LG Duisburg – Az.: 12 S 45/16 – Urteil vom 15.02.2018
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Mülheim an der Ruhr vom 17. November 2016 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil des Amtsgerichts sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I.
Der Kläger verlangt von den Beklagten die Zahlung von Schadensersatz aufgrund eines Keltenauffahrunfalls, welcher sich am 3. Oktober 2014 auf der Autobahn A3 in Mülheim an der Ruhr ereignete. Die Ehefrau des Klägers war mit dessen Fahrzeug auf ein vorausfahrendes Fahrzeug – einen Volvo XC 90 – hinten aufgefahren. Anschließend fuhr nach dem Vorbringen des Klägers der Beklagte zu 1. mit seinem bei der Beklagten zu 2. haftpflichtversicherten PKW hinten auf das Klägerfahrzeug auf und schob dieses nochmals auf vorausfahrende Fahrzeuge (Volvo XC 90 und VW Touareg) auf. Der Kläger begehrt von den Beklagten den Ersatz des Heckschadens als Totalschaden (Wiederbeschaffungswert nach dem 1. Unfall abzüglich Restwert nach dem 2. Unfall) zuzüglich weiterer Schadenspositionen. Er behauptet, der 1. – selbst verschuldete – Aufprall sei nur leicht gewesen, erst der 2. Aufprall (der des Beklagtenfahrzeuges) habe zu dem Totalschaden geführt durch Vergrößerung des Frontschadens und Verursachung des Heckschadens. Das Amtsgericht hat die Klage mit Urteil vom 17. November 2016 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der wirtschaftliche Totalschaden am Fahrzeug des Klägers sei bereits durch den eigenen Auffahrunfall auf das Heck des vorausfahrenden Fahrzeuges (Volvo XC 90) eingetreten. Gegen dieses ihm am 23. November 2016 zugestellte Urteil hat der Kläger am 13. Dezember 2016 Berufung eingelegt und diese am 23. Februar 2017 begründet, nachdem die Berufungsbegründungsfrist bis zu diesem Tag verlängert worden war. Der Kläger wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen. Die Beklagten verteidigen die Entscheidung des Amtsgerichts. Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes wird gemäß § 540 I Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen. Im Übrigen wird gemäß §§ 540 II, 313a I ZPO von einer Darstellung des Sach- und Streitstandes abgesehen.
II.
Die zulässige – insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete – Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg, weshalb sie – wie geschehen – zurückzuweisen war.
Dem Kläger steht gegen die Beklagten aufgrund des Verkehrsunfalls vom 3. Oktober 2014 kein (weiterer) Schadensersatzanspruch gemäß §§ 7 StVG, 823 BGB, 115 I VVG zu.
Denn als das Beklagtenfahrzeug (VW Passat) auf das Klägerfahrzeug (Toyota Avensis) auffuhr, war das Klägerfahrzeug aufgrund eines von Klägerseite unmittelbar zuvor selbst verschuldeten Auffahrens auf ein anderes Fahrzeug (Volvo XC 90) bereits in erheblicher Weise vorgeschädigt. An dem Fahrzeug des Klägers war nach dem Ergebnis des erstinstanzlich eingeholten Gutachtens des Sachverständigen … vom 10. August 2016 (Bl. 268ff. GA) bereits durch das eigene Auffahren des Klägers ein wirtschaftlicher Totalschaden eingetreten. Den Umstand, dass die Schäden im Frontbereich des Fahrzeuges des Klägers durch einen einmaligen Auffahrvorgang entstanden sind und dass bereits hierdurch ein wirtschaftlicher Totalschaden am Fahrzeug des Klägers entstanden ist, hat die Kammer gemäß § 529 I Nr. 1 ZPO zugrunde zu legen. Konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellung begründen, liegen nicht vor. Denn solche bestehen grundsätzlich nur dann, wenn die Tatsachenfeststellung verfahrensfehlerhaft gewonnen wurde, die Beweiswürdigung gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstößt, gerichtsbekannte oder allgemein bekannte Tatsachen bei der Beweiswürdigung keine Berücksichtigung erfahren haben oder materiell-rechtliche Fehler Auswirkungen auf die Tatsachenfeststellung haben (vgl. OLG Saarbrücken, NJW-RR 2003, 139). Hierfür ist vorliegend nichts ersichtlich. Das Amtsgericht hat verfahrensfehlerfrei Beweis erhoben. Insbesondere begegnet