LG München I, Az.: 25 O 1870/15
1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, zu vollstrecken an den Geschäftsführern, zu unterlassen, die am 05.10.2014 auf … veröffentlichte Bewertung mit der Überschrift „nicht zu empfehlen“ hinsichtlich
der Überschrift nicht zu empfehlen
und/oder
der Note 5 in der Kategorie Behandlung
und/oder
der Note 5 in der Kategorie Vertrauensverhältnis
zu veröffentlichen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von der Forderung der H Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft für die außergerichtliche Rechtsverfolgung in Höhe von 358,65 € freizustellen.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
5. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 8.000,00 € vorläufig vollstreckbar.
6. Der Streitwert wird auf 15.000,00 € festgesetzt.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten das Unterlassen der Veröffentlichung der Überschrift sowie teilweise der Notenbewertung aus einer Bewertung vom 05.10.2014 über den Kläger auf dem Onlineportal www.j…
Der Kläger ist niedergelassener Zahnarzt. Die Beklagte betreibt unter der URL www.j…de ein frei zugängliches Internetportal, auf dem Nutzer Bewertungen in Form von Noten und Texten über Ärzte veröffentlichen können. Sie ist eine 100 %ige Tochter der börsennotierten T, deren Hauptaktionär die H ist. Die Beklagte bietet Ärzten den Erwerb kostenpflichtiger Premium-Einträge an, auf denen diese sich selber darstellen können.
Am 05.10.2014 wurde auf dem Portal der Beklagten eine Bewertung über den Kläger mit der Überschrift „nicht zu empfehlen“ eingestellt. In dem Bewertungstext wurde ausgeführt, dass der Kläger eine fehlerhafte Krone angefertigt habe, die zu hoch und zu rund gewesen sei und daher insgesamt nicht gepasst habe. Diesen Text löschte die Beklagte aufgrund einer Beanstandung des Klägers.
Mittels einer Notenbewertung können einzelne Kriterien nach dem Schulnotensystem von 1 (sehr gut) bis 6 (ungenügend) bewertet werden. Der Kläger erhielt dabei unter anderen folgenden Noten:
Behandlung 5,0
Aufklärung 5,0
Vertrauensverhältnis 5,0
Genommene Zeit 5,0
Insoweit wird auf den Ausdruck der Bewertung (Anlage K 4) Bezug genommen.
Eine Löschung der Notenbewertung lehnte die Beklagte auf Aufforderung des Klägers ab. Der Kläger ließ die Beklagte daraufhin mit anwaltlichem Schreiben vom 16.12.2014 abmahnen, die Beklagte wies die Ansprüche des Klägers zurück. Für die Abmahnung macht der Kläger € 597,74 vorgerichtliche Anwaltskosten geltend.
Nach der Beanstandung durch den Kläger wurde der Autor der Bewertung zur Stellungnahme aufgefordert und äußerte sich gleichen Tag (Anlage B 7).
Der Kläger ist der Auffassung, die Notenbewertung sowie die Überschrift stehe und falle mit dem beanstandeten und gelöschten Text, es handele sich daher um ein unzulässiges Werturteil. Es habe in der Praxis des Klägers keinen Fall gegeben, in dem eine zu hohe und zu runde Krone angefertigt worden sei, es habe auch keine entsprechenden Beschwerden gegeben, auch diesbezügliche Gewährleistungsansprüche seien nicht geltend gemacht worden. Er wisse daher, dass der Bewertende bei ihm nicht in Behandlung gewesen sei. Das Bestreiten der Beklagten, dass es in der Praxis des Klägers keinen Fall gegeben habe, dass eine zu hohe und zu runde Krone angefertigt worden sei und sich kein Patent insoweit beschwert habe, sei unbeachtlich, da die Beklagte keinen entsprechenden Fall dargelegt habe.
Die Beweislast dafür, dass derjenige, der die streitgegenständliche Bewertung abgegeben hat, nicht bei dem Kläger in Behandlung gewesen sei, treffe die Beklagte.
