. März 1969 – V ZR 87/67 – NJW 1969, 1167; Olzen/Looschelders, a.a.O. Rdn. 446).

2. Ob, wie der Kläger in seinem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 5.6.2015 behauptet, das zuständige Finanzamt J gegen den Beklagten die Vollstreckung wegen eines angeblichen Betrages von 130.000 EUR betreibt und der Beklagte diesbezüglich im Verfahren vor dem Landgericht Münster falsche Angaben gemacht hat, spielt für das vorliegende Verfahren aus den vorgenannten Gründen keine Rolle. Der Senat hat dementsprechend keinen Anlass gesehen, gemäß dem Antrag des Klägers die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen oder – hilfsweise – das Verfahren auszusetzen. Die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür (§ 156 ZPO bzw. § 149 ZPO) liegen nicht vor.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

4. Die Revision lässt der Senat nicht zu, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind: Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

 

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