die vom Kläger beanstandete Formulierung im Beweisbeschluss des Amtsgerichts vom 6. August 2015 keinen Bedenken, da dem Sachverständigen entgegen der Auffassung des Klägers keine unzulässigen Vorgaben gemacht wurden. Die erhobenen Beweise hat das Amtsgericht auch nachvollziehbar gewürdigt. So führte der erstinstanzlich beauftragte – sehr erfahrene – Sachverständige … in seinem Gutachten vom 10. August 2016 (Bl. 268ff. GA) in sich schlüssig und widerspruchsfrei aus, dass Unfallsuren existieren, die Hinweise darauf geben, dass der komplette Frontschaden am Fahrzeug des Klägers auf das eigene Auffahren des Klägerfahrzeuges zurückzuführen sei. Außerdem stellte der Sachverständige in seinem Gutachten fest, dass bereits durch das eigene Auffahren des Klägerfahrzeuges auf den Volvo ein wirtschaftlicher Totalschaden am Fahrzeug des Klägers eingetreten sei. Die Ausführungen des Sachverständigen stimmen darüber hinaus mit der Aussage des Zeugen V. – des Fahrers des Volvo XC 90 -, es habe nur einen Anstoß durch das Klägerfahrzeug gegeben, überein. Die Aussagen der Ehefrau und der Tochter des Klägers stehen der Würdigung des Amtsgerichts letztlich auch nicht entgegen. Denn die Zeugin … … nahm in ihrer Aussage lediglich an, zweimal mit dem Volvo XC 90 kollidiert zu sein. Mit welchem PKW das Klägerfahrzeug vorne nach dem 2. Unfall kollidierte, vermochte die Zeugin … … gar nicht zu sagen.
Dem Kläger steht auch nicht etwa weiterer Schadensersatz zu, weil sich der Restwert seines Fahrzeuges nach dem eigenen Auffahrunfall durch das Auffahren des Beklagtenfahrzeuges auf den Heckbereich des Klägerfahrzeuges weiter vermindert hätte. Der Kläger behauptet insoweit zuletzt, der Wiederbeschaffungswert seines Fahrzeuges nach dem 1. Unfall habe noch (mindestens) 4,000,- Euro betragen, nach dem 2. Unfall ausweislich des eingeholten Privatgutachtens vom 17. Oktober 2014 insoweit unstreitig nur noch 2.010,- Euro. Zwar ist der Kläger mit diesem Vorbringen nicht ausgeschlossen, da er dies bereits in erster Instanz vorgebracht hatte. Eine weitere Beweiserhebung über die Behauptung des Klägers, sein Fahrzeug habe nach dem 1. Unfall noch einen Wiederbeschaffungswert von (mindestens) 4.000,- Euro gehabt, erübrigt sich aber, weil die Beklagten selbst bei Unterstellung dieses Vorbringens als richtig und bei unterstellter Alleinhaftung der Beklagten für die Folgen des 2. Unfalls mit den vorprozessual gezahlten 2.256,40 Euro schon mehr gezahlt hätten, als der Kläger beanspruchen kann.
Die übrigen Schadenspositionen stehen dem Kläger weitgehend schon deshalb nicht zu, da sie bereits aufgrund des vom Kläger selbst verschuldeten Auffahrunfalls mit wirtschaftlichem Totalschaden entstanden sind und deshalb nicht kausal auf den 2. Unfall zurückzuführen sind. Dies gilt für die Standgebühr in Höhe von 186,59 Euro, die Kosten für neue Kennzeichen in Höhe von 32,- Euro, die Kosten der Außerbetriebsetzung in Höhe von 5,90 Euro, die Umschreibungskosten in Höhe von 42,30 Euro, die Kosten der Feinstaubplakette in Höhe 5,- Euro, den Nutzungsausfall in Höhe von 989,- Euro und die Unkostenpauschale in Höhe von 25,- Euro.
Die Fahrtkosten zum Krankenhaus im Zusammenhang mit der Abholung verletzter Insassen in Höhe von 81,- Euro kann der Kläger nicht ersetzt verlangen, weil der Kläger insoweit keinen eigenen Schaden als Fahrzeughalter erlitten hat; es handelt sich diesbezüglich vielmehr um Ansprüche der verletzten Fahrzeuginsassen.
Es kann danach allenfalls noch ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagten auf Erstattung der Differenz zwischen dem zuletzt behaupteten Wiederbeschaffungswert vor dem 2. Unfall und dem Restwert nach dem 2. Unfall in Höhe von 1.990,- Euro bestehen. Diesen Betrag haben die Beklagten mit der vorprozessual erbrachten Zahlung von 2.256,40 Euro mehr als ausgeglichen.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 I, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
Streitwert für das Berufungsverfahren: 2.600,39 Euro.