Der Kläger beantragt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu zweihundertfünfzigtausend Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, zu vollstrecken an den Geschäftsführern, zu unterlassen in Bezug auf den Kläger
die Überschrift nicht zu empfehlen
und/oder
die Note 5 in der Kategorie Behandlung
und/oder
die Note 5 in der Kategorie Aufklärung
und/oder
die Note 5 in der Kategorie Vertrauensverhältnis
und/oder
die Note 5 in der Kategorie Genommene Zeit
zu veröffentlichen,
wenn dies geschieht, wie in der nachstehend wiedergegebenen, am 05.10.2014 auf j… .de veröffentlichten Bewertung mit der Überschrift nicht zu empfehlen geschehen.
Hilfsweise:
Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu zweihundertfünfzigtausend Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, zu vollstrecken an den Geschäftsführern, zu unterlassen, die nachstehend wiedergegebene, am 05.10.2014 auf j….de veröffentlichte Bewertung mit der Überschrift „nicht zu empfehlen“ hinsichtlich
der Überschrift nicht zu empfehlen
und/oder
der Note 5 in der Kategorie Behandlung
und/oder
der Note 5 in der Kategorie Aufklärung
und/oder
der Note 5 in der Kategorie Vertrauensverhältnis
und/oder
der Note 5 in der Kategorie Genommene Zeit
zu veröffentlichen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von der Forderung der H Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft für die außergerichtliche Rechtsverfolgung in Höhe von 597,74 € freizustellen.
Die Beklagte beantragt: Klageabweisung
Die Beklagte ist der Auffassung, bei der Überschrift sowie bei den beanstandeten Noten handele sich um zulässige Meinungsäußerungen. In der Bewertung komme zum Ausdruck, dass der Autor der Bewertung meine, dass die Leistung des Klägers nicht dem von ihm erwarteten Qualitätsanspruch entspreche.
Eine kritische Auseinandersetzung mit gewerblichen Leistungen sei zulässig, was auch für Freiberufler geltend müsse. Schmähkritik liege nicht vor. Auch wenn keine Gewährleistungsansprüche geltend gemacht worden seien, beweise dies nicht, dass die Behauptung in dem Bewertungstext unwahr sei.
Die Beklagte meint, sie sei nicht verpflichtet, vorzutragen, wem wann eine unpassende Krone angefertigt worden sei, da andernfalls der Anonymitätsschutz des Patienten ausgehebelt werde. Insoweit sei es ausreichend, wenn die (geweisste) Rückbestätigung vorgelegt werde. Der Bewertende habe auf Nachfrage der Beklagten mitgeteilt, dass die Behandlung sich über mehrere Monate hingezogen habe und unter anderem im 1. Quartal 2013 stattgefunden habe.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze samt Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen. Es wurde Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin J , insoweit wird auf den Beweisbeschluss vom 16.10.2015 (Blatt 125ff) sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 20.4.2016 (Blatt 155 – 159) Bezug genommen. Soweit entsprechend dem Beweisbeschluss vom 26.08.2016 weiter Beweis erhoben werden sollte durch Vernehmung des Zeugen Dr. O, hat der Kläger mit Schriftsatz vom 04.10.2016 auf die Vernehmung des Zeugen verzichtet.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist im Hauptantrag unbegründet und im Hilfsantrag nur teilweise begründet, da der Kläger gegen die Beklagte aus §§ 823 Abs. 1 BGB, 1004 BGB einen Anspruch auf Unterlassung der Veröffentlichung der Notenbewertung der Bewertung vom 05.10.2014 in den Kategorien Behandlung und Vertrauensverhältnis sowie hinsichtlich der Überschrift hat, im Übrigen ist die Klage unbegründet.
I.
Der von dem Kläger gestellte Hauptantrag ist unbegründet, da er zu weit gefasst ist. Der Antrag zielt darauf ab, der Beklagten es künftig zu untersagen, Bewertungen mit der Überschrift „nicht zu empfehlen“ sowie Notenbewertungen hinsichtlich der Kategorien Behandlung, Vertrauensverhältnis, Aufklärung und genommene Zeit mit der Schulnote 5 zu veröffentlichen. Ein solches Unterlassungsgebot würde jede künftige Bewertung mit den entsprechenden Noten oder der entsprechenden Überschriften betreffen, auch wenn diese von einem anderen Bewerter wegen einer anderen Behandlung und ohne Verletzung von Rechten des Klägers abgegeben wurde. Die Bezugnahme auf die konkrete Bewertung dient entsprechend den Anforderungen des Bundesgerichtshofs der Präzisierung des Unterlassungsantrags, nicht der Einschränkung des Unterlassungsgebots auf die konkrete Bewertung. Daher war der Hauptantrag abzuweisen, da ein so weitgehender Anspruch des Klägers keinesfalls gegeben ist.
Hinsichtlich des hilfsweise gestellten Antrags, der auf das Unterlassen der konkreten Veröffentlichung abzielt, war die Klage im oben genannten Umfang begründet.
II.
Die Beklagte haftet hinsichtlich der streitgegenständlichen Bewertung grundsätzlich nur als mittelbare Störerin.
1. Unmittelbare Störerin könnte die Beklagte nur dann sein, wenn es sich bei der vom Kläger angegriffenen Bewertung um einen eigenen Inhalt der Beklagten handelte, wobei zu den eigenen Inhalten eines Portalbetreibers auch solche Inhalte gehören, die zwar von einem Dritten eingestellt wurden, die sich der Portalbetreiber aber zu eigen gemacht hat (vgl. Urteil des BGH vom 01.03.2016, Az. VI ZR 34/15 mit weiteren Nachweisen). Zu eigen machen bedeutet, dass sie nach außen erkennbar die inhaltliche Verantwortung für die Inhalte übernommen hat. Dabei ist bei der Annahme der Identifikation mit fremden Inhalten grundsätzlich Zurückhaltung geboten (vgl. Urteil des BGH vom 01.03.2016, Az. VI ZR 34/15). Vor diesem Hintergrund vermag die Entfernung des Textes der Bewertung eine Störer- bzw. Täterhaftung der Beklagten nicht zu begründen. Diese Löschung beinhaltet keine inhaltlich-redaktionelle Überprüfung auf Vollständigkeit und Richtigkeit.
2. Das Gericht geht davon aus, dass der streitgegenständlichen Bewertung ein Patientenkontakt zugrunde liegt, so dass die streitgegenständliche Bewertung vor diesem Hintergrund keine unwahre Tatsachenäußerung darstellt.
Grundsätzlich kommt ein rechtswidriger Eingriff in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers in Betracht, wenn der Bewertung kein Patientenkontakt zu Grunde liegt. Liegt der angegriffenen Bewertung nämlich kein Behandlungskontakt zugrunde, überwiegt das von Art. 1, 2 Abs. 1 GG und Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete Interesse des Klägers am Schutz seiner sozialen Anerkennung und seiner (Berufs-)Ehre die von Art. 5 GG und Art. 10 EMRK geschützten Interessen des Bewertenden an der Äußerung der dargestellten Meinung im Portal der Beklagten und der Beklagten an der Kommunikation dieser Meinung. Im Streitfall wäre der tatsächliche Bestandteil der Äußerung, auf dem die Wertung aufbaut, unwahr, wenn der behauptete Behandlungskontakt nicht bestand. Ein berechtigtes Interesse des Bewertenden, eine tatsächlich nicht stattgefundene Behandlung zu bewerten, ist nicht ersichtlich; entsprechendes gilt für das Interesse der Beklagten, eine Bewertung über eine nicht stattgefundene Behandlung zu kommunizieren (vgl. Urteil des BGH vom 01.03.2016, Az. VI ZR 34/15).
Für das Fehlen eines Behandlungskontaktes ist jedoch der Kläger nach den allgemeinen Regeln darlegungs- und beweisbelastet. Die Beklagte trifft allerdings dann eine sekundäre Darlegungslast, wenn dem Kläger eine nähere Darlegung nicht möglich ist und er auch keine Möglichkeit zur weiteren Sachaufklärung hat (vgl. Urteil des BGH vom 01.03.2016, Az. VI ZR 34/15).
a) Zum einen hat der Kläger im Rahmen seiner primären Darlegungslast nicht ausreichend dargelegt, warum die Patienteneigenschaft des Verfassers der streitgegenständlichen Bewertung nicht gegeben ist. Dass ihm gegenüber keinerlei Gewährleistungsrechte wegen einer unpassenden Krone geltend gemacht wurden, spricht keinesfalls zwingend dafür, dass ein Patient des Klägers eine ihm angepasste Krone als nicht passend und zu hoch und zu rund empfunden hat.
Gleiches gilt für die Behauptung des Klägers, es habe in seiner Praxis keinen Fall gegeben, in dem eine Krone zu hoch und zu rund angefertigt worden wäre. Die Patienten, die eine Bewertung auf www…. abgeben, geben ihren persönlichen Eindruck von der Behandlung und in diesem Falle der angefertigten Krone wieder. Dabei ist es durchaus möglich, dass eine objektiv passende Krone von dem Patienten nach dem Einfügen als unpassend, unbequem, zu hoch oder zu rund empfunden wird. Zu Abwesenheitszeiten während in der angegebenen Behandlungszeit hat der Kläger keine Angaben gemacht.
Auf den zunächst zu diesem Thema benannten Zeugen O hat der Kläger vor Durchführung der Beweisaufnahme verzichtet. Der von ihm ersatzweise benannte Zeuge Dr. L kann nach dem eigenen Vortrag des Klägers aus eigener Wahrnehmung zum Beweisthema nichts beitragen. Dass dieser bereits Studienzeiten regelmäßig in der Praxis des Vaters mitgearbeitet und zu Ausbildungszwecken insbesondere auch über problematische Fälle in Kenntnis gesetzt wurde, ist nicht ausreichend. Erforderliche wäre, dass der Zeuge aus eigener Wahrnehmung Angaben zu den von dem Kläger angefertigten und eingepassten Kronen machen könnte. Dass der Zeuge hierzu in der Lage ist, behauptet der Kläger selber nicht. Auch, dass der Zeuge auch Zugang zu der praxisinternen Dokumentation hat, führt nicht dazu, dass er aus eigener Wahrnehmung zu den von dem Kläger gefertigten und eingesetzten Kronen Angaben machen könnte. Wie bereits ausgeführt, muss es weder zwingend zu einer Beschwerde durch den unzufriedenen Patienten gekommen sein noch muss eine objektiv unpassende Krone vorgelegen haben.
b) Zum anderen ist die Beklagte vorliegend aufgrund der Beschwerde des Klägers ausreichend ihrer Prüfpflicht nachgekommen. Zu der entsprechenden Prüfpflicht der Beklagten führt der BGH in Urteil vom 01.03.2016, Az. VI ZR 34/15 mit Verweis auf weitere obergerichtliche Rechtsprechung Folgendes aus:
„Zur Bestimmung, welcher Überprüfungsaufwand von der Beklagten als Hostprovider im Einzelfall zu verlangen ist, bedarf es einer umfassenden Interessenabwägung, bei der die betroffenen Grundrechte der Beteiligten zu berücksichtigen sind. Zu welchen konkreten Überprüfungsmaßnahmen der Hostprovider verpflichtet ist, bestimmt sich damit nach den Umständen des Einzelfalls. Maßgebliche Bedeutung kommt dabei dem Gewicht der angezeigten Rechtsverletzung sowie den Erkenntnismöglichkeiten des Providers zu. Zu berücksichtigen sind aber auch Funktion und Aufgabenstellung des vom Provider betriebenen Dienstes sowie die Eigenverantwortung des für die persönlichkeitsrechtsbeeinträchtigende Aussage unmittelbar verantwortlichen – ggf. zulässigerweise anonym auftretenden – Nutzers.
Danach sind im Streitfall an die Prüfungspflicht der Beklagten strenge Anforderungen zu stellen. Im Ausgangspunkt ist freilich festzuhalten, dass das von der Beklagten betriebene Ärztebewertungsportal eine von der Rechtsordnung gebilligte und gesellschaftlich erwünschte Funktion erfüllt und der Portalbetrieb zudem vom Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG und des Art. 12 Abs. 1 GG erfasst wird. Der von der Beklagten als Providerin zu erbringende Prüfungsaufwand darf den Betrieb eines Ärztebewertungsportals deshalb weder wirtschaftlich gefährden noch unverhältnismäßig erschweren.
Ein solches Gewicht haben rein reaktive Prüfungspflichten, um die es im Streitfall allein geht, in der Regel aber nicht. Auf der anderen Seite kann bei der Bestimmung des der Beklagten zumutbaren Prüfungsaufwandes nicht außer Betracht bleiben, dass der Betrieb eines Ärztebewertungsportals im Vergleich zu anderen Portalen, insbesondere Nachrichtenportalen, schon von vornherein ein gesteigertes Risiko für Persönlichkeitsrechtsverletzungen mit sich bringt. Es birgt die Gefahr, dass es auch für nicht unerhebliche persönlichkeitsrechtsverletzende Äußerungen missbraucht wird. Der Portalbetreiber muss deshalb von Anfang an mit entsprechenden Beanstandungen rechnen. Dabei werden die mit dem Portalbetrieb verbundenen Missbrauchsgefahren noch dadurch verstärkt, dass die Bewertungen – rechtlich zulässig – verdeckt abgegeben werden können. Zudem erschwert die Möglichkeit, Bewertungen verdeckt abgeben zu können, es dem betroffenen Arzt regelmäßig erheblich, unmittelbar gegen den betreffenden Portalnutzer vorzugehen. Denn er kennt ihn nicht und kann sich die für seine Identifizierung erforderlichen Informationen selbst dann, wenn sie dem Portalbetreiber vorliegen sollten, mangels Auskunftsanspruchs gegen den Portalbetreiber jedenfalls nicht auf diesem Weg beschaffen. Eine gewissenhafte Prüfung der Beanstandungen von betroffenen Ärzten durch den Portalbetreiber ist deshalb die entscheidende Voraussetzung dafür, dass die Persönlichkeitsrechte der (anonym oder pseudonym) bewerteten Ärzten beim Portalbetrieb hinreichend geschützt sind.
Unter Zugrundelegung des vorstehenden Maßstabes kam die Beklagte vorliegend ihrer Prüfungspflicht ausreichend nach. Zwar ist im Streitfall die angegriffene Bewertung geeignet, die Chancen des Klägers im Wettbewerb mit anderen Ärzten nachhaltig zu beeinträchtigen, da die für jedermann abrufbare Bewertung einer Behandlungsleistung in den vier zentralen Bereichen Behandlung, Aufklärung, Vertrauensverhältnis und genommene Zeit mit der Note 5 erfolgt ist. Dies begründet sicherlich die erhebliche Gefahr, dass (potentielle) Patienten an der ärztlichen Kompetenz des Klägers zweifeln und sich deshalb statt an den Kläger an einen anderen Zahnarzt wenden. Auch dies spricht dafür, dass an die von der Beklagten vorliegend zu ergreifenden Prüfungsmaßnahmen hohe Anforderungen zu stellen sind.
Das Gericht ist aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme aufgrund der Angaben der Zeugin J überzeugt, dass die Beklagte den bewertenden Patienten zur Bestätigung seiner Bewertung aufgefordert hatte und dass dieser am gleichen Tag, wie aus der Anlage B 7 ersichtlich, geantwortet und den Patientenkontakt bestätigt sowie den Behandlungszeitraum angegeben hat. Die Angaben der Zeugin J waren glaubhaft, die Zeugin selber war glaubwürdig. Sie hat sich erkennbar um objektive und wahrheitsgemäße Angaben bemüht, eine Parteinahme für die Beklagte, bei der sie angestellt ist, auf war in keiner Weise zu erkennen.
Dass die Beklagte den Bewerter nicht zur Übersendung von Unterlagen aufgefordert hat, steht dem nicht entgegen, da der Bewertende ausführlich und unter Angabe des Behandlungszeitraums auf die Anfrage der Beklagten geantwortet hatte.
Folglich hat es die Beklagte als Portalbetreiber ernsthaft versuchen, sich hinsichtlich der Frage des Patientenkontaktes die notwendige Tatsachengrundlage zu verschaffen. Insbesondere hat sich die Beklagte nicht auf eine rein formale Prüfung zurückgezogen. Die im Rahmen ihrer durchgeführten Prüfung erhaltenen Informationen leitete die Beklagte im Rahmen dieses Rechtsstreites an den Kläger weiter. Hierbei teilte die Beklagte dem Kläger insbesondere mit, dass die streitgegenständliche Behandlung sich über mehrere Monate hin zog und auch im 1. Quartal 2013 im stattgefunden habe.
Zu einer Vorlage einer ungeschwärzten/ungeweissten Antwort des Bewertenden ist die Beklagte nicht verpflichtet. Die Beklagte ist nach den Vorschriften des TMG verpflichtet, die personenbezogenen Daten nicht weiterzugeben. Dies umfasst zunächst die E-Mail-Adresse, unter der die Bewertung abgegeben wurde. Darüber hinaus hat die Beklagte es jedoch auch zu vermeiden, ihren Nutzer anhand der Antwort, die auf ihre Nachfrage gegeben wird, für den bewerteten Arzt erkennbar zu machen.
Somit kam die Beklagte ihrer Prüfungspflicht in ausreichendem Maße nach. Insofern wäre es an dem Kläger gelegen, in Auseinandersetzung mit dem ihm mitgeteilten Informationen konkret dazu vorzutragen, warum der Verfasser der streitgegenständlichen Bewertung nichts desto trotz kein Patient bei ihm gewesen sei.
3. Bei den von dem Patienten vergebenen Noten sowie der Überschrift handelt es sich um Meinungsäußerungen, die die Grenze zur Schmähkritik nicht überschreiten, und nicht um Tatsachenbehauptungen.
Tatsachenbehauptungen unterscheiden sich von Werturteilen dadurch, dass bei diesen die subjektive Beziehung zwischen der Äußerung und der Wirklichkeit im Vordergrund steht, während für jene die objektive Beziehung des sich Äußerungen zum Inhalt seiner Äußerung charakteristisch ist (vgl. dazu BVerfG, NJW 00, 199, 200 m.w.N.). Für die Einstufung als Tatsachenbehauptung kommt es wesentlich darauf an, ob die Aussage einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit den Mitteln des Beweises zugänglich ist, was bei Meinungsäußerungen ausscheidet, weil diese durch das Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens gekennzeichnet werden und sich deshalb nicht als wahr oder unwahr erweisen lassen (BGH, VI ZR 140/98). Zu beachten ist auch, dass sich der Schutzbereich des Artikel 5 Abs. 1 GG auch auf die Äußerung von Tatsachen erstreckt, soweit sie Dritten zur Meinungsbildung dienen können, sowie auf Äußerungen in denen sich Tatsachen und Meinungen vermengen und die insgesamt durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt werden (BGH, 05.12.2006, VI ZR 45/05).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze handelt es sich bei den Notenbewertungen sowie bei dem Bewertungstext um Meinungsäußerungen, nicht um Tatsachenbehauptungen.
Zwar knüpfen insbesondere die Kriterien Behandlung, Aufklärung, Betreuung, Vertrauensverhältnis und genommene Zeit an einen Tatsachenkern an. Die Bewertung dieses Tatsachenkerns in Form von Noten stellt aber ein Werturteil dar, das von der Meinungsfreiheit geschützt ist. Die Benotung der tatsächlichen Gegebenheiten bzw. des aus Sicht des Patienten stattgehabten Geschehens ist eine Bewertung und damit eine subjektive Stellungnahme des Patienten und geprägt von Elementen der Stellungnahme des Dafürhaltens und des Meinens. Insoweit liegt insgesamt eine durch Artikel 5 GG geschützte Meinungsäußerung vor. Die Bewertung des Klägers mit einer bestimmten Note ist auch nicht einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit den Mitteln des Beweises zugänglich. Beweis erhoben werden könnte lediglich über die der Bewertung zugrunde liegenden Tatsachengrundlagen, nicht aber über die von dem Patienten vorgenommene Bewertung als solche. Es handelt sich vorliegend um Meinungsäußerungen handelt, die in den Schutzbereich der Meinungsfreiheit nach Artikel 5 Abs. 1 GG fallen, soweit nicht die Grenze zur Schmähkritik überschritten ist.
Dasselbe gilt für die Überschrift der Bewertung. Auch hier steht die Bewertung des Verhaltens des Klägers durch den Bewertenden im Vordergrund, es handelt sich um eine subjektive Beurteilung durch den Patienten.
Eine Äußerung nimmt den Charakter einer Schmähung erst dann an, wenn in ihr nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung der Person des Gegners in Vordergrund steht und sie jenseits auch polemischer und überspitzter Kritik in der Herabsetzung der Person des Gegners besteht, eine für den Betroffenen herabsetzende Wirkung reicht nicht aus (BGH, VI ZR 14/07). Bei einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage ist eine Schmähung nur ausnahmsweise anzunehmen, sie ist ihrem Wesen nach eher auf die Privatfehde beschränkt (vgl. BVerfG, 1 BvR 1751/12). Eine solche Schmähung ist weder den vom Patienten vergebenen Noten noch der streitgegenständlichen Überschrift oder dem Textteil zu entnehmen. Es lässt sich weder der Notenbewertung noch dem Textteil entnehmen, dass sie der Diffamierung des Klägers und nicht der Auseinandersetzung in der Sache dienen.
4. Der Kläger hat jedoch aus § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB analog, § 823 Abs. 1 BGB, Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG einen Anspruch auf Unterlassung der Bewertung mit Noten hinsichtlich der Kategorien Behandlung und Vertrauensverhältnis sowie der Überschrift.
Bei den Bewertungen und der Überschrift handelt es sich, wie dargelegt, um reine Meinungsäußerungen, die in besonderem Maß den Schutz des Art. 5 Abs. 1 GG genießen. Auch insoweit gilt die Meinungsäußerungsfreiheit aber nicht unbeschränkt. Vielmehr ist eine Abwägung der grundrechtlich geschützten Positionen der Parteien im Einzelfall geboten. Danach ist die herabsetzende Bewertung in den genannten Kategorien, die der Kläger in dem Internet-Beitrag erfährt, rechtswidrig.
Zu berücksichtigen ist, dass es nicht darauf ankommt, ob die Kritik berechtigt oder das Werturteil „richtig“ ist. Der Kritiker darf seine Meinung grundsätzlich auch dann äußern, wenn andere sie für „falsch“ oder für „ungerecht“ halten (vgl. BGH NJW 2000, 3421; VersR 1986, 992; VersR 1994, 57; NJW 1978, 1797). Dennoch sind die Bewertungen in den Kategorien Behandlung und Vertrauensverhältnis rechtswidrig, weil davon auszugehen ist, dass der Bewertungstext in der ursprünglichen Fassung der Bewertung, die als Grundlage für die daneben ausgesprochenen Benotungen herangezogen werden kann, falsche Tatsachenbehauptungen enthalten sind, als sie von der Beklagten gelöscht wurden. Andere Gründe, warum der Bewertende zu der Meinung gelangt sein sollte, die Punkte Behandlung und Vertrauensverhältnis mit 5 zu bewerten sind, nicht ersichtlich. Es ist deshalb davon auszugehen, dass diese Benotungen mit dem Text der Bewertung und der Beurteilung der angefertigten Krone stehen und fallen.
Das gleiche gilt für die Überschrift, bei der davon auszugehen ist, dass vor allen die in dem Bewertungstext beschriebene unzureichende Krone maßgeblichen für die Äußerung war.
Hinsichtlich der für die Kategorien Aufklärung und genommene Zeit vergebenen Noten fehlt es an einem engen Zusammenhang zwischen dem gelöschten Bewertungstext und den vergebenen Noten. Die Frage, ob eine von dem Kläger gefertigte und eingepasste Krone sitzt oder von dem Patienten als passend oder unpassend empfunden wird, steht in keinem engem Zusammenhang mit der Bewertung der zuvor erfolgten Aufklärung, diese ist unabhängig von der später vorgenommenen Behandlung, die Bewertung steht und fällt nicht mit dem gelöschten Bewertungstext. Gleiches gilt für die Kategorie genommene Zeit, auch diese steht in keinem ausreichend engen Zusammenhang mit dem Bewertungstext.
Eine Schmähung ist den vom Patienten vergebenen Noten nicht zu entnehmen. Es lässt sich der bloßen Notenbewertung schon nicht entnehmen, dass sie der Diffamierung des Klägers und nicht der Auseinandersetzung in der Sache dienen.
Dass der Kläger im Wettbewerb mit anderen Ärzten steht und durch die Negativbewertung berufliche Nachteile erleiden kann, ist kein ausreichender Grund, um in der vorzunehmenden Abwägung zwischen Meinungsfreiheit, sowie Persönlichkeitsrecht und dem Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb ein schutzwürdiges Interesse des Klägers zu begründen, das insoweit stärker als das Grundrecht auf Meinungsfreiheit wiegen würde. Auch Ärzte unterliegen Marktmechanismen, zu denen heute auch die Bewertungsmöglichkeiten in öffentlichen Quellen wie dem streitgegenständlichen Bewertungsportal gehören. Da die Meinungsfreiheit auch das Recht des sich Äußernden umfasst, die Modalitäten seiner Äußerung und damit das Verbreitungsmedium zu bestimmen, muss es auch ein Arzt grundsätzlich hinnehmen, wenn er in einem öffentlich zugänglichen Portal bewertet wird.
Trotz der nachvollziehbaren Verärgerung des Klägers über die Bewertung und auch unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Auswirkungen dieser Bewertung auf die Tätigkeit des Klägers muss im Rahmen der Interessenabwägung zwischen dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Klägers und seinem Recht auf freie Berufsausübung mit dem Recht auf Meinungs- und Informationsfreiheit der Meinungsfreiheit letztlich hinsichtlich der vom Bewertungstext unabhängigen Noten der Vorrang eingeräumt werden, da das schützenswerte Interesse der Nutzer von Bewertungsportalen im Internet überwiegt. Bewertungsportale im Internet sollen ihrem Sinn und Zweck nach Nutzern die Gelegenheit bieten, sowohl positive als auch negative Meinungen zu äußern. Das Interesse der Allgemeinheit an kritischen, unabhängigen Informationen, die über derartige Bewertungsportale im Internet erlangt werden können, sind als sehr hoch zu bewerten, weil solche Informationen dem Verbraucher erlauben, gewerbliche Produkte, aber auch Dienstleistungen zu bewerten und sich insoweit eine Meinung zu bilden.
III.
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Freistellung von 3/5 der ihm entstandenen vorgerichtlichen Anwaltskosten, weil die Beklagte aufgrund der Beanstandung des Klägers und dem engen Zusammenhang zwischen dem aufgrund der Beanstandung des Klägers gelöschten Bewertungstext, der Überschrift sowie den Notenbewertungen Behandlung und Vertrauensverhältnis verpflichtet gewesen wäre, auch diese zu löschen. Das Schreiben oder die Meldung des Klägers an die Beklagte war augenscheinlich ausreichend, die Beklagte trotz der Rückmeldung des Bewertenden zur Löschung des Textes zu veranlassen. Wegen der engen Beziehung zwischen dem Text und den angesprochenen Noten sowie der Überschrift wäre die Beklagte bereits zu diesem Zeitpunkt verpflichtet gewesen, diese Noten und die Überschrift zu löschen.
Im Zeitpunkt des anwaltlichen Schreibens war die Beklagte mit der Löschung in Verzug und für das Stehenlassen der Überschrift sowie der Noten verantwortlich. Sie ist daher verpflichtet, den Kläger von seinen diesbezüglich entstandenen Anwaltskosten freizustellen.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in § 709 ZPO.
V.
Der Streitwert wird entsprechend dem Interesse des Klägers an der begehrten Unterlassung auf € 15.000,- geschätzt, § 3 ZPO. Für den hilfsweise gestellten Antrag ist eine Streitwerterhöhung nicht erforderlich, da dieser insoweit im Hauptantrag enthalten ist.